Originaltitel:
The Fountainhead
Regie: King Vidor, Drehbuch: Ayn Rand, Musik: Max Steiner
Darsteller:
Gary Cooper, Patricia Neal, Raymond Massey, Robert Douglas, Kent Smith, Henry
Hull, Ray Collins, Moroni Olsen
Der junge New Yorker Architekt Howard Roark (Gary Cooper, "Zwölf Uhr mittags", "Mr. Deeds geht in die Stadt")
wird des Colleges verwiesen, weil er sich standhaft weigert, die historischen
Archtitekturstile zu lernen. Roark weigert sich sogar generell, in seiner Arbeit
den Blick in die Vergangenheit zu richten und das zu tun, was seine Lehrmeister
oder die Gesellschaft von ihm erwarten. Roark ist ein Visionär, der
nicht in Vergangenem schwelgen, sondern gänzlich Neues erschaffen will. In den
wertkonservativen USA der 1930er Jahre ist das eine alles andere als
willkommene Einstellung. Trotzdem schlägt er sich mehr schlecht als recht
durch, bis er durch einen großen Auftrag des unangepaßten Milliardärs Roger
Enright (Ray Collins), der ihm volle Handlungsfreiheit gewährt, auf einen Schlag
zur Berühmtheit wird. Dies jedoch nicht unbedingt im positiven Sinne, denn unter der Leitung des boshaften Chefarchitekturkritikers Ellsworth M.
Toohey (Robert Douglas) zerreißen sämtliche
Publikationen des zynischen Zeitungsverlegers Gail Wynand (Raymond Massey) das fertiggestellte Gebäude in der Luft und bezeichnen
es als Schande für die gesamte Stadt. Roark übersteht auch diesen Vorläufer eines Shitstorms, doch als er
eines Tages seinem mäßig talentierten Studienfreund Peter Keating (Kent Smith)
aus der Patsche helfen will und heimlich für ihn die Planung einer Sozialbausiedlung übernimmt, endet es für ihn mit einem Gerichtsverfahren: Da
seine Pläne entgegen allen Zusicherungen verändert wurden, hat er die fast
fertiggestellten Gebäude kurzerhand in die Luft gesprengt ...
Kritik:
Während sie in Europa und dem großen Rest der Welt weitgehend
unbekannt ist, ist die in Russland geborene, aber in den 1920er Jahren vor dem
Kommunismus in die USA geflohene Ayn Rand dort als Schriftstellerin und
Begründerin des Objektivismus bekannt wie ein bunter Hund. Bekannt und hoch
umstritten, denn die von ihr vertretene libertaristische Philosophie, die dem
Individualismus huldigt, ist sehr radikal und läßt sich durch grobe
Vereinfachungen leicht mißverstehen, umdeuten und/oder mißbrauchen (nicht grundlos sind etliche
Mitglieder der erzkonservativen "Tea Party"-Bewegung Rand-Anhänger,
was dem Ruf des Objektivismus in der breiten Öffentlichkeit nicht gerade zuträglich
ist). In den USA ist im Oktober 2012 Teil 2 einer Low-Budget-Verfilmung von
Ayn Rands belletristischem Hauptwerk "Atlas Shrugged" (wurde in Deutschland
u.a. unter dem Titel "Atlas wirft die Welt ab" veröffentlicht und diente im Jahr 2007 als Inspirationsquelle für das erfolgreiche Computerspiel "Bioshock") zu
vernichtenden Kritiken gestartet, doch bereits 1949 war die Autorin direkt an der Schwarzweiß-Adaption ihres Romans "The Fountainhead" ("Der ewige Quell") beteiligt. Dieser Film legt bereits unverkennbar die Grundzüge ihrer Philosophie dar – und kann in dieser
Hinsicht durchaus als Propagandafilm bezeichnet werden –, ist aber weniger
extrem und deshalb auch als Unterhaltungsfilm absolut sehenswert.
Denn eigentlich ist die (übrigens in Grundzügen an den
realen Stararchitekten Frank Lloyd Wright angelehnte) Geschichte von Howard
Roark, der im Stil eines Schumpeter-Unternehmers etwas Neues und Originelles erschaffen will, sich damit aber erst gegen massive Widerstände diverser
etablierter Gegenspieler sowie der von den Meinungsführern mobilisierten
Gesellschaft durchsetzen muß, universell. Francis Ford Coppola schilderte
Ähnliches in "Tucker – Ein Mann und sein Traum", Martin Scorsese in
"Aviator" über den Flugzeugpionier Howard Hughes. Nur ist Howard
Roark in seiner Überzeugung noch erheblich konsequenter und extremer. Denn eine
Sozialbausiedlung zu zerstören, um die Verletzung eigener Rechte buchstäblich auszulöschen – nein, damit gewinnt man kaum die Herzen der Zuschauer. Nicht einmal
dann, wenn dieser nonkonformistische Howard Roark von Gary Cooper und damit
einem der beliebtesten US-Schauspieler aller Zeiten verkörpert wird. Doch es
ist Ayn Rands Drehbuch zu verdanken, daß Roark dennoch als (Anti-)Held der
Geschichte funktioniert. Man mag den kantigen, in seiner Prinzipientreue fast fanatisch zu nennenden Mann nicht sonderlich sympathisch finden, doch man
empfindet Respekt für seine Konsequenz und seinen Mut, sich gegen wirklich alle
zu stellen, um seine ureigenen Rechte zu verteidigen. Parallelen zu der lange anhaltenden und im Internetzeitalter zunehmend erbittert geführten Urheberrechtsdebatte in Deutschland sind kaum zu übersehen.
Daß Roark als Protagonist von "Ein Mann wie Sprengstoff" Wirkung erzielt, erreicht Ayn Rand auch und vor allem durch einen extremen,
erkennbar antikommunistischen Symbolismus und schillernde Figuren, mit denen
sie den Zuschauer zwar ziemlich offensichtlich, aber auch sehr effektiv
manipuliert. Die Hürden, mit denen Roark bereits vor seiner explosiven Tat
konfrontiert wird, sind so hoch, daß man beinahe mit ihm mitfiebern muß –
zumal es wenig andere Figuren gibt, die dafür in Frage kommen. Kritiker Toohey ist verlogen und größenwahnsinnig, Roarks Studienfreund Keating
(Kent Smith) ist untalentiert und willensschwach und auch der im Kern idealistische, allerdings zum Zyniker gewordene Verleger
Wynand kann eine zwischenzeitliche Läuterung nicht durchhalten. Lediglich der
Milliardär Enright, der jedoch nur eine Nebenrolle spielt, und Keatings Verlobte
Dominique (Patricia Neal), in die sich Roark verliebt, taugen als
Sympathieträger – und beide halten zu Roark. Zudem wird in der
Gerichtsverhandlung Roarks flammendes Schlußplädoyer in eigener Sache (das
gleichzeitig zur Darlegung von Ayn Rands Philosophie dient) in aller Ausführlichkeit
gezeigt – Coopers knapp sechsminütiger Monolog war zur damaligen Zeit der
längste der Filmgeschichte –, während von der Staatsanwaltschaft nur wenige
Sätze zu hören sind. Natürlich fällt es Roark auf diese Weise wesentlich
leichter, Publikum und Jury mit seinen Ausführungen zu überzeugen.
Eine solch verkürzte Darstellung eines Gerichtsprozesses zum Zwecke der
Manipulation der Zuschauer mag nicht die feine Art sein, ist aber ein
alter Trick in Hollywood-Filmen, der immer wieder und besonders gerne auch in
politisch linksgerichteten Werken wie "Erin Brockovich" oder
"Wall Street" (dort war es zwar die Hauptversammlung eines börsennotierten Unternehmens, aber
das Prinzip ist das gleiche) angewandt wird.
Größtmögliche Objektivität kann man keinem dieser Werke
unterstellen, aber das macht sie noch lange nicht per se zu schlechten Filmen.
Noch besser hätte das Vorgehen sicherlich funktioniert, wäre
Gary Cooper so überzeugend, wie man das eigentlich von ihm gewohnt ist. Ist er
aber nicht. Er spielt solide, ist aber eigentlich rund 20 Jahre zu alt für die
Rolle und man kann ihm immer wieder regelrecht ansehen, daß er sich nicht ganz
wohl in seiner Haut fühlt. Das ist wenig verwunderlich, konnte er doch laut
eigener Aussage den Mann, den er authentisch verkörpern und dessen Überzeugungen
er auf die Leinwand transportieren sollte, selbst nicht verstehen. Der Rest der
Besetzung ist dafür sehr überzeugend, angefangen beim zuverlässigen Raymond
Massey ("Jenseits von Eden", "Arsen und Spitzenhäubchen"),
der mit dem ambivalenten und stets zweifelnden Verleger Gail Wynand die
interessanteste Figur des Films glaubhaft porträtiert. Aber auch die zur Zeit der Dreharbeiten 22-jährige spätere OSCAR-Gewinnerin Patricia Neal ("Der Tag, an dem die
Erde stillstand", "Frühstück bei Tiffany") weiß in ihrer ersten
Hauptrolle als mitfühlende Dominique zu gefallen, während Robert Douglas ("Der Rebell", "Ivanhoe – Der schwarze Ritter") Oberfiesling
Ellsworth M. Toohey so herrlich überzeichnet darstellt, daß man über die
Klischeehaftigkeit der Figur gerne hinwegsieht.
Kuriosum am Rande: Regisseur King Vidor ("Der Zauberer von Oz") hatte 15 Jahre zuvor mit dem Sozialdrama "Unser tägliches Brot" noch einen ausdrücklich antikapitalistischen Film realisiert, der eine sozialistische Utopie propagierte – also quasi das Gegenteil von "Ein Mann wie Sprengstoff". So schnell kann's gehen ...
Kuriosum am Rande: Regisseur King Vidor ("Der Zauberer von Oz") hatte 15 Jahre zuvor mit dem Sozialdrama "Unser tägliches Brot" noch einen ausdrücklich antikapitalistischen Film realisiert, der eine sozialistische Utopie propagierte – also quasi das Gegenteil von "Ein Mann wie Sprengstoff". So schnell kann's gehen ...
Fazit: "Ein Mann wie Sprengstoff" ist ein
faszinierendes Zeitdokument, welches erkennbar als plakative, aber effektive
Propaganda für den Objektivismus dient; unabhängig davon aber durch die auf die Spitze getriebene
unkonventionelle Handlung, die nachdenkenswerten Dialoge und die interessanten
Figuren als Charakterdrama und als Liebesgeschichte
funktioniert. Schade nur, daß man sich bei der Wahl des Hauptdarstellers anders als
bei der Hauptdarstellerin (für die Rolle war u.a. Bette Davis im Gespräch) für
einen großen Namen anstatt für einen wirklich passenden Schauspieler entschied.
Wertung: 7,5 Punkte.
P.S.: Ein bißchen Werbung in eigener Sache: Wer Interesse an der Thematik gefunden hat, kann in meinem Buch "Von 'Citizen Kane' bis 'The Social Network': Die Darstellung der Wirtschaft im US-amerikanischen Spielfilm" eine ausführliche, 15 Seiten umfassende Analyse des Films nachlesen, wobei das Hauptaugenmerk auf Roarks Plädoyer vor Gericht liegt.
P.S.: Ein bißchen Werbung in eigener Sache: Wer Interesse an der Thematik gefunden hat, kann in meinem Buch "Von 'Citizen Kane' bis 'The Social Network': Die Darstellung der Wirtschaft im US-amerikanischen Spielfilm" eine ausführliche, 15 Seiten umfassende Analyse des Films nachlesen, wobei das Hauptaugenmerk auf Roarks Plädoyer vor Gericht liegt.
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