Da es diese Woche gleich zwei wichtige Nominierungsrunden gab - zunächst für die Critics' Choice Awards, heute für die von der Schauspielergilde vergebenen SAG Awards, welche den Reigen der von den Filmschaffenden selbst vergebenen Preise einleiten -, fasse ich beide in einem langen Beitrag zusammen. Beginnen will ich mit dem aktuellen Geschehen, also den Nominierungen für die SAG Awards, die deshalb besonders wegweisen für die OSCARs sind, weil die Schauspieler den Löwenanteil der stimmberechtigten Academy-Mitglieder ausmachen:
Beste Darstellerin:
- Glenn Close, "Die Frau des Nobelpreisträgers"
- Lady Gaga, "A Star Is Born"
- Emily Blunt, "Mary Poppins' Rückkehr"
- Olivia Colman, "The Favourite"
- Melissa McCarthy, "Can You Ever Forgive Me?"
Insgesamt eine sehr konservative Auswahl, da es sich tatsächlich um die fünf Topfavoritinnen handelt, die alle auch schon für Golden Globes und Critics' Choice Awards nominiert wurden. Das bestätigt die Vermutung, daß es für weitere Kanidatinnen wie Nicole Kidman ("Destroyer"), Yalitza Aparicio ("Roma"), Rosamund Pike ("A Private War") oder Toni Collette ("Hereditary") schwierig wird, sich noch irgendwie dazwischenzuquetschen.
Darsteller:
- Christian Bale, "Vice"
- Bradley Cooper, "A Star Is Born"
- Rami Malek, "Bohemian Rhapsody"
- Viggo Mortensen, "Green Book"
- John David Washington, "BlacKkKlansman"
Bale, Cooper und Mortensen darf man für die OSCARs als gesetzt annehmen, aber für Rami Malek und John David Washington ist das eine ungemein wichtige Nominierung, da beide (v.a. Washington) eher als Außenseiter ins Rennen gingen. Nun sieht es speziell für Malek sehr gut aus, nachdem er bereits bei den Globes und den Critics' Choice Awards berücksichtigt wurde; Washington fehlt bei den Critics' Choice Awards (trotz sieben Nominees) und bleibt eher ein Außenseiter, hat seine Chancen aber definitiv verbessert. Weichen mußten dafür Willem Dafoe ("At Eternity's Gate") und Ethan Hawke ("First Reformed"), die aber trotzdem weiter hoffen dürfen. Schlechter sieht es für Ryan Gosling ("Aufbruch zum Mond") aus, da er bisher nur bei den Critics' Choice Awards berücksichtigt wurde.
Nebendarstellerin:
- Emma Stone, "The Favourite"
- Emily Blunt, "A Quiet Place"
- Margot Robbie, "Maria Stuart, Königin von Schottland"
- Rachel Weisz, "The Favourite"
- Amy Adams, "Vice"
Eindeutig die Kategorie mit den meisten Überraschungen, nämlich zwei: Sowohl Margot Robbie als auch Emily Blunt (für diese Rolle) waren bei den bisherigen Awards übergangen worden, obwohl sie zum erweiterten Kandidatinnenkreis zählten. Nun müssen sie also hoffen, daß dies keine Eintagsfliege ist. Sehr gut sieht es dagegen für Stone, Weisz und Adams aus, die alle wichtigen Nominierungen bisher einheimsen konnten. Größte Konkurrentinnen von Robbie und Blunt sind Regina King ("Beale Street"), Claire Foy ("Aufbruch zum Mond") und Nicole Kidman ("Der verlorene Sohn").
Nebendarsteller:
- Mahershala Ali, "Green Book"
- Timothée Chalamet, "Beautiful Boy"
- Adam Driver, "BlacKkKlansman"
- Sam Elliott, "A Star Is Born"
- Richard E. Grant, "Can You Ever Forgive Me?"
Wie bei den Hauptdarstellerinnen konnten sich bei den Nebendarstellern die fünf Topfavoriten durchsetzen, von denen nur Elliott bei den Globes eine "Auslassung" einstecken mußte. Dort hatte sich Sam Rockwell für "Vice" den fünften Platz gesichert, bei den Critics' Choice Awards wurde als sechster Nominee "Black Panther"-Antagonist Michael B. Jordan genannt. Beide bleiben sicherlich nicht aussichtslos, aber es kann sehr gut sein, daß die Kategorie bei den OSCARs genauso aussehen wird wie hier.
Ensemble:
- A Star Is Born
- Bohemian Rhapsody
- Crazy Rich
- A Star Is Born
Die "Ensemble"-Kategorie gilt als SAG Awards-Entsprechung zum "besten Film", ist jedoch trotzdem von eher geringer Aussagekraft. Jedenfalls scheint es schwer vorstellbar, daß "Crazy Rich" und "Bohemian Rhapsody" bei den OSCARs als bester Film nominiert werden. Daß aber "Widows" nicht einmal hier genannt wird und somit komplett leer ausgeht, unterstreicht die starke Vermutung, daß das kunstvolle Thriller-Drama bestenfalls in den technischen Kategorien ein oder zwei Nennungen ergattern wird können.
Der Ehrenpreis für das Lebenswerk geht an Alan Alda (TV-Serie "M*A*S*H", "Verbrechen und andere Kleinigkeiten", "Aviator", "Bridge of Spies").
Alle Nominierungen (inkl. der TV-Kategorien) gibt es auf der SAG Awards-Homepage.
Alle Nominierungen (inkl. der TV-Kategorien) gibt es auf der SAG Awards-Homepage.
Damit zu den Critics' Choice Awards, die die Voten von aktuell mehr als 350 renommierten Print-, TV-, Radio- und Online-Kritikern aus den ganzen USA vereinen und folgerichtig zu den wichtigsten Kritikerpreisen zählen. Eine Besonderheit ist, daß es in den meisten Kategorien sechs oder sieben Nominees gibt anstatt fünf bei den OSCARs - das ist für den interessierten Betrachter durchaus aufschlußreich, weil wir auf diese Weise einen besseren Überblick über die aussichtsreichsten Kandidaten erhalten. Wer nicht genannt wird, hat jedoch natürlich ein größeres Problem als bei jenen Preisverleihungen, bei denen es nur fünf Nominees gibt ...
Die Nominierten in den wichtigsten Filmkategorien sind:
Bester Film:
- Black Panther
- BlacKkKlansman
- The Favourite
- Green Book
- Beale Street
- Mary Poppins' Rückkehr
- Roma
- A Star Is Born
- Vice
Gute Nachrichten für "Aufbruch zum Mond": Nach dem bislang enttäuschenden Abschneiden in der Awards Season steht das Neil Armstrong-Biopic erstmals bei einer großen Auszeichnung im Feld der zehn besten Filme des Jahres. Ein einmaliges Aufbäumen oder der Beginn eines unerwarteten (aber hollywoodreifen) Comebacks? Ich tippe auf Ersteres, doch bis die Gilden in das OSCAR-Rennen eingreifen, ist alles möglich ... "Black Panther" setzt hingegen seinen Erfolgsweg fort und ist bei der vierten großen Kritikerehrung der Saison zum vierten Mal als bester Film nominiert - für mich weiterhin nur schwer verständlich, aber definitiv bemerkenswert. Könnte es also dieses Jahr tatsächlich endlich mal wieder für einen Superhelden-Film zu einer "Best Picture"-Nominierung reichen? Ansonsten sind mehr oder weniger die gleichen Filme vertreten wie bisher, wobei es für "Vice" wichtig ist zu demonstrieren, daß die Golden Globe-Nominierung (nach vorherigem Fehlen bei den NBR- und AFI-Top 10) kein positiver Ausrutscher war. Nicht ganz so gut wie bisher schneiden die Indie-Vertreter ab, von denen es eigentlich nur "Beale Street" geschafft hat (je nach Definition sind auch "Green Book", "The Favourite" oder "BlacKkKlansman" Independent-Filme, jedoch fallen sie inhaltlich eher ins Mainstream-Schema und waren auch deutlich teurer in der Produktion als klassische Indies), wohingegen "Eighth Grade" und "First Reformed" fehlen. Neben "Black Panther" in allen vier "großen" Top 10-Listen der bisherigen Saison vertreten sind "A Star Is Born", "Beale Street", "Green Book" und "Mary Poppins' Rückkehr", die dementsprechend rosige Aussichten auf eine OSCAR-Nominierung haben. Das gilt auch für Alfonso Cuaróns "Roma", der zwar nur auf zwei Nennungen kommt, aber beim AFI (wo nur US-Filme qualifiziert waren) und den Globes (wo eine gleichzeitige Nominierung als fremdsprachiger Film und als bester Film nicht erlaubt ist) als Hollywood-Film mit sehr großer Wahrscheinlichkeit berücksichtigt worden wäre. Mit drei Nennungen sind auch "BlacKkKlansman" und "The Favourite" aussichtsreich positioniert.
Animationsfilm:
- Der Grinch
- Die Unglaublichen 2
- Mirai
- Chaos im Netz
- Spider-Man: A New Universe
Die fünf OSCAR-Nominees sollten sich aus diesen sechs Filmen zusammensetzen, die recht deutlich vor dem Rest zu stehen scheinen (sofern nicht noch ein weiterer fremdsprachiger Film irgendwie reinrutscht), wobei "Der Grinch" die schlechtesten Aussichten haben dürfte.
Nicht-englischsprachiger Film:
- "Burning", Südkorea
- "Capernaum", Libanon
- "Cold War", Polen
- "Roma", Mexiko
- "Shoplifters", Japan
"Roma" und "Shoplifters" sollten so gut wie gesetzt sein, "Burning" und "Capernaum" haben ebenfalls mehrfache Nennungen vorzuweisen. Für den Mitfavoriten "Cold War" ist es dagegen die erste und deshalb umso wichtigere Nominierung, dafür mußte im Vergleich zu den Globes leider der deutsche Beitrag "Werk ohne Autor" weichen.
Darsteller:
- Christian Bale, "Vice"
- Bradley Cooper, "A Star Is Born"
- Willem Dafoe, "At Eternity's Gate"
- Ryan Gosling, "Aufbruch zum Mond"
- Ethan Hawke, "First Reformed"
- Rami Malek, "Bohemian Rhapsody"
- Viggo Mortensen, "Green Book"
Für Ryan Gosling die erste große Nominierung der Saison, die seine Chancen aufrechterhält, aber nichts daran ändert, daß er inzwischen nur noch ein Außenseitertip ist. Auch für Ethan Hawke ist es eine wichtige Nennung, nachdem er bei den Globes und nun auch bei den SAG Awards übergangen wurde. Malek festigt seinen Status als sehr ernsthafter Anwärter.
Darstellerin:
- Yalitza Aparicio, "Roma"
- Emily Blunt, "Mary Poppins' Rückkehr"
- Glenn Close, "Die Frau des Nobelpreisträgers"
- Toni Collette, "Hereditary"
- Olivia Colman, "The Favourite"
- Lady Gaga, "A Star Is Born"
- Melissa McCarthy, "Can You Ever Forgive Me?"
Yalitza Aparicio und Toni Collette sind gewissermaßen die Herausforderinnen, um eine der (erst Recht nach den SAG Awards-Nominierungen) gesetzt erscheinenden großen Fünf eventuell zu verdrängen. Wird allerdings schwierig.
Nebendarsteller:
- Mahershala Ali, "Green Book"
- Timothée Chalamet, "Beautiful Boy"
- Adam Driver, "BlacKkKlansman"
- Sam Elliott, "A Star Is Born"
- Richard E. Grant, "Can You Ever Forgive Me?"
- Michael B. Jordan, "Black Panther"
Hier ist es Michael B. Jordan, der erstmals in der Saison eine wichtige Nominierung abstaubt. Durchaus vorstellbar, daß er eine OSCAR-Nominierung erhält, allerdings scheinen die Top 5 auch hier ziemlich gesetzt zu sein.
Nebendarstellerin:
- Amy Adams, "Vice"
- Claire Foy, "Aufbruch zum Mond"
- Nicole Kidman, "Der verlorene Sohn"
- Regina King, "Beale Street"
- Emma Stone, "The Favourite"
- Rachel Weisz, "The Favourite"
Nach der Globe-Nominierung ein weiterer Aufwärtstrend für Claire Foy, der allerdings durch die Nichtnennung bei den SAG Awards erstmal wieder gebremst wurde.
Regie:
- Damien Chazelle, "Aufbruch zum Mond"
- Bradley Cooper, "A Star Is Born"
- Alfonso Cuarón, "Roma"
- Peter Farrelly, "Green Book"
- Yorgos Lanthimos, "The Favourite"
- Spike Lee, "BlacKkKlansman"
- Adam McKay, "Vice"
Die erste Nennung für Damien Chazelle und Yorgos Lanthimos in dieser Awards Season, die übrigen fünf stimmen komplett mit den Golden Globe-Nominierungen überein, was ihre gute Positionierung im OSCAR-Rennen untermauert. Am gefährdesten erscheinen mir Lee, McKay und Farrelly, denen der Grieche Lanthimos noch sehr gefährlich werden kann.
Originaldrehbuch:
- Bo Burnham, "Eighth Grade"
- Alfonso Cuarón, "Roma"
- Deborah Davis und Tony McNamara, "The Favourite"
- Adam McKay, "Vice"
- Paul Schrader, "First Reformed"
- Nick Vallelonga, Brian Hayes Currie und Peter Farrelly, "Green Book"
- Bryan Woods, Scott Beck und John Krasinski, "A Quiet Place"
Abgesehen von "Eighth Grade" sind alle Favoriten vertreten, eine richtige Überraschung gibt es nicht (am ehesten "A Quiet Place", der aber zum erweiterten Kandidatenkreis gezählt wurde).
Adaptiertes Drehbuch:
- Ryan Coogler und Joe Robert Cole, "Black Panther"
- Nicole Holofcener und Jeff Whitty, "Can You Ever Forgive Me?"
- Barry Jenkins, "Beale Street"
- Eric Roth, Bradley Cooper und Will Fetters, "A Star Is Born"
- Josh Singer, "Aufbruch zum Mond"
- Charlie Wachtel, David Rabinowitz, Kevin Willmott und Spike Lee, "BlacKkKlansman"
Auch hier keine Überraschung. Momentan sieht es so aus, als würden sich "Black Panther" und "Aufbruch zum Mond" um den fünften Platz bei den OSCARs duellieren, mit besseren Aussichten für den Marvel-Helden. Denkbare Alternativen sind "Widows", "Leave No Trace" und "Der verlorene Sohn".
Musik:
- Kris Bowers, "Green Book"
- Nicholas Britell, "Beale Street"
- Alexandre Desplat, "Isle of Dogs - Ataris Reise"
- Ludwig Göransson, "Black Panther"
- Justin Hurwitz, "Aufbruch zum Mond"
- Marc Shaiman, "Mary Poppins' Rückkehr"
Die letzten vier wurden auch für einen Golden Globe nominiert und sind damit gut im Rennen um eine OSCAR-Nominierung. Bowers ist das definitiv nicht, sein "Green Book"-Score wurde dort nämlich disqualifizert (zu geringer Anteil an Neukompositionen). Bei der Musik besteht immer ein großes Potential für Überraschungs-Nominees, zu den Kandidaten zählt auch wieder mal Hans Zimmer ("Widows").
Visuelle Effekte:
- Black Panther
- Aufbruch zum Mond
- Mary Poppins' Rückkehr
Nach der kürzlichen Bekanntgabe der Shortlist von 20 Filmen, die noch die Chance auf eine OSCAR-Nominierung haben, hatte ich mich an eine frühe Favoritenprognose gewagt. Vier von meinen fünf vermuteten Filmen sind dabei ("Avengers", Aufbruch zum Mond", "Mary Poppins", "Ready Player One"), nur der Animationsfilm "Isle of Dogs" (sowieso ein Außenseitertip) hat es nicht geschafft und bei den Nachrückern lag ich auch falsch. Mit "Black Panther" als zweitem Superhelden-Vertreter hätte ich nicht wirklich gerechnet, aber offenbar hat der generell einen Lauf. Und auch "Mission: Impossible - Fallout" hätte ich für relativ chancenlos gehalten. Mal sehen, wer es am Ende schafft, vielleicht holt sich ja doch "Solo" den fünften Platz?
Alle Kategorien (inklusive weiterer technischer sowie nach Genres unterteilter Kategorien) gibt es auf der Homepage der Critics' Choice Awards.
Insgesamt schnitt etwas überraschend "The Favourite" mit 14 Nominierungen am Besten ab, gefolgt von "Black Panther" (12), "Aufbruch zum Mond" (10), "A Star is Born", "Vice" und "Mary Poppins' Rückkehr" (je 9).
Insgesamt schnitt etwas überraschend "The Favourite" mit 14 Nominierungen am Besten ab, gefolgt von "Black Panther" (12), "Aufbruch zum Mond" (10), "A Star is Born", "Vice" und "Mary Poppins' Rückkehr" (je 9).
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