Regie: David Leitch, Drehbuch: Rhett Reese, Paul Wernick und
Ryan Reynolds, Musik: Tyler Bates
Darsteller: Ryan Reynolds, Josh Brolin, Julian Dennison,
Morena Baccarin, Zazie Beetz, Stefan Kapičić, Brianna Hildebrand, Shioli
Kutsuna, Leslie Uggams, T.J. Miller, Karan Soni, Brad Pitt, Eddie Marsan, Bill Skarsgård,
Rob Delaney, Terry Crews, Lewis Tan, Jack Kesy, Mike Dopud, Alan
Tudyk, Matt Damon, Nicholas Hoult, James McAvoy, Evan Peters, Tye Sheridan, Kodi Smit-McPhee, Alexandra Shipp, Hugh Jackman,
Rhett Reese, Paul Wernick
Das vergleichsweise sorgenfreie Leben von Wade Wilson (Ryan
Reynolds, "The Voices") alias Deadpool als ein weltweit tätiger Söldner
und Bösewicht-Killer, der zu Hause stets von seiner liebenden und sehr
verständnisvollen Freundin Vanessa (Morena Baccarin, "Serenity") erwartet wird, nimmt nach
zwei Jahren ein jähes Ende, als ihm ein Auftrag gründlich mißlingt. Sein alter
Mutanten-Kumpel Colossus (Stefan Kapičić) nimmt sich Wades an und versucht
einmal mehr, ihn zu einem echten Superhelden zu formen. Auch seine Zeit als
X-Men-Azubi endet jedoch rekordverdächtig schnell und sehr
blutig, weshalb er in ein Mutanten-Hochsicherheitsgefängnis namens
"Eisbox" befördert wird. An seiner Seite ist dabei der übergewichtige
Teenager Russell (Julian Dennison), der in einem sektenartigen Waisenhaus für
Mutanten aufwuchs und bittere Rachegedanken gegen den Heimleiter (Eddie
Marsan, TV-Miniserie "River") mit sich trägt. Und dieser Russell ist zu
Deadpools Erstaunen zudem das Ziel von Cable (Josh Brolin, "Sicario"),
einem zeitreisenden Cyborg-Mutanten-Söldner aus der Zukunft, der in die Eisbox
einbricht …
Kritik:
Anfang 2016 bewies "Deadpool" den zahlreichen Skeptikern
in den großen Filmstudios, daß auch Superhelden-Filme, die sich nicht an die gesamte Familie richten, das Zeug zum Welthit haben. "Deadpool" war –
wie die Marvel-Comicvorlage – brutal und zynisch und geizte nicht mit Witzen
unterhalb der Gürtellinie. Das Resultat war eine schwarzhumorige,
trotz einer ziemlich generischen Story und einiger Gag-Rohrkrepierer sehr unterhaltsame
Superhelden-Parodie, die mal eben das Dreizehneinhalbfache ihres überschaubaren
Budgets von $58 Mio. einspielte – wobei das sicher auch der grandiosen
Marketing-Kampagne und dem unermüdlichen Einsatz von Titeldarsteller Ryan
Reynolds geschuldet war. Mit "Logan" zog ein Jahr darauf ein weiterer
Vertreter aus 20th Century Fox' X-Men-Universum mit einem ebenso an etwas ältere Zuschauer gerichteten Film nach, was sogar eine OSCAR-Nominierung
für das Drehbuch nach sich zog. Wieder ein Jahr später setzt "Deadpool 2" den Trend
fort und bezieht sich dabei witzigerweise zu Beginn sogar explizit auf
ebenjenen "Logan" – was gleich in mehrfacher Hinsicht ein Meta-Gag
ist, denn Ryan Reynolds macht aus seinem Herzenswunsch keinen Hehl, nach dem
eher mißglückten "X-Men Origins: Wolverine" aus dem Jahr 2009 (mit
einem noch vergleichsweise extrem zahmen Deadpool) ein
"richtiges" Crossover-Abenteuer mit Deadpool und Wolverine zu
realisieren (was leider unwahrscheinlich ist, da Hugh Jackman ja "Logan"
zu seinem Abschied von der Rolle erklärt hat). Dieser Auftakt zeigt früh die
Marschroute von "Deadpool 2" an, der das olympische Motto ein wenig
variiert und zu "schneller, brutaler, spektakulärer, witziger und
besser" ausbaut und damit seinen Vorgänger noch übertrifft.
Das gilt allerdings nicht für die eigentliche Handlung, denn
die ist nicht weniger zweckmäßig gestaltet als beim ersten Film. Immerhin macht sich
Deadpool, der wiederum sehr gerne die vielbeschworene "vierte Wand"
durchbricht und direkt zum Publikum spricht, selbst wiederholt darüber lustig,
was zwar etwas Alibihaftes an sich hat, aber trotzdem viel Spaß macht. Und
"Spaß" ist das entscheidende Wort, wenn es um "Deadpool 2"
geht. Der Protagonist selbst bezeichnet ihn zwar als einen Familienfilm (nachdem
der erste Teil ein Liebesfilm war …) und auf verquere Weise stimmt das sogar irgendwie; in allererster Linie ist der diesmal von "Atomic Blonde"- und (gemeinsam mit Chad Stahelski) "John
Wick"-Regisseur David Leitch dynamisch in Szene gesetzte Film aber
eine Komödie. Eine Komödie, die sich nach Herzenslust über das eigene Genre und
speziell über die Superhelden-Filme von Marvel wie auch DC lustig macht
und darüber hinaus mit so vielen popkulturellen Referenzen um sich wirft, daß
man beinahe das Niveau von Spielbergs "Ready Player One" erreicht. Bei einem solchen Gag- und Zitategewitter trifft naturgemäß nicht jeder
Pfeil ins Schwarze und letzten Endes hängt viel vom individuellen
Humorgeschmack und dem jeweiligen Erkennen der zahllosen Anspielungen ab – in meinen Augen ist die Trefferquote der Witze und One-Liner jedoch erheblich höher
als im Vorgänger. Tatsächlich kann ich sogar behaupten, schon seit Jahren
selbst bei "echten" Komödien nicht mehr so viel und ausdauernd im Kino
gelacht zu haben wie hier! Absoluter Höhepunkt ist in
meinen Augen eine wohl 10- bis 15-minütige Phase im Mittelteil, in der Deadpool
mit seinem Kumpel Weasel (T.J. Miller, "Cloverfield") eine eigene (aus den Comics bekannte)
Superhelden-Truppe namens "X-Force" aufbaut und mit dieser prompt zu
einem ersten Einsatz aufbricht, um Russell vor Cable zu schützen. Dramaturgisch ist diese Eskapade vollkommen überflüssig, aber in dieser
Viertelstunde kulminiert der schiere Wahnwitz des Drehbuchs – an dem Ryan Reynolds
diesmal selbst mit dem Autoren-Duo von Teil 1 (Rhett Reese und Paul
Wernick) gearbeitet hat und das eine unfaßbare Aneinanderreihung
haarsträubender und teilweise sehr fieser Slapstick-Situationen beinhaltet, die
man so garantiert in keinem anderen Superhelden-Film jemals zu Gesicht bekommen würde …
Die meiste Screentime innerhalb der X-Force erhält Domino
(Zazie Beetz, TV-Serie "Atlanta"), deren Superkraft schlicht und ergreifend Glück ist – was
wiederholt herrliche Szenenabfolgen hervorbringt, wenn Göttin Fortuna sich nach Kräften
anstrengen muß, um Domino heil aus den entsprechenden Situationen
herauszubekommen. Grundsätzlich muß man aber zugeben, daß sämtliche Figuren
außer Deadpool recht kurz kommen. Neben der von der gebürtigen Berlinerin Beetz sympathisch-lässig
verkörperten Domino haben Russell – gespielt von Julian Dennison, dem
jugendlichen Star der hochgelobten neuseeländischen Abenteuerkomödie "Wo die
wilden Menschen jagen" von "Thor 3"-Regisseur Taika Waititi –, Cable und mit Abstrichen Colossus einigermaßen große Rollen, doch sie
alle spielen ganz klar die zweite oder dritte Geige bei der atemlosen One-Man-Show des
Titel(anti)helden. Bei Cable ist das ein bißchen enttäuschend, denn Josh
Brolin zeigt kurz nach seiner grandiosen Leistung als MCU-Oberbösewicht Thanos
in "Avengers: Infinity War" wiederum, wie souverän und kraftvoll er eine
ultracoole Badass-Figur verkörpern kann – davon hätte man gerne etwas mehr
zeigen dürfen. Daß man darüber jedoch nicht allzu sehr meckern kann, liegt
einfach daran, daß Deadpool für Ryan Reynolds weiterhin die Rolle seines Lebens
ist, die er mit vollem Körpereinsatz und mit seinem ganzen Charisma und
vorlauten Witz ausfüllt. Natürlich, nach den gängigen Regeln der Filmkritik ist
"Deadpool 2" – wie schon der erste Teil – kein wirklich guter Film;
dafür fehlt es der Handlung eindeutig an Eigenständigkeit und Anspruch und
den Nebencharakteren an Tiefe, ja sogar die am Computer generierten Spezialeffekte
reichen nicht an die Qualität der teureren Genrekollegen heran (dafür muß man
ausnahmsweise mal keinen 3D-Aufpreis zahlen …), auch wenn speziell die an "Final Destination" erinnernden Domino-Actionsequenzen sehenswert choreographiert sind. Aber wer
Comicverfilmungen und Superhelden-Abenteuer auch nur ein bißchen mag und mit
derbem, oft zynischen Humor, literweise spritzendem Blut und
abgetrennten Körperteilen kein Problem hat, für den ist "Deadpool 2"
mit seinem Füllhorn an Gags und Ironie (inklusive eines gagreichen – man achte etwa darauf, wer angeblich für die Kameraführung
zuständig war – Vorspanns im James Bond-Stil mitsamt dem dazu passenden Song
"Ashes" von Celine Dion) sowie der wohl längsten Sterbeszene der Filmgeschichte ein wahrer Hit. Zugegeben, Deadpools Attitüde
ist natürlich nicht mehr ganz so originell wie im ersten Film; je nach
Geschmack mag sie bereits erste Abnutzungserscheinungen an den Tag legen, bei
mir ist das aber nicht der Fall, weshalb ich sehr auf einen dritten Film
hoffe. Oder gar einen "Deadpool & Wolverine"-Ableger? Achja, ein Tip noch: Während des Abspanns unbedingt sitzenbleiben!
Fazit: "Deadpool 2" baut die Stärken des
unkonventionellen Vorgängers gekonnt aus und bietet Comicfans ein noch
haarsträubenderes, wahnwitzigeres und durchgeknallteres Gag-, Slapstick- und Zitatengewitter,
in dessen zentraler Rolle Ryan Reynolds erneut voll aufgeht – für manchen mag
das allerdings schon ein bißchen zu viel des Guten sein, zumal die Handlung ziemlich nebensächlich ist.
Wertung: 8,5 Punkte (ein Kompromiß zwischen meiner
etwas höheren subjektiven Bewertung und meiner etwa einen Punkt
niedrigeren objektiven Bewertung).
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen