Mein persönliches Fazit des Kinojahres 2018: Es war polarisierender als 2017 oder 2016! Auf der einen Seite gab es endlich wieder einen Film, der mich wirklich begeistert hat und deshalb mit mehr als 9 Punkten belohnt wurde, auf der anderen Seite gab es eine (für mich unerwartete) riesige und einige ziemlich große Enttäuschungen - meine Filmauswahl war folglich nicht so zielgenau wie sonst meist. Bei den Regeln, welche Filme sich für meine Bilanz qualifizieren, mache ich diesmal eine Änderung: Bisher war immer oberstes Gebot, daß nur Filme in Frage kamen, die ich im Kalenderjahr im Kino gesehen habe. Da ich jedoch 2018 erstmals einige für die Bestenliste in Frage kommende reguläre Kinostarts via Rezensionsexemplar zu Hause sah, werde ich diese ebenfalls aufnehmen, wenn auch mit spezieller Kennzeichnung - Gleiches gilt für die von mir beim Fantasy Filmfest gesehenen Filme ohne regulären Kinostart im Jahr 2018. Was sich nicht geändert hat: Wie immer ist meine Jahresbilanz höchst subjektiv und richtet sich nicht ausschließlich nach meinen Punktwertungen, sondern eher nach meinem heutigen Eindruck von ihnen, der also auch die Langzeitwirkung berücksichtigt. 2018 gestartete Filme, die ich nicht mehr vor dem Jahreswechsel geschafft habe und die deshalb möglicherweise in meiner Kino-Jahresbilanz 2019 auftauchen könnten, sind "Bohemian Rhapsody", "Spider-Man: A New Universe", "Aquaman" und eventuell "Cold War".
Die Top 25 (mit Links zu meinen Rezensionen sowie kurzer Kommentierung):
Für sich genommen sicher nicht makellos, ist das dritte große Zusammentreffen von Marvels MCU-Superhelden im Kampf gegen den sehr überzeugend portraitierten Antagonisten Thanos als Kulminationspunkt einer (mehr oder weniger) penibel durchgeplanten zehnjährigen Reise kaum weniger als perfekt - auch wenn es nur der erste Teil ist und deshalb mit einem ultimativ fiesen Cliffhanger endet ...
Das Regiedebüt des für seine brillanten Dialoge bekannten Wortkünstlers Aaron Sorkin erzählt seine unglaubliche, aber wahre Geschichte als fesselndes, ungemein unterhaltsames Portrait einer von Jessica Chastain grandios verkörperten widersprüchlichen Frau, die ihr Leben auf sehr unkonventionelle Art selbst in die Hand nimmt.
Scott Coopers melancholischer Spätwestern glänzt nicht allein mit seiner Besetzung rund um Christian Bale und Rosamund Pike, sondern noch mehr mit seiner einfühlsam geschilderten Geschichte von Rassismus, Haß und Vorurteilen, aber auch Verständigung und Toleranz, deren gesellschaftliche Relevanz ungebrochen ist.
Martin McDonagh ist eine gewollt sperrige, mit knochentrockenem Humor angereicherte und herausragend gespielte Tragikomödie über eine Mutter auf der Suche nach Gerechtigkeit für den Tod ihrer Tochter gelungen, die von schrulligen, glaubwürdigen und komplexen Charakteren mit unzähligen Grautönen bevölkert ist und viel Stoff zum Nachdenken liefert.
Lynne Ramsays Arthouse-Variante eines Actionfilms hat keine allzu originelle Story zu bieten, überzeugt dafür aber umso mehr mit einem penibel beobachteten Blick auf den von Joaquin Phoenix eindrucksvoll verkörperten zentralen Antihelden auf der Reise ins Herz der Finsternis.
David Robert Mitchell schickt in seinem stimmungsvollen Neo-Noir-Thriller Andrew Garfield auf der Suche nach seiner verschwundenen Nachbarin auf eine popkulturell anspielungsreiche Irrfahrt durch das nächtliche Los Angeles, die gegen Ende immer durchgeknallter wird.
Der sechste Teil der unverwüstlichen Actionreihe mit Tom Cruise ist vielleicht sogar der beste - weil Regisseur und Autor Christopher McQuarrie geschickt die Entwicklungen der letzten Filme aufgreift und in einem emotional unerwartet aufwühlenden Showdown kulminieren läßt.
8. Deadpool 2
Wie der Vorgänger lebt auch das zweite Abenteuer des großmäuligen Marvel-Antihelden nicht von seiner ziemlich generisch geratenen Story, sondern von Ryan Reynolds' leidenschaftlicher Verkörperung seiner erklärten Traumrolle sowie einem auf die Spitze getriebenen Zitate-, Gag- und Slapstickgewitter, das das Publikum atem- und vermutlich auch sprachlos zurückläßt ...
Wes Andersons zweiter Stop Motion-Animationsfilm ist ähnlich gut wie der erste und beweist, daß sein unverkennbarer, hochgradig detailverliebter "Puppenhaus"-Stil voller skurriler Figuren und Ideen auch in einem japanischen Hundesetting einwandfrei funktioniert.
Drew Goddards zweite Regiearbeit ist ein ungemein atmosphärisch in Szene gesetzter Noir-Thriller mit gelegentlichen Gewaltausbrüchen, der sich Zeit bei der Etablierung der Charaktere läßt - was dank durchdachter Figurenzeichnung und hochklassiger Besetzung mit Jeff Bridges, Dakota Johnson und Chris Hemsworth prima funktioniert.
11. Werk ohne Autor
Florian Henckel von Donnersmarcks dreistündiges Künstler-Epos, das aus drei ziemlich klar getrennten Teilen besteht, reicht zwar nicht an die Brillanz seines Erstlings "Das Leben der Anderen" heran, beweist aber speziell im inspirierend schwungvollen letzten Akt, daß es der OSCAR-Gewinner immer noch drauf hat!
Steve McQueens bislang zugänglichster Film ist ein gut beobachteteter, erfreulich komplexer Thriller, der von vielen glaubwürdigen und faszinierenden Figuren bevölkert wird (auch wenn er gerade deshalb nicht allen völlig gerecht werden kann).
Armando Iannucci, langjähriger britischer Spezialist für politische Satiren, ließ sich von dem Nachfolgekampf in der Sowjetunion kurz vor und nach Stalins Tod zu einer (durchaus universell anwendbaren) boshaften und überdrehten, aber sehr scharfsinnig beobachteten Abrechnung mit machtgierigen und korrupten Politikern inspirieren.
14. Die Verlegerin
Steven Spielbergs leidenschaftliches Plädoyer für investigativen Journalismus ist konventionell inszeniert, fesselt aber dank so intelligenter wie schlagfertiger Dialoge sowie den großartigen Hauptdarstellern Meryl Streep und Tom Hanks bis zum Schluß.
15. Ready Player One
Steven Spielberg zum Zweiten: Seine Bestsellerverfilmung ist inhaltlich quasi das Gegenteil von "Die Verlegerin", eine action- und spezialeffektreiche, stets spaßige Hommage an die Popkultur der 1980er Jahre, getragen von den ausgezeichneten Jungstars Tye Sheridan und Olivia Cooke.
Der OSCAR-Gewinner 2018 ist ein visuell wunderschön gestaltetes Märchen für Erwachsene von Guillermo del Toro und eine erstklassig gespielte Außenseiterballade - etwas ausgebremst von einem phantasielosen, übertrieben klischeehaften Bösewicht und zu vielen Storysträngen.
17. A Star Is Born
Die erste Hälfte von Bradley Coopers Regiedebüt ist nahezu perfekt, ein ebenso charmant wie leidenschaftlich vorgetragenes Feelgood-Movie mit wunderbar harmonierenden Hauptdarstellern Lady Gaga und Bradley Cooper - die wesentlich dramatischere, dabei aber überambitionierte und recht klischeehafte zweite Hälfte kann da leider nicht mithalten.
18. BlacKkKlansman
Spike Lee formt die höchst unwahrscheinliche, in ihren Grundzügen jedoch wahre Geschichte eines jungen schwarzen Cops, der in den 1970er mit der Hilfe eines jüdischen Kollegen den Ku-Klux-Klan infiltriert, zu einer überraschend witzigen Rassismus-Satire mit klaren Verweisen auf unsere Gegenwart.
Der stimmungsvolle vierte Teil des beliebten Gruselfranchises kam zwar bei der Kritik gar nicht gut an, bietet Genrefans aber mehr von dem, was es so erfolgreich gemacht hat und wird dank der persönlichsten Story bislang zum zweitbesten Film der Reihe.
20. Black Panther
Der in den USA erfolgreichste Film des Jahres ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil er den Beweis lieferte, daß auch Großproduktionen mit fast ausschließlich schwarzer Beteiligung vor und hinter der Kamera ein weltweiter Blockbuster werden können - inhaltlich ist es einfach "nur" ein weiteres unterhaltsames MCU-Superhelden-Abenteuer, jedoch für meinen Geschmack deutlich zu actionlastig.
21. Alpha
Der wohl originellste Film des Jahres ist Albert Hughes' nicht an Klischees sparender, aber trotzdem unterhaltsamer Abenteuerfilm über die Ursprünge der innigen Freundschaft zwischen Hund und Mensch - symbolisch dargestellt anhand des jungen Jägers Keda, der vor 20.000 Jahren von seinem Stamm für tot gehalten und in der Wildnis zurückgelassen wird, woraufhin er sich mit einem verwundeten Wolf zusammentut, um den Weg zurück zu finden ...
22. A Quiet Place
John Krasinski hinterließ mit seinem Regiedebüt mit ihm selbst und seiner Ehefrau Emily Blunt in den Hauptrollen tiefen Eindruck und schuf einen der kommerziell erfolgreichsten Horrorfilme der letzten Jahre; das dürfte vor allem der cleveren und faszinierenden Prämisse geschuldet sein, wonach die Erde von Kreaturen mit extrem gutem Gehör überrannt wurde - weshalb die Überlebenden so wenige Geräusche wie möglich machen dürfen, um weiterhin am Leben zu bleiben ...
(23. Cinderella the Cat)
Der nur in wenigen Kinos und nur im Originalton mit deutschen Untertiteln gezeigte italienische Zeichentrickfilm ist ein eigenwilliges musikalisches Märchen mit stimmiger Noir-Atmosphäre und klangvollen Liedern. Ein echter Geheimtip!
Kommerziell betrachtet mag Ron Howards bereits in der Produktion problemgeplagtes "Star Wars"-Prequel der inflationsbereinigt mit Abstand schwächste Film des langlebigen Franchises sein, der schlechteste ist er jedoch bei weitem nicht; man kann darüber diskutieren, ob "Solo" dem "Star Wars"-Universum viel Neues hinzufügt, eines ist jedoch klar: Spaß macht er auch dank seiner guten Besetzung jederzeit!
Der Regiekünstler Paul Thomas Anderson führt Schauspieltitan Daniel Day-Lewis in dessen (vermutlich) letztem Film - einem höchst kunstvoll arrangierten psychologischen Liebesdrama in der Modewelt der 1950er Jahre - zu einer weiteren darstellerischen Meisterleistung, wobei er von den ebenfalls stark aufspielenden Vicky Krieps und Lesley Manville hochklassig unterstützt wird.
Meine Flop 5:
Vermutlich die größte Enttäuschung meines Kinolebens: Ich liebe Spielbergs Original und mag trotz unbestreitbarer Schwächen alle weiteren "Jurassic"-Filme; "Jurassic World 2" begeht aber den unverzeihlichen Fehler, die Dinosaurier erstens zu besseren Statisten zu degradieren und sie im finalen Akt zweitens zu höchst generischen, einfallslos eingesetzten B-Movie-Monstern verkommen zu lassen. Sakrileg!
(2. Piercing)
Die auf dem Fantasy Filmfest gezeigte und durchaus positiv rezensierte Giallo-Hommage mit Mia Wasikowska (die mit Abstand das Beste am Film ist) hat mich mangels Handlung und Figurenzeichnung einfach nur gelangweilt.
3. Tomb Raider
Alicia Vikander überzeugt als ikonische Abenteurerin Lara Croft am Anfang ihrer Archäologen-Karriere, alles andere versinkt bedauerlicherweise in belanglosem Mittelmaß.
Eine hochklassige visuelle Umsetzung und eine fast ausnahmslos starke Besetzung können in dieser späten Klassiker-Fortsetzung nicht dauerhaft über zu viele mittelmäßige Songs und eine zunehmend langweilige, klischeegetränkte Story hinwegtäuschen.
5. Venom
Sonys mit Tom Hardy und Michelle Williams hochklassig besetztes erstes "Spider-Man"-Spin-Off macht phasenweise durchaus Laune und war kommerziell sogar erstaunlich erfolgreich, leidet aber unter einer einfallslosen Story ohne echten Handlungsbogen und dem verschenkten Oberbösewicht.
Statistik:
Nachdem meine Bestenliste 2017 ausnahmslos mit englischsprachigen Filmen bevölkert war, gibt es diesmal ein wenig mehr Abwechslung: 22 US-amerikanischen oder britischen Werken stehen immerhin ein deutsches, ein italienisches und ein halb japanischsprachiges gegenüber - die Flop 5 bleiben hingegen in englischsprachiger Hand.
Die wohl spannendste Entwicklung ist, daß die Anzahl der 3D-Filme in meinen Top 25 sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als halbiert hat: Statt 10 (2016 waren es 9) sind es nur noch vier (darunter die Nummer 1). Für mich als 3D-Skeptiker ist das eine begrüßenswerte Entwicklung, zeigt es doch, daß die Auswahl an wirklich starken 2D-Filmen 2018 erfreulich hoch war. Daß gleichzeitig wie 2017 vier Fünftel meiner Flop 5 3D-Filme sind, unterstreicht meine Ansicht, daß zu viele 3D-Produktionen zugunsten der Spezialeffekte den Inhalt vergessen ...
Die Superhelden-Dominanz hat etwas nachgelassen, nach den letztjährigen rekordverdächtigen fünf sind es diesmal nur noch drei, bei den Flop 5 bleibt es bei einem Superhelden-Vertreter. Auch die Zahl der Fortsetzungen in den Top 25 hat sich erfreulicherweise auf sechs Sequels respektive Spin-Offs verringert - 2017 waren es noch acht respektive neun (wenn man "Split" mitzählt). Bei den Flop 5 sind es drei bis (wenn man das Reboot "Tomb Raider" mitzählt) vier Fortsetzungen, 2017 waren es vier bis fünf ("Die Mumie"-Reboot). Die Anzahl der Remakes ging ebenso zurück von drei auf eins bis zwei ("Widows" basiert relativ lose auf einer britischen TV-Serie). Kurzum: Wer sich gerne über die Phantasielosigkeit in Hollywood und auch anderen großen Filmnationen beschwert, der konnte dieses Jahr sehen, daß durchaus noch gute Ideen existieren und umgesetzt werden - wenn auch bedauerlicherweise in der Regel mit geringerem kommerziellen Erfolg.
Damit wünsche ich allen Filmfans ein schönes, ertragreiches
Kinojahr 2019 und will zum guten Schluß keinesfalls vergessen, mich einmal mehr
herzlich bei denjenigen Lesern zu bedanken, die "Der Kinogänger"
durch ihre Einkäufe über die auf meinem Blog verteilten amazon.de-Links, für die ich eine kleine Provision erhalte, finanziell
unterstützen (ein Klick auf irgendeinen der Links reicht aus, man
muß also für einen DVD-Kauf nicht den passenden aus der Rezension heraussuchen
und auch nicht alle Produkte einzeln per Suchfeld aufrufen!).
Achja, und natürlich: Frohes neues Jahr!
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