Regie: Kike Maíllo, Drehbuch: Sergi Belbel, Cristina
Clemente, Martí Roca und Aintza Serra, Musik: Evgueni und Sacha Galperine
Darsteller:
Daniel Brühl, Claudia Vega, Marta Etura, Alberto Ammann, Lluís Homar, Anne
Canovas
Im Jahr 2041 hat sich die Welt im
Vergleich zu unserer Gegenwart auf den ersten Blick gar nicht so sehr verändert – wenn man davon
absieht, daß Roboter in verschiedensten Formen das Straßenbild prägen. Einige dienen
als Haustierersatz, andere als Diener, manche sehen wie normale Menschen aus,
andere ähneln ein wenig den Daleks aus der britischen Kultserie "Doctor
Who". Álex Garel (der gebürtige Spanier Daniel Brühl, "Good bye, Lenin!", "Inglourious Basterds") ist einer der
bekanntesten und besten Roboter-Designer, aber auch ein ziemlicher
Einzelgänger. Dennoch nimmt er das Angebot seiner früheren Mentorin Julia (Anne
Canovas, "Die Perlenstickerinnen") an, nach zehnjähriger Abwesenheit in seine Heimat zurückzukehren und
den ersten Roboter in Kindgestalt zu erschaffen. Eine Entscheidung, die
möglicherweise auch damit zusammenhängt, daß seine große Liebe Lana (Marta
Etura, "Sleep Tight") – die dummerweise mit seinem Bruder David
(Alberto Ammann, "Zelle 211") verheiratet ist – an der gleichen Universität lehrt. Als sich
dann auch noch herausstellt, daß jenes Kind namens Eva (Claudia Vega), das Álex
nach einer kurzen Begegnung auf der Straße als Modell für sein ambitioniertes
Projekt ausgesucht hat, ausgerechnet die Tochter von Lana und David ist,
verkompliziert sich die Lage beträchtlich ...
Kritik:
Kritik:
Man muß die Spanier bewundern. Während in Deutschland die
wenigen Genre-Produktionen, die überhaupt gewagt werden, von den Zuschauern
regelmäßig mit Mißachtung gestraft werden und auch die großen Filmpreisjurys ihre Zuneigung lieber den üblichen Dramen und Komödien schenken (letzte
nennenswerte Ausnahme dürfte wohl Oliver Hirschbiegels "Das Experiment" aus dem Jahr 2001 gewesen sein, der ein
Publikumshit war und beim Deutschen Filmpreis zumindest zwei Darstellerpreise
gewann), bringt die kreative spanische Filmindustrie immer wieder sehenswerte
und erfolgreiche Genre-Produktionen wie "[Rec]", "Sleep
Tight", "Das Waisenhaus" oder Almodóvars "Die Haut, in der ich wohne" hervor. Zugegeben, ein großer Publikumserfolg war Kike Maíllos
elegantem, futuristischen und philosophisch angehauchten Beziehungsdrama "Eva" nicht
einmal in seiner Heimat beschieden, aber dafür gab es immerhin drei spanische und
sogar fünf katalonische Filmpreise. Und die sind durchaus verdient.
Denn handwerklich ist "Eva" ein wirklich hervorragender Film. Bereits der wundervoll gestaltete Vorspann weiß zu begeistern und auch Maíllos Darstellung der nicht allzu fernen Zukunft wirkt ausgesprochen stimmig; es mag zwar für eine 30-jährige Zeitspanne abgesehen von den Robotern relativ
wenig deutliche Veränderungen geben, aber dafür wird man immer wieder von kleinen,
ebenso liebevollen wie künstlerischen Details überrascht, die das ganze
Szenario glaubwürdig machen. Und Álex' Roboterkatze muß man auch als Hundefan
einfach niedlich finden.
In Bezug auf die Handlung steht, was man durchaus bedauern
darf, das zentrale Liebesdreieck zuzüglich der zwischen allen Stühlen stehenden
Eva im Zentrum. Zwar ist dieses klassische Beziehungsdrama überzeugend und anrührend
gespielt, doch leider kommen dafür die ethisch-philosophischen Fragestellungen rund um
die Roboter-Thematik zu kurz. Darf man Roboter mit eigener Persönlichkeit noch
wie Gegenstände behandeln? Sollen Roboter, was zum Zeitpunkt der Filmhandlung
möglich, aber verboten ist, einen freien Willen bekommen? Dürfen oder müssen
die Menschen Roboter bei einer gravierenden Fehlfunktion einfach zerstören, quasi exekutieren? Und falls ja, darf
das jeder Mensch für sich entscheiden oder sollte es eine übergeordnete Autorität,
ein Gericht etwa, geben, die allein darüber befinden darf? Diese und andere
so spannende wie kontroverse Fragen, die bereits in Filmen wie Sir Ridley
Scotts "Blade Runner" oder Steven Spielbergs "A.I. – Künstliche Intelligenz"
thematisiert wurden, berührt "Eva" leider nur kurz, ohne sie konsequent weiterzuverfolgen. Das hat natürlich den Vorteil, daß dem Publikum viel Denkstoff
überlassen wird, ohne ihn in irgendeine Richtung zu schubsen. Aber etwas mehr
hätte sich der Film schon damit befassen dürfen anstatt sich so stark auf seine
Beziehungsdrama-Komponente zu konzentrieren. Zumal wenn diese auch noch durch
eine übertrieben kitschige musikalische Untermalung gestört wird wie jener Moment, in dem
Álex zu wehklagenden Geigentönen zum ersten Mal nach seiner Rückkehr Lana erblickt.
Daß so etwas viel besser geht, zeigt eine spätere Szene zwischen den
beiden, in denen sie zu David Bowies wunderbarem Meisterwerk "Space
Oddity" aus dem Jahr 1969 tanzen und sich dabei vor den Augen des zunehmend eifersüchtigen David regelrecht ineinander
verlieren.
Claudia Vega ist in ihrem Schauspieldebüt in der Titelrolle
eine echte Entdeckung. Sie spielt Eva als altkluges und vorlautes, aber sehr
intelligentes und stets liebenswertes Mädchen mit dem gewissen Etwas, das sie
in Álex' Augen zur perfekten Vorlage für sein Roboter-Kind macht. Daniel Brühl verkörpert den eher verschlossenen, etwas schrulligen Álex charismatisch und offenbart eine
funktionierende Leinwandchemie zu Marta Eturas Lana. Für einen Schuß Humor
sorgt zudem Lluís Homar ("Zerrissene Umarmungen") als von David erschaffener Luxus-Roboter
Max, der Álex als eine Art Mädchen für alles unterstützen soll – für seine Leistung wurde Homar in Spanien prompt mit mehreren Preisen bedacht.
Fazit: "Eva" ist eine gefühlvolle, eher
gemächlich erzählte Mischung aus Science-Fiction-Film und Beziehungsdrama, die von
einem beeindruckenden Design, einer zurückhaltenden, den guten Schauspielern viel
Raum lassenden Regie sowie der ungewöhnlichen, wenngleich zu wenig ausgereizten
Roboter-Thematik lebt.
Wertung: 8 Punkte.
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