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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 25. September 2018

CINDERELLA THE CAT (2017)

Originaltitel: La Gatta Cenerentola
Regie: Alessandro Rak, Ivan Cappiello, Marino Guarnieri und Dario Sansone, Drehbuch: Marino Guarnieri, Alessandro Rak, Ivan Cappiello, Dario Sansone, Marianna Garofalo, Corrado Morra, Italo Scialdone, Musik: Antonio Fresa und Luigi Scialdone
Sprecher und (via Motion Capture) Darsteller: Massimiliano Gallo, Maria Pia Calzone, Mariano Rigillo, Alessandro Gassmann, Federica Altamura, Chiara Baffi, Ciro Priello, Renato Carpentieri
 Cinderella the Cat (2017) on IMDb Rotten Tomatoes: 67% (5,5); weltweites Einspielergebnis: $0,4 Mio.
FSK: 12, Dauer: 87 Minuten.
Italien, nahe Zukunft: Vittorio Basile (Mariano Rigillo, "To Rome with Love") ist ein idealistischer und visionärer Wissenschaftler und Unternehmer, der seiner heruntergekommenen Heimatstadt Neapel mit dem Bau eines Wissenschaftszentrums zu neuem Glanz verhelfen möchte. Seine Basis hat Vittorio auf dem fortschrittlichen, mit Hologrammen ausgestatteten Schiff Megarida im Hafen Neapels, wo der 50-Jährige auch die schöne Angelica (Maria Pia Calzone, TV-Serie "Gomorrha") heiraten will. Er ahnt nicht, daß Angelica und ihr Geliebter – sowie sein Freund und Geschäftspartner – Salvatore Lo Giusto (Massimiliano Gallo, "Männer al dente") bereits geplant haben, Vittorio noch am Abend der Hochzeit zu ermorden. So geschieht es auch. 15 Jahre später liegt die Megarida noch immer in Neapel vor Anker, ist inzwischen aber ähnlich ramponiert wie die Stadt selbst. Vittorios Tochter Mia ist nun beinahe volljährig, doch seit dem Tod ihres Vaters sprach sie kein Wort und von ihrer Stiefmutter und deren sechs erwachsenen Kindern wird das Mädchen ständig schikaniert. Doch während der inzwischen zum mächtigen Gangsterboß aufgestiegene Salvatore und Angelica ihre finsteren Pläne verfolgen, gibt es einen Hoffnungsschimmer: Primo Gemito (Alessandro Gassmann, "Transporter 2"), einst Leibwächter des ermordeten Vittorio, arbeitet inzwischen für die Polizei – und sein großes Ziel ist es, Mia zu befreien und die Mörder ihres Vaters zu überführen …

Kritik:
Das Märchen vom Aschenputtel, Aschenbrödel oder im englischsprachigen Raum Cinderella zählt sicherlich zu den bekanntesten weltweit und wurde entsprechend oft verfilmt. Das bezieht sich allerdings auf die Version der Gebrüder Grimm. Eine ziemlich unterschiedliche Urversion namens "Cenerentola" entstand bereits im frühen 17. Jahrhundert in Neapel – und die dient als Basis für diesen schönen italienischen Zeichentrickfilm eines Regiequartetts. Ich kenne zwar "Cenerentola" nicht, mehr als eine Inspiration für "Cinderella the Cat" dürfte das Märchen aber eher nicht gewesen sein, spielt der songlastige (und vermutlich deshalb nicht synchronisierte, sondern nur deutsch untertitelte) Film doch in einem Neapel der nahen Zukunft, das allerdings eher retrofuturistisch gestaltet ist – also so, wie man sich die Zukunft früher einmal vorgestellt hat. Das einzige echte Science Fiction-Element sind die Hologramme auf der Megarida, welche aber 15 Jahre nach dem Mord an Vittorio nicht mehr richtig funktionieren und nur noch erratisch auftauchen wie Geister einer hoffnungsvolleren Vergangenheit (was mich auch angesichts des retrofuturistischen Schiffs-Settings wiederholt an das kultige Computerspiel "Bioshock" erinnert hat). Das ist bezeichnend für die gepflegte Melancholie, die "Cinderella the Cat" außerdem in den meisten der wohlklingenden Lieder durchzieht. Diese wehmütige, sehr künstlerische Noir-Atmosphäre ist es vor allem, die "Cinderella the Cat" trotz einer arg simplen Story mit grober Schwarzweiß-Zeichnung sehenswert macht.
Ohne Vor- und Abspann dauert "Cinderella the Cat" gerade mal 75 Minuten, die auch noch rund ein halbes Dutzend Songs enthalten. Die treiben zwar zumindest teilweise die Handlung voran, brauchen dafür aber logischerweise länger als es bei normalen Dialogen der Fall wäre. So kann es kaum überraschen, daß die Kerngeschichte nicht zu den großen Stärken des Films zählt. Vielmehr ist die Storyentwicklung – trotz der ziemlich großen Unterschiede zur Grimm'schen Version von Aschenputtel – in weiten Teilen erwartbar, für größere Umwege oder Wendungen fehlt schlicht und ergreifend die Zeit. Auch die Figurenzeichnung ist ziemlich rudimentär und daß die Protagonistin nicht redet, ist wenig hilfreich. Angesichts der Märchenherkunft der Story ist das schlichte Gut-Böse-Schema allerdings verzeihlich, zumal der Musikliebhaber Salvatore einen guten Bösewicht abgibt und es mit seiner alternden Geliebten Angelica zumindest eine Person mit ein wenig Tiefe gibt. Ihre sechs Kinder existieren dagegen einzig, um Mia (die von ihnen nur abfällig "Cinderella die Katze" genannt wird) das Leben schwer zu machen, wobei nur die schöne Anna, die eher vollschlanke Barbara und der Transvestit Luigi eine größere Rolle spielen (die drei anderen sind reine Staffage). Auf der Seite der Guten gibt die stumme, von den defekten Hologrammen immer wieder an ihren Verlust erinnerte Mia eine liebenswürdig-naive Prinzessin ab, die es für den tapferen Prinzen Primo (auch wenn es hier keinen romantischen Bezug gibt) zu retten gilt. Die Figurenkonstellation mag also wenig originell sein, dafür ist sie umso klassischer und funktioniert gut.
Abseits der Handlung und Figuren überzeugt "Cinderella the Cat" vor allem mit der stimmigen Atmosphäre, einem Auge für anrührende Details (wie Angelicas Amsel) und der exzellenten, schwelgerischen Musik von Antonio Fresa und Luigi Scialdone. Ich weiß nicht, wie genau man die Musik nennt, die das Duo macht und die mutmaßlich von der neapolitanischen Volksmusik inspiriert ist, für mich wirken die – abgesehen von einer von Salvatore vorgetragenen fröhlichen Ode an die Häßlichkeit Neapels – melancholisch-sehnsüchtigen Lieder wie eine italienische Variante französischer Chansons oder auch mexikanischer Folklore-Songs, wie sie in Pixars "Coco" vorkommen. Jedenfalls sind sie allesamt sehr melodisch und gut gesungen und fügen sich ausgesprochen gut in die leicht nostalgische und wehmütige Stimmung des Films ein. Gleiches gilt für den etwas eigenwilligen, aber meiner Ansicht nach sehr schönen Zeichenstil, der durch das Motion Capturing der Figuren realistisch wirkt, zugleich aber etwas märchenhaft. Auch weil die Dialoge speziell von Angelicas Sprößlingen gern mal etwas derber daherkommen und es gegen Ende überraschend gewalthaltig zugeht, ist "Cinderella the Cat" übrigens nicht für kleinere Kinder geeignet, sondern ein Zeichentrickfilm, der sich deutlich an Erwachsene und Jugendliche richtet.

Fazit: "Cinderella the Cat" ist ein melancholisches, eigenwilliges Zeichentrick-Märchen, das mit seiner stimmigen Noir-Atmosphäre und klangvollen Liedern über die Kürze und Geradlinigkeit der simplen Handlung hinwegsehen läßt.

Wertung: 8 Punkte.

"Cinderella the Cat" ist ab dem 27. September 2018 im Verleih von missingFILMs als OmU (Originalfassung mit deutschen Untertiteln) in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen. Eine Rezensionsmöglichkeit wurde mir netterweise von der Agentur rische & co PR zur Verfügung gestellt.



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