Regie: Ryan Coogler, Drehbuch: Joe Robert Cole und Ryan
Coogler, Musik: Ludwig Göransson
Darsteller: Chadwick Boseman, Michael B. Jordan, Lupita
Nyong'o, Martin Freeman, Letitia Wright, Danai Gurira, Angela Bassett, Forest
Whitaker, Andy Serkis, Daniel Kaluuya, Winston Duke, John Kani, Sterling K.
Brown, Florence Kasumba, Isaach De Bankolé, Denzel Whitaker, Alexis Rhee,
Sebastian Stan, Stan Lee
FSK: 12, Dauer: 135 Minuten.
Nachdem der wakandische König T'Chaka (John Kani, "Der Geist und die Dunkelheit") bei dem
Terroranschlag auf das UN-Gebäude in Wien ums Leben kam (gesehen in
"Captain America 3"), steht sein Sohn T'Challa (Chadwick Boseman, "Marshall")
kurz vor der Krönung. Es warten einige Herausforderungen auf ihn, denn es gibt
widerstreitende Meinungen über den zukünftigen Kurs von Wakanda, das sich
bisher dank einer hochentwickelten Tarntechnologie vor der Welt als
landwirtschaftlich geprägter Drittweltstaat ausgab, in Wahrheit allerdings die
technologisch fortschrittlichste Nation der Welt ist – einem Meteor sei Dank,
der einst in Wakanda einschlug und aus dem außerirdischen Metall Vibranium
besteht, das härter ist als alle irdischen Metalle und Energie absorbiert.
Während T'Challas Ex-Freundin Nakia (Lupita Nyong'o, "12 Years a Slave") – in die er sehr
offensichtlich immer noch verliebt ist – dafür plädiert, ärmeren Staaten zu
helfen und Flüchtlinge aufzunehmen und T'Challas bester Freund W'Kabi (Daniel
Kaluuya, "Get Out") die wakandischen Krieger global für
das Gute einsetzen will, sind Generalin Okoye (Danai Gurira) – die Anführerin der komplett aus Frauen bestehenden Königsgarde Dora Milaje –, Königinmutter Ramonda (Angela
Bassett, "Olympus Has Fallen") und viele Stammesälteste dafür, wie bisher im Verborgenen zu
bleiben. Doch noch bevor der neue König wirklich eine Entscheidung treffen kann,
droht eine viel unmittelbarere Gefahr, denn der gewissenlose Ex-US-Elitesoldat Erik
"Killmonger" Stevens (Michael B. Jordan, "Creed") will die Macht in Wakanda
übernehmen und hat sich dafür mit dem skrupellosen Waffenschieber Ulysses Klaue
(Andy Serkis, "Planet der Affen: Survival") zusammengetan, der Jahre zuvor das "echte" Wakanda
entdeckte und W'Kabis Eltern tötete …
Kritik:
Es gibt einen ebenso schlichten wie einleuchtenden Grund
dafür, daß die großen Hollywood-Studios jahrzehntelang davor zurückgeschreckt
sind, teure Blockbuster mit Frauen oder Nicht-Weißen in der zentralen Rolle
(und eventuell sogar noch im Großteil der übrigen Rollen) zu produzieren: Sie
dachten, es rentiert sich nicht. Und für diese Annahme gab es durchaus gute
Gründe, denn die in den USA relativ leicht zugänglichen Zuschauerstatistiken
zeigen klar, daß beispielsweise überwiegend mit Afroamerikanern oder Latinos
besetzte Filme oft beim breiten (weißen) Publikum nur wenig Anklang finden – und
für die weltweite Auswertung gilt das sogar noch stärker, weshalb selbst
US-Hits wie "Ride Along" oder die Tyler Perry-Filme im Rest der Welt
kaum Zuschauer finden. Natürlich gibt es einige afroamerikanische Weltstars wie
Denzel Washington oder früher Eddie Murphy, die immer ihr Publikum finden –
aber dabei in der Regel doch von vielen weißen Schauspielern umgeben sind. So
ist es kaum verwunderlich, daß ein zaghaftes Umdenken in Hollywood eher nicht aus echter Überzeugung stattfand, sondern durch öffentlichen Druck
zustandekam, namentlich durch die #OscarsSoWhite-Kampagne angesichts ausschließlich
weißer OSCAR-nominierter Schauspieler Anfang 2015. Doch wie es drei Jahre
später aussieht, wurde die Branche auf diese Weise wohl zu ihrem Glück
gezwungen, denn zunächst "Wonder Woman" und wenig später noch mehr "Black Panther" haben nachdrücklich bewiesen, daß
keineswegs nur weiße Männer Großproduktionen zu globalen Megahits machen
können. War das schon bei DCs "Wonder Woman" ein sehr bemerkenswerter
Erfolg, ist es bei "Black Panther" vom großen Rivalen Marvel noch beeindruckender, denn wo "Wonder Woman" zwar eine starke Frau
als Protagonistin aufbietet, die allerdings doch wieder von vielen Männern
(unterschiedlicher Hautfarben) umgeben ist, gibt es in "Black
Panther" im Grunde genommen nur zwei weiße Figuren von Bedeutung. Trotzdem sind die Zuschauer nicht nur in Nordamerika in Scharen in die Kinos
geströmt, sondern auch in Südamerika, Europa, Asien und natürlich Afrika (wenn die Scharen
auch fraglos etwas kleiner waren als in den USA). Klar, daß "Black
Panther" Teil des beliebtesten und kommerziell erfolgreichsten
Kino-Franchises aller Zeiten ist – des Marvel Cinematic Universe –, schadet
natürlich nicht, aber daß dieser erste Solofilm mit dem afrikanischen
Superhelden (nachdem er in "Captain America 3" dem Publikum
vorgestellt wurde) weltweit mindestens zum dritterfolgreichsten MCU-Film hinter
den beiden "Avengers"-Teilen werden würde, damit konnte nun wirklich
niemand rechnen. Und ist dieser Hype auch qualitativ verdient? Nunja, meiner
Meinung nach nicht ganz, aber "Black Panther" ist fraglos ein
weiterer guter MCU-Vertreter, eine gute Repräsentationsfigur für junge Afroamerikaner und in meinen Augen immerhin der drittbeste
Soloerstling (nach "Iron Man" und "Doctor Strange") – für
eine noch bessere Plazierung ist er mir aber deutlich zu actionlastig ausgefallen.
In der ersten Hälfte liefert "Black Panther" dem
ungewohnten Afrika-Setting zum Trotz ziemlich normale Marvel-Kost ab. Das ist
natürlich durchaus ein gutes Qualitätssiegel und MCU-Fans werden mit sehr
großer Wahrscheinlichkeit auch mit dem wakandischen Herrscher viel Spaß haben –
aber während andere Franchise-Vertreter der jüngeren Vergangenheit sich hinsichtlich des Genres in
Abwechslung übten ("Ant-Man" als Heist-Film, "Spider-Man: Homecoming" als Coming of Age-Komödie, "Doctor Strange" im
Mystery-Genre und "Thor 3" mit einem starken Comedy-Schwerpunkt),
ist "Black Panther" ein eher gewöhnlicher Actionthriller mit politischer Note. Die ist natürlich sehr willkommen und hat bereits
"Captain America 2" vorangebracht, hat allerdings hier wie dort die
Lobeshymnen nur bedingt verdient, weil der Politik-Anteil letzten Endes ziemlich
limitiert und oberflächlich bleibt. Manche Kritiker haben "Black
Panther" mit seinen Thronfolge-Intrigen allen Ernstes mit "Game of
Thrones" verglichen, doch das ist purer Unsinn, zumal das Marvel-Abenteuer
mit seinen gut zwei Stunden ja gar nicht die Zeit hat, vergleichbar komplexe
Handlungsstränge und Personengeflechte zu entwickeln. Dennoch wäre etwas mehr
Tiefgang definitiv möglich gewesen, stattdessen bleibt es – weil man ja gefühlt
alle fünf Minuten eine (meist sehr wohl beeindruckend in Szene gesetzte) Actionsequenz
braucht – bei Ansätzen. Von daher bin ich sogar dankbar, daß "Black
Panther" die Thematik größtenteils in der ersten Hälfte abhandelt, denn
die zweite Hälfte wird durch einige ziemlich überraschende Wendungen in eine
andere Richtung gelenkt, was für erheblich mehr Spannung sorgt.
Bei der Figurenzeichnung machen Regisseur Ryan Coogler
("Creed") und sein Co-Drehbuch-Autor Joe Robert Cole (TV-Serie
"American Crime Story: The People vs. O. J. Simpson") viel richtig.
T'Challa ist ein charismatischer Protagonist, der mit ausgeprägtem
Gerechtigkeitssinn, aber auch seinen Zweifeln sehr glaubwürdig wirkt und sofort
die Sympathien des Publikums auf seiner Seite hat. Auch die Nebenfiguren
sind für Genreverhältnisse sehr gelungen gestaltet, wobei vor allem die Frauen
an T'Challas Seite punkten können. Die OSCAR-Gewinnerin Lupita Nyong'o gibt als
Nakia eine sehr selbstbewußte Ex-Freundin, die weit mehr als nur Beiwerk ist,
vielmehr T'Challa gar aktiv antreibt und zu Entscheidungen ermutigt,
gleichzeitig aber auch auf sich gestellt problemlos klarkommt, wie wir früh
demonstriert bekommen. "The Walking Dead"-Star Danai Gurira ist als Okoye, die
pflichtbewußte Anführerin der rein weiblichen Königsgarde Dora Milaje, voll in ihrem
Element und avanciert mit ihrer Kampfkraft phasenweise sogar zum heimlichen
Star des Films, während Kino-Newcomerin Letitia Wright ("Ready Player One") als T'Challas erst 16 Jahre
alte, aber technisch brillante Schwester Shuri gefällt, die dadurch noch
sympathischer wird, daß sie stets den Schalk im Nacken hat und ihrem
ernsthaften Bruder gerne einen Streich spielt, der ihn wieder auf den Boden
der Tatsachen zurückholt. Erfreulich ist auch das "Comeback" von
Angela Bassett (OSCAR-Nominierung 1994 für ihre Titelrolle im Tina Turner-Biopic
"Tina – What's Love Got to Do with It?") als Königinmutter Ramonda –
sie war zwar etwa als Stammgast der TV-Anthologieserie "American Horror
Story" nie wirklich weg, im Kino war sie in den letzten Jahren aber nur noch selten
in größeren Rollen zu sehen. In den männlichen Nebenrollen überzeugt auf Seiten
der Guten primär Martin Freeman ("Der Hobbit"), der in seiner Rolle als CIA-Agent Ross aus
"Captain America 3" zurückkehrt und gemeinsam mit der quirligen Shuri
für den Humor im Film zuständig ist. Forest Whitaker ("Rogue One") als Stammesältester Zuri,
Daniel Kaluuya als T'Challas vor Tatendrang berstender bester Freund W'Kabi und
Winston Duke (TV-Serie "Person of Interest") als der trotzige Bergstamm-Anführer M'Baku bekommen etwas weniger zu
tun, dafür avanciert aber M'Baku mit seiner verschmitzt-lässigen Art in seinen
wenigen Auftritten zu einem echten Scenestealer.
Erfreulicherweise punktet "Black Panther" auch bei
den Bösewichten, was im MCU ja nicht so selbstverständlich ist. Während
zunächst Andy Serkis als Waffenschieber Ulisses Klaue (der bereits einen
Kurzauftritt in "Avengers 2" hatte) die Szenerie dominiert und
das gut macht, schält sich nach und nach Michael B. Jordans Erik Stevens alias
Killmonger als die wirkliche Gefahr für den wakandischen Thron heraus. Und wenngleich ich nicht so weit gehen würde, Killmonger als einen denkwürdigen
Schurken zu bezeichnen, zählt er doch eindeutig zu den besten innerhalb des
Marvel Cinematic Universe. Er hat eine glaubwürdige Motivation, macht eine
(vielleicht etwas zu schnelle) Entwicklung durch und ist auf seine viel bedrohlichere
Art und Weise kaum weniger charismatisch als T'Challa – so soll es sein! Interessanterweise
kann man die zentrale Konstellation um T'Challa und Killmonger im weitesten
Sinne übrigens mit den beiden 1960er Jahre-Bürgerrechtlern Malcolm X und Martin Luther
King vergleichen: Killmonger entspricht dabei Malcolm X, der dem wütenden,
frustrierten Teil der Afroamerikaner Gesicht und Stimme gab und dafür
plädierte, notfalls auch durch Gewalt Änderungen zu erzwingen; T'Challa ist
eher Martin Luther King, der auf den friedlichen Protest setzte. Natürlich ist das
eine relativ gewagte Analogie zwischen Superhelden bzw. Superschurken
und Bürgerrechtsikonen – aber die Parallelen lassen sich nicht leugnen und wenn
man weiß, daß die Comic-Vorlage wirklich in den 1960er Jahren als Folge der schwarzen Bürgerrechtsbewegung
geschaffen wurde, dann ist sie vielleicht doch nicht mehr ganz so weit hergeholt
…
Durch den Richtungsstreit in der wakandischen Politik
zwischen konsequenter Abschottung und Öffnung bekommt die Handlung derweil sogar einen sehr
aktuellen Bezug, denn es wird beispielsweise ausdrücklich auf die
Flüchtlingssituation eingegangen und auf die Stellung der Schwarzen weltweit.
Naturgemäß gehen solche Anspielungen nicht wirklich in die Tiefe, denn es
handelt sich schließlich immer noch in erster Linie um einen Superhelden-Film; aber die
Thematik wird durchaus gekonnt und sinnig in die Handlung eingeflochten, nur
manche sehr offensichtlich direkt an US-Präsident Trump und seine Anhänger
gerichtete Botschaften sind vielleicht etwas arg plakativ geraten. Überraschend gelungen ist die musikalische Begleitung von "Black
Panther", die Ludwig Göranssons ("Nächster Halt: Fruitvale
Station") hörenswerte, mit traditionellen afrikanischen Klängen
angereicherte Instrumentalmusik sehr harmonisch mit modernen
afroamerikanischen R 'n' B-Vibes vorrangig von Kendrick Lamar verbindet. Das paßt
zur wakandischen Gesellschaft, die mit der Kombination aus (nicht klischeefreien) archaischen Ritualen und hochmoderner Technik zwei Welten in
sich vereint, oder auch Vergangenheit und Zukunft. Das mag teilweise ein wenig
kurios wirken, funktioniert insgesamt aber bemerkenswert gut – wie der gesamte Film trotz des zu großen Action-Schwerpunktes. Ach, #OscarsSoWhite war im "Black Panther"-Jahrgang übrigens kein Thema, denn der Marvel-Superhit wurde für sieben Academy Awards nominiert (darunter als erster Superheldenfilm überhaupt als "Bester Film") und gewann drei (Kostüme, Ausstattung und Musik).
Fazit: Marvels "Black Panther" ermöglicht dem
ersten afroamerikanischen Comic-Superhelden einen stimmigen,
eindrucksvollen ersten Soloauftritt mit starken Figuren und
interessanten, gesellschaftlich relevanten Themen, die jedoch sehr gerne
anstelle der allgegenwärtigen Action noch deutlich stärker hätten in den
Vordergrund rücken dürfen.
Wertung: 8 Punkte.
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