Regie und Drehbuch: Woody Allen
Darsteller: Roberto Benigni, Penélope Cruz, Jesse Eisenberg,
Ellen Page, Greta Gerwig, Alec Baldwin, Woody Allen, Judy Davis, Alison Pill,
Flavio Parenti, Fabio Armiliato, Alessandro Tiberi, Alessandra Mastronardi,
Cecilia Capriotti, Carol Alt, Ornella Muti, Antonio Albanese, Riccardo
Scamarcio, Giuliano Gemma
Die amerikanische Touristin Hayley (Alison Pill, "Midnight in Paris") verliebt
sich während ihres Rom-Urlaubs in den Bürgerrechtsanwalt Michelangelo (Flavio
Parenti, "I Am Love"). Nach ihrer bald folgenden Verlobung fliegen Hayleys Eltern Jerry (Woody Allen) und Phyllis (Judy Davis, "Barton Fink", "Harry außer sich") ein, um Michelangelo und dessen Familie kennenzulernen.
Dabei entdeckt Jerry, ein ehemaliger avantgardistischer Opernregisseur, daß
Michelangelos Vater Giancarlo (Star-Tenor Fabio Armiliato) ein begnadeter Opern-Sänger ist
– allerdings nur, solange er unter der Dusche steht.
Andernorts in Rom bekommt das glückliche junge Paar Jack
(Jesse Eisenberg, "The Social Network") und Sally (Greta Gerwig, "Freundschaft Plus")
Besuch von Sallys bester Freundin Monica (Ellen Page, "Inception", "Super"), einer offenherzigen
Schauspielerin, die gerade eine Beziehung beendet hat. Trotz der Warnungen des
älteren Architekten John (Alec Baldwin, "Rock of Ages") kann sich Jack der unverblümten erotischen Ausstrahlung Monicas nicht lange entziehen.
Mit dem Zug aus der italienischen Provinz erreicht das
frisch verheiratete Ehepaar Antonio (Alessandro Tiberi) und Milly (Alessandra
Mastronardi aus der TV-Serie "Titanic: Blood and Steel") die italienische Hauptstadt, in der auf Antonio ein toller Job im
Familienunternehmen wartet. Durch einen unglücklichen Zufall geht Milly jedoch
auf dem Weg zum Friseur verloren und trifft auf ihren Lieblings-Filmstar Luca
Salta (Antonio Albanese, "Tage und Wolken"), während Antonio sich gezwungen sieht, die forsche Edelprostituierte Anna
(Penélope Cruz, "Vicky Cristina Barcelona") als seine verschwundene Ehefrau auszugeben.
Und schließlich ist da noch Leopoldo (Roberto Benigni,
"Das Leben ist schön"), ein absoluter Durchschnittstyp, der eines
Tages völlig grundlos vor seiner Haustür von Paparazzi erwartet wird, eine
Einladung ins Fernsehen erhält, wo er zu so banalen Dingen wie seinem Frühstück
befragt wird, und in der Folge zu seiner monumentalen Verwirrung ohne irgendeine Leistung zum landesweiten Star avanciert ...
Kritik:
Wieder einmal verlegt sich der populäre Filmemacher Woody Allen in "To Rome with
Love" auf eine episodische Erzählweise, wobei die einzelnen Geschichten
nicht wie etwa in "Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber
bisher nicht zu fragen wagten" nacheinander abgehandelt werden, sondern
ständig hin und her wechseln. Angesichts dieses strukturellen Aufbaus erscheint es zunächst ungewöhnlich, daß die Episoden außer dem Schauplatz Rom keinerlei
Berührungspunkte haben. Vielmehr sollen sie in ihrer Gesamtheit erkennbar einen
kaleidoskopartigen Blick auf die "Ewige Stadt" mit ihrem stetigen
Mit- und Nebeneinander von Einwohnern und Touristen ergeben. Entsprechend oberflächlich
fallen die einzelnen Episoden aus, es gibt auch keine beherrschende
Thematik oder Botschaft wie noch in "Whatever Works" – doch gute
Unterhaltung bekommt man trotzdem geboten.
Dies liegt vor allem daran, daß Woody Allens Drehbuch ausgesprochen
gutgelaunt, gagreich und abwechslungsreich ausgefallen ist, weshalb sich
"To Rome with Love" wohltuend von seinem letzten eher episodisch
angelegten Film "Ich sehe den Mann Deiner Träume" abhebt. Die vier zentralen Handlungsstränge fügen sich, obwohl sie sich
thematisch recht deutlich voneinander unterscheiden, überraschend harmonisch zu einem
runden Gesamtbild zusammen und bewegen sich mehr oder weniger auf dem
gleichen qualitativen Niveau. Die ernsthafteste Episode (die mit Jack und
Sally) befaßt sich mit Vernunft und Versuchung, wird aber dadurch aufgelockert,
daß Alec Baldwin als lebenserfahrener John als eine Art Gewissen der drei
Hauptfiguren fungiert und die Entwicklungen bissig kommentiert. Bei den übrigen
Geschichten dominiert sowieso der Humoranteil, wobei die schiere Anzahl an
verrückten, oft surrealen Ideen dafür sorgt, daß es trotz der fehlenden Tiefe
niemals langweilig wird. Ein wenig schade ist es, daß Allen manch
vielversprechende Idee vernachlässigt, beispielsweise hätte es "To Rome
with Love" sicherlich gutgetan, den römischen Streifenpolizisten, der zu
Beginn als Erzähler fungiert, als verbindendes Element durchgehend zu
verwenden. Leider benutzt Allen diese Figur jedoch nur für eine kurze, generelle Einführung in das
Geschehen, ohne danach noch auf sie zurückzugreifen.
Durch das große Schauspielensemble ist es für die einzelnen
Darsteller mangels Screentime nicht so leicht, richtig zu glänzen, doch
speziell Roberto Benigni kann als ahnungsloser Star über Nacht seine
komödiantischen Stärken ausspielen. Auch die Rückkehr von Woody Allen als
Schauspieler (erstmals seit "Scoop" im Jahr 2006) in einer seiner
typischen neurotisch-intellektuellen Rollen ist sehr erfreulich, auch wenn sich
deutschsprachige Zuschauer an eine neue Synchronstimme gewöhnen müssen. Freimut
Götsch klingt zwar ähnlich wie sein bewährter Vorgänger Wolfgang Draeger, in
Sachen Sprachryhthmus und Lippensynchronität erreicht er aber (noch) nicht
dessen Perfektion. Kein Wunder, hatte Draeger doch in 45 Jahren reichlich
Gelegenheit, sich wortwörtlich mit Allen zu synchronisieren; das kann sein
Nachfolger natürlich nicht auf Anhieb erreichen. Die übrigen Darsteller machen ihre
Sache ausnahmslos gut – vor allem Ellen Page ist als quirlige Monica wieder einmal
bezaubernd und man kann absolut nachvollziehen, daß Jesse Eisenbergs Jack ihr
wider besseres Wissen zu verfallen droht –, ohne deutlich aus dem Ensemble hervorzustechen.
Kuriosum am Rande: Der ursprüngliche und sehr passende Titel
des Films sollte "Bop Decameron" lauten als Anspielung auf Boccaccios
berühmte Novellensammlung "Decamerone" aus dem 14. Jahrhundert.
Dummerweise konnten selbst viele Italiener nichts mit diesem literarischen
Verweis anfangen, weshalb Allen den Titel zunächst in "Nero Fiddles"
und schließlich in das ziemlich langweilige, aber universal verständliche
"To Rome with Love" abänderte. Ach, und apropos Anspielung: Wer Ayn
Rands Roman "Der ewige Quell" (im Original: "The Fountainhead") beziehungsweise dessen (in meinem Buch
übrigens ausführlich analysierte) Verfilmung unter dem Titel "Ein Mann wie Sprengstoff" mit Gary Cooper kennt, der wird sich über die
Jack/Sally/Monica-Episode noch etwas mehr amüsieren als das restliche Publikum
...
Fazit: "To Rome with Love" ist eine
charmante, federleichte Episodenkomödie, die zwar ziemlich oberflächlich ist, aber mit
liebenswerten Charakteren, dem Schauplatz Rom sowie humorvollen Dialogen und
witzigen Einfällen für sommerlich gute Laune sorgt.
Wertung: 7 Punkte.
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