Empfohlener Beitrag

In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 14. August 2012

PROMETHEUS (3D, 2012)

Regie: Sir Ridley Scott, Drehbuch: Jon Spaihts und Damon Lindelof, Musik: Marc Streitenfeld
Darsteller: Noomi Rapace, Michael Fassbender, Charlize Theron, Logan Marshall-Green, Idris Elba, Rafe Spall, Sean Harris, Guy Pearce, Benedict Wong, Emun Elliott, Kate Dickie, Patrick Wilson
 Prometheus
(2012) on IMDb Rotten Tomatoes: 73% (7,0); weltweites Einspielergebnis: $403,4 Mio.
FSK: 16, Dauer: 124 Minuten.

Im Jahr 2093 befindet sich das von der Weyland Corporation finanzierte Forschungsraumschiff Prometheus auf dem Weg zu dem weit entfernten Mond LV-223, zu dem die immer gleiche Sternenkonstellation auf irdischen Höhlenmalereien verschiedenster untergegangener Kulturen weist. Das Wissenschaftler-Paar Dr. Elizabeth Shaw (Noomi Rapace, "Sherlock Holmes – Spiel im Schatten", "Millennium"-Trilogie) und Dr. Charlie Holloway (Logan Marshall-Green, "Across the Universe") hat diese Konstellation entdeckt und glaubt, daß es sich um eine Einladung zur Heimat der "Konstrukteure" handelt, die ihrer Überzeugung nach den Menschen geschaffen haben. Als die beiden gemeinsam mit 15 anderen Crewmitgliedern der Prometheus unter Führung der unterkühlten Expeditionsleiterin Meredith Vickers (Charlize Theron, "Snow White and the Huntsman") und des charismatischen Captain Janek (Idris Elba, "Thor", TV-Serie "Luther") auf dem Mond landen und ein offenbar künstliches unterirdisches Gewölbe erkunden, müssen sie bald erfahren, daß diese Mission keine ungefährliche ist ...

Kritik:
Als Sir Ridley Scott seine Rückkehr in das Science Fiction-Genre verkündete, das er vor rund 30 Jahren mit "Alien" und "Blade Runner" entscheidend prägte, sollte "Prometheus" noch die Vorgeschichte von "Alien" erzählen. Später erklärte Scott, man habe das Konzept verändert, weshalb es nun ein eigenständiger Film mit nur ein paar Gemeinsamkeiten zum Universum der "Alien"-Reihe haben werde. Vielleicht wollte Scott mit dieser Relativierung die unmenschlich hohe Erwartungshaltung der Fans im Zaum halten, doch spätestens mit der Veröffentlichung des (grandiosen) ersten Trailers erwies sich dies als aussichtsloses Vorhaben. Zu offensichtlich war, daß "Prometheus" sehr wohl ein echtes Prequel werden würde.

So ist es dann auch gekommen: "Prometheus" fügt sich stilistisch nahezu perfekt in das "Alien"-Universum ein, wirkt phasenweise gar wie ein Remake des ersten Films, bezieht sich aber auch immer wieder – teils offensichtlich, teils nur für wahre Fans erkennbar – auf die drei Fortsetzungen (und ignoriert berechtigterweise die beiden "Alien vs. Predator"-Spin-Offs). Für Fans ein wahres Freudenfest, aber aufgrund des Prequel-Charakters funktioniert "Prometheus" auch für "neue" Zuschauer. Zumal der Film sich im weiteren Handlungsverlauf durchaus von seinen Vorgängern emanzipiert und eine relativ eigenständige, wenngleich im Kern nicht allzu originelle, zudem leider mit diversen Drehbuch-Schwächen versehene Geschichte mit einigen unerwarteten Wendungen erzählt.

Wie bereits bei "Alien" läßt sich Scott (nach einem ebenso stimmungsvollen wie rätselhaften Prolog) viel Zeit für die Einführung der Charaktere. Unglücklicherweise gelingt es ihm und den beiden Drehbuch-Autoren aber nicht, an die außerordentliche Qualität der Figurenzeichnung in "Alien" heranzukommen. Zwar werden dem Zuschauer ein knappes Dutzend Personen gut genug nahegebracht, daß man sie problemlos auseinanderhalten kann, die Ausgestaltung der Hauptfiguren – vor allem von Dr. Shaw und dem Androiden David (wieder einmal beeindruckend: Michael Fassbender) – ist sogar ziemlich überzeugend. Insgesamt bleiben die Crewmitglieder der Prometheus aber dennoch recht oberflächlich und klischeehaft, kein Vergleich zu Ripley, Dallas, Kane, Lambert, Ash, Brett und Parker in "Alien". An den Schauspielern liegt das nicht: Rapace, Fassbender und Marshall-Green machen ihre Sache ausgezeichnet, auch Theron, Elba und die übrigen machen das Beste aus ihren Rollen. Lediglich die Besetzung von Guy Pearce ("L.A. Confidential", "The King's Speech") in eher mittelmäßigem Alters-Makeup (kein Vergleich zu "Barney's Version") als uralter Konzernchef Peter Weyland bleibt mir ein Rätsel. Ursprünglich wollte Scott für die Rolle Max von Sydow engagieren, was eine hervorragende Wahl gewesen wäre (Edward Asner, den Sprecher der Hauptfigur in Pixars "Oben", hätte ich sogar noch passender gefunden), aber offenbar wollte Scott, daß der alte und der nur in im Internet veröffentlichten viralen PR-Videos zu sehende junge Weyland von der gleichen Person verkörpert werden. Meiner Ansicht nach eine klare Fehlentscheidung, da selbst ein so guter Darsteller wie Guy Pearce unter so vielen Schichten Make-Up schauspielerisch nicht mehr viel herausholen kann. Für lediglich ein oder zwei mickrige Internetvideos auf einen "echten" Ü80-Schauspieler zu verzichten, erscheint wenig nachvollziehbar.

Apropos "wenig nachvollziehbar": Das ist auch eine sehr angemessene Beschreibung des Verhaltens der Wissenschaftler auf LV-223. Natürlich ist es keine Neuigkeit, daß sich die Figuren gerade in Big-Budget-Filmen häufig ziemlich unrealistisch oder gar dumm verhalten müssen, damit die vorgesehene Handlung überhaupt erst in Fahrt kommen kann. Genau so läuft das auch in "Prometheus" ab, allerdings übertreibt es das Drehbuch mitunter doch ziemlich. So ist es beispielsweise kaum vorstellbar, daß man bei der (zumal von einem Konzern, dessen absolute Skrupellosigkeit Kennern der Reihe nur zu bekannt ist, finanzierten) Ersterkundung eines fremden Mondes, der möglicherweise außerirdisches Leben beherbergt, komplett auf Waffen verzichtet, nur weil die leitende Wissenschaftlerin das so will. Oder daß man später, als die Dinge bereits ziemlich den Bach runtergehen, einem plötzlich vor dem Raumschiff auftauchenden totgeglaubten Crewmitglied ohne jegliche Sicherheitsmaßnahmen die Tür öffnet. Solche ärgerlichen Dinge geschehen immer wieder – inwiefern das den Genuß des Films trübt, muß jeder für sich selbst entscheiden. Für mich persönlich ist es zwar ein zumindest in dieser Häufung unnötiges Ärgernis, aber doch ein verkraftbares Ärgernis.

Auftrumpfen kann "Prometheus" dafür wie erwartet in visueller Hinsicht. Die Prometheus, der Mond LV-223, die außerirdischen Lebewesen und deren Konstruktionen sind von Regisseur Scott und seinem Team technisch herausragend in Szene gesetzt und können auch stilistisch überzeugen. Zwar ist es schade, daß "Alien"-Designer H.R. Giger diesmal nicht direkt beteiligt ist, aber die von seiner Arbeit inspirierten Kulissen und Designs erfüllen ihren Zweck absolut und wissen zu beeindrucken. Vom 3D-Einsatz hatte ich mir allerdings mehr erwartet. Er sorgt zwar für einige schöne Effekte und in manchen Szenen kommt auch die Tiefenwirkung gut zur Geltung – James Camerons "Avatar"-Niveau wird jedoch niemals erreicht und der von den 3D-Anhängern vielbeschworene "Mehrwert" rechtfertigt hier wie bei den meisten 3D-Filmen kaum den Aufpreis an der Kinokasse. Wer die Wahl hat und kein absoluter 3D-Fan ist, dem rate ich eher zum Besuch einer 2D-Vorführung.

Es ist wirklich schade, daß das Drehbuch Sir Ridley Scott nicht die nötigen Voraussetzungen geschaffen hat, um ein weiteres Genre-Meisterwerk zu erschaffen. Er macht ohne Frage viel aus der Story und da es trotz der hinter den hochgesteckten Erwartungen zurückgebliebenen Einspielergebnisse laut Branchenmagazin "Hollywood Reporter" eine Fortsetzung namens "Alien: Covenant" geben wird, sind die vielen offenen Fragen, mit denen "Prometheus" sein Publikum aus dem Kino entläßt, halb so wild. Trotz der klaren Mängel im Skript funktioniert "Prometheus" durchaus als eine faszinierende, visuell wunderschön umgesetzte Suche nach dem Ursprung des Lebens, wenngleich die philosophische Tragweite dieses Story-Ansatzes zu kurz kommt. Dafür gibt es wie in "Alien" eine erinnerungswürdige Ekelszene, die die deutsche Altersfreigabe ab 16 Jahren vollkommen rechtfertigt. Die musikalische Untermalung durch den Münchner Marc Streitenfeld ("The Grey – Unter Wölfen") – der seinen früheren Chef Hans Zimmer mittlerweile als Scotts Stammkomponist endgültig abgelöst zu haben scheint, seit "Ein gutes Jahr" (2006) zeichnet er bei allen Filmen des Regisseurs für die Musik verantwortlich – ist übrigens recht gut, reicht aber nicht an Jerry Goldsmiths legendären "Alien"-Soundtrack heran.

Fazit: "Prometheus" ist ein altmodisch inszenierter, über weite Strecken gemächlich erzählter Science-Fiction-Film mit ordentlicher Figurenzeichnung, toller Optik und einer interessanten Story. Das recht offene Ende (wie auch diverse Drehbuch-Schwächen) dürfte viele Zuschauer zwar eher unbefriedigt zurücklassen, offenbart aber großes Erzählpotential für die Fortsetzung.

Wertung: 7,5 Punkte.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen