Regie und Drehbuch: Matt Bissonnette, Musik: Stephen Rennicks
Darsteller:
Gabriel Byrne, Jessica Paré, Brian Gleeson, Suzanne Clément,
Karelle Tremblay, Antoine Olivier Pilon, Joel Bissonnette, Pat Kiely,
Carolina Bartczak, Fred McCloskey
Rotten
Tomatoes: 90% (6,4); weltweites Einspielergebnis: $0,2 Mio.
FSK:
16, Dauer: 101 Minuten.
Samuel
O'Shea (Gabriel Byrne, "Die üblichen Verdächtigen") ist
ein Professor für kanadische Poesie in Montreal und trotz
seiner 64 Jahre immer noch ein ziemlicher Schwerenöter. Als er
plötzlich immer öfter offensichtliche Halluzinationen bekommt –
so erscheint ihm regelmäßig sein seit Jahrzehnten toter Vater Ben
(Brian Gleeson, "Logan Lucky") –, läßt sich Samuel
medizinisch durchchecken. Die niederschmetternde Diagnose: Er hat
einen riesigen und inoperablen Tumor im Kopf und höchstwahrscheinlich
nur noch weniger als ein Jahr zu leben. Familie und Freunden erzählt
er davon nichts, beschließt jedoch kurzerhand, in die Heimat seiner
Vorfahren Irland zu reisen, wo er noch ein seit Jahren nicht mehr
besuchtes kleines Häuschen am Meer besitzt. Dort will er endlich
sein erstes eigenes Buch verfassen, um der Menschheit nach seinem Tod
etwas zu hinterlassen. Bereits an seinem ersten Tag trifft er das
attraktive Ex-Model Charlotte (Jessica Paré, "'Brooklyn")
– wie er selbst Frankokanadierin mit einem Faible für den
kanadischen Singer-Songwriter und Poeten Leonard Cohen – und die
beiden verlieben sich ineinander ...
Kritik:
Wer
mein Blog schon etwas länger verfolgt, hat sicher irgendwann mal
mitbekommen, daß der 2016 verstorbene Leonard Cohen mein absoluter
Lieblingsmusiker ist. Dementsprechend erfreut bin ich, dass Cohen –
dessen Songs schon zu seinen Lebzeiten unzählige Male in Kinofilmen und
TV-Serien Verwendung fanden, Robert Altmans legendärer Schneewestern
"McCabe & Mrs. Miller" wird sogar durchgehend von
Cohens Gesang begleitet – nach seinem Tod immer noch eine wichtige
Rolle spielt in der Kino- und TV-Landschaft. Jüngste Beispiele dafür
waren die Dokus "Marianne & Leonard: Words of Love"
(2019) und "Hallelujah: Leonard Cohen, ein Leben, ein Lied"
(2021) sowie die sehenswerte norwegisch-kanadisch-deutsche TV-Serie
"So Long, Marianne" (2024) über die komplizierte Beziehung zwischen
Cohen und seiner norwegischen Muse Marianne Ihlen. International
weniger bekannt ist die kanadische Tragikomödie "Death of a
Ladies' Man", bei der Cohen nicht direkt eine Rolle spielt, mit
seiner Kunst aber allgegenwärtig ist. Das beginnt beim Titel, der
Cohens ungewöhnlichstem (und von ihm im Nachhinein eher
bereuten) Album aus dem Jahr 1977 entnommen ist, das vom damals sehr
erfolgreichen Phil Specter produziert wurde und sich mit seiner
bombastischen Machart auffällig von Cohens übrigen, eher auf das Grundlegende
reduzierten melancholisch-ruhigen Alben abhebt. Zudem doziert Samuel am College
über Cohens Texte und im ganzen Film untermalen gut ein halbes
Dutzend Cohen-Songs passend die Handlung und vor allem Samuels
Halluzinationen. Somit fungiert "Death of a Ladies' Man"
nicht nur als sympathisch-schräge Tragikomödie über einen
mit seiner Endlichkeit konfrontierten Lebemann, sondern auch als
wunderbare Hommage an die kanadische Ikone Leonard Cohen – der
übrigens noch kurz vor seinem Tod dem Projekt seinen Segen gab.
Der
allzeit verlässliche Gabriel Byrne ist eine optimale Besetzung für
den Protagonisten und mitverantwortlich dafür, dass dieses kleine, feine Indie-Werk so gut unterhält. Byrne gelingt es mit seinem rauhen Charme, den keineswegs uneingeschränkt sympathischen
Professor – der es sich in
unterschiedlichem Ausmaß mit jedem seiner Familienmitglieder
verscherzt hat – zu einer
Person zu machen, die man auf ihrem Weg gerne und mit
viel Mitgefühl begleitet. Trotz der tragischen Prämisse und eines
durchwegs melancholischen Tons wird "Death of a Ladies' Man"
dabei aber niemals zu schwermütig, wofür neben Samuels trockenem
Humor vor allem die sehr witzig gestalteten, surrealen
Halluzinationen sorgen. Wenn sich beispielsweise das Eishockey-Spiel
seines Sohnes an dessen College zu einer Art Eisballett verwandelt,
zu dem als angebliche kanadische Nationalhymne Cohens "Bird on a
Wire" gesungen wird, ist das einfach ein großer Spaß für das
Publikum. Diese Halluzinationen – von denen nicht alle lustig sind,
sondern speziell die Diskussionen mit Samuels Vater auch mal
nachdenklich ausfallen – sind neben Byrnes Präsenz die größte
Stärke von "Death of a Ladies' Man".
Nicht
ganz so gelungen ist das Drehbuch von Matt Bissonette (dessen Regiedebüt "Looking for Leonard" aus dem Jahr 2002 bereits einen offensichtlichen Cohen-Bezug hatte), das ein wenig
überfrachtet wirkt mit zu vielen Nebenhandlungssträngen vor allem
rund um Samuels Familie, die aber zugunsten der klaren Konzentration
auf den Professor arg stiefmütterlich behandelt werden. Damit wird
Bissonettes Film der guten Besetzung nicht wirklich gerecht, die
sich zwar über jeweils ein paar ganz gute Momente freuen darf, insgesamt
aber ziemlich unterbeschäftigt ist. Für einen Film über einen
ambivalenten Mann, der dem eigenen Tod ins Auge blickt, sind zudem
die Dialoge nur selten tiefgründig genug, um gänzlich zu überzeugen
und ein paar Passagen wirken etwas sehr weit hergeholt. Das stört
letztlich jedoch nur in geringem Maße, da "Death of a Ladies'
Man" mindestens Cohen-Fans wie mich mit seiner gelungenen Mischung
aus surrealer Comedy und nachdenklichen bis tragischen Momenten,
Gabriel Byrnes charismatischer Performance sowie natürlich dem
glänzenden Soundtrack viel zu gut unterhält, um sich über die
unbestreitbaren Schwächen großartig zu ärgern. Einfach ein schöner
kleiner Film.
Fazit:
"Death of a Ladies' Man" ist eine amüsante kanadische
Tragikomödie mit einem tollen Hauptdarsteller, die zwar ganz
auf Fans von Leonard Cohen zugeschnitten ist, aber generell sehr
solide Unterhaltung bietet.
Wertung:
7,5 Punkte.
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