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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 1. August 2024

DEADPOOL & WOLVERINE (2024)

Regie: Shawn Levy, Drehbuch: Ryan Reynolds, Rhett Reese, Paul Wernick, Zeb Wells und Shawn Levy, Musik: Rob Simonsen
Darsteller: Ryan Reynolds, Hugh Jackman, Emma Corrin, Matthew Macfadyen, Dafne Keen, Jennifer Garner, Channing Tatum, Wesley Snipes, Chris Evans, Morena Baccarin, Brianna Hildebrand, Rob Delaney, Leslie Uggams, Shioli Kutsuna, Stefan Kapicic, Karan Soni, Randal Reeder, Lewis Tan, Aaron Stanford, Tyler Mane, Jade Lye, Daniel Medina Ramos, Eduardo Gago Muñoz, Aaron W. Reed, Mike Waters, Billy Clements, Curtis Rowland Small, Jessica Walker, Chloe Kibble, Ayesha Hussain, Nilly Cetin, Dania Ramirez, Wunmi Mosaku, Nathan Fillion (Stimme), Jon Favreau, Nick Pauley, Paul Mullin, Ollie Palmer, Blake Lively (Stimme), Matthew McConaughey, Henry Cavill
Deadpool & Wolverine (2024) on IMDb Rotten Tomatoes: 80% (7,1); weltweites Einspielergebnis nach einer Woche: $545,9 Mio.; FSK: 16, Dauer: 128 Minuten.
Wade Wilson (Ryan Reynolds, "Free Guy") hat sein Deadpool-Kostüm an den Nagel gehängt und versucht sich an der Seite seines Freundes Peter (Rob Delaney, "Bombshell") mit eher überschaubarem Erfolg als Gebrauchtwagenverkäufer. Doch dann wird Wade auf seiner eigenen Geburtstagsparty von Agenten der "Time Variance Authority" (TVA) entführt, einer Organisation, deren ehrenvolle Aufgabe es ist, über die unzähligen Zeitlinien des Multiversums zu wachen. Der ehrgeizige Mr. Paradox (Matthew Macfadyen, "Stolz und Vorurteil") soll das schleichende Ende von Wades Version der Erde – Erde-10005 – begleiten, das durch den Verlust seines Ankerpunkts in Form des Todes von Wolverine eingeläutet wurde, sich aber im Normalfall über mehrere Tausend Jahre hinwegziehen würde. Mr. Paradox will diese Zeitspanne mit der Hilfe von Wade auf 72 Stunden verkürzen und bietet diesem dafür an, ihm seinen größten Traum zu erfüllen: ein Avenger auf dem "wahren Zeitstrang" der Erde-616 zu werden. Als Wade ablehnt und sich im Multiversum auf die Suche nach einem neuen Wolverine (Hugh Jackman, "Greatest Showman") für Erde-10005 macht, werden er und einer dieser Wolverines wenig später von Mr. Paradox in "die Leere" verfrachtet, eine Art Müllhalde für ausgemusterte Personen aus diversen Zeitsträngen. Von dort kann theoretisch niemand entkommen, doch Deadpool und Wolverine hoffen, über die mächtige Mutantin Cassandra Nova (Emma Corrin, "Die Misswahl") – die böse Zwillingsschwester von Professor Xavier – einen Weg zu finden. Um gegen Cassandra und die um sie versammelten Mutanten bestehen zu können, müssen Deadpool und Wolverine jedoch zunächst einige von der Welt lange vergessene Helfer in der Leere zusammensuchen ...

Kritik:
Es gibt vermutlich nicht viele Filme, auf denen im Vorfeld ein so großer Druck gelastet hat wie auf "Deadpool & Wolverine". Nicht genug, daß der erste Auftritt des großmäuligen Söldners im Marvel Cinematic Universe (nach zwei enorm erfolgreichen von Fox produzierten Abenteuern) und das Comeback des eigentlich bereits heroisch verstorbenen Publikumslieblings Wolverine das in Phase 5 arg schwächelnde MCU wieder auf Kurs bringen sollte – nein, nicht wenige Beobachter erwarteten, erhofften oder befürchteten (je nach Sichtweise) von ihm die Rettung des "Superhelden-Kinos". Nun, bereits nach dem Startwochenende läßt sich konstatieren, daß der von Shawn Levy ("Date Night") inszenierte "Deadpool & Wolverine" vielleicht nicht direkt das Superhelden-Kino gerettet hat; sehr wohl hat er gezeigt, daß gut gemachte Superhelden-Filme weiterhin ein riesiges, begeisterungsfähiges Publikum in die Lichtspielhäuser locken und daß das MCU auch 16 Jahre nach seinem Beginn mit "Iron Man" noch lange nicht am Ende ist. Dabei ist Levy, Hauptdarsteller und Ko-Autor Ryan Reynolds und dem ganzen Team sogar das Kunststück gelungen, den vor Zitaten und Gastauftritten nur so wimmelnden "Deadpool & Wolverine" einerseits als liebevoll-nostalgischen Abschied vom von den "X-Men" geprägten Fox-Marvel-Universum zu gestalten und den Protagonisten andererseits einen explosiven Eintritt ins MCU zu bescheren, der auf selbiges wie ein Adrenalinstoß wirken dürfte (und das nicht nur, weil es der erste MCU-Film mit US-amerikanischem "R"-Rating ist, also einer wohlverdienten Erwachsenenfreigabe). Daß die Story selbst sich eher im qualitativen Mittelmaß bewegt, stört gar nicht so sehr und läßt immerhin Raum zur Steigerung – denn daß Deadpool und Wolverine fortan eine bedeutende Rolle im MCU spielen werden, dürfte klar sein (auch wenn Deadpools Ankündigung, Disney werde Jackman zwingen, Wolverine zu spielen, bis er 90 ist, vielleicht minimal übertrieben ist).

Eventuelle Bedenken, daß Deadpool für sein Disney- und MCU-Debüt in irgendeiner Art und Weise gezähmt worden sein könnte, wischt "Deadpool & Wolverine" schnellstmöglich beiseite – in einer herrlichen Vorspannsequenz, in der Deadpool zu "Bye, bye, bye" von *NSYNC mit den sterblichen Überresten von Logan aka Wolverine eine große Gruppe von TVA-Agenten zermatscht. Das ist natürlich ein sehr demonstrativer Auftakt, aber der Film hält die offensive Kompromißlosigkeit bis zum Schluß durch. Das trifft erfahrungsgemäß zwar nicht jedermanns Geschmack – gerade die Sex-Witzchen nehmen zwischenzeitlich doch etwas arg überhand –, aber wer "Deadpool" und "Deadpool 2" gesehen hat, weiß ja, was zu erwarten ist. Schon im Vorfeld war bekannt, daß nicht nur die beiden titelgebenden Protagonisten ihr Debüt im MCU feiern würden, sondern es durch die Einbindung in die übergreifende Multiversums-Storyline viele weitere Rückkehrer und Gastauftritte geben würde. Konkret kann ich darauf naturgemäß nicht eingehen, ohne die Überraschungen zu verderben, aber ich kann verraten, daß ich mit noch deutlich mehr bekannten Gesichtern gerechnet hatte. Die Anzahl übertrifft zwar jene aus den beiden anderen großen Multiversums-Filmen – "Spider-Man: No Way Home" und "Doctor Strange in the Multiverse of Madness" –, hält sich aber noch einigermaßen in Grenzen. Das mag einerseits etwas enttäuschend für all jene sein, die sich auf ein Cameo-Festival gefreut haben, andererseits funktioniert der etwas sparsamere Ansatz einwandfrei, weil die Comebacks auf diese Weise größtenteils sinnvoll eingebunden sind und sich auch nicht nur auf Sekunden-Cameos beschränken (von denen gibt es aber auch ein paar, teils wohl wegen Umbesetzungen einiger sekundärer Mutanten). Und ich gebe es gerne zu: Eines der Comebacks, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet habe, hat mich regelrecht begeistert; und ich gehe davon aus, daß es vielen Marvel-Fans so ergehen wird (sofern sie ein gewisses Alter erreicht haben).

Allen Gastauftritten, Rückkehrern und Neulingen zum Trotz gibt es aber natürlich zwei primäre Gründe, warum "Deadpool & Wolverine" einer wenig gehaltvollen, bestenfalls zweckmäßigen Handlung zum Trotz so gut unterhält: Deadpool und Wolverine. Ryan Reynolds verkörpert Deadpool gewohnt energetisch und sorgt mit unzähligen frechen Sprüchen und den direkt ans Publikum gewandten Anspielungen (die sich gerne mal mehr oder weniger liebevoll über den neuen Brötchengeber Disney lustig machen) für die Lacher, während Hugh Jackman diese angeblich schlechteste Wolverine-Variante des Multiversums (zunächst) betont grimmig und schlecht gelaunt interpretiert. Und wie erhofft funktioniert dieses denkbar ungleiche Duo dank seiner charismatischen Schauspieler und der gut geschriebenen, witzigen und temporeichen Dialoge wunderbar. Da ist es zu verschmerzen, daß die beiden neu eingeführten Antagonisten Mr. Paradox und Cassandra Nova erkennbar zu kurz kommen, obwohl ihre Darsteller alles geben. Zumindest gelingt es dem Film, Cassandras Gefährlichkeit überzeugend zu vermitteln und ihre Fähigkeit, buchstäblich in die Köpfe ihrer Gegner zu kriechen, ist optisch auf sehr irritierende Weise ziemlich genial umgesetzt. Dennoch können weder sie noch der von Matthew Macfadyen schön opportunistisch dargestellte Mr. Paradox das Problem der enttäuschenden Bösewichte im MCU (mit einzelnen Ausnahmen, allen voran Thanos) lösen. Dafür überzeugt "Deadpool & Wolverine" erwartungsgemäß in Sachen Ausstattung, Spezialeffekte und generell Action – neben der erwähnten Vorspannsequenz beeindruckt vor allem der Kampf gegen das "Deadpool-Corps" zu den ikonischen Klängen von Madonnas "Like a Prayer". Apropos: Neben dem lebhaften Score von Rob Simonsen ("Ganz weit hinten") zählt auch die Musikauswahl zu den Stärken des Films, in dem zahlreiche Song-Klassiker wie Huey Lewis' "The Power of Love", Ray Penningtons "I'm a Ramblin' Man" oder Chris de Burghs "The Lady in Red" ebenso effektiv wie ironisch eingesetzt werden. Kurzum: "Deadpool & Wolverine" bereitet Marvel-Fans auch ohne eine packende Story große Freude und nimmt nebenbei überraschend liebevoll und nostalgisch Abschied von der von den "X-Men" dominierten Fox-Ära.

Fazit: "Deadpool & Wolverine" ist eine gewohnt anarchische, brutale und zumeist sehr witzige Actionkomödie, die vor allem mit ihren beiden charismatischen Protagonisten sowie zahllosen Anspielungen und Gastauftritten punktet.

Wertung: 8 Punkte.


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