Originaltitel:
Intouchables
Regie und Drehbuch: Olivier Nakache und Éric Toledano,
Musik: Ludovico Einaudi
Darsteller: Omar
Sy, François Cluzet, Anne Le Ny, Audrey Fleurot, Clotilde Mollet, Cyril Mendy
Der gebürtige Senegalese Driss (Omar Sy,
"Micmacs", in Frankreich bislang vor allem als Komiker erfolgreich)
ist in der berüchtigten Pariser Vorstadt aufgewachsen, saß gerade ein halbes
Jahr im Gefängnis, hat Probleme mit der Familie und keinen Job. Um
Arbeitslosengeld zu bekommen, muß er dem Arbeitsamt regelmäßig seine
erfolglosen Bewerbungen belegen. Als er zu diesem Zweck eines Tages als Pfleger
bei dem reichen, querschnittsgelähmten Philippe (François Cluzet, "Kein
Sterbenswort", "Der Husar auf dem
Dach") vorspricht, geht er gar nicht erst davon aus, eine Chance zu haben,
und verhält sich entsprechend. Zur Überraschung aller bekommt er genau deshalb
den Job, denn er ist der einzige Bewerber, der keinerlei Mitleid für Philippe
zeigt, ihn vielmehr sogar ziemlich respektlos behandelt. Nach anfänglichen
Schwierigkeiten entwickelt sich schon bald eine Art Freundschaft zwischen den beiden
so unterschiedlichen Männern ...
Kritik:
Es ist schon erstaunlich, daß ein Film mit einer so
klischeehaften (aber auf einer wahren Geschichte basierenden) Prämisse und
einem auch später recht simplen Handlungsverlauf zu einem der erfolgreichsten
europäischen Filme aller Zeiten wird. Bis heute hat "Ziemlich beste
Freunde" in seiner Heimat Frankreich über 19 Millionen Zuschauer zählen
können, in Deutschland sind es bereits fast acht Millionen. Auch in der
Schweiz, in Italien, Belgien, Spanien, Südkorea und anderen Staaten läuft er
hervorragend, in den USA wurden immerhin gut $10 Mio. eingespielt, was für einen untertitelten Film sehr beachtlich ist.
Welche Gründe kann es für diesen niemals erwarteten
Monstererfolg geben? Nun, natürlich wäre da zunächst die Qualität zu nennen.
"Ziemlich beste Freunde" ist aller Klischees und seiner eher
konventionellen Inszenierung zum Trotz ein richtig guter Film geworden mit ebenso einfühlsamen wie amüsanten Dialogen, einem mitunter rotzfrechen Humor und zwei tollen Hauptdarstellern. Omar Sy wurde in Frankreich gar mit dem César als Bester Hauptdarsteller ausgezeichnet und konnte
selbst OSCAR-Sieger Jean Dujardin ("The Artist") ausstechen.
Vielleicht liegt es zudem einfach daran, daß es genau der
richtige Film zur richtigen Zeit ist? Schließlich ist es spätestens seit der
Weltwirtschaftskrise ab 1929 für die Filmbranche kein Geheimnis mehr, daß in
Krisenzeiten märchenhafte Wohlfühlfilme beim Publikum besonders gut ankommen. Zu dieser
Kategorie zählt "Ziemlich beste Freunde" ganz eindeutig, denn die Annäherung
von Driss und Philippe sowie der fröhlich-respektlose Umgang zwischen ihnen sorgen
durchwegs für beste Laune. Zwar stehen diese beiden eindeutig im Zentrum der
Geschichte, aber schlauerweise sind auch die beiden wichtigsten Nebenfiguren
(Hausdame Yvonne und die attraktive Sekretärin Magalie) erstens präzise
ausgearbeitet, zweitens geschickt in die Handlung integriert und drittens geradezu unverschämt sympathisch. Dennoch sind die
Filmemacher nicht der Versuchung erlegen, aus ihrem Werk ein zuckersüßes
Märchen ohne jegliche Konflikte zu machen. Durch Driss´ private Schwierigkeiten
bleibt die Geschichte halbwegs geerdet und dem Regie- und Drehbuch-Duo Nakache und
Toledano gelingt es, diesen Nebenerzählstrang zwar oberflächlich genug
abzuhandeln, um die generelle Wohlfühlstimmung nicht nachhaltig zu
beeinträchtigen, aber doch genügend ernsthaft, um die Realität mit den gerade
in Frankreich besonders ausgeprägten gesellschaftlichen Konflikten nicht in
Vergessenheit geraten zu lassen. Diese (wenngleich ziemlich lose) Verankerung in den realen französischen Verhältnissen ist sicherlich ein weiterer Grund für den riesigen Erfolg des Films in seiner Heimat.
Die Musik ist ebenfalls ein sehr wichtiger Teil des Gesamtkunstwerks namens "Ziemlich beste Freunde". Die hörenswerte Mischung aus von dem kultivierten Philippe
bevorzugten populären klassischen Melodien, der von Driss geliebten Funkmusik
von Earth, Wind & Fire und Kool & The Gang sowie dem gefühlvollen Score
von Filmkomponist Ludovico Einaudi ("This is England") mag zwar – wie
der gesamte Film – nicht allzu originell sein. Sie bietet aber für so ziemlich
jeden Geschmack etwas, ist aktiv in die Story eingebunden und trägt erheblich dazu bei, gute Laune zu verbreiten.
Und um die obige selbstgestellte Frage also zu beantworten:
Ich habe keine Ahnung, warum unter den gar nicht so wenigen ähnlich guten
Feelgood-Movies, die jedes Jahr in die Kinos kommen, ausgerechnet dieser so
abräumt. Wahrscheinlich ist es die Kombination der genannten
Erklärungsversuche, zu denen noch der Faktor "Glück" hinzukommt.
Fazit: "Ziemlich beste Freunde" ist weder
revolutionär noch ein Meisterwerk. Er ist schlicht und ergreifend die
unglaublich sympathisch und witzig erzählte Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft,
stark geschrieben und gespielt, solide in Szene gesetzt.
Wertung: 8 Punkte.
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