Die Gewinner der Kinokategorien bei den 76. Golden Globe-Verleihung haben es in sich:
Bestes Drama: Bohemian Rhapsody
Beste Komödie/Musical: Green Book
Regie: Alfonso Cuarón, "Roma"
Darsteller, Drama: Rami Malek, "Bohemian Rhapsody"
Darstellerin, Drama: Glenn Close, "Die Frau des Nobelpreisträgers"
Darsteller, Komödie/Musical: Christian Bale, "Vice"
Darstellerin, Komödie/Musical: Olivia Colman, "The Favourite"
Nebendarsteller: Mahershala Ali, "Green Book"
Nebendarstellerin: Regina King, "Beale Street"
Animationsfilm: Spider-Man: A New Universe
Fremdsprachiger Film: "Roma", Mexiko
Drehbuch: Green Book
Musik: Justin Hurwitz, "Aufbruch zum Mond"
Filmsong: "Shallow" aus "A Star Is Born"
Da hat es der Verband der Hollywood-Auslandsjournalisten aber ganz schön krachen lassen, vor allem in den Hauptkategorien gibt es einige ziemlich unerwartete Sieger! Speziell der von den Kritikern weit weniger als vom Publikum geliebte "Bohemian Rhapsody" als Gewinner der Königskategorie "Bestes Drama" ist ein echter Hammer - bislang schien nicht einmal eine OSCAR-Nominierung als "Bester Film" sicher, aber das dürfte sich nun erledigt haben. Zwar muß man berücksichtigen, daß das Queen-Biopic möglicherweise nicht gewonnen hätte, wäre "Roma" (der nur als bester fremdsprachiger Film antreten durfte) zur Auswahl gestanden, dafür spricht jedenfalls der Regiepreis für "Roma"-Regisseur Alfonso Cuarón; dennoch ist es eine erstaunliche Leistung, den OSCAR-Mitfavoriten "A Star Is Born" sowie drei mindestens gleich stark eingeschätzte Konkurrenten bezwungen zu haben. Daß "Bohemian Rhapsody" nun sogar die Aussicht auf den OSCAR-Gewinn hat, glaube ich trotzdem nicht, zumindest eine kleine Chance dafür besteht aber plötzlich ...
Bessere Aussichten hat jedoch weiterhin "Green Book", der seinen Erfolgslauf mit dem Gewinn der Komödie/Musical-Kategorie fortsetzt und sich gegen die noch etwas höher eingeschätzten "Mary Poppins' Rückkehr" und "The Favourite" durchsetzen konnte - für die "Mary Poppins"-Fortsetzung ein weiterer Rückschlag nach der sehr überraschenden Nicht-Nominierung bei den PGA Awards am Freitag. Könnte am Ende vielleicht der vermeintliche Mitfavorit mit "Bohemian Rhapsody" gewissermaßen die Plätze tauschen und sogar ohne "Bester Film"-Nominierung bei den Academy Awards dastehen? In gut zwei Wochen (am 22. Januar) werden wir es erfahren. Die Juroren waren offenbar generell weniger angetan von "A Star Is Born" als gedacht, dafür spricht neben der "Drama"-Niederlage auch, daß statt der hohen Favoritin Lady Gaga ziemlich sensationell Glenn Close zur besten Drama-Darstellerin gekürt wurde. Wenn, dann hätte man eher Melissa McCarthy oder Nicole Kidman die Überraschung zugetraut, Close dagegen kaum. Letzte Zweifel an ihrer OSCAR-Nominierung hat die Schauspielveteranin jedenfalls zerstreut. Das dürfte bei den Männern auch für Rami Malek gelten, der hier vor dem leichten Favoriten Bradley Cooper ins Ziel kam. Nur der Filmsong "Shallow" (der haushohe OSCAR-Favorit in der Kategorie) verhindert somit eine komplette Nullnummer für Coopers Musik- und Liebesdrama, für dessen Regie er ebenfalls leer ausging (das aber eher erwartet).
Etwas weniger überraschend sind die Schauspiel-Gewinner in der Sparte Komödie/Musical: Sowohl Christian Bale als auch Olivia Colman zählen bei den OSCARs zu den Topfavoriten und konnten sich hier womöglich wegweisend ihre jeweils stärksten Konkurrenten durchsetzen. Bei den Männern standen die Chancen zwischen Bale und Viggo Mortensen 50:50 und wie die Preise für den Film selbst, sein Drehbuch sowie für Nebendarsteller Ali belegen, kam "Green Book" bei der Jury sehr gut an - daß sich trotzdem Bale durchsetzen konnte, spricht für ihn. Und daß die vor allem TV-erfahrene Britin Olivia Colman ihre bislang etwas höher gewettete Landsfrau Emily Blunt hinter sich lassen konnte, ist ein weiterer deutlicher Hinweis darauf, daß die OSCAR-Chancen von "Mary Poppins' Rückkehr" beständig sinken. Einige Nominierungen wird es sicher geben, der große Coup ist inzwischen aber praktisch auszuschließen. Unklar ist die Situation bei der Netflix-Produktion "Roma". Der Regiepreis für Cuarón ist ein wichtiger Schritt, begleitet allerdings von einem kleinen Rückschritt, weil das Schwarzweiß-Drama beim Drehbuch "Green Book" unterlag. Hätte "Roma" diesen Preis auch geholt, hätte er als der neue OSCAR-Topfavorit aus dem Globes-Wochenende gehen können, so scheint die Ausgangslage dank des schwachen "A Star Is Born"-Abschneidens sogar offener als zuvor. Der Spannung ist das natürlich nur zuträglich, immerhin gab es viele Jahre, in denen nach den Golden Globes in den meisten Kategorien bereits alles klar schien hinsichtlich der Academy Awards ...
Eine letzte Überraschung an einem Abend voller Überraschungen ist, daß die Animationsfilm-Kategorie plötzlich ebenfalls wieder offen erscheint - daß sich "Spider-Man: A New Universe" gegen den Topfavoriten "Die Unglaublichen 2", aber auch gegen Wes Andersons "Isle of Dogs" durchsetzen würde, hätten wohl nicht viele kommen sehen.
Fazit: Die Golden Globes haben ihre Trophäen bemerkenswert breitflächig verteilt, weshalb man den einen großen Gewinner des Abends gar nicht herausheben kann. Zu den Gewinnern zählen aber definitiv "Green Book" und "Bohemian Rhapsody", die Verlierer sind "A Star Is Born" und "Mary Poppins' Rückkehr". Wer nun der OSCAR-Favorit in der Königskategorie "Bester Film" ist, traue ich mich aktuell nicht zu sagen ... die besten Aussichten dürften "Green Book" und "Roma" (trotz Netflix-Malus) haben und zum erweiterten Favoritenkreis zählen "A Star Is Born", "The Favourite" und "Bohemian Rhapsody", während sich "Mary Poppins' Rückkehr" endgültig verabschiedet haben dürfte.
Alle Preisträger inklusive der TV-Kategorien finden sich auf der Homepage der Golden Globes.
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