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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 4. Februar 2021

SCARY STORIES TO TELL IN THE DARK (2019)

Regie: André Øvredal, Drehbuch: Dan u. Kevin Hageman, Musik: Marco Beltrami, Anna Drubich
Darsteller: Zoe Colletti, Michael Garza, Gabriel Rush, Austin Zajur, Natalie Ganzhorn, Austin Abrams, Gil Bellows, Dean Norris, Lorraine Toussaint, Kathleen Pollard, Javier Botet
Scary Stories to Tell in the Dark (2019) on IMDb Rotten Tomatoes: 77% (6,4); weltweites Einspielergebnis: $104,5 Mio.
FSK: 16, Dauer: 107 Minuten.
 Mill Valley, Pennsylvania, Halloween 1968: Die befreundeten Teenager Stella (Zoe Colletti, TV-Serie "City on a Hill"), Auggie (Gabriel Rush, "Moonrise Kingdom") und Chuck (Austin Zajur) rächen sich auf harmlos-raffinierte Weise an dem Schultyrann Tommy Milner (Austin Abrams, "Margos Spuren"), der das allerdings gar nicht witzig findet und die Freunde deshalb mit seinen Kumpels verfolgt. Gemeinsam mit dem ortsfremden, ungefähr gleichaltrigen Ramón (Michael Garza, "Die Tribute von Panem – Mockingjay, Teil 1"), der dem Trio zwischenzeitlich Zuflucht bietet, flüchten sie in das örtliche Spukhaus am Rande der Kleinstadt, um das sich gruselige Legenden ranken und das seit dem Verschwinden mehrerer Kinder komplett abgeriegelt wurde. Dank Ramóns flinker Finger kommen sie trotzdem hinein und erkunden das Haus neugierig – wobei Stella das Geschichtenbuch von Sarah Bellows findet, dem Zentrum der Spuk-Legenden. Stella nimmt das handgeschriebene Buch mit, muß allerdings bald herausfinden, daß Sarahs schaurige Geschichten keineswegs fiktiv sind, sondern grausige Realität werden. Und da Stella das Buch genommen hat, scheinen sie und ihre Freunde zu den nächsten Zielen von Sarahs Gruselstorys zu werden, die ausnahmslos kein Happy End besitzen …
 
Kritik:
In den 1980er und 1990er Jahren machte sich der US-Autor Alvin Schwartz einen Namen mit drei an Jugendliche gerichteten Büchern über "Scary Stories to Tell in the Dark". Obwohl die präsentierten kurzen Gruselgeschichten bei vielen Eltern nicht gut ankamen (sie zählen in den USA offenbar zu den Büchern, über die es die meisten Beschwerden gab), waren und sind sie in der Zielgruppe beliebt, was auch diverse Neuauflagen zeigen – eine deutsche Übersetzung gibt es meines Wissens aber nicht. Die anhaltende Popularität in Verbindung mit der generellen Beliebtheit des Horror- und Gruselgenres sowohl bei überwiegend jungen Zuschauern als auch bei Produzenten (da sich die Filme meist mit einem relativ schmalen Budget realisieren lassen und somit die Gewinnschwelle vergleichsweise niedrig ist) und dem riesigen Erfolg der Stephen King-Adaption "Es" führte dazu, daß die "Scary Stories to Tell in the Dark" ebenfalls verfilmt wurden. Kein Geringerer als der mexikanische OSCAR-Preisträger Guillermo del Toro ("Shape of Water") nahm sich des schon länger geplanten Projekts als Produzent und Ideengeber für das Drehbuch an, die Regie überließ er dem norwegischen Genreexperten André Øvredal ("The Autopsy of Jane Doe"). Das Resultat ist ein solider, atmosphärischer, aber wenig einfallsreicher Gruselfilm, der sich passend zur Vorlage klar an ein junges, eher horrorunerfahrenes Publikum richtet und dem Mangel an Innovativität zum Trotz ein veritabler kommerzieller Erfolg wurde – weshalb eine Fortsetzung fest eingeplant ist.
 
Das Problem an "Scary Stories to Tell in the Dark" ist, daß der leicht episodisch aufgebaute Film – es werden mehrere Geschichten aus Sarahs Buchs erzählt, die aber bei weitem nicht so alibihaft wie bei richtigen Anthologie-Filmen von der Rahmenhandlung zusammengehalten werden – mit seinem kombinierten Fokus auf junge Zuschauer und mehr oder weniger bekannte urbane Legenden wie die zum Leben erwachende Vogelscheuche genreerfahrenen Zuschauern nicht allzu viel zu bieten hat. Ja, die Inszenierung ist atmosphärisch und das Kreaturendesign kann sich sehen lassen, aber richtig gruselig wird es selten und überraschende Wendungen sind extrem rar gesät. Dazu kommt, daß die jugendlichen Protagonisten zwar sympathisch rüberkommen – eine nette Idee ist es dabei, daß hier entgegen gängiger Stereotypen Stella der klassische Horror-Nerd mit Filmpostern im Zimmer ist und nicht einer der Jungs –, aber gerade im Vergleich zu "Es" kaum bleibenden Eindruck hinterlassen. Abgesehen von Stella und mit Abstrichen Ramón haben die Pubertierenden keine sonderlich bemerkenswerten Eigenschaften oder Hintergrundgeschichten, die in Erinnerung bleiben oder eine tiefere emotionale Bindung aufbauen würden. Auf diese Weise fiebert man nur bedingt mit ihnen mit, wenn sie einer nach dem anderen mit Sarahs Gruselgestalten konfrontiert werden. Daß die Episoden ziemlich kurz ausfallen, ist auch nicht eben hilfreich.
 
Dazu kommt, daß sich das Drehbuch der Brüder Dan und Kevin Hageman ("Die Croods 2") einige Schlampereien hinsichtlich Logik und Glaubwürdigkeit leistet. Ohne spoilern zu wollen: Daß die Vorkommnisse in der Polizeistation offenbar keine Konsequenzen nach sich ziehen, ist beispielsweise einfach nur lächerlich. Immerhin die Auflösung von Sarahs Geschichte ist gelungen und sorgt für einen angenehmen Schlußpunkt. Schauspielerisch machen die jungen Darsteller alle einen guten Job, wobei Zoe Colletti als Stella die besten Szenen hat. Wie es für das Genre typisch ist, finden sich in den erwachsenen Nebenrollen einige bekannte Gesichter, wobei Dean Norris (TV-Serie "Breaking Bad") als Stellas Vater weniger zu tun bekommt als Gil Bellows (TV-Serie "Ally McBeal"), der als Sheriff immer wieder mal auftaucht und auch direkt mit einer der mörderischen Kreaturen konfrontiert wird. Deren teilweise durchaus einfallsreiche Gestaltung ist der größte Pluspunkt von "Scary Stories to Tell in the Dark" – schade, daß man daraus nicht mehr gemacht hat und die einzelnen Gruselgestalten aufgrund des episodischen Charakters auch nicht allzu lange zu sehen sind. Etwas mehr Mühe bei der Figurenzeichnung und ein paar clevere Kniffe bei den präsentierten Geschichten, und "Scary Stories to Tell in the Dark" hätte ein richtig schöner Genrebeitrag werden können – so ist es nur ein mittelprächtiger bis solider, sofern man bereits etwas Erfahrung mit Horrorfilmen gesammelt hat.
 
Fazit: "Scary Stories to Tell in the Dark" ist ein routiniert inszenierter und atmosphärischer, inhaltlich jedoch recht einfallsloser episodischer Horrorfilm, der sich erkennbar an ein jüngeres, wenig genreerfahrenes Publikum richtet.
 
Wertung: Als Horrorfilm-Veteran: 6 Punkte. Ein Genre-Neuling kann sicher mindestens einen Punkt aufschlagen.
 
 
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