Regie: Joseph Kosinski, Drehbuch: Karl Gajdusek, Michael
Arndt und Joseph Kosinski, Musik: M83, Anthony Gonzalez und Joseph Trapanese
Darsteller: Tom Cruise, Andrea Riseborough, Olga Kurylenko,
Melissa Leo, Morgan Freeman, Nikolaj Coster-Waldau, Zoë Bell
2077: 60 Jahre zuvor wurde die Erde von einer
"Plünderer" genannten Alienrasse attackiert. Unter schweren Verlusten
konnte die Menschheit dank massiven Atomwaffen-Einsatzes den Krieg
schließlich gewinnen, doch war die Erde anschließend nahezu unbewohnbar. Also
wurden die kümmerlichen Reste der Menschheit evakuiert und zu dem Saturnmond Titan
gebracht, wo sie sich auf einer Raumstation auf dessen Besiedlung vorbereiten.
Lediglich Jack Harper (Tom Cruise, "Jack Reacher") und Victoria Olsen
(Andrea Riseborough, "Alles, was wir geben mußten") blieben zurück, um
unbemannte Drohnen zu warten, die zur Bewachung gigantischer Hydrotürme – die
Meerwasser in von den Evakuierten dringend benötigte Energie umwandeln – gegen
versprengte Plünderer-Überlebende benötigt werden. Während Victoria ihre Arbeit
hingebungsvoll erledigt und ihrer kurz bevorstehenden Ablösung entgegenfiebert,
hat Jack seine Zweifel an ihrer Mission. Diese Zweifel verstärken sich
um ein Vielfaches, als er den Absturz eines alten NASA-Raumschiffs auf die Erde
beobachtet und an der Absturzstelle eine Überlebende (Olga Kurylenko,
"Centurion") vorfindet, die ihm irgendwie bekannt vorkommt ...
Kritik:
Nachdem der frühere Werbefilm-Regisseur Joseph Kosinski mit
der Kultfilmfortsetzung "Tron: Legacy" im Jahr 2010 künstlerisch und
kommerziell nur einen mittelgroßen Erfolg fertigbrachte, versucht er sich nun
erneut an einem Science Fiction-Film. Diesmal allerdings mit einem etwas geringeren
Budget (120 statt 170 Millionen US-Dollar) und einer deutlich intimeren
Geschichte. "Oblivion" basiert auf einer vom Regisseur selbst
mitverfaßten Graphic Novel (die aber noch nicht veröffentlicht wurde) und
ist als bewußte Hommage an die philosophisch angehauchten Genreklassiker der
1970er Jahre ("Logan's Run – Flucht ins 23. Jahrhundert",
"Lautlos im Weltraum", "Solaris", "Soylent
Green", "Colossus") angelegt – was auch erklärt, warum es keine
3D-Version gibt. Stilistisch und hinsichtlich der Grundthemen der Handlung
gelingt dieses Unterfangen sehr gut, inhaltlich gibt es allerdings einige
Schwächen zu beklagen.
Bei einer Genrehommage ist so etwas wohl schwer zu
vermeiden, dennoch ist es sehr schade, daß die Grundstruktur der Handlung
bereits nach fünf Minuten durchschaubar ist – erst recht, wenn man bereits den
Filmtrailer gesehen hat. Das schadet zwangsläufig der Spannung, was bei einer
Länge von gut 120 Minuten offensichtlich kein guter Anfang ist. Da jedoch wenigstens die
Frage nach dem "Warum" lange offengehalten wird und es auch noch
ein oder zwei größere Überraschungen gibt, hält sich der negative Einfluß auf
das Gesamterlebnis glücklicherweise in Grenzen.
Wer "Oblivion" allerdings in Erwartung eines
SF-Actionspektakels anschaut, der läuft Gefahr, enttäuscht zu werden. Zwar gibt
es einige Schießereien und explosive Actionsequenzen, aber insgesamt
machen diese nur einen kleinen Teil des Films aus. Bereits in der ersten halben
Stunde, die sich fast komplett auf die Einführung von Jack und Victoria sowie
ihrer recht monotonen Arbeit konzentriert, wird klar, daß Kosinski ein eher gemächliches Tempo anschlägt und viel Wert auf glaubwürdige Figuren und eine
authentische postapokalyptische Atmosphäre legt. Letztere wird hervorragend
unterstützt durch viele langsame Kamerafahrten des für "Life of Pi"
OSCAR-gekrönten Kameramanns Claudio Miranda, in denen nach und nach die
traurigen Überreste unserer Zivilisation enthüllt werden. Ein echtes Highlight
ist zudem die Musik der französischen Band M83 in Zusammenarbeit mit Joseph
Trapanese ("The Raid"), die wie eine Mischung aus aktueller
Elektronikmusik und 1970er/1980er Jahre-Synthesizerklängen (z.B. Tangerine
Dream oder Jean Michel Jarre) wirkt und im Zusammenspiel erstaunlich
futuristisch klingt.
Überraschend ist auch, welch große Rolle eine
Liebesgeschichte im Rahmen der Handlung einnimmt. Diese ist gefühlvoll inszeniert
und gut gespielt, die ausführliche Figurenzeichnung der Protagonisten kommt ihr
natürlich ebenfalls zugute, zumal vor allem Andrea Riseborough eine starke
schauspielerische Leistung zeigt. Unglücklicherweise hat Kosinski es aber
versäumt, auch die Nebenfiguren entsprechend auszugestalten. Gerade die von
Morgan Freeman ("Invictus") und Nikolaj Coster-Waldau ("Wimbledon", TV-Serie
"Game of Thrones") immerhin souverän verkörperten und vom Ansatz her
durchaus interessanten Männer – auf deren genaue Rolle ich wegen großer Spoiler-Gefahr
nicht näher eingehen will – würde man gerne näher kennenlernen. Stattdessen
gönnt Kosinski ihnen nur wenige Minuten Screentime, was selbstverständlich bei
weitem nicht ausreicht, um echte Charaktere aus ihnen zu formen. Sie erfüllen
ihren Zweck im Rahmen der Handlung, aber das war's auch schon. Schade drum.
Auch die angesprochenen philosophischen Ansätze verlaufen eher im Sande und
erreichen nicht die Klasse der von Kosinski geehrten Vorbilder, speziell die
Motivation der bösen Aliens (womit ich weniger den Angriff selbst als viele
Detailentscheidungen meine) bleibt außerdem zu sehr im Dunkel.
Positiv hervorzuheben – und angesichts der Lieblosigkeit,
die Freeman und Coster-Waldau zuteil wird, ziemlich kurios – ist dafür, daß es
dem Regisseur tatsächlich gelingt, eine der Drohnen, die immer wieder Jacks Weg
kreuzt, fast zu einem weiteren Hauptdarsteller zu machen. Drohne 166, obwohl nur
eine "von oben" gelenkte Maschine, interagiert mit Jack, hilft ihm
manchmal, bedroht ihn ein anderes Mal, attackiert ihn sogar. Es ist wirklich
erstaunlich, aber in diesem Film entwickelt Drohne 166 im Grunde genommen mehr
Persönlichkeit als der OSCAR-Gewinner Morgan Freeman ...
Fazit: "Oblivion" ist ein wunderschön anzuschauender
und -hörender Science Fiction-Film, der mit seinem unaufgeregten Erzähltempo
und dem Vorrang von (leider zu vorhersehbarer) Story gegenüber Action breitere
Publikumsschichten als viele andere aktuelle Vertreter des Genres anspricht,
aber letztlich nicht originell und ereignisreich genug ist, um auf ganzer Linie
zu überzeugen.
Wertung: 7 Punkte.
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