Regie: Sir Ridley Scott, Drehbuch: Jon Spaihts und Damon
Lindelof, Musik: Marc Streitenfeld
Darsteller: Noomi Rapace, Michael Fassbender, Charlize
Theron, Logan Marshall-Green, Idris Elba, Rafe Spall, Sean Harris, Guy Pearce,
Benedict Wong, Emun Elliott, Kate Dickie, Patrick Wilson
Im Jahr 2093 befindet sich das von der Weyland Corporation
finanzierte Forschungsraumschiff Prometheus auf dem Weg zu dem weit entfernten
Mond LV-223, zu dem die immer gleiche Sternenkonstellation auf irdischen
Höhlenmalereien verschiedenster untergegangener Kulturen weist. Das
Wissenschaftler-Paar Dr. Elizabeth Shaw (Noomi Rapace, "Sherlock Holmes – Spiel im
Schatten", "Millennium"-Trilogie) und Dr. Charlie Holloway (Logan
Marshall-Green, "Across the Universe") hat diese Konstellation
entdeckt und glaubt, daß es sich um eine Einladung zur Heimat der
"Konstrukteure" handelt, die ihrer Überzeugung nach den Menschen
geschaffen haben. Als die beiden gemeinsam mit 15 anderen Crewmitgliedern
der Prometheus unter Führung der unterkühlten Expeditionsleiterin Meredith Vickers (Charlize Theron, "Snow White and the Huntsman")
und des charismatischen Captain Janek (Idris Elba, "Thor", TV-Serie "Luther")
auf dem Mond landen und ein offenbar künstliches unterirdisches Gewölbe
erkunden, müssen sie bald erfahren, daß diese Mission keine ungefährliche ist
...
Kritik:
Als Sir Ridley Scott seine Rückkehr in das Science
Fiction-Genre verkündete, das er vor rund 30 Jahren mit "Alien" und
"Blade Runner" entscheidend prägte, sollte "Prometheus" noch die Vorgeschichte von "Alien" erzählen. Später erklärte Scott, man habe das
Konzept verändert, weshalb es nun ein eigenständiger Film mit nur ein paar
Gemeinsamkeiten zum Universum der "Alien"-Reihe haben werde.
Vielleicht wollte Scott mit dieser Relativierung die unmenschlich hohe Erwartungshaltung
der Fans im Zaum halten, doch spätestens mit der Veröffentlichung des
(grandiosen) ersten Trailers erwies sich dies als aussichtsloses Vorhaben. Zu
offensichtlich war, daß "Prometheus" sehr wohl ein echtes Prequel
werden würde.
So ist es dann auch gekommen: "Prometheus" fügt
sich stilistisch nahezu perfekt in das "Alien"-Universum ein, wirkt phasenweise
gar wie ein Remake des ersten Films, bezieht sich aber auch immer wieder –
teils offensichtlich, teils nur für wahre Fans erkennbar – auf die drei Fortsetzungen
(und ignoriert berechtigterweise die beiden "Alien vs. Predator"-Spin-Offs). Für Fans ein wahres Freudenfest, aber aufgrund des
Prequel-Charakters funktioniert "Prometheus" auch für
"neue" Zuschauer. Zumal der Film sich im weiteren Handlungsverlauf
durchaus von seinen Vorgängern emanzipiert und eine relativ eigenständige,
wenngleich im Kern nicht allzu originelle, zudem leider mit diversen Drehbuch-Schwächen versehene Geschichte mit einigen unerwarteten
Wendungen erzählt.
Wie bereits bei "Alien" läßt sich Scott (nach
einem ebenso stimmungsvollen wie rätselhaften Prolog) viel Zeit für die
Einführung der Charaktere. Unglücklicherweise gelingt es ihm und den beiden
Drehbuch-Autoren aber nicht, an die außerordentliche Qualität der
Figurenzeichnung in "Alien" heranzukommen. Zwar werden dem Zuschauer
ein knappes Dutzend Personen gut genug nahegebracht, daß man sie problemlos
auseinanderhalten kann, die Ausgestaltung der Hauptfiguren – vor allem von Dr. Shaw
und dem Androiden David (wieder einmal beeindruckend: Michael Fassbender) – ist sogar ziemlich überzeugend.
Insgesamt bleiben die Crewmitglieder der Prometheus aber dennoch recht
oberflächlich und klischeehaft, kein Vergleich zu Ripley, Dallas, Kane,
Lambert, Ash, Brett und Parker in "Alien". An den Schauspielern liegt
das nicht: Rapace, Fassbender und Marshall-Green machen ihre Sache
ausgezeichnet, auch Theron, Elba und die übrigen machen das Beste aus ihren
Rollen. Lediglich die Besetzung von Guy Pearce ("L.A.
Confidential", "The King's Speech") in eher mittelmäßigem
Alters-Makeup (kein Vergleich zu "Barney's Version") als uralter Konzernchef Peter Weyland bleibt mir ein Rätsel. Ursprünglich
wollte Scott für die Rolle Max von Sydow engagieren, was eine hervorragende
Wahl gewesen wäre (Edward Asner, den Sprecher der Hauptfigur in Pixars
"Oben", hätte ich sogar noch passender gefunden), aber offenbar wollte
Scott, daß der alte und der nur in im Internet veröffentlichten viralen
PR-Videos zu sehende junge Weyland von der gleichen Person verkörpert werden.
Meiner Ansicht nach eine klare Fehlentscheidung, da selbst ein so guter
Darsteller wie Guy Pearce unter so vielen Schichten Make-Up schauspielerisch
nicht mehr viel herausholen kann. Für lediglich ein oder zwei mickrige Internetvideos auf einen "echten" Ü80-Schauspieler zu verzichten, erscheint wenig nachvollziehbar.
Apropos "wenig nachvollziehbar": Das ist auch eine sehr angemessene
Beschreibung des Verhaltens der Wissenschaftler auf LV-223. Natürlich ist es
keine Neuigkeit, daß sich die Figuren gerade in Big-Budget-Filmen häufig ziemlich unrealistisch oder
gar dumm verhalten müssen, damit die vorgesehene Handlung überhaupt erst in
Fahrt kommen kann. Genau so läuft das auch in "Prometheus" ab,
allerdings übertreibt es das Drehbuch mitunter doch ziemlich. So ist es
beispielsweise kaum vorstellbar, daß man bei der (zumal von einem Konzern, dessen
absolute Skrupellosigkeit Kennern der Reihe nur zu bekannt ist, finanzierten)
Ersterkundung eines fremden Mondes, der möglicherweise außerirdisches Leben
beherbergt, komplett auf Waffen verzichtet, nur weil die leitende
Wissenschaftlerin das so will. Oder daß man später, als die Dinge bereits
ziemlich den Bach runtergehen, einem plötzlich vor dem Raumschiff auftauchenden
totgeglaubten Crewmitglied ohne jegliche Sicherheitsmaßnahmen die Tür öffnet.
Solche ärgerlichen Dinge geschehen immer wieder – inwiefern das den Genuß des
Films trübt, muß jeder für sich selbst entscheiden. Für mich persönlich ist es
zwar ein zumindest in dieser Häufung unnötiges Ärgernis, aber doch ein verkraftbares Ärgernis.
Auftrumpfen kann "Prometheus" dafür wie erwartet
in visueller Hinsicht. Die Prometheus, der Mond LV-223, die außerirdischen
Lebewesen und deren Konstruktionen sind von Regisseur Scott und seinem Team
technisch herausragend in Szene gesetzt und können auch stilistisch überzeugen.
Zwar ist es schade, daß "Alien"-Designer H.R. Giger diesmal nicht
direkt beteiligt ist, aber die von seiner Arbeit inspirierten Kulissen und
Designs erfüllen ihren Zweck absolut und wissen zu beeindrucken. Vom 3D-Einsatz
hatte ich mir allerdings mehr erwartet. Er sorgt zwar für einige schöne Effekte
und in manchen Szenen kommt auch die Tiefenwirkung gut zur Geltung –
James Camerons "Avatar"-Niveau wird jedoch niemals erreicht und der von den 3D-Anhängern
vielbeschworene "Mehrwert" rechtfertigt hier wie bei den meisten
3D-Filmen kaum den Aufpreis an der Kinokasse. Wer die Wahl hat und kein
absoluter 3D-Fan ist, dem rate ich eher zum Besuch einer 2D-Vorführung.
Es ist wirklich schade, daß das Drehbuch Sir Ridley Scott
nicht die nötigen Voraussetzungen geschaffen hat, um ein weiteres Genre-Meisterwerk zu
erschaffen. Er macht ohne Frage viel aus der Story und da es trotz der
hinter den hochgesteckten Erwartungen zurückgebliebenen Einspielergebnisse laut Branchenmagazin
"Hollywood Reporter" eine
Fortsetzung namens "Alien: Covenant" geben wird, sind die vielen offenen Fragen, mit denen
"Prometheus" sein Publikum aus dem Kino entläßt, halb so wild. Trotz der klaren Mängel im Skript funktioniert "Prometheus" durchaus als
eine faszinierende, visuell wunderschön umgesetzte Suche nach dem Ursprung
des Lebens, wenngleich die philosophische Tragweite dieses Story-Ansatzes zu
kurz kommt. Dafür gibt es wie in "Alien" eine erinnerungswürdige
Ekelszene, die die deutsche Altersfreigabe ab 16 Jahren vollkommen rechtfertigt. Die musikalische
Untermalung durch den Münchner Marc Streitenfeld ("The Grey – Unter Wölfen") – der seinen früheren Chef
Hans Zimmer mittlerweile als Scotts Stammkomponist endgültig abgelöst zu haben
scheint, seit "Ein gutes Jahr" (2006) zeichnet er bei allen Filmen
des Regisseurs für die Musik verantwortlich – ist übrigens recht gut, reicht aber nicht an Jerry Goldsmiths legendären "Alien"-Soundtrack heran.
Fazit: "Prometheus" ist ein altmodisch
inszenierter, über weite Strecken gemächlich erzählter Science-Fiction-Film mit
ordentlicher Figurenzeichnung, toller Optik und einer interessanten Story. Das
recht offene Ende (wie auch diverse Drehbuch-Schwächen) dürfte viele Zuschauer
zwar eher unbefriedigt zurücklassen, offenbart aber großes Erzählpotential für die Fortsetzung.
Wertung: 7,5 Punkte.
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