Regie und Drehbuch: Paul W.S. Anderson, Musik: Paul
Haslinger
Darsteller: Milla Jovovich, Iain Glen, Ali Larter, Shawn
Roberts, Eoin Macken, Ever Anderson, Fraser James, Ruby Rose, Joon-Gi Lee,
William Levy, Rola, Mark Simpson
FSK: 16, Dauer: 116 Minuten.
Alice (Milla Jovovich, "Die drei Musketiere") ist
nach einem weiteren heftigen Rückschlag im Kampf gegen die Zombieseuche auf dem
Weg zurück dorthin, wo alles begann: Raccoon City. Denn die "Red
Queen" (Ever Anderson, die 9-jährige Tochter von Milla Jovovich und
Regisseur Paul W.S. Anderson), die übermächtige Künstliche Intelligenz der
sinistren Umbrella Corp., hat Alice überraschend den Tip gegeben, daß
Umbrella ein Gegenmittel entwickelt hat, das die zombifizierenden Auswirkungen
des T-Virus eliminieren kann, wenn es an der Luft freigesetzt wird. Der totgeglaubte Umbrella-Chef Dr. Isaacs
(Iain Glen, "Harry Brown", TV-Serie "Game of Thrones")
fängt Alice jedoch ab und will sie mit allen Mitteln davon abhalten, die endgültige
Vernichtung der wenigen auf der Erdoberfläche ausharrenden Menschen im letzten Moment abzuwenden – Unterstützung bekommt
Alice immerhin von ihrer alten Kampfkameradin Claire Redfield (Ali Larter,
"Final Destination") und einigen weiteren Überlebenden, die sich in
den Überresten von Raccoon City verschanzt haben …
Kritik:
Nach fast 15 Jahren und sechs von Kritikern und Anhängern
der Videospiel-Vorlage weitgehend verachteten, aber trotzdem kommerziell
sehr erfolgreichen Filmen mit einem globalen Gesamt-Einspielergebnis von mehr als einer Milliarde US-Dollar findet die federführend von Paul W.S. Anderson als Drehbuch-Autor, (in
vier der sechs Teile) Regisseur und Produzent verantwortete und von der deutschen Constantin Film koproduzierte
Actionhorror-Reihe ihren Abschluß. Oder zumindest sollte man das meinen angesichts
des Untertitels "The Final Chapter" und auch verschiedener Aussagen
von Anderson einigen Darstellern. So ganz unzweideutig
wurde jedoch niemals kommuniziert, daß mit Teil 6 alles vorbei ist, vielmehr
gab es sogar schon Gerüchte über ein Reboot in nicht allzu ferner Zukunft, möglicherweise auch als TV-Serie. Nach Ansicht von "The Final Chapter" wäre sogar eine Fortsetzung mit Milla Jovovich absolut möglich, denn wenngleich die Story über das T-Virus zu einem halbwegs
befriedigenden Ende geführt wird, läßt dieses doch reichlich Raum für weitere
Abenteuer der beliebten Action-Heroine Alice (und angesichts der Tatsache, daß im
"Resident Evil"-Universum Klone gang und gäbe sind, ist das noch nicht
einmal ein Spoiler). Zwar hat Jovovich inzwischen die 40 überschritten und wird
damit sicher nicht mehr ewig den ständigen Nahkampf mit Zombies und anderen
Ekelkreaturen wagen können, aber man könnte ja auch einen neuen
Kampfkünstler einführen (oder einen bereits eingeführten aus den
vorangegangenen Teilen zurückbringen) und Alice quasi als graue Eminenz im
Hintergrund verwenden. Die Frage ist nur: Wollen wir das? Angesichts der
Qualität von "The Final Chapter" neige ich dazu, mit "Nein"
zu antworten, denn mit dem sechsten Teil erreicht die "Resident
Evil"-Reihe in meinen Augen eindeutig ihren Tiefpunkt – sollte es wirklich Alices letzter Auftritt gewesen sein,
so wäre er jedenfalls ein arg enttäuschender. Angesichts der seit Teil 5
sinkenden Einspielergebnisse dürfte zumindest eine längere Pause aber sowieso
angeraten sein.
Keine Frage: Die "Resident Evil"-Filme haben sich
– wie alle auf Drehbüchern von Anderson basierende Werke – nie durch gut
ausgearbeitete Figuren, intelligente Dialoge oder auch nur eine logische,
kohärente Handlung ausgezeichnet. Doch so schlimm wie in "The Final Chapter"
war es meines Erachtens noch nie. Das beginnt mit der extrem ärgerlichen
Entscheidung, den spannenden, vielversprechenden Cliffhanger von
"Retribution" – Alice und ihre Freunde wurden von ihrem bisherigen
Erzfeind Wesker (Shawn Roberts, "Auftrag Rache") als
Unterstützung für die "letzte Schlacht der Menschheit" gegen die
Zombies nach Washington geholt – durch einen simplen Satz aufzulösen: "Es
war eine Falle." Nervig genug, daß es eine ziemliche Frechheit ist, die
Zuschauer in den finalen "Retribution"-Szenen für eine große
Entscheidungsschlacht anzuheizen und diese dann in "The Final
Chapter" nicht einmal zu zeigen. Noch schlimmer ist, daß die lapidare
Erklärung für den Zuschauer nicht einmal Sinn ergibt: Eine Falle? Von wem denn?
Warum? Wie genau? Und mit welchem Ziel? Kurz zusammengefaßt: Hä? Zugegeben, viel später im
Film, als man schon gar nicht mehr damit rechnet, wird das tatsächlich noch
einigermaßen erläutert und zwar so, daß es isoliert betrachtet sogar irgendwie
Sinn ergibt. Gleichzeitig ist es aber überdeutlich, daß die Reihe niemals einem
Masterplan folgte, sondern sich Anderson von Film zu Film eine ganz neue
Geschichte ausdachte, die zwar einer losen allgemeinen Reihen-Kontinuität
folgte, aber niemals einer genaueren Überprüfung hinsichtlich Logik und
Glaubwürdigkeit standhält. Das ultimative und leidlich unoriginelle Ziel, das
Umbrella und Dr. Isaacs in "The Final Chapter" endlich (und im Widerspruch zu einigen Enthüllungen aus früheren Teilen) enthüllen,
hätten sie bei einem konsequenteren Vorgehen etwa mit Sicherheit sehr locker schon
viel früher erreichen können.
Aber "Resident Evil" und "konsequent"?
Nein, das paßt nicht wirklich zusammen. Hat es nie, wird es wahrscheinlich auch
nie. Ist eigentlich auch gar nicht so schlimm, solange das Ganze wenigstens
unterhaltsam ausfällt – immerhin handelt es sich um eine B-Movie-Reihe und
nicht um schwere OSCAR-Kost. So auffällig konstruiert und manipuliert wie
in "The Final Chapter" kam die Handlung jedoch vermutlich noch nie daher. Nur ein
Beispiel von vielen ist, daß jede der raffinierten und grausamen Fallen, mit
denen Umbrella den zentralen Hive unter Raccoon City vor Eindringlingen
schützt, natürlich immer nur genau einen Gefährten von Alice das Leben kostet –
obwohl zumindest einige dieser Fallen mit der nötigen Geduld und (da isses
wieder, das Wort) Konsequenz problemlos die ganze Gruppe ausschalten könnten.
Klar, das trifft auf die Vorgänger-Filme so ähnlich ebenfalls zu, aber wie
gesagt: So gehäuft und damit so auffällig wie in "The Final Chapter"
war es noch nie. Dazu kommen reihenweise Logikfehler (warum liegt in Raccoon
City zehn Jahre nach der Apokalypse ein immer noch qualmendes
Jumbojet-Wrack rum?), teils heftige Kontinuitätsfehler und Widersprüche im Hinblick auf die Vorgänger sowie unglaubwürdige Verhaltensweisen der Figuren.
Womit wir schon beim nächsten großen Problem wären: Die
neuen Charaktere in "The Final Chapter" sind die reinste Katastrophe.
Auch wenn in den vorangegangenen fünf Filmen die Figurenzeichnung
selbstverständlich ebenfalls nicht zu den Stärken der Reihe zählte, so gelang
es doch jedem einzelnen Teil, zumindest schillernde, einprägsame neue
Mitstreiter von Alice einzuführen, die teilweise aus den Videospielen
übernommen wurden. Im allerersten "Resident Evil" gab es den charmanten Matt
(Eric Mabius) und die raubeinige Rain (Michelle Rodriguez), in
"Apocalypse" kamen die kampfstarke Jill Valentine (Sienna Guillory)
und der charismatische Carlos Olivera (Oded Fehr) dazu, in
"Extinction" die bodenständige Claire Redfield, in
"Afterlife" ihr Bruder und Ex-Soldat Chris (Wentworth Miller) und
der frühere Basketball-Profi Luther (Boris Kodjoe) und schließlich in
"Retribution" der Spezialagent Leon S. Kennedy (Johann Urb) und die
mysteriöse Ada Wong (Li Bingbing). Und was hat "The Final Chapter" zu
bieten? Einen Haufen Kanonenfutter, dem jeweils eine einzige Szene mit in der
Regel hanebüchen flachen Dialogen genügen muß, um sie komplett und stereotyp zu
charakterisieren und von dem man sich kaum die Namen merkt, ehe sie
unweigerlich draufgehen. Und natürlich ist einer davon ein ziemlich leicht zu
erahnender Verräter. Anderson setzt hier dermaßen kompromißlos auf ein endloses
Actionfeuerwerk, daß auch gar keine Zeit bleibt, um die neuen Figuren
einzuführen – umso unverständlicher ist es, daß er sie überhaupt an so
prominenter Stelle verwendet, anstatt lieber neben Claire weitere bekannte Gesichter
einzubauen. Immerhin soll dies doch das Ende der Geschichte sein, das letzte
Kapitel, oder nicht? Warum also werden Jill, Leon, Ada oder Chris (immerhin
Claires Bruder!) nicht einmal erwähnt, obwohl sie bis auf Chris am Ende von
"Retribution" (das gerade mal drei Wochen vor Beginn von "The
Final Chapter" stattfand) an Alices Seite standen? Sind sie in Weskers
Falle gestorben? Wenn ja, warum wird es nicht gesagt? Und wie konnte dann
Alice alleine entkommen? Oder sind sie nach der verlorenen Schlacht in
Depressionen verfallen oder in Urlaub gegangen? Hebt Anderson sie sich einfach
für mögliche Fortsetzungen oder Spin-Offs auf? Ich halte letzteres neben Budgetrestriktionen für am
wahrscheinlichsten, das entschädigt aber nicht für das komplette Ignorieren dieser
für die Reihe und für Alice wichtigen Charaktere im vermeintlichen letzten Teil! Aber andererseits muß man dafür vielleicht schon wieder dankbar
sein, wenn man sieht, wie lieblos die beiden Rückkehrer Claire und – auf der
Seite der Bösen – Wesker verschenkt werden, die kaum mehr als Statisten sind; wenngleich
Weskers Geschichte wenigstens einen befriedigenden Abschluß erhält.
Von Belang sind letztlich nur Alice und Dr. Isaacs und
zumindest dieses Duell zählt zu den wenigen Stärken des Films. Iain Glens
Over-the-Top-Performance als klassischer Oberfiesling ist zwar ziemlich
trashig, aber gleichzeitig sehr unterhaltsam geraten – zumal man sieht, daß
Glen die überzogene Rolle richtig Spaß macht. Und Alice ist eben Alice; schon
jetzt eine der großen weiblichen Actionrollen in der Kinogeschichte, immer noch
einnehmend verkörpert von einer Milla Jovovich, die aber halt doch langsam ein
bißchen in die Jahre kommt. Vielleicht ist das der Grund dafür, daß die
Kampfsequenzen gar so rasant und unübersichtlich geschnitten sind, denn in
früheren Filmen der Reihe waren speziell ihre Martial Arts-Zweikämpfe deutlich
stärker auf sie und ihre formidablen Kampfkünste fokussiert. Was Alice macht, sieht immer noch gut aus (und
Jovovich verzichtet nach wie vor auf Stuntdoubles für die Kampfszenen), aber
eben nicht mehr so spektakulär wie früher. Wenn ich da etwa an die
grandiosen 3D-Kämpfe in "Afterlife" denke oder an die meisterhaft in
Szene gesetzte Tokio-Sequenz in "Retribution", dann sind
die Unterschiede schon augenfällig – übrigens auch beim 3D-Einsatz, den Anderson in
besagten Filmen hervorragend beherrschte, während er in "The Final
Chapter" enttäuschend belanglos ausfällt (möglicherweise
auch eine Folge des deutlich zurückgeschraubten Budgets). Sehr hörenswert ist
dagegen der serientypische treibende Elektro-Score aus der Feder des
österreichischen Komponisten Paul Haslinger ("Underworld"-Reihe), der
ein Spektakel und eine Spannung vortäuscht, mit der die dargebotenen Bilder
(und billigen Jump Scares) zu selten mithalten können. Was den
Abschluß der Story um Umbrella und das T-Virus betrifft: Nunja, er gelingt
für sich betrachtet (wie gesagt, es gibt zahlreiche Widersprüche zu den Vorgängern) einigermaßen rund, bleibt dabei aber ziemlich banal und vor allem erschreckend
unoriginell. Selbst die Verbindung zum ersten Film von 2002, die Anderson im
Vorfeld versprach, fällt eher halbseiden aus, sowohl inhaltlich
als auch stilistisch (nicht mal Alices ikonisches rotes Kleid taucht noch mal auf). Der direkte Vorgänger
"Retribution" hat das mit seinem deutlichen "Best of"-Charakter und
Rückgriffen auf bekannte Situationen und Figuren besser hinbekommen. Paul W.S. Anderson war schon immer ein
B-Movie-Filmemacher, der aber bei dieser Art von Filmen sehr wohl seine Stärken
hat – doch "The Final Chapter" enttäuscht auch handwerklich in fast
allen Belangen und kann letztlich wohl nur wahre Actionjunkies erfreuen, für
die der Rest zweit- bis drittrangig ist und die kein Problem mit hektisch geschnittenen CGI-Sequenzen haben.
Fazit: "Resident Evil: The Final Chapter"
ist ein enttäuschender (vorläufiger?) Schlußpunkt für die langlebige
Actionhorror-Reihe, bei dem selbst eine routiniert aufspielende Milla Jovovich nur wenig gegen die inkohärent
dargebotene Storyauflösung, die hanebüchen flachen Dialoge, die
Null-Figurenzeichnung und die ewigen, viel zu oft austauschbaren
Actionsequenzen ausrichten kann – ganz zu Schweigen von der Enttäuschung über
das vollkommene Ignorieren wichtiger Charaktere aus den Vorgänger-Filmen …
Wertung: Knapp 4 Punkte.
Nachtrag vom 4. Mai 2017: Inzwischen läßt sich sagen, daß die Pause bis zum nächsten "Resident Evil"-Film (ob mit oder ohne Milla Jovovich) vermutlich doch nicht so lange dauern wird, denn wenngleich die Einspielergebnisse in Europa und in den USA in der Tat deutlich zurückgegangen sind, wird das durch die geradezu durch die Decke schießenden Ergebnisse aus Asien mehr als kompensiert. Speziell dank der Chinesen, die für mehr als die Hälfte (!) der weltweiten Einspielergebnisse verantwortlich zeichnen, ist "The Final Chapter" global gar zum erfolgreichsten Film der Reihe geworden - während er in den USA klar der schwächste ist ...
Meine persönliche Reihenfolge der "Resident Evil"-Filme:
1. "Resident Evil" (2002; der einzige Teil der Reihe, der stärker auf Horror als auf Action setzte)
2. "Resident Evil 4: Afterlife" (2010; Actionfeuerwerk mit grandiosen 3D-Sequenzen)
3. "Resident Evil 5: Retribution" (2012; unterhaltsames Quasi-"Best of")
4. "Resident Evil 3: Extinction" (2007; mittelmäßige Endzeit-Action mit "Mad Max"-Anleihen)
5. "Resident Evil 2: Apocalypse" (2004; generische Fließband-Action)
6. "Resident Evil 6: The Final Chapter" (2016)
Nachtrag vom 4. Mai 2017: Inzwischen läßt sich sagen, daß die Pause bis zum nächsten "Resident Evil"-Film (ob mit oder ohne Milla Jovovich) vermutlich doch nicht so lange dauern wird, denn wenngleich die Einspielergebnisse in Europa und in den USA in der Tat deutlich zurückgegangen sind, wird das durch die geradezu durch die Decke schießenden Ergebnisse aus Asien mehr als kompensiert. Speziell dank der Chinesen, die für mehr als die Hälfte (!) der weltweiten Einspielergebnisse verantwortlich zeichnen, ist "The Final Chapter" global gar zum erfolgreichsten Film der Reihe geworden - während er in den USA klar der schwächste ist ...
Meine persönliche Reihenfolge der "Resident Evil"-Filme:
1. "Resident Evil" (2002; der einzige Teil der Reihe, der stärker auf Horror als auf Action setzte)
2. "Resident Evil 4: Afterlife" (2010; Actionfeuerwerk mit grandiosen 3D-Sequenzen)
3. "Resident Evil 5: Retribution" (2012; unterhaltsames Quasi-"Best of")
4. "Resident Evil 3: Extinction" (2007; mittelmäßige Endzeit-Action mit "Mad Max"-Anleihen)
5. "Resident Evil 2: Apocalypse" (2004; generische Fließband-Action)
6. "Resident Evil 6: The Final Chapter" (2016)
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