Regie und Drehbuch: Christopher McQuarrie, Musik: Lorne Balfe
Darsteller: Tom Cruise, Rebecca Ferguson, Henry Cavill, Simon Pegg, Ving Rhames, Angela Bassett, Sean Harris, Alec Baldwin, Vanessa Kirby, Frederick Schmidt, Michelle Monaghan, Wes Bentley, Kristoffer Joner, DJ Harvey, Wolf Blitzer
FSK: 12, Dauer: 148 Minuten.
Zwei Jahre sind vergangen, seit das IMF um Agent Ethan Hunt (Tom Cruise, "Barry Seal") den zum Terroristen mit Botschaft gewandelten britischen Ex-Spion Solomon Lane (Sean Harris, "Prometheus") inhaftiert und das von ihm geleitete "Syndikat" gesprengt hat. Die Überbleibsel der Gruppierung haben sich allerdings unter dem Namen "Die Apostel" wieder zusammengetan und wollen ihren Anführer freipressen – auch unter Mithilfe einer schmutzigen Bombe. Nach einer gescheiterten Mission stehen Hunt, sein Team und das gesamte IMF wieder einmal unter Druck und als sie in Paris eine Wohltätigkeitsveranstaltung der zwielichtigen "weißen Witwe" (Vanessa Kirby, "Jupiter Ascending") nutzen wollen, um an die Apostel heranzukommen, wird Hunt, Benji Dunn (Simon Pegg, "Star Trek Beyond") und Luther Stickell (Ving Rhames, "Day of the Dead") auf Anweisung des Präsidenten der für sein geradlinig-brutales Vorgehen bekannte CIA-Spezialagent Walker (Henry Cavill, "Man of Steel") als Aufpasser zur Seite gestellt. Doch auch Walker kann nicht verhindern, daß die Mission wie so oft ganz anders abläuft als geplant, woran das unerwartete Auftauchen der Undercover-MI6-Agentin Ilsa Faust (Rebecca Ferguson, "Greatest Showman") nicht ganz unbeteiligt ist …
Kritik:
Das Markenzeichen der vor 22 Jahren begonnenen (und auf der 1960er Jahre-TV-Serie "Kobra, übernehmen Sie" basierenden, auch wenn deren Bekanntheitsgrad von den Filmen inzwischen längst übertroffen wurde) actionreichen Agenten-Filmreihe "Mission: Impossible" war es bisher, daß ganz bewußt mit jedem neuen Teil ein anderer Regisseur angeheuert wurde, der der Reihe seinen ganz persönlichen Stempel aufgedrückt hat. Am deutlichsten war das bei John Woos Actiongewitter "Mission: Impossible II", aber auch Brian De Palma (Teil 1), J.J. Abrams (Teil 3), Brad Bird (Teil 4) und Christopher McQuarrie haben überwiegend erfolgreich ihren eigenen Stil in die Reihe eingebracht und sie auf diese Weise stets frisch gehalten. Doch nun gibt es eine Premiere: "Rogue Nation"-Regisseur und Co-Autor McQuarrie zeichnet auch für den sechsten Film verantwortlich, der den vieldeutigen Untertitel "Fallout" trägt. Der Strategiewechsel ergibt Sinn, denn nachdem bereits "Phantom Protokoll" und "Rogue Nation" sich mit einer deutlichen seriellen Komponente von den vorwiegend als Stand-Alone-Filme konzipierten ersten drei Teilen abhoben, kulminieren in "Fallout" die Ereignisse der vorangangenen 22 Jahre in einer erwartet spannenden und gleichzeitig unerwartet emotionalen, kurzum ziemlich phantastischen zweiten Filmhälfte – durchaus vergleichbar mit Sam Mendes' James Bond-Meisterwerk "Skyfall". Im Grunde genommen würde "Fallout" daher sogar wunderbar als Schlußpunkt einer das weltweite Kino der letzten gut zwei Dekaden prägenden Reihe funktionieren – hätte nicht Hauptdarsteller Tom Cruise bereits angekündigt, er werde die Rolle so lange spielen, bis er tot umfalle …
Nunja, traurig ist über diese Ankündigung mutmaßlich kein Freund des modernen Actionkinos, denn Cruise macht seine Sache auch als Mittfünfziger immer noch hervorragend und bleibt dank seiner körperlichen Fitneß ein glaubwürdiger Actionheld, der es problemlos mit deutlich jüngeren Widersachern aufnehmen kann. Und solange die Reihe sich immer wieder neu erfindet und auch erzählerisch auf (für Genreverhältnisse) hohem Niveau bleibt, darf es gern noch einige Jahre so weitergehen. Daß es sich bei "Fallout" um die erste direkte inhaltliche Fortsetzung innerhalb der Reihe handelt, zeigt sich schon daran, daß erstmals ein Bösewicht zurückkehrt – und das ist eine gute Entscheidung. Wirkte der von mir generell sehr geschätzte Sean Harris als Solomon Lane in "Rogue Nation" mangels allzu viel Screentime noch relativ blaß, strahlt er in "Fallout" eine deutlich gefährlichere Aura aus. Das ist einerseits ein bißchen kurios, da er ja ein für sich genommen mehr oder weniger machtloser Gefangener ist, ergibt andererseits aber absolut Sinn, weil er nun viel mehr gemeinsame Szenen mit Ethan Hunt hat, aus denen sich eine sehr persönliche Rivalität zwischen den beiden charismatischen gelernten Geheimagenten entwickelt. Die Motivation von Lane und seinen Mitstreitern für ihre Taten ist dabei nicht wirklich neu, kommt aber glaubwürdiger rüber als die x-ten Welteroberungsphantasien. Auch auf Seiten der Guten gibt es natürlich bekannte Gesichter: Ethans Team kehrt beinahe komplett zurück, womit Ving Rhames' Hacker Luther Stickell die einzige Figur neben Hunt bleibt, die in allen Filmen der Reihe mitwirkte (wenn auch, anders als Ethan, nicht immer in einer bedeutenden Rolle). Für den Humor sorgt einmal mehr Simon Pegg als Technikexperte Benji Dunn, für ein wenig erotisches Knistern ist Rebecca Fergusons weiterhin angenehm undurchschaubare Ilsa Faust zuständig – und auch Alec Baldwin ("Blue Jasmine") als IMF-Chef Hunley sowie Michelle Monaghan ("Gone Baby Gone") als Ethans große Liebe Julia sind wieder mit von der Partie. Dagegen fehlt Jeremy Renners William Brandt, der nicht einmal erwähnt wird – das überrascht durchaus, nachdem er in den letzten beiden Teilen eine wichtige Rolle im Team spielte. Aber gut, auf eine Rückkehr von Paula Patton ("Phantom Protokoll") oder Jonathan Rhys-Meyers und Maggie Q (beide "Mission: Impossible III") warte ich bislang auch vergebens, es ist also nicht so ungewöhnlich, daß es Renner nun ähnlich zu ergehen scheint. Und solange die Reihe nicht beendet ist, besteht ja immer Hoffnung …
Die Neuzugänge im Cast können sich derweil sehen lassen. Angela Bassett ("Black Panther") liefert als taffe CIA-Direktorin eine sehr solide Leistung ab und auch Vanessa Kirby weiß als zwielichtige, risikofreudige "weiße Witwe" nicht allein optisch zu gefallen. Die Damen werden allerdings noch klar getoppt von Henry Cavill, der als wenig zimperlicher, muskelbepackter CIA-Spezialgent Walker eine hervorragende Figur macht und in dieser Rolle kurioserweise mehr Profil und Ausstrahlung entwickelt als es ihm etwa in seinen bisherigen Auftritten als Superman gelang oder auch in Guy Ritchies "Codename U.N.C.L.E.", einem anderen Agentenfilm, der auf einer 1960er Jahre-TV-Serie basiert (und in dem Cavill witzigerweise Cruise ersetzte, nachdem der aussteigen mußte, weil sich die Dreharbeiten mit denen von "Rogue Nation" überschnitten hätten). Cavills starke Leistung beschränkt sich dabei nicht nur seine Schauspielerei, sondern erstreckt sich auch auf sein Kampfkunst-Fertigkeiten. Speziell eine ziemlich lange (bereits im Trailer angedeutete) Kampfsequenz in den Toilettenräumen eines Pariser Casinos, in denen es Hunt und Walker mit einem ihnen sogar überlegenen Gegner zu tun bekommen, zählt mit zum Rasantesten und Spektakulärsten, was die "Mission: Impossible"-Filme bisher zu bieten hatten – und das will was heißen bei einer Reihe, die in erster Linie für ihre halsbrecherischen Stunts bekannt ist! Allgemein habe ich den Eindruck, daß in Sachen Actionchoreographie – ob bei Nahkämpfen oder Verfolgungsjagden – noch mal eine Schippe draufgelegt wurde. Für meinen Geschmack ist der Actionanteil zwar wie bei den meisten Hollywood-Filmen dieser Art etwas zu hoch, doch die Qualität der entsprechenden Szenen zur treibenden Musik des schottischen Hans Zimmer-Schülers Lorne Balfe ("Ghost in the Shell") ist unbestreitbar beeindruckend.
In der ersten Hälfte kommt ob all der Action das Erzählerische noch ein wenig kurz, weshalb "Fallout" in dieser Phase "nur" ein richtig guter Vertreter der Reihe ist. Das ändert sich in in der zweiten Hälfte des mit fast zweieinhalb Stunden längsten Films des Franchises. Wie bereits angedeutet, kulminieren hier besonders die Entwicklungen der letzten beiden Teile, im Grunde genommen aber gar der gesamten sechsteiligen Reihe in einem atemberaubenden Showdown. Daß dieser so ausgezeichnet funktioniert, liegt nur in nachgeordneter Instanz an den weiterhin exzellenten Actionsequenzen (sogar Benji darf mal zeigen, was er im Nahkampf so drauf hat). Entscheidend sind einige Wendungen inklusiver möglicher oder tatsächlicher Seitenwechsel, die gut durchdacht sind und auch inhaltlich absolut Sinn ergeben – sowie die Figuren. Es zahlt sich nun aus, daß die Reihe ihre Figuren teilweise über Jahrzehnte hinweg entwickelt hat und diese dem Publikum ans Herz gewachsen sind. Das Leben all dieser Personen steht in diesem spektakulären Finale glaubhaft auf dem Spiel und gerade weil es sich anfühlt wie ein möglicher Endpunkt der Reihe (Hunt könnte ja im nächsten Film mit einem neuen Team weitermachen, wie es in den ersten Teilen regelmäßig der Fall war), ist die Gefahr für die Sympathieträger für die Zuschauer umso unmittelbarer nachvollziehbar. Man zittert so aufrichtig mit wie in wenigen Filmen dieses Genres bei jedem neuen Hindernis, das unseren Helden in den Weg gelegt wird bei ihrem verzweifelten Versuch, die folgenreichen Pläne der Antagonisten in letzter Sekunde noch zu vereiteln. Gleichzeitig sind die neuen Charaktere nahezu ausnahmslos so wunderbar ambivalent gezeichnet, daß man bis zuletzt kaum einzuschätzen vermag, auf welcher Seite sie wirklich stehen, was die Spannung natürlich noch weiter erhöht. Gut, daß dabei so manche Situation extrem auf die Spitze getrieben wird und hin und wieder ein glücklicher Zufall vonnöten ist, das will und kann ich nicht leugnen. Aber angesichts der atemlosen Spannung und der halsbrecherischen Action verzeihe ich das gerne. Denn letztlich gelingt "Mission: Impossible – Fallout" das Kunststück, diese über zwei Dekaden alte Reihe mit dem sechsten Teil an ihren (vermutlichen) Zenit zu führen. Ein endgültiges Urteil will ich mir zwar vorbehalten, bis ich mir den Film noch einmal angeschaut habe (und vielleicht auch den Original-"Mission: Impossible", der bislang mein Lieblingsteil war), aber die Chancen stehen gut, daß ich "Fallout" in der Tat als besten "M:I"-Film einstufe.
Fazit: "Mission: Impossible – Fallout" ist anfangs ein richtig guter Action-Thriller, der sich in einer phantastisch konstruierten und auf der Vorarbeit der vorherigen Reihenteile aufbauenden zweiten Filmhälfte sogar zu einem der besten Vertreter des Genres emporschwingt.
Wertung: 9 Punkte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
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