Regie: Ron Howard,
Drehbuch: Jonathan und Lawrence Kasdan, Musik: John Powell und John Williams
Darsteller:
Alden Ehrenreich, Emilia Clarke, Woody Harrelson, Donald Glover, Paul Bettany, Joonas
Suotamo, Thandie Newton, Jon Favreau (Stimme), Phoebe
Waller-Bridge, Linda Hunt (Stimme), Erin Kellyman, John Tui, Warwick Davis, Clint
Howard, Anthony Daniels, Ray Park, Sam Witwer (Stimme)
FSK: 12, Dauer: 135 Minuten.
Planet Corellia, fünf Jahre nach der Machtübernahme des
Imperiums: Han (Alden Ehrenreich, "Hail, Caesar!") und seine Freundin
Qi'ra (Emilia Clarke, TV-Serie "Game of Thrones") verdingen sich als
kleine Gauner im Dienste von Lady Proxima (in der Originalfassung gesprochen von Linda Hunt,
OSCAR-Gewinnerin für "Ein Jahr in der Hölle"), wollen aber eigentlich
nur genügend Geld verdienen, um endlich weg von Corellia zu kommen. Fast gelingt
es, doch das Duo wird getrennt und nur Han kann fliehen – indem er sich
notgedrungen in einem Rekrutierungsbüro des Imperiums als Soldat verpflichten
läßt. Drei Jahre später ist es noch immer Hans Ziel, ein eigenes kleines
Raumschiff zu ergattern und damit nach Corellia und zu Qi'ra zurückzukehren – die zufällige Bekanntschaft mit dem gerissenen Schurken Tobias Beckett
(Woody Harrelson, "Three Billboards outside Ebbing, Missouri") könnte
endlich seine Chance sein. Han hängt sich an den zunächst wenig begeisterten
Beckett ran, der mit seiner Freundin Val (Thandie Newton, "RocknRolla") und dem Piloten Rio (gesprochen von "Iron Man"-Regisseur
Jon Favreau) gerade einen gewagten Diebstahl im Auftrag des skrupellosen Dryden Vos (Paul Bettany, "Avengers: Infinity War") plant …
Kritik:
So sieht er nun also aus, der erste Flop der langen und
erfolgreichen "Star Wars"-Kinohistorie. Natürlich ist die Bezeichnung
"Flop" relativ bei einem Film mit guten Kritiken und einem finalen globalen Einspielergebnis im Bereich von $400 Mio.; aber angesichts der
Tatsache, daß "Solo" nicht mal die nicht inflationsbereinigten
Resultate der beiden George Lucas-Trilogien erreicht, ist er durchaus
angebracht. Ganz überraschend kommt das nicht, gestaltete sich doch schon
die Produktion ziemlich holprig – mit dem "Höhepunkt", daß das
ursprüngliche Regieduo Phil Lord und Christopher Miller ("21 Jump Street") wenige Wochen vor dem geplanten
Drehschluß wegen der obligatorischen "künstlerischen Differenzen"
gefeuert und durch Regieveteran Ron Howard ("Rush") ersetzt wurde –
dem Vernehmen nach war der Ansatz von Lord und Miller zu komödienlastig,
wohingegen Drehbuch-Autor Lawrence Kasdan und Lucasfilm-Chefin Kathleen Kennedy ein
ernsteres Weltraumabenteuer vorschwebte. Howard beendete den Film aber nicht
einfach nur irgendwie, sondern drehte ihn im Grunde genommen von vorn, was
sogar zu einer Umbesetzung führte (Michael Kenneth Williams spielte
ursprünglich Dryden Vos, war aber bei den Nachdrehs verhindert, weshalb Paul Bettany die Rolle in abgewandelter Form übernahm) und selbstredend die
Produktionskosten in ungeahnte Höhen schnellen ließ. Nun ist "Solo"
mit einem Budget von bis zu $300 Mio. der teuerste "Star Wars"-Film
aller Zeiten, ohne daß man es ihm ansehen würde. Die
Vorzeichen waren also nicht gut, zumal der letzte "Star Wars"-Film
"Die letzten Jedi" kein halbes Jahr zuvor anlief und die Fangemeinde
mit einigen sehr mutigen Storyentscheidungen ziemlich spaltete. Es gibt also viele
Gründe dafür, warum "Solo" als Flop in die Kinogeschichte eingehen
wird. Inhaltlich verdient ist das jedoch nicht, denn wenngleich Ron Howard, Drehbuch-Autor Lawrence Kasdan – der bereits an der Originaltrilogie
beteiligt war und somit außer George Lucas derjenige sein dürfte, der die Figur
Han Solo am besten kennt – und sein Sohn Jonathan Kasdan mit der zweiten "Star Wars
Story" (nach dem die Erwartungen übertreffenden "Rogue One") ganz bestimmt keinen Meilenstein der
Reihe geschaffen haben, ist "Solo" doch ein unterhaltsamer,
actionreicher Weltraumwestern geworden, der in der Theorie den Grund bereitet für
weitere Abenteuer der sympathischen (Anti-)Helden.
Da "Solo" die Vorgeschichte einer der größten
Kino-Ikonen überhaupt erzählt, will ich zunächst gleich auf die Besetzung
eingehen. Rein optisch halten sich die Ähnlichkeiten zwischen Alden Ehrenreich
und seinem Rollen-Vorgänger Harrison Ford in Grenzen, Ehrenreich hat
dessen Mimik und Körpersprache aber ziemlich gut gemeistert – gut genug
jedenfalls, daß man ihm den Kult-Weltraumschmuggler absolut abnimmt. Hilfreich
ist dabei sicher, daß er relativ schnell der Welt liebsten Wookie Chewbacca
(Joonas Suotamo) an seine Seite gestellt bekommt und man zudem für die deutsche
Synchronfassung mit Florian Clyde einen Sprecher gefunden hat, der Fords Stammsprecher Wolfgang Pampel fast schon erschreckend ähnlich klingt. Donald Glover ("Der Marsianer") macht als charismatischer Spieler Lando Calrissian ebenso eine gute
Figur, wenngleich auffällt, daß er fast zehn Zentimeter kleiner und zudem
von schmächtigerem Körperbau ist als Originaldarsteller Billy Dee Williams
(Ehrenreich ist ebenfalls beinahe zehn Zentimeter kleiner als Ford, das
stört aber kurioserweise weniger). Generell hätte ich mir von Lando mehr
erwartet, doch der Umfang seiner Rolle hält sich in Grenzen. Das liegt auch
daran, daß "Solo" ein erstaunlich großes Ensemble vorzuweisen hat,
dem ausnahmslos gerecht zu werden keine ganz einfache Aufgabe ist. Gut gefallen hat
mir speziell Becketts Team – Woody Harrelson ist als der gewitzte
Weltraumschurke erwartungsgemäß eine Wucht, aber Thandie Newton als seine hartgesottene Freundin Val und der liebenswerte, in der
Originalfassung von Jon Favreau gesproche Pilot Rio hinterlassen auch einen guten
Eindruck. Etwas grenzwertig ist dagegen Landos rebellische und etwas
überdrehte Droidin L3-37 (per Motion Capturing gespielt von der britischen Komikerin
Phoebe Waller-Bridge aus der TV-Serie "Fleabag"), auch wenn deren
vehementer Kampf für die Rechte geknechteter Droiden durchaus amüsant ist (und
als Metapher fungiert, versteht sich). Erfreulich ist, daß Emilia Clarke endlich auch einmal in einer
Kino-Großproduktion eine gute Rolle abbekommen hat, nachdem sie in
"Terminator: Genisys" noch ziemlich fehlbesetzt wirkte. Mit Qi'ra
verkörpert sie nun eine spannende, facettenreiche Figur, die zudem gut mit
Ehrenreichs Han Solo harmoniert.
Das ist aber auch dringend nötig, denn hinsichtlich der erzählten
Geschichte punktet "Solo" weniger als mit seiner Besetzung. Zwar
ist der Prolog mit der nur halb geglückten Flucht vom wenig einladenden
Corellia rasant erzählt und beschert uns eine überzeugende Motivation für Hans
Handeln, und auch seine (und Chewies) zunächst holprige Integration in Becketts
kleine Gaunergruppe geht temporeich und unterhaltsam vonstatten. Anschließend
hängt "Solo" aber eine Weile ziemlich durch, woran selbst der erste
Auftritt von Paul Bettany als zwielichtiger und bedrohlicher Gangsterboß
Dryden Vos nichts ändert – der zu Hans Überraschung auch Qi'ra
wieder ins Spiel bringt. Grundsätzlich unterscheidet sich der mittlere Akt von
"Solo" nicht groß von den meisten "irdischen"
Heistfilmen á la "Ocean's Eleven", denn der große Coup – der für Beckett natürlich der letzte sein
soll … – wird ausführlich geplant und über diverse Abstecher vorbereitet. Das
ist nett anzusehen, aber eben auch reichlich unspektakulär, so ähnlich
schon oft gesehen und etwas zu sehr in die Breite ausgewalzt – als ein knackiger
100-Minüter hätte "Solo" meines Erachtens deutlich besser
funktioniert. Für die zwischenzeitliche Langatmigkeit entschädigt dann ein
ansehnlicher, mit ein paar Wendungen gewürzter Showdown (wenngleich eine
davon dermaßen "überraschend" daherkommt, daß ich bereits nach
Ansicht des Trailers darauf gewettet hätte). Die Shootouts können sich sehen
lassen, natürlich kracht und rummst es gewaltig, doch für die
immerhin für den OSCAR nominierten visuellen Effekte gilt eigentlich das gleiche wie für die Handlung: wirklich nett,
aber absolut nichts Besonderes – das ist auch der größte Unterschied zu
"Rogue One", der dramaturgisch ebenfalls etwas holprig daherkam, aber dafür eine ganze Reihe denkwürdiger Momente vorweisen konnte.
Gelobt werden muß bei "Solo" dafür die Arbeit von Kameramann
Bradford Young ("Selma"), der ungemein atmosphärische, von John Powells Musik hochklassig untermalte Bilder geschaffen
hat. Dazu muß man
erläutern, daß Powell zwar der Komponist von "Solo" ist, aber gefühlt noch etwas
stärker als zuvor "Rogue One" auf John Williams' ikonische
Melodien der Original-Trilogie zurückgreift – zudem steuert Williams Hans neues
musikalisches Leitmotiv bei. Solch kultige Melodien wie die der "Star
Wars"-Filme mit Eigenkompositionen zu verknüpfen, ist niemals eine einfache Aufgabe; die Gefahr ist groß, daß es entweder zu sehr einfallslos abgekupfert
klingt oder zu wenig nach dem Original. Doch der britische Routinier John Powell
("Die Bourne Identität") hat das exzellent hinbekommen, er setzt
Williams' Motive effektiv ein, bringt aber ebenso hörenswerte eigene Akzente
ein – das gefällt mir insgesamt sogar besser als Michael Giacchinos "Rogue
One"-Score. Wirklich überrumpelt hat mich derweil der kurze Auftritt einer
bekannten "Star Wars"-Figur gegen Ende – ich hatte im Vorfeld schon
mitbekommen, daß es den gibt, aber nicht, um wen sich handelt, weshalb ich
einige Theorien hatte: Jabba oder Boba Fett wären naheliegend
gewesen, auch den Imperator oder einen der Rebellen aus dem etwa zehn Jahre
später spielenden "Rogue One" hätte ich mir gut vorstellen können. Doch
auf die Person, die hier wieder aus der Versenkung geholt wird, hätte ich beim
besten Willen nicht getippt – was meine Freude allerdings nicht schmälert.
Zuschauer, die die beiden Animations-TV-Serien "The Clone Wars" und
"Star Wars Rebels" nicht kennen, dürften sich aber ziemlich
wundern … Genau genommen gibt es übrigens noch ein zweites Figuren-Cameo, außerdem
ist C-3PO-Darsteller Anthony Daniels kurz in einer anderen (menschlichen) Rolle
zu sehen. Es ist bedauerlich, daß es wohl nie zu einer direkten
Kino-Fortsetzung von "Solo" kommen wird, denn Ron Howards Film legt
ein gutes Fundament dafür, speziell was die neu eingeführten wie auch die
zurückgekehrten Figuren betrifft. Trotz der mäßigen Einspielergebnisse
glaube ich jedoch eigentlich nicht, daß dies das letzte ist, was wir von diesen
Schauspielern in diesen Rollen sehen werden. Möglicherweise gibt es ja in ein
paar Jahren ein neues, in dieser Zeit spielendes Kino-Abenteuer, in dem die in
"Solo" angedeuteten, teilweise sehr spannenden Entwicklungen
weitergesponnen werden? Oder es gibt doch eine direkte Fortsetzung, allerdings
in Form einer TV-Serie? Das ist gar nicht so unwahrscheinlich, wie es auf den
ersten Blick erscheinen mag, schließlich plant Disney für 2019 den Start
seiner eigenen Streaming-Plattform, für die bereits mehrere "Star
Wars"-Serien angekündigt wurden – und mit Emilia Clarke und Donald Glover ("Community", "Atlanta")
sind zwei der "Solo"-Hauptdarsteller bekanntlich durch das Fernsehen
groß geworden und dort immer noch erfolgreich. Ich würde mich jedenfalls
freuen, wenn es so kommt.
Fazit: "Solo: A Star Wars Story" ist ein
kompetent gemachtes, wirklich nettes und weitgehend unterhaltsames Weltraum-Abenteuer, das
zwar etwas zu lang geraten ist und "Star Wars"-Fans nicht viel Neues
zu bieten hat, aber trotzdem Laune macht.
Wertung: Knapp 7,5 Punkte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
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