Regie: Fede Alvarez, Drehbuch: Rodo Sayagues und Fede
Alvarez, Musik: Roque Baños
Darsteller: Jane Levy, Lou Taylor Pucci, Shiloh Fernandez,
Jessica Lucas, Phoenix Connolly, Elizabeth Blackmore, Sian Davis, Jim McLarty,
Lorenzo Lamas
Mia (Jane Levy, TV-Sitcom "Suburgatory")
ist drogensüchtig und war nach einer Überdosis bereits kurzzeitig klinisch tot. Sie
beschließt, in einer abgelegenen Waldhütte in Familienbesitz einen kalten
Entzug durchzuführen. Unterstützen, aber auch vom vorzeitigen Abbruch abhalten
sollen sie dabei ihre Freunde Eric (Lou Taylor Pucci, "Carriers") und
Olivia (Jessica Lucas) sowie ihr älterer Bruder David (Shiloh Fernandez, "Red
Riding Hood") und dessen Freundin Natalie (Elizabeth Blackmore). Wie sich bei der Ankunft herausstellt, wurde allerdings offenbar in die
Hütte eingebrochen, im Keller finden die
Mittzwanziger die Überreste irgendeines ekligen Rituals, das dort
offensichtlich durchgeführt wurde – darunter auch ein mysteriöses Buch. Eric,
ein wißbegieriger Highschool-Lehrer, untersucht das in einer uralten Sprache geschriebene, von einem Unbekannten aber fragmentarisch übersetzte Buch näher und stößt beim
Durchblättern auf einige geheimnisvolle Worte, die er trotz einer eindringlichen
handgeschriebenen Warnung laut vorliest. Und damit seelenverschlingenden
Dämonen Einlaß in unsere Welt verschafft ...
Kritik:
Im Jahr 1981 machten sich der 20-jährige Nachwuchsregisseur Sam
Raimi, sein Kumpel Bruce Campbell und einige Freunde sowie per Annonce angeworbene unbekannte Schauspieler auf zu einer abgelegenen Waldhütte, um einen
Horrorfilm zu drehen. Das teilweise bei Familie und Bekannten eingesammelte
Budget belief sich auf nur etwa $90.000 (nachträglich wurden noch etwa $300.000
für die internationale Kino- und Festivalauswertung zusammengekratzt) und
infolge der Unerfahrenheit des Teams ergaben sich in den verschiedenen
Produktionsstufen etliche Schwierigkeiten. Doch als "Tanz der Teufel" (Originaltitel: "The Evil Dead")
fertig war, entwickelte er sich dank origineller Einfälle und vieler bis heute
eindrucksvoller handgemachter Trickeffekte schnell zu einem Kultfilm der Genreanhänger
und schaffte es sogar bis zu einer Vorführung im Rahmenprogramm des Filmfestivals
von Cannes. In Deutschland löste "Tanz der Teufel" hingegen im
Zusammenspiel mit einigen weiteren Horrorfilmen eine im Rückblick erschreckend
einseitig geführte öffentliche Debatte über Gewalt in Filmen aus, die letztlich
zur Indizierung und Beschlagnahmung von Raimis Debütwerk führte (eine
ausführliche Betrachtung der damaligen Ereignisse kann man hier nachlesen). Nach zwei populären
Fortsetzungen verschwand die "Evil Dead"-Reihe in den 1990er Jahren
vorübergehend in der Versenkung, als Raimi zum auch außerhalb von Genrefilmen
erfolgreichen Hollywood-Regisseur aufstieg. Doch die Sehnsucht der Fans nach
weiteren Filmen über Antiheld Ash (Campbell), das Buch der Toten und die
blutrünstigen Dämonen sorgte 2011 dafür, daß wenigstens ein Remake des
Originalfilms unter der Regie des uruguayischen Newcomers Fede Alvarez
angekündigt wurde. Von den Fans, die sich mehrheitlich eine echte Fortsetzung wünschten, wurde diese Neuigkeit zunächst eher mit
Enttäuschung aufgenommen, doch die Mitwirkung von Raimi, Campbell und
Originalproduzent Rob Tapert hinter den Kulissen hielt die Hoffnung auf ein gelungenes Reboot der
Reihe wach. Und diese Hoffnung wurde nicht enttäuscht, als "Evil
Dead" im April 2013 zu (für Horrorverhältnisse) überraschend positiven Kritiken in die
US-Kinos kam und innerhalb kürzester Zeit ein Vielfaches seines mit $17 Mio. immer
noch dezenten Budgets einspielen konnte. Und so ganz nebenbei offenbart
Alvarez' "Evil Dead" auch noch die Sinnlosigkeit des deutschen
Jugendschutzes in seiner derzeitigen Ausprägung, denn während Raimis nicht nur aus
heutiger Sicht ziemlich trashiger "Tanz der Teufel" in Deutschland
noch immer gerichtlich beschlagnahmt ist, darf das um Längen heftigere Remake
ungeschnitten und ohne jegliche Proteste in den Lichtspielhäusern gezeigt
werden (was aber zugegebenermaßen keineswegs garantiert, daß auch die
Heimkinoauswertung von einer Indizierung verschont bleiben wird) ...
Das Wort "Remake" trifft es allerdings nicht
hundertprozentig, denn obwohl "Evil Dead" die Kernelemente von
"Tanz der Teufel" beibehält und zahllose Anspielungen und Zitate aus
Raimis Film (eine Variation der berüchtigten Baumszene darf natürlich nicht
fehlen) beinhaltet, entwickelt sich die Handlung im Detail deutlich anders.
Aber da ja bereits "Tanz der Teufel 2" eher Remake als Fortsetzung
war, kann man es fast schon als Tradition bezeichnen, daß sich nicht genau
sagen läßt, wie die einzelnen "Evil Dead"-Teile miteinander in
Verbindung stehen (ganz zu schweigen davon, daß Drew Goddards und Joss Whedons fabelhafte Genre-Dekonstruktion "The Cabin in the Woods" die Ähnlichkeit zu Raimis Film
bereits im Namen trägt). Besonders interessant ist hier jedenfalls der Kniff mit Mias Drogenabhängigkeit, der zwei Auswirkungen
zeitigt: Erstens werden Mias sprichwörtliche innere Dämonen mit den
"echten" Dämonen, die durch das Aufsagen der rituellen Formel aus dem
Necronomicon beschworen werden, kontrastiert. Zweitens ist es, da Mia das erste
Opfer der Dämonen ist, auf diese Weise glaubwürdiger, daß ihre Freunde zunächst
noch glauben, es würde sich bei ihren panischen Beschreibungen lediglich um Halluzinationen infolge des kalten Entzuges
handeln. Leider werden die dramaturgischen Möglichkeiten, die sich aus dieser Thematik ergeben, nicht konsequent ausgereizt und
so entwickelt sich "Evil Dead" nach etwa einer halben Stunde erwartungsgemäß zum
ganz normalen Horrorfilm. Aber das ist ja nicht schlimm, etwas anderes hatten
die Fans schließlich gar nicht erwartet.
Die Ausgestaltung dieses Horrorfilms ist routiniert, oft
eklig und äußerst blutig geraten, was genau im Sinne Raimis sein dürfte,
der oft genug erklärt hat, sein Ziel beim Dreh von "Tanz der Teufel"
sei es gewesen, ihn so brutal wie nur irgend möglich zu machen. Das Versprechen
des Filmposters "Der schockierendste Film, den Du jemals sehen wirst"
dürfte zwar nur bei wenigen Kennern des Genres zutreffen, aber wer eher selten
mit Horrorfilmen in Berührung kommt, der sei ausdrücklich gewarnt: "Evil
Dead" ist in der Tat garantiert nichts für Menschen mit schwachem Magen!
Das Blut spritzt literweise, Handwerksmaterialien werden gnadenlos
zweckentfremdet und der reine Ekelfaktor einiger Szenen ist beträchtlich. Wie
in "Tanz der Teufel" (der im Gegensatz zur Over-the-Top-Fortsetzung
aufgrund der Budgetbeschränkungen höchstens manchmal unfreiwillig komisch ist)
verzichtet Alvarez bei seinem Film zudem fast völlig auf relativierenden Humor.
Glücklicherweise beschränkt sich Alvarez jedoch nicht
darauf, den Zuschauer einfach nur durch grotesk überzogene Gewaltdarstellungen
zu schockieren, sondern beherrscht neben einigen gelungenen "Jump Scares" auch ein wenig das Handwerk des subtileren
Grusels. Dies manifestiert sich vor allem in der erzeugten Atmosphäre, die einem dank überzeugender und ganz im Geiste des
Originals ohne die Mithilfe von Computern kreierter Trickeffekte, guter
Schauspielleistungen und vor allem einer grandiosen Klangkulisse Schauer über
den Rücken laufen läßt. Jeder, der einmal Genreklassiker wie "Alien",
"Das Omen" oder "Der Exorzist" (der neben Raimis
eigenem "Drag Me to Hell" die offensichtlichste zusätzliche
Inspirationsquelle für "Evil Dead" ist) gesehen hat, der weiß, daß
Musik und Soundeffekte den Gruselfaktor im Idealfall extrem in die Höhe treiben
können. Genau das ist erfreulicherweise auch bei "Evil Dead" der
Fall. Bereits bei Raimis Filmen hat die Musik von Joseph LoDuca ihre Wirkung
nicht verfehlt, doch was der außerhalb seiner Heimat noch kaum bekannte
spanische Komponist Roque Baños ("Der Maschinist", "Cell
211") hier geschaffen hat, ist sogar noch besser: eine Kakophonie des
Grauens, die das Geschehen auf der Leinwand nicht nur untermalt, sondern noch
erhöht und dabei auch nicht vor schrillen Tönen oder melodramatischen lateinischen Chorälen
á la "Das Omen" zurückschreckt – einfach phantastisch!
Was die erwähnten guten Schauspielleistungen betrifft, so
ist das natürlich sehr relativ, da in Horrorfilmen bekanntlich nur selten
subtile Performances gefragt sind. Aber die fünf jungen Hauptdarsteller machen
ihre Sache gut, solange es noch einigermaßen normal zugeht, wobei vor allem Lou
Taylor Pucci als leicht unheimlicher Hippie-Lehrer gefällt. Zwar ist keiner der
Protagonisten übermäßig sympathisch, aber das war im Original nicht anders und
schadet auch hier kaum. Und sobald schließlich das namenlose Grauen über die
Hütte hereinbricht, legen die Darsteller eine enthemmte Leidenschaftlichkeit an den Tag,
daß es eine wahre Freude ist. Im Vergleich zu "Tanz der Teufel", in dem
schauspielerisch eigentlich nur Ellen Sandweiss überzeugen konnte (Bruce Campbell entwickelte seine unbestrittenen Fähigkeiten erst später), ist das ein
echter Quantensprung.
Daß Alvarez' Werk trotz aller Stärken kein Genremeisterwerk
geworden ist, hat wohl hauptsächlich zwei Ursachen. Einmal fehlt zwangsläufig
das Überraschungsmoment, das "Tanz der Teufel" zu seiner Zeit
innehatte. Selbst wenn man das Original nicht kennt – es war so stilbildend für
das gesamte Genre, daß man eigentlich alles, was man im Reboot präsentiert
bekommt, so ähnlich schon in anderen Filmen gesehen hat. Zusätzlich stört, daß
der finale Akt von "Evil Dead" sehr in die Länge gezogen ist, sich
dabei unnötig wiederholt und auch teilweise in jene Horrorklischees verfällt,
die er vorher noch recht gekonnt gemieden hatte. Mit seiner Laufzeit von
eineinhalb Stunden dauert Alvarez' Werk genau zehn Minuten länger als die
ersten beiden "Tanz der Teufel"-Filme, und genau diese zehn Minuten
ist er letztlich zu lang. Dafür werden Anhänger des Originals während und nach
dem Abspann noch mit ein paar kleinen Schmankerln entschädigt. Und mit der Aussicht
auf einen weiteren "Evil Dead"-Film mit Bruce Campbell als Ash – eine
direkte Fortsetzung des dritten Teils "Armee der Finsternis" –, deren
Planung Raimi und Campbell in mehreren Interviews bestätigten!
Fazit: "Evil Dead" ist ein würdiges und
temporeiches Remake eines kultisch verehrten (aber ziemlich trashigen)
Horrorklassikers, das die Stärken des Originals weitgehend bewahrt, ohne eine
gewisse Eigenständigkeit komplett aufzugeben. Mit einer Vielzahl wenig
zimperlicher Splatter- und Ekelszenen richtet sich der Film jedoch ausdrücklich
an ein genregestähltes Publikum.
Wertung: 8 Punkte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger amazon.de-Bestellungen über einen der entsprechenden Links freuen.
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Das Original war in den Achtzigern wirklich noch schockierend. Heute ist das eher erheiternd. Das Remake werde ich mir bei Gelegenheit mal ansehen.
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