Regie und Drehbuch: Quentin Tarantino
Darsteller: Brad Pitt, Christoph Waltz, Diane Kruger, Daniel
Brühl, Michael Fassbender, Mélanie Laurent, Eli Roth, August Diehl, Til
Schweiger, Jacky Ido, Christian Berkel, B.J. Novak, Samm Levine, Denis
Ménochet, Gedeon Burkhard, Martin Wuttke, Mike Myers, Rod
Taylor, Léa Seydoux, Sylvester Groth, Alexander Fehling, Julie Dreyfus, Ken Duken, "Zack" Volker
Michalowski, Ludger Pistor, Jana Pallaske, Wilfried Hochholdinger, Bo Svenson,
Bela B., Enzo G. Castellari
Europa, 1941: Während der hochintelligente und ebenso
charmante wie gnadenlose SS-Offizier Hans Landa (Christoph Waltz, "Django Unchained") im besetzten Frankreich von der ländlichen Bevölkerung versteckte Juden
aufspürt, stellt in Großbritannien der US-Lieutenant Aldo Raine (Brad Pitt,
"The Tree of Life") eine wilde Truppe aus rachedurstigen jüdischen
Soldaten und deutschen Überläufern zusammen, die mit brutalen Methoden hinter
den feindlichen Linien für Angst und Schrecken bei den Nazis sorgen soll. Etwas
später erhält der deutschstämmige Lieutenant Hicox (Michael Fassbender,
"Prometheus") vom britischen Premierminister Winston Churchill (Rod
Taylor, "Die Vögel") den Auftrag, die Hilfe der "Basterds"
zu suchen, um die deutsche Schauspielerin Bridget von Hammersmark (Diane
Kruger, "Troja") zu treffen, die für die Alliierten spioniert und herausgefunden hat, daß sich fast die gesamte Nazi-Führungsriege
inklusive Adolf Hitler (Martin Wuttke, "Cloud Atlas") zur Premiere
eines Propagandafilms in Paris versammeln wird ...
Kritik:
"Es war einmal ... im von den Nazis besetzten
Frankreich" – so beginnt Quentin Tarantinos Weltkriegs-Rache-Märchen
"Inglourious Basterds" und das ist durchaus bezeichnend. Denn die
Geschichte, die uns Tarantino hier präsentiert, schert sich vollkommen bewußt
keinen Deut um historische oder politische Korrektheit.
"Hostel"-Regisseur Eli Roth, der einen der titelgebenden jüdischen
Nazijäger spielt, hat den Film mehrfach als
"jüdischen Racheporno" bezeichnet. Und ja, auch das trifft es ziemlich
gut, lenkt die Erwartungen aber dennoch in eine ziemlich falsche Richtung. Denn
natürlich ist es so, daß, wenn jener Mann, zu dessen Gesamtwerk so
gewalthaltige Filme wie "Reservoir Dogs", "Pulp Fiction"
oder "Kill Bill" zählen, ankündigt, einen Film zu drehen, der im Zweiten
Weltkrieg spielt, und dafür auch noch (bis auf die eingebauten
"Rechtschreibfehler") den Titel eines obskuren italienischen Action-Kriegsfilms
übernimmt, jeder ein Resultat erwartet, in dem es nur so vor Blut und
Eingeweiden spritzt. Doch wenn Tarantino etwas schon immer besonders gut konnte, dann war es
das Konterkarieren von Erwartungshaltungen. Und das demonstriert er hier in
fast vollkommener Perfektion.
Denn "Inglourious Basterds" ist im Kern ein
ausgesprochen dialoglastiges Psychodrama von beinahe shakespeare'schen
Ausmaßen. Natürlich gibt es auch Gewalt und das nicht zu knapp, doch ist sie
für Tarantinos Verhältnisse relativ rar gesät. Dafür fallen diese
gelegentlichen Gewalt-Eruptionen allerdings umso drastischer aus und lassen den deutschen
Zuschauer sich ob der FSK-Altersfreigabe ab 16 Jahren verwundert die Augen reiben.
Aber zurück zum Wesentlichen – und das Wesentliche für das Funktionieren eines
dialoglastigen Films sind erfahrungsgemäß vor allem zwei Elemente: die
Qualität der Dialoge und die Qualität der Schauspieler. Wie bei Tarantino nicht
anders zu erwarten, gibt es bei "Inglourious Basterds" in beiderlei
Hinsicht nicht den geringsten Grund zur Klage.
Die Dialoge strotzen nur so von dem für den Regisseur so typischen schwarzen Humor, kommen dabei aber auch immer wieder hinterhältig-intelligent daher. Besonders gilt dies in den zahlreichen "Duell-Situationen", die passend mit Musik des italienischen Altmeisters Ennio Morricone unterlegt sind. Zudem hat kein geringerer als "Cloud Atlas"-Co-Regisseur Tom Tykwer dafür gesorgt, daß auch die deutschsprachigen Dialoge überzeugen. Die Besetzung läßt ebenfalls kaum Wünsche offen. Zwar kommen aufgrund der episodischen Struktur des in fünf Kapitel unterteilten Films leider etliche Figure etwas zu kurz und verlangen daher auch ihren Darstellern nicht übermäßig viel schauspielerisches Können ab (das trifft etwa auf die Rollen von Michael Fassbender, Til Schweiger und Christian Berkel zu, selbst Brad Pitt als Anführer der Basterds agiert keineswegs als richtiger Hauptdarsteller). Aber es gibt dennoch mehr als genügend Figuren, die ausgefeilt und prägnant genug gestaltet sind und auch genügend Screentime zur Verfügung gestellt bekommen, um zu glänzen.
Allen voran trifft das natürlich auf den Österreicher und ehemaligen Roy Black-Darsteller Christoph Waltz zu, der für seine überragende Darstellung des von Tarantino brillant geschriebenen Nazijägers Hans Landa unter anderem mit dem Darstellerpreis in Cannes, dem Golden Globe und dem OSCAR belohnt wurde. Die Art und Weise, wie Waltz diese charismatische, aber perfide und erstaunlich vielschichtige Figur zu diabolischem Leben erweckt, ist wahrlich sehenswert und läßt einen völlig vergessen, daß die Rolle ursprünglich an keinen Geringeren als Leonardo DiCaprio gehen sollte (Tarantino bevorzugte letztlich einen deutschsprachigen Darsteller für die Rolle und engagierte DiCaprio stattdessen für seinen nächsten Film "Django Unchained" als Bösewicht). Ähnlich starke Leistungen liefern auch ab: Mélanie Laurent ("So ist Paris") als französische Kino-Besitzerin Shosanna, deren gesamte Familie von Landas Leuten umgebracht wurde; Daniel Brühl ("Eva") als "deutscher Sergeant York", der Shosanna Avancen macht; Diane Kruger als Filmdiva Bridget von Hammersmark (wie Tarantino auf diesen Namen kam, wird wohl auf immer sein Geheimnis bleiben ...); und August Diehl ("Wir wollten aufs Meer") in einer kleinen, aber sehr feinen Rolle als gefährlich scharfsinniger Nazi-Offizier.
Wie eigentlich alle Filme von Quentin Tarantino ist auch
"Inglourious Basterds" sicherlich nicht perfekt. Dafür ist der
Regisseur manchmal einfach etwas zu mitteilungsbedürftig und schafft es nicht,
seine überbordende Phantasie und seine Detailverliebtheit vollends im Zaum zu
halten, was regelmäßig in einer Laufzeit von weit über zwei Stunden resultiert.
Dennoch sind alle Filme Tarantinos ohne Frage sehenswert, selbst seine
schwächeren wie "Death Proof". "Inglourious Basterds" ist
ein guter bis sehr guter Film, der für mich zu den besten Arbeiten des
Regisseurs zählt, was vor allem an drei Sequenzen liegt, die sich nachhaltig
ins Gedächtnis eingraben. Zwei davon sind hervorragend: Die Filmeröffnung, eine
lange Verhörszene im Haus eines französischen Landwirts, in der sich Christoph
Waltz seinen OSCAR bereits redlich verdient – und
das große, mit unerwarteten Wendungen auftrumpfende Finale bei der Filmpremiere
in Anwesenheit fast aller Nazi-Größen, in dem die Handlungsfäden geschickt
zusammenlaufen. Die dritte Sequenz, die in jeder Hinsicht den Mittel- und Höhepunkt von
"Inglourious Basterds" darstellt, ist sogar noch besser: In einer Taverne in Frankreich treffen sich die Basterds
mit Bridget von
Hammersmark zu einem konspirativen Treffen – dummerweise sind auch deutsche
Soldaten anwesend, die die Geburt des ersten Kindes eines der Ihren ausgiebig
und trinkfreudig feiern. Wie Tarantino diese mehr als 20 Minuten lange Sequenz,
in der die Stimmung fast unmerklich immer bedrohlicher wird bis hin zur
unvermeidlichen Eskalation, bis ins kleinste Detail brillant
durchkomponiert, ist schlicht meisterhaft und sucht seinesgleichen.
Zu all diesen Highlights gesellen sich natürlich auch noch die üblichen Tarantino-Zutaten: Ein sehr gelungener Soundtrack (wenn auch diesmal genrebedingt ohne die ganz großen Song-Wiederentdeckungen) und Unmengen an direkten und indirekten Filmanspielungen und -zitaten. Gerade letztere sind diesmal ein besonderes Vergnügen für Cineasten, denn neben eher offensichtlichen Anspielungen auf "Men on a Mission"-Klassiker wie "Das dreckige Dutzend" konzentriert sich Tarantino vor allem auf deutsche Filme und stilbildende Regisseure wie F.W. Murnau oder den mehrfach namentlich erwähnten G.W. Pabst. Das bedeutet zwar auch, daß geschätzt mindestens 90% der Zuschauer nicht einmal einen Bruchteil dieser Anspielungen verstehen werden. Aber faszinierend ist es dennoch, über welch unglaubliches Geek-Filmwissen über scheinbar alle Epochen und Länder hinweg Tarantino verfügt und wie es ihm immer wieder gelingt, dieses Wissen in seinen Filmen unterzubringen, ohne daß es aufgesetzt wirkt (zumindest meistens). Und wer hätte je erwartet, daß einmal Winnetou in einem Tarantino-Film erwähnt werden würde?
Fazit: "Inglourious Basterds" ist Tarantinos bester Film seit dem oft unterschätzten "Jackie Brown", vielleicht sogar seit "Pulp Fiction". Die phantasievolle, aber brutale Weltkriegs-Geschichte glänzt mit hintersinnigen, böse-humorvollen Dialogen, hemmungslos übertriebenen Actioneinlagen, einer raffinierten Storykonstruktion und einem beeindruckenden, glänzend aufgelegten Schauspielerensemble. Allerdings merkt man mitunter doch, daß die Geschichte ursprünglich als Mini-Serie á la "Band of Brothers" konzipiert war und deshalb viele Ideen und vor allem Charaktere nicht ihr volles Potential entfalten können.
Zu all diesen Highlights gesellen sich natürlich auch noch die üblichen Tarantino-Zutaten: Ein sehr gelungener Soundtrack (wenn auch diesmal genrebedingt ohne die ganz großen Song-Wiederentdeckungen) und Unmengen an direkten und indirekten Filmanspielungen und -zitaten. Gerade letztere sind diesmal ein besonderes Vergnügen für Cineasten, denn neben eher offensichtlichen Anspielungen auf "Men on a Mission"-Klassiker wie "Das dreckige Dutzend" konzentriert sich Tarantino vor allem auf deutsche Filme und stilbildende Regisseure wie F.W. Murnau oder den mehrfach namentlich erwähnten G.W. Pabst. Das bedeutet zwar auch, daß geschätzt mindestens 90% der Zuschauer nicht einmal einen Bruchteil dieser Anspielungen verstehen werden. Aber faszinierend ist es dennoch, über welch unglaubliches Geek-Filmwissen über scheinbar alle Epochen und Länder hinweg Tarantino verfügt und wie es ihm immer wieder gelingt, dieses Wissen in seinen Filmen unterzubringen, ohne daß es aufgesetzt wirkt (zumindest meistens). Und wer hätte je erwartet, daß einmal Winnetou in einem Tarantino-Film erwähnt werden würde?
Fazit: "Inglourious Basterds" ist Tarantinos bester Film seit dem oft unterschätzten "Jackie Brown", vielleicht sogar seit "Pulp Fiction". Die phantasievolle, aber brutale Weltkriegs-Geschichte glänzt mit hintersinnigen, böse-humorvollen Dialogen, hemmungslos übertriebenen Actioneinlagen, einer raffinierten Storykonstruktion und einem beeindruckenden, glänzend aufgelegten Schauspielerensemble. Allerdings merkt man mitunter doch, daß die Geschichte ursprünglich als Mini-Serie á la "Band of Brothers" konzipiert war und deshalb viele Ideen und vor allem Charaktere nicht ihr volles Potential entfalten können.
Wertung: 9 Punkte.
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