Regie: Timo
Vuorensola, Drehbuch: Michael Kalesniko und Timo Vuorensola, Musik: Laibach
Darsteller:
Julia Dietze, Götz Otto, Christopher Kirby, Udo Kier, Stephanie Paul, Peta
Sergeant, Tilo Prückner, Michael Cullen, Kym Jackson
Wir schreiben das Jahr 2018: Die US-Präsidentin hat auf
Anraten ihrer Wahlkampfberaterin das dunkelhäutige Model James Washingon
(Christopher Kirby, hatte Mini-Nebenrollen in Blockbustern wie "Star Wars
Episode III" oder "Matrix Reloaded") auf den Mond geschickt, gemäß dem
Slogan "Black to the Moon". Dummerweise stellt sich heraus, daß die
dunkle Seite des Mondes bewohnt ist und zwar von vor dem Ende des Zweiten
Weltkrieges von der Erde geflohenen Nazis. Die nehmen Washington prompt
gefangen, und da sie davon ausgehen, daß sie entdeckt wurden, bereiten sie die
Invasion der Erde vor ...
Kritik:
Über die erstaunliche Entstehungsgeschichte von "Iron Sky" wurde seit der Premiere bei der Berlinale 2012 viel berichtet. Die Kurzfassung: Der finnische Regisseur, Schauspieler und Sänger Timo Vuorensola, in seiner Heimat bekannt für seine Mitwirkung an der "Star Trek"-Parodie-Reihe "Star Wreck", arbeitete seit 2006 an seinem Traumprojekt "Iron Sky". Von Anfang an wurde der Film von einer aktiven Online-Community mit Storyideen und ähnlichem begleitet, zudem konnten für die Finanzierung mehrere internationale Produktionsfirmen und sogar staatliche Fördergelder gewonnen werden (etwa von der deutschen Filmförderungsanstalt und der finnischen Filmstiftung). 2010 begannen die Dreharbeiten und 900.000 Euro des für europäische Verhältnisse beachtlichen Budgets von 7,5 Mio. Euro wurden per Crowdfunding von Fans finanziert, die dafür exklusive Einblicke in die Produktion erhielten.
Nun ist also das Resultat in den deutschen Kinos gestartet
und das gar nicht mal schlecht. Während deutsche Genreproduktionen in den letzten Jahren selbst mit guten Rezensionen in der Hinterhand regelmäßig Bruchlandungen an der Kinokasse
hinlegten, hat "Iron Sky" – ein Film über Nazis hinterm Mond, von
einem finnischen Regisseur und einem kanadischen Drehbuch-Autor – in den ersten
eineinhalb Wochen trotz sehr gemischt ausgefallener Kritiken bereits über
250.000 Zuschauer gefunden (in Finnland gab es sogar einen Nummer-1-Start). Und
hat dieses Werk den ganzen Wirbel tatsächlich verdient? Nunja ...
teilweise.
Ein bißchen erinnert "Iron Sky" an eines der
schwächeren Werke von Mel Brooks: Etwa die Hälfte der zahllosen Gags besteht aus
ziemlichen Rohrkrepierern, 40% funktionieren und 10% sind richtig gut. Dabei
ändert sich die Tonart der Witze im Lauf der knapp 90 Minuten beträchtlich. Zu
Beginn wirkt alles sehr albern und kindisch, nicht unähnlich der deutschen
Sci-Fi-Komödie "High Crusade – Frikassee im Weltraum" aus dem Jahr
1994, falls sich noch irgendjemand an die erinnert. Im weiteren Verlauf wird
der Humor jedoch glücklicherweise deutlich bissiger und boshafter, wie es sich
bei dieser Thematik einfach gehört. Vuorensola verzichtet auch darauf, jeden Gag zu erklären, weshalb es sich lohnt, die Augen offen zu halten und konzentriert zu bleiben. Andernfalls läuft man Gefahr, einige nette Witze und Anspielungen im Hintergrund zu verpassen.
Die Figuren sind sehr klischeehaft und übertrieben, was für eine Satire natürlich nicht ungewöhnlich ist und seinen Zweck erfüllt. Julia Dietze ("1½ Ritter")
spielt die Hauptrolle der idealistischen Nazi-Lehrerin Renate Richter, die
Trashfilm-erfahrenen Udo Kier ("Melancholia") und Götz Otto ("Cloud Atlas") sind wieder einmal ideal besetzt
als "Mondführer" Kortzfleisch und potentieller Nachfolger, Tilo Prückner
("Tatort") mimt den verrückten Nazi-Wissenschaftler und die
US-Präsidentin (Stephanie Paul) ist eine allzu deutliche, aber nach ihrer albernen Einführung durchaus treffende Sarah Palin-Parodie. Die Schauspieler agieren insgesamt ordentlich,
soweit sich das angesichts der bewußt übertriebenen Charaktere, die sie spielen,
beurteilen läßt. Vor allem Julia Dietze macht eine gute Figur, während
Christopher Kirby mitunter etwas zu sehr chargiert.
In der zweiten Filmhälfte, in der die Invasion beginnt,
steigert sich "Iron Sky" deutlich. Das liegt zum einen daran, daß nun
vermehrt (meist gelungene) politische Seitenhiebe eingestreut werden und sich die Zielgenauigkeit der Gags steigert. Vor allem liegt es aber an den erstaunlichen
Spezialeffekten. Und das nicht etwa im Sinne von "erstaunlich für dieses
Budget". Nein, die Spezialeffekte im Weltall sind richtig, richtig gut und
übertreffen sogar Vergleichbares aus so manchem Hollywood-Film, dessen Produktionskosten
die von "Iron Sky" um ein Vielfaches übertreffen. Die actionreichen Raumschlachten
sind zudem unterhaltsam inszeniert, das Raumschiffdesign gefällt ebenso wie die
musikalische Untermalung durch das slowenische Musiker-Kollektiv Laibach (das
auch den tollen Titelsong beigetragen hat). Selbst das zwar teilweise sehr klassische, gleichzeitig aber recht originelle Ende kann – für mich ehrlich gesagt unerwartet – überzeugen.
Fazit: "Iron Sky" beginnt als alberne
Weltall-Klamotte, steigert sich aber kontinuierlich zu einer bissigen Parodie
mit einem optisch spektakulären und inhaltlich sehr ordentlichen letzten Akt.
Wertung: 6 Punkte (erste Hälfte 4, zweite Hälfte 8).
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