Regie: Rupert Sanders, Drehbuch:
Evan Daugherty, John Lee Hancock und Hossein Amini, Musik: James Newton Howard
Darsteller: Kristen Stewart,
Charlize Theron, Chris Hemsworth, Sam Spruell, Sam Claflin, Ian McShane, Toby
Jones, Bob Hoskins, Ray Winstone, Nick Frost, Eddie Marsan, Brian Gleeson,
Johnny Harris, Vincent Regan, Lily Cole
Die böse Königin Ravenna (Charlize
Theron, "Prometheus") hält ihre Stieftochter Snow White (Kristen Stewart, "Adventureland") über Jahre hinweg
in einem winzigen Turmzimmer der Königsburg gefangen, während sie mit ihrem loyalen Bruder Finn
(Sam Spruell, bisher vor allem in kleinen Nebenrollen in Filmen wie
"Unbeugsam" oder "Tödliches Kommando – The Hurt Locker" zu
sehen) das Land gnadenlos terrorisiert. Denn um ihre Jugend und Schönheit
aufrechtzuerhalten, braucht Ravenna makellose Frauen, deren Lebensessenz sie
regelrecht aufsaugt. Als der magische Spiegel Ravenna eines Tages verkündet, daß
trotz all ihrer Bemühungen nicht mehr sie, sondern Snow White die Schönste im ganzen Land ist, will die dunkle Königin sich dieser endgültig entledigen.
Snow White entkommt jedoch und flüchtet sich in den dunklen Wald. Ravenna
beauftragt den depressiven Huntsman (Chris "Thor" Hemsworth), der als
einer der wenigen diesen verwunschenen Wald bereits betreten und lebendig wieder
verlassen hat, sie zurückzubringen. Doch als Huntsman Snow White gefunden hat,
wechselt er die Seiten ...
Kritik:
Nur wenige Wochen, nachdem Tarsem Singh mit "Spieglein Spieglein" eine alles in allem gelungene Comedy-Version des Märchens von Schneewittchen und den sieben Zwerge in die Kinos gebracht hat, folgt mit "Snow White and the Huntsman" eine Fantasy-Variante. Auf den ersten Blick fällt diese sehr viel düsterer und ernsthafter aus, doch ich wage zu behaupten: Im Kern ist "Snow White and the Huntsman" mehr Kinderfilm als "Spieglein Spieglein"!
Nur wenige Wochen, nachdem Tarsem Singh mit "Spieglein Spieglein" eine alles in allem gelungene Comedy-Version des Märchens von Schneewittchen und den sieben Zwerge in die Kinos gebracht hat, folgt mit "Snow White and the Huntsman" eine Fantasy-Variante. Auf den ersten Blick fällt diese sehr viel düsterer und ernsthafter aus, doch ich wage zu behaupten: Im Kern ist "Snow White and the Huntsman" mehr Kinderfilm als "Spieglein Spieglein"!
Regisseur Rupert Sanders –
witzigerweise wie Tarsem Singh durch Werbespots in den Fokus der Filmbranche
geraten – gelingt es in seinem Filmdebüt nicht, aus vielen für sich genommen
vielversprechenden Einzelteilen ein gelungenes Ganzes zu fabrizieren. Ein von Schwächen durchzogenes Drehbuch trägt daran sicherlich ebenfalls eine beträchtliche
Mitschuld. Zu den größten Problemen zählt, daß sich Sanders offensichtlich
nicht zwischen Fantasy, Märchen und vorgegaukeltem Realismus entscheiden
kann. Das beginnt schon mit Huntsman: Mag es im Märchen der Gebrüder Grimm auch funktionieren, daß der Jäger (der dort sowieso nur eine Nebenfigur ist)
namenlos bleibt, wirkt es im Filmszenario einfach nur albern – zumal es sich
eindeutig nicht wie im Märchen um eine Berufsbezeichnung handelt, sondern
ausdrücklich sein Name sein soll. Auf der anderen Seite ist es angesichts der
zahllosen Fantasyelemente ebenso wenig stimmig, wenn Snow White in ihrem
Turmzimmer das Vater Unser betet – allerdings fügt sich das nahtlos in die
heillos übertriebene Erlöser-Symbolik des Films ein, die mir persönlich
schlimmer vorkam als in den Narnia-Filmen. Die Dialoge wirken generell zu
gestelzt und künstlich, um überzeugend zu wirken. Eher fühlt man sich an eine schlechte
Shakespeare-Nachahmung erinnert als an echte, authentische Sätze, die
reale Personen sagen würden. Zudem wirkt der Handlungsverlauf alles andere als
rund. Die einzelnen Szenen reihen sich recht abrupt aneinander anstatt flüssig
ineinander überzugehen und die gesamte Filmwelt sieht zwar schön aus, bleibt aber über weite Strecken viel zu steril.
Apropos Nachahmung: Schon der
Trailer ließ vermuten, daß "Snow White and the Huntsman" mit epischen
Bildern und wuchtigen Schlachten dem großen Vorbild "Der Herr der
Ringe" nacheifern würde. Der fertige Film bestätigt das (und offenbart zahlreiche weitere Anleihen bei Fantasyfilmen aus der jüngeren Vergangenheit), unterstreicht
aber auch die Vorahnung, daß dieses Vorhaben kaum gelingen konnte. Zwar sind
Kamera, Setdesign, Ausstattung und Kostüme (gestaltet von der dreifachen OSCAR-Gewinnerin
Colleen Atwood) großartig und die Kompositionen von James Newton Howard wissen zu gefallen (wirken dabei aber selbst wie ein Sammelsurium aus anderen Filmen, vor allem die Kopie von Hans Zimmers majestätischem "Inception"-Leitmotiv in einer Szene zu Beginn ist mehr als offensichtlich). Dafür fallen die vorgeblich wuchtigen Schlachten doch eher
mickrig aus und die im Computer generierten Spezialeffekte sind insgesamt
enttäuschend. So ist ein Troll in seinem Bewegungsablauf deutlich einem
Orang-Utan nachempfunden, der personifizierte magische Spiegel erinnert stark
an den Engel des Todes in "Hellboy 2" und die Zwerge – allesamt von
(mehr oder weniger) normal großen Schauspielern verkörpert und per Computer
"zwergisiert" – erinnern wiederum vor allem in Bezug auf den
Bewegungsablauf eher an wandelnde Kleinkinder. Lediglich die Kreaturen des
Feenreichs und einige Splittereffekte der Magie der bösen Königin können
überzeugen, zumindest aus einiger Entfernung. Aus der Nähe betrachtet wirken
die Feen doch sehr künstlich und erreichen bei weitem nicht die
Glaubwürdigkeit eines Gollum aus "Der Herr der Ringe" – dabei liegt
dessen erster Kinoauftritt nun schon mehr als zehn Jahre in der Vergangenheit und
die Technik hat sich seitdem noch deutlich weiterentwickelt ...
Daß selbst die darstellerischen
Leistungen im Großen und Ganzen mittelmäßig bleiben, spricht angesichts der
Qualität seiner Akteure auch nicht unbedingt für die Schauspielerführung von
Sanders. Lediglich Charlize Theron zeigt als dunkle Königin eine großartige
Leistung, weshalb es umso ärgerlicher ist, daß sie – wie Julia Roberts in
"Spieglein Spieglein" – nach einem von ihr dominierten Auftaktdrittel
zunehmend in den Hintergrund gerät. Chris Hemsworth kann als Huntsman ebenfalls
einigermaßen überzeugen, eine Leinwandpräsenz wie in
seiner Rolle als Thor erreicht er jedoch nie. Kristen Stewart ist seit ihrer
Rolle im Teenie-Phänomen "Twilight" sehr umstritten, mit ihrer
mediokren Leistung als Snow White wird sie vermutlich weder Fans noch Kritiker
umstimmen können. Ich selbst habe die "Twilight"-Filme nie gesehen,
allerdings ist mir in deren Promomaterialien durchaus aufgefallen, daß sie
irgendwie stets den gleichen Gesichtsausdruck zu zeigen scheint. Angesichts
ihrer richtig guten Leistungen als Jugendliche in David Finchers "Panic
Room" und (in geringerem Ausmaß) in Jon Favreaus "Zathura" hat
mich das immer gewundert, hier zeigt sie zumindest, daß sie keineswegs mit dem
Erwachsenwerden ihre kompletten Fähigkeiten verloren hat. Lily Collins hat mir
in der gleichen Rolle in "Spieglein Spieglein" aber eindeutig besser
gefallen (zumal ich Stewart zwar hübsch, aber keineswegs außergewöhnlich schön
finde).
Es soll aber auch nicht verschwiegen
werden, daß Stewart ebenso wie alle anderen Darsteller außer Theron und Hemsworth
unter einer extrem flachen Charakterzeichnung leiden. Bei Snow White als
Hauptfigur der Geschichte fällt das naturgemäß schwerer ins Gewicht als bei den
Nebenrollen und so ist es einfach ärgerlich, daß man als Zuschauer nie
wirklich nachvollziehen kann, was an der holden Dame denn nun eigentlich so besonders
sein soll. Man wird vollständig dazu genötigt, den entsprechenden
Versicherungen der anderen Figuren im Film zu glauben, ohne die Chance zu
bekommen, sich selbst davon zu überzeugen. Das ist ein eigentlich
unverzeihlicher Kardinalfehler, der jedem Film die Glaubwürdigkeit rauben würde.
Um die Nebenfiguren ist es, wie erwähnt, nicht besser bestellt. Sam Claflin
("Fluch der Karibik – Am Ende der Welt") als edler Prinz William ist
im Grunde komplett überflüssig, Newcomer Sam Spruell als Ravennas höriger
Bruder hat zwar ein paar nette Szenen, kann aber auch nicht glänzen. Und die
sieben Zwerge sind zwar sehr namhaft besetzt (u.a. mit Ian McShane, Bob Hoskins und
Ray Winstone), aber komplett unterfordert und anders als in "Spieglein
Spieglein" zum Teil kaum voneinander zu unterscheiden. Wenigstens dürfen sie den einzigen gelungenen Gag des gesamten Films beisteuern (Stichwort "heigh-ho").
Besonders ärgerlich empfand ich
zudem die extreme Schwarz-Weiß-Malerei, die sich sowohl in der (vor allem zu
Beginn mit Symbolik überfrachteten) Optik als auch in den Charakteren
manifestiert. Das paßt natürlich wiederum zur Märchenvorlage, aber nicht so
sehr zu dieser freien Filmadaption. Dürften die Bösen wenigstens ernstzunehmende
Widersacher der Helden sein, dann wäre das ja noch einigermaßen verschmerzbar, leider
verhalten sie sich aber konsequent strunzdumm und/oder unlogisch. Eben so wie die Schurken in einem Kinderfilm. Wobei ... wenn Snow
White nach jahrelanger Gefangenschaft in ihrem kleinen Turmzimmer rein zufällig
ausgerechnet dann einen riesigen, als Waffe nutzbaren losen Nagel
auf der Außenseite des Turms entdeckt, wenn sie fünf Minuten später in
ihren Tod geführt werden soll, dann wären gegen diese Begünstigung durch das
Schicksal (sprich: das Drehbuch) sicherlich auch die intelligentesten Bösewichte machtlos ...
Fazit: "Snow White and the
Huntsman" ist eine unausgegorene und merkwürdig seelenlose Mischung aus
Märchen und Action-Fantasyfilm, die trotz teils großartiger visueller
Umsetzung und einer wunderbar bösen Charlize Theron mit flachen Figuren,
unglaubwürdigen Dialogen, mäßigen CGI-Effekten und einer zu oft unlogischen und
langweiligen Handlung nervt.
Wertung: 4 Punkte.
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