Empfohlener Beitrag

In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 20. August 2020

KINOVORSCHAU HERBST 2020 (Teil 1)

Letztes Update vom 17. Oktober: Der Katastrophenfilm "Greenland" mit Gerard Butler wurde um eine Woche auf den 22. Oktober vorgezogen.

In der Theorie sieht das deutsche Kinoprogramm für die Monate September und Oktober nach einem extrem mageren Sommer wieder weitgehend normal aus, inklusive prestigeträchtiger Großproduktionen - aber angesichts der unsicheren Corona-Entwicklung ist natürlich weiterhin mit vielen kurzfristigen Verschiebungen zu rechnen. Trotzdem: Hier ist meine Übersicht über die vielversprechendsten Neustarts der kommenden beiden Monate:

3. September:
"After Truth":
Während der günstig produzierte "Fifty Shades of Grey"-Light-Liebesfilm "After Passion" (nach dem Roman von Anna Todd) in den USA mächtig floppte, war er im Rest der Welt trotz mieser Kritiken recht erfolgreich – in Deutschland gelang es ihm beispielsweise immerhin, knapp die Marke von einer Million Kinogängern zu knacken. Dementsprechend steht nun auch schon der zweite Teil ins Haus, in dem die Protagonistin Tessa (Josephin Langford) nach dem letztlich mißglückten Liebesabenteuer mit Hardin (Hero Fiennes-Tiffin) wieder Normalität in ihr Leben einziehen lassen will. Bei einem Praktikum lernt sie den charmanten Trevor (Dylan Sprouse) kennen, der ganz anders ist als Hardin – das sollte eigentlich genau das Richtige für sie sein, doch irgendwie bekommt sie "Bad Boy" Hardin einfach nicht aus dem Kopf …

"Drei Tage und ein Leben":
In Nicolas Boukhriefs ("Cash Truck") Thriller-Drama nach einem Roman von Pierre Lemaitre verschwindet an Weihnachten 1999 in einem Dorf in den Ardennen ein Kind spurlos. Die Suche nach Rémi bleibt zunächst erfolglos, nach drei Tagen bricht auch noch ein Jahrhundertsturm über das Dorf herein. Doch eine Person weiß, was passiert ist, gibt es aber nicht preis: der 12-jährige Antoine.

"Eine private Angelegenheit":
Auch der neue Film der Taviani-Brüder Paolo und Vittorio ("Das Haus der Lerchen") basiert auf einem Roman, den in diesem Fall Beppe Fenoglio verfaßt hat. Das romantische Kriegsdrama spielt kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges und handelt vom italienischen Partisanen Milton (Luca Marinelli, "The Old Guard"), der seinen besten Freund Giorgio (Lorenzo Richelmy, Netflix-Serie "Marco Polo") sucht. Beide sind in die gleiche Frau verliebt, die sich allerdings bereits in Richtung Norden abgesetzt hat. Milton muß sich entscheiden: Soll er weiterhin im Widerstand gegen die Nazis kämpfen oder um die Liebe seines Lebens? "Eine private Angelegenheit" hatte bereits 2017 seine Uraufführung, daß er bei uns erst jetzt ins Kino kommt, dürfte auch damit zusammenhängen, daß er deutlich schlechtere Rezensionen erhielt als viele andere Filme der Taviani-Brüder. Für Vittorio war es seine Abschiedsvorstellung, denn er starb 2018.

10. September:
Die Entwicklungsgeschichte dieses "X-Men"-Spin-Offs kann man als abenteuerlich bezeichnen: Unter der Leitung des "Das Schicksal ist ein mieser Verräter"-Regisseurs Josh Boone sollte "New Mutants" noch vor dem da bereits absehbaren Ende der Haupt-"X-Men"-Reihe um James McAvoy, Jennifer Lawrence und Michael Fassbender neue, junge Mutanten etablieren und als Kombination aus Young Adult-Abenteuer und Horrorfilm eine neue Farbe ins "X-Men"-Universum einbringen. Die Dreharbeiten fanden 2017 statt, der Kinostart war für das Frühjahr 2018 fest eingeplant, die Testscreenings liefen gut, alle waren glücklich. Doch dann kam Ende 2017 die Stephen King-Adaption "Es" in die Kinos und wurde zu einem in dieser Form nie erwarteten Monsterhit. Da Hollywood bekanntlich gerne auf Trends aufspringt, kamen die Verantwortlichen beim produzierenden Studio Fox auf die Idee, die Horrorelemente von "New Mutants" noch deutlich stärker hervorzuheben, wofür umfangreiche Nachdrehs geplant und dementsprechend der Kinostart um fast ein Jahr verschoben wurde. Dann wurde es länger still um das Projekt, ob wirklich Nachdrehs stattfanden, ist bis heute nicht vollkommen klar – und als Fox von Disney übernommen wurde (dessen Verantwortliche wohl nicht überzeugt vom kommerziellen Potential des Films waren), gab es sogar Spekulationen, "New Mutants" könnte nie ins Kino kommen, sondern bei Disneys neuem Streamingservice seine Premiere feiern. Das bestätigte sich nicht, doch laut Boone ist die Version von "New Mutants", die nun (hoffentlich) ins Kino kommt, sehr nahe an seinem ursprünglichen Film. Letztlich also zwei Jahre Zeit- und Geldverschwendung … Es wird sich zeigen müssen, wie sich die auf die Rezeption des Films auswirken werden, der auch mit dem unerwarteten Flop des letzten "X-Men"-Films "Dark Phoenix" klarkommen muß. Kurz zur Handlung: Fünf junge Mutanten (gespielt u.a. von "Game of Thrones"-Star Maisie Williams und Anya Taylor-Joy) werden in einer geheimen Einrichtung gefangengehalten und müssen zusammenarbeiten und zugleich lernen, mit ihren Kräften umzugehen, um zu fliehen.

Montag, 17. August 2020

TV-Tips für die Woche 34/2020

Da ab dieser Woche bei ARD und ZDF wieder die Talkshows das Sommerkino ablösen, steht uns eine relativ magere Filmwoche bevor:

Montag, 17. August:
One, 20.15 Uhr: "Paris, Texas" (1984):
Das elegische, die reduzierte Handlung sehr gemächlich vorantreibende Road-Movie mit Harry Dean Stanton auf der Suche nach seiner verschwundenen Frau (Nastassja Kinski) gilt als Wim Wenders' bester und bedeutendster englischsprachiger Film und gewann sogar die Goldene Palme in Cannes. One zeigt den Film zu Wenders' 75. Geburtstag zur besten Sendezeit.

Dienstag, 18. August:
Disney Channel, 20.15 Uhr: "Das Wunderkind Tate" (1991)
Jodie Fosters Kino-Regiedebüt ist ein Familiendrama über die alleinerziehenede Mutter Dede (Foster), eine Kellnerin, die mit der Erziehung ihres hochbegabten 7-jährigen Kinds zunehmend überfordert ist. Die Psychologin Jane (Dianne Wiest) sorgt dafür, daß Tate einen Platz in einem speziellen Förderprogramm bekommt. Nur widerwillig stimmt Dede zu, und auch Tate ist alles andere als begeistert davon, seine Mutter verlassen zu müssen ...

Mittwoch, 19. August:
Arte, 20.15 Uhr: "Meine Zeit mit Cézanne" (2016)
Free-TV-Premiere der französischen Tragikomödie über zwei trotz unterschiedlicher Herkunft und Ansichten seit ihrer Jugend in der Provence befreundete Künstler - der Maler Paul Cézanne (Guillaume Gallienne) und der Schriftsteller Émile Zola (Guillaume Canet) -, die sich in Paris beide in die gleiche Frau (Alice Pol) verlieben.

Tele 5, 22.00 Uhr: "Verónica - Spiel mit dem Teufel" (2017)
Free-TV-Premiere des sehr positiv rezensierten spanischen Gruselfilms über eine Jugendliche, die im Madrid des Jahres 1991 eine übelmeinende übernatürliche Präsenz spürt, nachdem sie mit zwei Freundinnen während einer totalen Sonnenfinsternis ein Ouija-Brett benutzt hat, um mit ihrem verstorbenen Vater Kontakt aufzunehmen ...

Außerdem:
Die Tribute von Panem - Catching Fire (der deutlich verbesserte zweite Teil der spannenden Young Adult-Dystopie mit Jennifer Lawrence und Donald Sutherland; 20.15 Uhr bei Kabel Eins)

Samstag, 15. August 2020

Mini-Samstags-Update (33/2020)

Diesmal keine Änderungen mehr im deutschen Kinostartplan bis Ende August:


Box Office-News:
In den deutschen Kinocharts gibt es nach zwei selbst für Corona-Verhältnisse sehr schwachen Wochen endlich einmal wieder einen überzeugenden Neustart - der christlich geprägte Musik-Liebesfilm "I Still Believe" wird mit wohl um die 40.000 Zuschauern mit weitem Abstand die Spitze der Charts übernehmen. Auch der zweite Rang könnte an einen Neustart gehen, denn der US-Horrorfilm "The Witch Next Door" startet mit soliden ca. 15.000 Besuchern, womit er sich auf dem gleichen Niveau wie der deutsche Kinderfilm "Max und die Wilde 7" befindet. Die Wiederaufführung von Christopher Nolans "Inception" sollte mit ungefähr 10.000 Kinogängern im Mittelfeld der Top 10 landen.
Nächste Woche soll es übrigens auch in den USA endlich den ersten richtigen Neustart seit Pandemie-Beginn geben - den Russell Crowe-Thriller "Unhinged" -, mit etwas Glück gibt es dann also an dieser Stelle auch wieder US-Box Office-News ...

Quelle:

Mittwoch, 12. August 2020

PLEASE STAND BY (2017)

Regie: Ben Lewin, Drehbuch: Michael Golamco, Musik: Heitor Pereira
Darsteller: Dakota Fanning, Toni Collette, Alice Eve, Michael Stahl-David, Patton Oswalt, Tony Revolori, Denise Dowse, Jessica Rothe, Shawn Roe, Marla Gibbs, Laura Innes, Robin Weigert
Please Stand By (2017) on IMDb Rotten Tomatoes: 56% (5,8); weltweites Einspielergebnis: $0,4 Mio.
FSK: 6, Dauer: 93 Minuten.
Wendy Welcott (Dakota Fanning, "Ocean's 8") ist eine junge Autistin, die manchmal gewisse Aggressionsprobleme hat – derentwegen sie von ihrer älteren Schwester Audrey (Alice Eve, "Star Trek Into Darkness") schweren Herzens in ein spezielles Pflegeheim geschickt wurde, als Audrey und ihr Ehemann ein Baby bekamen. Unter der Anleitung von Betreuerin Scottie (Toni Collette, "Knives Out") hat Wendy bereits große Fortschritte gemacht, sie hat ihre Wutanfälle weitgehend im Griff und sogar eine einfache Arbeitsstelle gefunden. Und Wendy hat zwei große Ziele, die miteinander zusammenhängen. Erstens will sie unbedingt zurück zu ihrer Schwester ziehen; da diese aber finanziell nicht gerade rosig dasteht, will sie als eingefleischter Fan des Franchises zweitens einen mit $100.000 Preisgeld dotierten Wettbewerb für ein "Star Trek"-Drehbuch gewinnen. Nach einem Streit mit Audrey macht sich Wendy kurzerhand auf eigene Faust auf den langen Weg nach Hollywood, um ihr 450 Seiten schweres Drehbuch persönlich abzuliefern. Während Scottie und Audrey verzweifelt nach ihr suchen, macht Wendy auf ihrer Reise einige interessante Bekanntschaften …

Montag, 10. August 2020

TV-Tips für die Woche 33/2020

Montag, 10. August:
ARD, 20.15 Uhr: "Wie gut ist deine Beziehung?" (2019)
Free-TV-Premiere der deutschen Beziehungskomödie von Ralf Westhoff ("Shoppen") über das eigentlich glückliche Paar Steve (Friedrich Mücke) und Carola (Julia Koschitz), das durch die plötzliche Trennung eines befreundeten Paares selbst in unruhiges Fahrwasser gerät. Steve ist verunsichert, fragt sich, ob er genügend für die Beziehung tut und versucht, Carola ein in jeder Hinsicht noch besserer Partner zu werden - die jedoch betrachtet Steves Wandlung verwundert und wird gerade wegen dessen Bemühungen selbst unsicher ...

Arte, 22.45 Uhr: "Die verborgene Festung" (1958)
Von den zahlreichen Samurai-Filmen von Akira Kurosawa - die nahezu alle Meisterwerke sind - zählt "Die verborgene Festung" zumindest hierzulande zu den weniger bekannten. Das mag daran liegen, daß es ein Kurosawa-Frühwerk (und in schwarzweiß) ist oder auch daran, daß es stärkere komödiantische Elemente hat, aber es ist auf jeden Fall nicht gerechtfertigt. Da eine deutsche Synchronisation nur für eine gekürzte Fassung existiert, zeigt Arte den ungekürzten Film in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln, was aber keinen Cineasten abschrecken sollte - und übrigens auch keinen "Star Wars"-Fan, denn "Die verborgene Festung" gilt als die größte Inspirationsquelle für George Lucas! Es geht um zwei kleine Gauner, die nach der Niederlage ihres Dienstherren in einer Schlacht auf der Flucht einen Schatz finden und sich gemeinsam mit einem überlebenden General (Toshirô Mifune, "Die sieben Samurai") und der von ihm (inkognito) eskortierten Prinzessin Yuki (Misa Uehara) in der titelgebenden verborgenen Festung vor ihren Häschern verstecken wollen.

Dienstag, 11. August:
Servus TV, 22.05 Uhr: "Ein seltsames Paar" (1968)
Siehe meine Empfehlung von Oktober 2015 für Billy Wilders Komödienklassiker mit Walter Matthau und Jack Lemmon.

ARD, 22.45 Uhr: "Der Trafikant" (2018)
Free-TV-Premiere des für vier österreichische Filmpreise nominierten Historiendramas, in dem Bruno Ganz in einer seiner letzten Rollen den Psychoanalytiker Sigmund Freud spielt, der 1937 in Wien Stammkunde bei Ottos (Johannes Krisch) Kiosk ist - in Österreich auch als "Trafik" bekannt. Für Ottos minderjährigen Lehrling Franz (Simon Morzé) wird Freud bald zu einer Art Mentor; als Franz sich zum ersten Mal verliebt, kann Freud allerdings ebensowenig helfen wie bei den Folgen von Österreichs Anschluß an Hitlers Deutsches Reich ...

Samstag, 8. August 2020

Mini-Samstags-Update (32/2020)

Die einzige größere Veränderung im deutschen Kinostartplan bis Ende August ist, daß "X-Men: New Mutants" erneut um zwei Wochen auf Mitte September verschoben wird. Nicht unerwähnt soll allerdings ein anderer, weit kontroverserer Schachzug von Disney bleiben, der diese Woche für Schlagzeilen sorgte: Das bereits mehrfach verschobene Abenteuer-Epos "Mulan" soll auf jeden Fall in den USA, voraussichtlich aber auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern komplett auf die Kinoauswertung verzichten und stattdessen für (in den USA) $30 über den Streamingdienst Disney+ zubuchbar sein. Für die europäischen Kinos, die ja inzwischen schon seit Wochen wieder öffnen dürfen, allerdings mangels hochkarätiger US-Neustarts kaum Zuschauer anziehen, ist das natürlich eine Katastrophe - jedoch muß sich erst zeigen, ob Disney das wirklich durchzieht, denn ich finde es schwer vorstellbar, daß sich zu diesem Preis allzu viele "Mulan"-Käufer in Europa finden werden. Und wenn dieses Angebot floppt, könnte der Film ja doch noch in die Kinos kommen (vor allem, falls in der Zwischenzeit der weiterhin für Ende August vorgesehene "Tenet"-Start erfolgreich abläuft). Wir werden sehen ...


Box Office-News:
Wie erwähnt, sieht es für die deutschen Kinos (die sich bereits getraut haben, wieder zu öffnen; was auf etwa die Hälfte zutrifft) aktuell alles andere als rosig aus - eine Hitzewelle ist da auch nicht hilfreich. So könnte es tatsächlich sein, daß an diesem hochsommerlichen Wochenende kein Film auch nur auf fünfstellige Zuschauerzahlen kommt - die beste Chance hat wohl noch der neue deutsche Familienfilm "Max und die Wilde 7".

Quelle:

Donnerstag, 6. August 2020

Klassiker-Rezension: DIE ERBIN (1949)

Originaltitel: The Heiress
Regie: William Wyler, Drehbuch: Ruth und Augustus Goetz, Musik: Aaron Copland
Darsteller: Olivia de Havilland, Montgomery Clift, Ralph Richardson, Miriam Hopkins, Vanessa Brown, Betty Linley, Ray Collins, Selena Royle, Mona Freeman
 Die Erbin
(1949) on IMDb Rotten Tomatoes: 100% (8,9); FSK: 12, Dauer: 110 Minuten.
Mitte des 19. Jahrhunderts wächst Catherine Sloper (Olivia de Havilland, "Vom Winde verweht") in New York als einzige Tochter des wohlhabenden Arztes Dr. Austin Sloper (Ralph Richardson, "Der Drachtentöter") auf. Obwohl sie durch den Nachlaß ihrer verstorbenen Mutter gut versorgt ist und von ihrem Vater dereinst ein noch größeres Erbe bekommen soll, finden sich allerdings nicht wirklich Heiratsanwärter für Catherine. Das dürfte daran liegen, daß sie – zum Leidwesen ihres Vaters und ihrer Tante Lavinia (Miriam Hopkins, "Serenade zu dritt") – sehr schüchtern ist, sich unscheinbar kleidet und sich lieber zu Hause ihren Strickarbeiten widmet als die noblen Partys der feinen Gesellschaft zu besuchen. Als sie trotzdem wieder einmal zu einer solchen Feier mitgeschleppt wird, lernt sie den charmanten Morris Townsend (Montgomery Clift, "Red River") kennen, der sofort von ihr fasziniert scheint und ihr fortan den Hof macht. Catherine, die selbst kaum noch daran geglaubt hatte, die Liebe zu finden, ist begeistert und fiebert bereits der baldigen Hochzeit entgegen – doch ihr Vater argwöhnt, daß der arbeitslose Morris es nur auf das Geld abgesehen hat und sich von Catherine aushalten lassen will. Also kommt man überein, daß Catherine mit ihrem Vater ein halbes Jahr auf Europa-Reise geht. Wartet Morris anschließend immer noch in New York auf sie, will Dr. Sloper in die Heirat einwilligen …

Dienstag, 4. August 2020

Nachruf: Sir Alan Parker (1944-2020)

Es ist kaum zu glauben, aber zwischen Juli 2019 und Februar 2020 mußte ich tatsächlich keinen einzigen Nachruf auf eine bedeutende Persönlichkeit aus der Welt des Kinos schreiben. Von Februar 2020 bis Juli 2020 waren es dagegen sage und schreibe zehn! Und leider scheint das sowieso in jeder Hinsicht außergewöhnliche Jahr 2020 noch nicht fertig zu sein mit den Filmlegenden, denn mit dem zweifach OSCAR-nominierten britischen Regisseur und Drehbuch-Autor Sir Alan Parker ist am vergangenen Freitag eine weitere Kinogröße von uns gegangen.

Das erste, was einem (oder zumindest mir) beim Betrachten von Parkers Filmographie in den Sinn kommt, ist die Erkenntnis: Eigentlich müßte er viel berühmter sein! Sir Alan Parker, der als vielfach prämierter Werbespot-Regisseur anfing, drehte lediglich 14 abendfüllende Kinofilme - doch jeder einzelne davon ist sehenswert und viele waren Hits. Diese 14 Regiearbeiten - bei sechs davon verfaßte er außerdem das Drehbuch - verteilen sich auf zahlreiche Genres vom Gefängnisdrama über den Anti-Kriegsfilm und den Okkult-Thriller bis hin zum Rassismus- und dem Sozialdrama. Doch ein Genre hatte es Parker ganz offensichtlich besonders angetan: der Musikfilm. Von Parkers 14 Kinofilmen haben immerhin fünf die Musik als ein zentrales Thema vorzuweisen: das schräge Gangster-Musical "Bugsy Malone" (1976), der Tanzfilm "Fame - Der Weg zum Ruhm" (1980), "Pink Floyd - The Wall" (1982; quasi die experimentelle Verfilmung des gleichnamigen Albums von 1979), die Musik-Tragikomödie "The Commitments" (1991) und "Evita" (1996), die Adaption des Musicalhits von Andrew Lloyd Webber. Nach zwei Kurzfilmen und einem TV-Film gab Parker sein Kinodebüt mit einem außergewöhnlichen Werk: "Bugsy Malone" erzählt die Geschichte des titelgebenden berühmten US-Gangsters aus der Zeit der Prohibition nicht nur mit zahlreichen schmissigen Musical-Nummern aus der Feder von Musik-Legende Paul Williams ("Phantom of the Paradise") ... nein, alle Darsteller sind Kinder! Auf die Idee, einen im Kern sehr klassischen 1930er Jahre-Gangsterfilm zu drehen und alle Rollen mit Kindern (darunter die sehr junge Jodie Foster) zu besetzen, welche so spielen, als wären sie Erwachsene, muß man erst einmal kommen; und ob das dann tatsächlich funktioniert, ist noch einmal eine ganz andere Frage. Doch wenngleich die Kritiken (meiner Ansicht nach zu Recht) eher wohlwollend als begeistert ausfielen, funktioniert "Bugsy Malone" durchaus - wenn auch in erster Linie wegen der leidenschaftlich aufspielenden Kinder sowie Alan Parkers Drehbuch und Inszenierung, der das Bizarre der Prämisse gekonnt herausarbeitet und beispielsweise anstatt Maschinenpistolen "Frostkanonen" verwendet, deren Munition Sahnetorten sind! In jedem Fall dürfte kaum jemand ernsthaft bestreiten wollen, daß ein originelleres Filmkonzept als jenes, das Parker für "Bugsy Malone" schuf, schwerlich vorstellbar ist ...

Mit seinem zweiten Kinofilm vollzog Parker so ziemlich den größtmöglichen Stilbruch: von der fröhlichen Gangster-Musical-Komödie zu einem bitteren Gefängnisdrama. Auch "12 Uhr nachts - Midnight Express" (1978) sorgte für viel Aufsehen, wenn auch zum Teil durch recht scharfe Kontroversen. Denn die schonungslose Adaption des gleichnamigen, von "Platoon"-Regisseur Oliver Stone adaptierten Buches von Billy Hayes, der darin seine alptraumhafte Inhaftierung in einem türkischen Gefängnis schildert, wurde als reißerisch und teils auch als mit rassistischen Untertönen versehen kritisiert (und in der Türkei verboten; Stone entschuldigte sich später für seine Überdramatisierung der tatsächlichen Geschehnisse) - gleichzeitig aber als handwerklich herausragender Film gefeiert und mit zwei OSCARs (bei sechs Nominierungen) prämiert, Alan Parker erhielt seine erste Nominierung für Golden Globe und Academy Award. Deutlich weniger kontrovers war Parkers nächster Film, das Tanzdrama "Fame - Der Weg zum Ruhm", das zwar von einigen Kritikern als oberflächlich und klischeehaft betrachtet wurde, aber sehr erfolgreich war, ebenfalls zwei OSCARs gewann (für die Musik und für den von Irene Cara interpretierten Titelsong) und u.a. eine TV-Serie, eine Bühnenadaption und ein Remake nach sich zog. Es folgten "Pink Floyd - The Wall" und das heutzutage trotz zweier Golden Globe-Nominierungen weitgehend in Vergessenheit geratene Beziehungsdrama "Der Konflikt - Du oder Beide" (1982), in dem Diane Keaton und Albert Finney ein Ehepaar spielen, das sich auseinandergelebt hat und zum Leidwesen ihrer vier Kinder anderweitig sein Glück sucht.

Ab Mitte der 1980er Jahre folgte Parkers künstlerisch ergiebigste Karrierephase, beginnend mit dem bewegenden Antikriegs-Psychodrama "Birdy" aus dem Jahr 1984. Zwar floppte "Birdy" an den Kinokassen und blieb trotz guter Kritiken bei vielen Preisverleihungen unberücksichtigt (abgesehen vom Großen Preis der Jury bei den Filmfestspielen von Cannes), etablierte sich bei Cineasten aber schnell als unkonventioneller Klassiker des Genres. Alleine die Prämisse des auf einem Roman von William Wharton basierenden Werks dürfte klarmachen, daß es sich um keinen normalen Film handelt: Matthew Modine und Nicolas Cage spielen befreundete junge US-Soldaten, die versehrt aus dem Vietnam-Krieg zurückkommen - Cages Figur erlitt schwere Gesichtsverletzungen, während sein wegen seiner lebenslangen Faszination für Vögel von allen nur "Birdy" genannter Freund apathisch wurde, nicht mehr spricht und sich nun selbst für einen Vogel zu halten scheint ... Auch die beiden nächsten Filme von Alan Parker, beide dem Thriller-Genre zuzuordnen und in den US-Südstaaten spielend, waren ungewöhnlich, jedoch deutlich zugänglicher und damit auch massentauglicher. Der Okkult-Thriller "Angel Heart" (1987) über einen heruntergekommenen Privatdetektiv (Mickey Rourke), der bei seiner Suche nach einem Vermissten nach New Orleans kommt und es dort mit einer schönen Voodoo-Priesterin (Lisa Bonet) und eventuell sogar mit dem Teufel höchstselbst (gespielt von Robert De Niro) zu tun bekommt, begeistert vor allem mit seiner schwül-bedrohlichen Atmosphäre und der düsteren Story. Stärker in der Realität verankert ist der auf wahren Begebnissen beruhende "Mississippi Burning - Die Wurzel des Hasses" (1988), der Alan Parker seine zweite und letzte OSCAR-Nominierung als Regisseur sowie die zweite Golden Globe-Nominierung einbringen sollte. In diesem aufwühlenden Rassismus-Thriller spielen Gene Hackman und Willem Dafoe zwei FBI-Agenten, die 1964 nach dem Verschwinden dreier Bürgerrechtler in Mississippi ermitteln und es mit einem deprimierenden Geflecht aus (Polizei-)Korruption, rassistischen Vorurteilen und tiefsitzendem Haß zu tun bekommen. Die Kritiken bei der Veröffentlichung waren gemischt, doch heute gilt "Mississippi Burning" sehr verdient als Klassiker und Parkers wohl bester Film.

In den 1990er Jahren wurden Alan Parkers Filme mit einer Ausnahme "kleiner", hielten aber ein ordentliches bis hohes Niveau. Das gilt nach dem wenig beachteten romantischen Kriegsdrama "Komm und sieh das Paradies" (1990; in dem das Liebesglück des Leinwandpaares Dennis Quaid und Tamlyn Tomita durch den japanischen Angriff auf Pearl Harbor und die resultierende Internierung japanischstämmiger US-Amerikaner bedroht wird) primär für den tragikomischen, für jeweils einen OSCAR und Golden Globe nominierten irischen Musikfilm "The Commitments" (1991) über die titelgebende "härteste Arbeiter-Band der Welt", der neben dem Humor vor allem mit seinem hervorragenden, soullastigen Soundtrack begeistert. In der Satire "Willkommen in Wellville" (1994) lebte Parker einmal mehr sein Faible für das Skurrile aus, denn es handelt sich um einen vergnüglichen, wieder einmal auf einer wahren Geschichte basierenden Film über John Harvey Kellogg (Anthony Hopkins), welcher in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein alternatives Sanatorium mit ziemlich eigenwilligen Behandlungsmethoden eröffnete - darunter die von ihm und seinem Bruder erfundenen Cornflakes! Parkers kommerziell erfolgreichster Film - mit einem globalen Einspielergebnis von ca. $150 Mio. - war trotz mittelmäßiger Rezensionen die für fünfs OSCAR nominierte (und mit jenem für den besten Filmsong prämierte) Musical-Adaption "Evita" mit Popstar Madonna in der Titelrolle der argentinischen Präsidentengattin Eva Perón. Nach der erneut OSCAR-nominierten Verfilmung von Frank McCourts Sozialdrama "Die Asche meiner Mutter" (1999) sollte im Jahr 2003 das Anti-Todesstrafen-Drama "Das Leben des David Gale" sein letzter Film sein. Bei der Kritik fiel Parkers letzte Regiearbeit durch und auch an den Kinokassen hielt sich der Erfolg in Grenzen - und doch kam die fiktive Geschichte des Philosophie-Professors und Anti-Todesstrafen-Aktivisten David Gale (Kevin Spacey), dem nach einer Mordverurteilung selbst die Todesstrafe droht, beim Publikum gut an (bei Rotten Tomatoes hat der Film von den Kritikern nur 19% positive Kritiken erhalten, von über 60.000 "normalen" Nutzern der Seite hingegen 81%). Die Kritik an der reißerischen und dem Ernst der Thematik vermeintlich nicht gerecht werdenden Story ist zwar nicht ganz von der Hand zu weisen, doch ist "Das Leben des David Gale" zweifellos gut gemacht, sehr spannend und von Spacey, Kate Winslet und Laura Linney hervorragend gespielt. Es gibt definitiv schlechtere Schlußpunkte in einer Karriere!

Am 31. Juli 2020 starb der im Jahr 2002 in den Adelsstand erhobene Sir Alan Parker im Alter von 76 Jahren in London an den Folgen einer langen, schweren Krankheit. R.I.P.

Embed from Getty Images

Montag, 3. August 2020

TV-Tips für die Woche 32/2020

Montag, 3. August:
Arte, 20.15 Uhr: "Die Erbin" (1949)
Keine kurzfristige Programmänderung, sondern schlicht Zufall ist, daß Arte genau eine Woche nach dem Tod von Hollywood-Legende Olivia de Havilland den selten gezeigten Film ausstrahlt, für den sie ihren zweiten OSCAR gewann. In der Henry James-Adaption "Die Erbin" spielt de Havilland die Titelrolle einer naiven jungen Frau aus wohlhabendem Hause namens Catherine, die sich Mitte des 19. Jahrhunderts in einen möglichen Mitgiftjäger (Montgomery Clift) verliebt - jedenfalls ist ihr mißtrauischer Vater davon überzeugt ...

ARD, 20.15 Uhr: "Leberkäsjunkie" (2019)
Free-TV-Premiere des sechsten Eberhofer-Heimatkrimis nach den Romanen von Rita Falk, in dem Dorfpolizist Eberhofer (Sebastian Bezzel) von hohen Cholesterinwerten, Elternstreß und natürlich einem neuen Mordfall geplagt wird.

Arte, 22.05 Uhr und 23.45 Uhr: "Midareru" (1964) und "Samurai ohne Schwert" (2010)
Arte zeigt als Free-TV-Premieren zwei japanische Filme in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln: "Midareru" ist ein hochgelobtes Schwarzweiß-Sozial- und Liebesdrama über Reiko (Hideko Takamine), die, nachdem ihr Mann im Zweiten Weltkrieg getötet und das Geschäft ihrer Schwiegereltern durch einen alliierten Bombenangriff zerstört wird, dieses im Gedenken an ihren Gatten alleine wieder aufbaut, wohingegen der Rest der Familie ihres Mannes aus der Stadt flüchtet. 18 Jahre später wird Reikos Laden durch einen neuen Supermarkt in der Nähe bedroht, was Teile der Familie als Chance begreifen, Reiko loszuwerden. Unterdessen gesteht Koji, der deutlich jüngere Bruder von Reikos verstorbenem Gatten, ihr seine Liebe ... "Samurai ohne Schwert" ist eine Tragikomödie über den alten Samurai Kanjuro (Takaaki Nomi in seinem späten Kinodebüt), der nach dem Tod seiner Frau zutiefst niedergeschlagen ist, desertiert und sein Schwert zurückläßt. Um der Todesstrafe zu entgehen, erhält Kanjuro vom Fürsten eine letzte Chance: Wenn es ihm gelingt, den depressiven Sohn des Fürsten innerhalb von 30 Tagen zum Lächeln zu bringen, wird er begnadigt ...

Dienstag, 4. August:
ARD, 22.45 Uhr: "Offenes Geheimnis" (2018)
Free-TV-Premiere des spanischen Psychothrillers vom iranischen OSCAR-Gewinner Asghar Farhadi ("Nader und Simin - Eine Trennung"). Der Genrewechsel des Drama-Experten wurde von den Kritikern zwar nur bedingt goutiert, trotzdem gab es für den FIlm einige Preise und zahlreiche Nominierungen. Das bewährte Leinwand-Traumpaar Javier Bardem und Penélope Cruz ist in den Hauptrollen zu sehen: Cruz agiert als verheiratete, in Argentinien lebende Laura, die bei einem Besuch in der spanischen Heimat auf ihre Jugendliebe Paco (Bardem) trifft. Dann verschwindet Lauras Tochter spurlos und einige dunkle Familiengeheimnisse werden nach und nach enthüllt.

Samstag, 1. August 2020

Mini-Samstags-Update (31/2020)

Wenige nennenswerte Änderungen im deutschen Kinostartplan bis Ende August, lediglich die Wiederaufführung von "Inception" wurde erneut um zwei Wochen auf Mitte August verschoben und das romantische US-Drama "The Photograph" rückt von Ende August auf Mitte September:


Box Office-News:
Angesichts der unheiligen Kombination aus steigenden Corona-Zahlen, extremer Sommerhitze und keinen prestigeträchtigen Neustarts bleiben die Kinos an diesem Wochenende weitgehend leer. Entsprechend unvorhersehbar ist die genaue Reihenfolge, laut InsideKino dürften sich aber die üblichen Verdächtigen der Vorwochen - "Paw Patrol", "Meine Freundin Conni", "Unhinged" und "Scooby!" - ebenso um die 10.000 Zuschauer-Marke herum versammeln wie der beste Neustart, Mika Kaurismäkis Tragikomödie "Master Cheng in Pohjanjoki".

Quelle: