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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 22. April 2021

OSCAR-Vorschau 2021 - Die Nebenkategorien

Nachdem ich in Teil 1 meiner großen OSCAR-Vorschau 2021 die elf Hauptkategorien analysiert und prognostiziert habe, folgen im zweiten Teil 12 weitere Kategorien primär aus technischen Bereichen (die meist schwerer vorherzusagen sind, weil es in der Regel nur wenige Wegweiser-Preisverleihungen gibt):
 
Kamera:
- Sean Bobbitt, "Judas and the Black Messiah"
- Erik Messerschmidt, "Mank"
- Dariusz Wolski, "Neues aus der Welt"
- Joshua James Richards, "Nomadland"
- Phedon Papamichael, "The Trial of the Chicago 7"

Davon habe ich gesehen und kann daher selbst beurteilen: "The Trial of the Chicago 7" und "Mank".
Favoriten: "Nomadland" vor "Mank". "Nomadland" hat die meisten Kamerapreise der Awards Season für sich entscheiden können, doch wenn es nicht geklappt hat, war die Schwarzweiß-Kamera von "Mank" zur Stelle. Die drei anderen Nominees sollten chancenlos sein, wobei "Neues aus der Welt" natürlich bei weitem nicht der erste Western wäre, der diese Kategorie für sich entscheiden würde. Das ist aber diesmal sehr unwahrscheinlich.

Gewinnen sollte: Die Kamera von "Mank" ist grandios, also drücke ich Erik Messerschmidt die Daumen.
Gewinnen wird: Erik Messerschmidt für "Mank".

Ausstattung:
- Peter Francis und Cathy Featherstone, "The Father"
- Mark Ricker, Karen O'Hara und Diana Stoughton, "Ma Rainey's Black Bottom"
- Donald Graham Burt und Jan Pascale, "Mank"
- David Crank und Elizabeth Keenan, "Neues aus der Welt"
- Nathan Crowley und Kathy Lucas, "Tenet" 
 
Gesehen: "Ma Rainey" und "Mank".
Favorit: "Mank". Ebenso wie "The Trial of the Chicago 7" und "Promising Young Woman" läuft auch "Mank" Gefahr, trotz vieler Nominierungen am Ende ganz leer oder mit nur einem OSCAR dazustehen. Die wohl besten Aussichten, einer Nullnummer zu entgehen, hat David Finchers kunstvolle Ode an das Hollywood der Goldenen Ära bei der Ausstattung, bei der er sämtliche wichtigen Preise im Vorfeld für sich entscheiden konnte. Am ehesten für eine Überraschung kämen noch "Ma Rainey's Black Bottom" und "Neues aus der Welt" in Frage, aber dazu dürfte es nicht kommen.

Gewinnen sollte: "Mank".
Gewinnen werden: Donald Graham Burt und Jan Pascale für "Mank".

Visuelle Effekte:
- Matt Sloan, Genevieve Camilleri, Matt Everitt und Brian Cox, "Monster Problems"
- Matthew Masmir, Christopher Lawrence, Max Solomon, David Watkins, "The Midnight Sky"
- Sean Faden, Anders Langlands, Seth Maury und Steve Ingram, "Mulan"
- Nick Davis, Greg Fisher, Ben Jones und Santiago Colomo Martinez, "Der einzig wahre Ivan"
- Andrew Jackson, David Lee, Andrew Lockley und Scott Fisher, "Tenet" 
 
Gesehen: "The Midnight Sky" und "Mulan".
Favorit: "Tenet". Christopher Nolans SciFi-Spionagethriller kam bei Kritikern und Publikum nicht so gut an wie man es von Nolans Werken gewöhnt ist, auch in der Awards Season hinterließ "Tenet" kaum Spuren. Doch bei den visuellen Effekten ist er zweifellos Favorit, was angesichts der Unsummen, die in die Spezialeffekte gesteckt wurden, auch das Mindeste ist. Ein Sieg ist dennoch nicht garantiert, denn gerade wegen der Budget-Unterschiede könnten viele Academy-Mitglieder versucht sein, kleinere Produktionen zu belohnen. Vor allem der weitestgehend unter dem Radar gebliebene "Monster Problems" käme dafür in Frage, wird aber trotzdem von den meisten Experten als chancenlos angesehen. Als größter "Tenet"-Rivale gilt George Clooneys "The Midnight Sky".
 
Gewinnen sollte: Obwohl ich nur Ausschnitte gesehen habe, hätte "Tenet" den Sieg sicherlich verdient.
Gewinnen werden: Andrew Jackson, David Lee, Andrew Lockley und Scott Fisher für "Tenet".

Kostüme:
- Alexandra Byrne, "Emma"
- Ann Roth, "Ma Rainey's Black Bottom"
- Trish Summerville, "Mank" 
- Bina Daigeler, "Mulan"
- Massimo Cantini Parrini, "Pinocchio"

Gesehen: "Ma Rainey", "Mank" und "Mulan".
Favoriten: "Ma Rainey's Black Bottom" vor "Emma" und "Mank". Als klassischer Kostümfilm hat die Jane Austen-Adaption "Emma" in dieser Kategorie gute Karten, leicht favorisiert sind allerdings die farbenfrohen 1920er Jahre-Kostüme von "Ma Rainey's Black Bottom". Auch die eleganten 1930er Jahre-Kostüme von "Mank" hätten einen Preis verdient, wogegen "Mulan" und "Pinocchio" im Normalfall leer ausgehen werden.

Gewinnen sollte: "Emma" (auch wenn ich nur Ausschnitte gesehen habe).
Gewinnen wird: Alexandra Byrne für "Emma".

Schnitt:
- Yorgos Lamprinos, "The Father"
- Chloé Zhao, "Nomadland"
- Frédéric Thoraval, "Promising Young Woman"
- Mikkel E. G. Nielsen, "Sound of Metal"
- Alan Baumgarten, "The Trial of the Chicago 7"

Gesehen: Nur "The Trial of the Chicago 7".
Favoriten: "The Trial of the Chicago 7", "Sound of Metal" und "Nomadland". Eine der offensten Kategorien des Jahres: Das schnell geschnittene Gerichtsdrama "The Trial of the Chicago 7" hat die meisten Vorläufer-Auszeichnungen gewonnen, aber das Heavy Metal-Drama "Sound of Metal" wurde ebenfalls geehrt und auch "Nomadland" wird als ein möglicher Sieger betrachtet. Achtung: Die Schnitt-Kategorie ist traiditionell ein guter Hinweisgeber für die Königskategorie "Bester Film"; sollte "The Trial of the Chicago 7" hier gewinnen, wäre das kein gutes Omen für "Nomadland" ...

Gewinnen sollte: Kann ich nicht beurteilen.
Gewinnen wird: Chloé Zhao für "Nomadland".

Musik:
- Terence Blanchard, "Da 5 Bloods"
- Trent Reznor und Atticus Ross, "Mank"
- Emile Mosseri, "Minari"
- James Newton Howard, "Neues aus der Welt"
- Trent Reznor, Atticus Ross und Jon Batiste, "Soul"
 
Gehört: "Da 5 Bloods", "Mank" und "Soul".
Favorit: "Soul". Der sehr schöne und abwechslungsreiche, jazzlastige Score zu "Soul" hat alle wichtigen Preise im Vorfeld gewonnen und sollte so ziemlich der sicherste Sieger des Abends sein. Allerdings sorgt auch die Musik-Kategorie gerne mal für Überraschungen ...

Gewinnen sollte: "Da 5 Bloods" oder "Soul".
Gewinnen werden: Trent Reznor, Atticus Ross und Jon Batiste für "Soul".

Filmsong:
- "Fight For You" von H.E.R., Dernst Emile II, Tiara Thomas, "Judas and the Black Messiah"
- "Hear My Voice" von Daniel Pemberton und Celeste Waite, "The Trial of the Chicago 7" 
- "Husavik" von Savan Kotecha, Fat Max Gsus, Rickard Göransson, "Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga"
- "Io sí (Seen") von Diane Warren und Laura Pausini, "Du hast dein Leben vor dir"
- "Speak Now" von Leslie Odom Jr. und Sam Ashworth, "One Night in Miami"

Gehört: Alle.
Favorit: "Speak Now". Häufig gibt es in der Kategorie einen klaren Frontrunner (z.B. "Shallow" aus "A Star Is Born" oder "Let It Go" aus "Die Eiskönigin"), dieses Mal ist es nicht ganz so deutlich. "Speak Now" aus "One Night in Miami" konnte zwar u.a. bei den Critics' Choice Awards abräumen, aber dafür ging der Golden Globe überraschend an "Io sí" aus "Du hast dein Leben vor dir" - und "Husavik" (dessen Vorführung bei einer normalen OSCAR-Verleihung mit Publikum ein garantiertes Highlight wäre!) aus "Eurovision Song Contest" ist eine Überraschung durchaus zuzutrauen.
 
Gewinnen sollte: Ich mag alle fünf Songs, herausragend finde ich keinen. Irgendwie würde ich gerne "Husavik" als Sieger sehen, aber eigentlich gefällt mir "Io sí" am besten. Alle fünf wären würdige Gewinner.
Gewinnen wird: "Speak Now" aus "One Night in Miami".

Ton:
- Warren Shaw, Michael Minkler, Beau Borders und David Wyman, "Greyhound"
- Ren Klyce, Jeremy Molod, David Parker, Nathan Nance und Drew Kunin, "Mank"
- Oliver Tarney, Mike Prestwood Smith, William Miller und John Pritchett, "Neues aus der Welt"
- Ren Klyce, Coya Elliott und David Parker, "Soul"
- Nicolas Becker, Jaime Baksht, Michelle Couttolenc, Carlos Cortés und Phillip Bladh, "Sound of Metal" 
 
Gehört: "Mank" und "Soul".
Favorit: "Sound of Metal". Angesichts der Musik-Thematik ist es keine große Überraschung, daß "Sound of Metal" in dieser Kategorie den einzigen OSCAR gewinnen könnte. Am ehesten dürfte der gleichfalls musiklastige "Soul" an diesem Favoritensieg rütteln können. Kriegsfilme haben beim Ton zwar ebenfalls traditionell gute Siegchancen, aber "Greyhound" kam vermutlich insgesamt zu schlecht an, um seine einzige Nominierung in einen Goldjungen umsetzen zu können.

Gewinnen sollte: Kann ich nicht beurteilen.
Gewinnen werden: Nicolas Becker, Jaime Baksht, Michelle Couttolenc, Carlos Cortés und Phillip Bladh für "Sound of Metal".

Makeup und Hairstyling:
- Marese Langan, Laura Allen und Claudia Stolze, "Emma"
- Eryn Krueger Mekash, Matthew Mungle und Patricia Dehaney, "Hillbilly Elegy"
- Sergio Lopez-Rivera, Mia Neal und Jamika Wilson, "Ma Rainey's Black Bottom"
- Gigi Williams, Kimberley Spiteri und Colleen LaBaff, "Mank"
- Mark Coulier, Dalia Colli und Francesco Pegoretti, "Pinocchio" 
 
Gesehen: "Ma Rainey" und "Mank".
Favoriten: "Ma Rainey's Black Bottom" klar vor "Hillbilly Elegy". "Ma Rainey's Black Bottom" gewann den entsprechenden Gildenpreis und gilt generell als hoher Favorit - für "Hillbilly Elegy" spricht jedoch die in der Tat beeindruckende Transformation von Hauptdarstellerin Glenn Close. Da es in dieser Kategorie immer wieder zu Überraschungen kommt, darf man keinen Nominee ganz ausschließen - wer einen Außenseitertip wagen will, könnte mit "Pinocchio" gut liegen ...

Gewinnen sollte: Kann ich nicht beurteilen.
Gewinnen werden: Sergio Lopez-Rivera, Mia Neal und Jamika Wilson für "Ma Rainey's Black Bottom".

Kurzdoku:
- Colette
- A Concerto is a Conversation
- Do Not Split
- Hunger Ward
- A Love Song for Latasha

Gesehen: Keinen.
Favorit: "A Love Song for Latasha". Die drei Kurzfilm-Kategorien sind notorisch schwierig zu prognostizieren, weil es kaum Hinweise durch frühere Preisverleihungen gibt und man als Durchschnitts-Filmfan die meisten nominierten Werke nicht kennt. Meiner Erfahrung nach fährt man in OSCAR-Tippspielen am besten damit, auf die Favoriten zu setzen (kann aber auch in die Hose gehen). In diesem Fall scheinen sich die meisten Experten recht einig zu sein, daß "A Love Song for Latasha" die besten Aussichten hat, doch haben auch "Do Not Split" oder "A Concerto is a Conversation" ihre Befürworter.

Gewinnen wird: "A Love Song for Latasha".

Kurzfilm:
- Feeling Through
- Der Briefwechsel
- The Present
- Two Distant Strangers
- White Eye 
 
Gesehen: "Der Briefwechsel" (ist in der Arte Mediathek zu finden).
Favoriten: "Two Distant Strangers" und "Der Briefwechsel". Der halbstündige "Der Briefwechsel" kann mit Oscar Isaac einen echten Hollywood-Star in der Hauptrolle vorweisen und hat zudem ein cleveres Ende, ist insgesamt aber doch recht unspektakulär geraten. Fraglich, ob das reicht. "Two Distant Strangers" sehen die meisten Branchenexperten leicht vorne, was auch an der leider wieder einmal sehr aktuellen "Black Lives Matter"- und Polizeigewalt-Thematik liegen mag. Dafür wird "Feeling Through" sicherlich mit seinem tauben und blinden Hauptdarsteller Sympathien einheimsen und auch der israelische "White Eye" und der palästinensische "The Present" beackern gesellschaftlich relevante Diskriminierungs-Themen.

Gewinnen wird: "Two Distant Strangers".

Animierter Kurzfilm:
- Burrow
- Genius Loci
- If Anything Happens I Love You
- Opera
- Yes-People
 
Gesehen: "Burrow" (ist bei Disney+ zu finden).
Favoriten: "If Anything Happens I Love You" vor "Burrow". "Burrow" (über eine Häsin, die sich einen unterirdischen Bau einrichten will, aber feststellen muß, daß es da unten schon ziemlich voll ist) stammt von Pixar und ist sehr liebenswert, aber letztlich nichts wirklich Besonderes. Deshalb sehen die meisten Fachleute auch den Netflix-Kurzfilm "If Anything Happens I Love You" (über um ihre verstorbene Tochter trauernde Eltern) in der Spitzenposition. Die Frage ist wohl, ob den Academy-Mitgliedern eher nach leichter Unterhaltung oder nach tiefen Gefühlen zumute ist. Aber weil bei den Kurzfilm-Kategorien so ziemlich alles möglich ist, kann man auch die drei weiteren, sehr internationalen Nominees ("Yes-People" ist isländisch, "Genius Loci" französisch und "Opera" südkoreanisch) nicht ausschließen.
 
Gewinnen wird: "If Anything Happens I Love You".


Damit sind wir am Ende meiner großen OSCAR-Vorschau angelangt. Nach meiner Prognose würde "Nomadland" mit vier OSCARs (darunter den wichtigsten) am besten abschneiden vor "Ma Rainey's Black Bottom" mit drei. Insgesamt wären die Goldjungs aber wie in den Vorjahren ziemlich gleichmäßig unter den Favoriten verteilt. Nun, wir werden in der Nacht von Sonntag auf Montag (wieder live bei Pro 7) sehen, was passiert ...

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