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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 19. Januar 2021

LLORONAS FLUCH (2019)

Originaltitel: The Curse of La Llorona
Regie: Michael Chaves, Drehbuch: Mikki Daughtry und Tobias Iaconis, Musik: Joseph Bishara
Darsteller: Linda Cardellini, Raymond Cruz, Roman Christou, Jaynee-Lynne Kinchen, Patricia Velásquez, Sean Patrick Thomas, Irene Keng, Tony Amendola, Marisol Ramirez
Lloronas Fluch (2019) on IMDb Rotten Tomatoes: 28% (4,6); weltweites Einspielergebnis: $123,1 Mio.
FSK: 16, Dauer: 94 Minuten.
Los Angeles, 1973: Nachdem ihr Ehemann, ein Polizist, wenige Monate zuvor gestorben ist, hat die Sozialarbeiterin Anna Tate-Garcia (Linda Cardellini, "Green Book") nicht allein mit der Trauerarbeit zu tun, sondern auch damit, ihren fordernden Job mit der Erziehung ihrer beiden kleinen Kinder Chris (Roman Christou) und Samantha (Jaynee-Lynne Kinchen, "Self/less") in Einklang zu bringen. Emotional noch stärker gefordert wird Anna, als die Kinder von Patricia (Patricia Velásquez, "Die Mumie") – einer Frau, die sie schon seit langem betreut – ermordet aufgefunden werden, nachdem Anna sie wegen Verdachts der Mißhandlung durch ihre Mutter vorübergehend einer kirchlichen Einrichtung übergeben hatte. Patricia besteht darauf, sie habe ihre Kinder nur vor La Llorona schützen wollen und Anna habe durch ihr Eingreifen deren Tod zu verantworten. Schon bald müssen Anna und ihre Kinder feststellen, daß La Llorona nicht nur eine Figur aus einer alten mexikanischen Volkssage ist, sondern ein sehr realer, gefährlicher Geist, der es nun auf Chris und Sam abgesehen hat und sie wie vor 300 Jahren ihre eigenen Kinder ertränken will! Unterstützung findet Anna bei dem Schamanen und Ex-Priester Rafael Olvera (Raymond Cruz, TV-Serie "Major Crimes") …
 
Kritik:
Filmuniversen sind bekanntlich spätestens seit dem gigantischen Erfolg des Marvel Cinematic Universe der letzte Schrei in Hollywood, auch wenn viele Kopierversuche von überschaubarem (DC Extended Universe, das erst richtig durchstartete, als man nach einem Strategiewechsel mit "Wonder Woman" und "Aquaman" auf weitestgehend eigenständige Filme setzte) bis gar keinem Erfolg (Dark Universe) gekrönt waren. Ein etwas unter dem Radar laufendes, aber in kommerzieller Hinsicht höchst einträgliches Beispiel ist hingegen das "Conjuring"-Universum, in dem Mastermind James Wan ausgehend von den bislang zwei "Conjuring"-Filmen (ein dritter ist für 2021 vorgesehen) ein sich immer weiter entfaltendes Konstrukt mit zahlreichen Prequel-Spin-Offs geschaffen hat. Zwar reichen die weltweiten Einspielergebnisse von "Annabelle 1-3", "The Nun" und "Lloronas Fluch" zumeist nicht an die der beiden "Conjuring"-Filme heran, was mit Sicherheit auch in der zumeist mittelmäßigen Qualität begründet liegt – doch angesichts chronisch niedriger Produktionskosten (bislang teuerster Vertreter Film ist "Conjuring 2" mit unspektakulären $40 Mio.) haben sich diese Spin-Offs zu echten Cash Cows entwickelt. Und "Lloronas Fluch" macht da keine Ausnahme, obwohl er mit einem globalen Einspielergebnis von gut $120 Mio. mit Abstand der am wenigsten besuchte Film der Reihe ist – dafür kostete er eben auch nur $9 Mio. und spielte somit weit mehr als das Zehnfache seines Budgets wieder ein. Bislang scheint die überschaubare Qualität der Spin-Offs dem Erfolg des Universums nicht zu schaden, vielleicht deshalb, weil sie zwar überwiegend höchst mittelmäßig ausfallen, aber noch kein qualitativer Totalausfall dabei war. "Lloronas Fluch" ist ebenfalls weitgehend frei von Originalität und Einfallsreichtum, bietet aber routiniert inszenierte Gruselkost auf einem soliden Niveau. Offenbar reicht das vielen Genrefans bereits aus.
 
Drei Aspekte von "Lloronas Fluch" sorgen dafür, daß sich das Ansehen für Freunde des Genres einigermaßen lohnt: Linda Cardellini, das Kreaturendesign und ein recht effektiver Einsatz von Gruseleffekten. Gerade bei Horrorfilmen, die inhaltlich wenige oder keine Glanzpunkte setzen, ist eine charismatische Hauptfigur sehr wichtig – bei "Lloronas Fluch" hätte man dafür kaum eine bessere Wahl als Linda Cardellini treffen können. Die "Emergency Room"-Alumna kommt seit jeher ausgesprochen sympathisch rüber und sorgt dafür, daß man als Zuschauer gerne mit ihr mitfiebert. Daß sie hier als Anna eine junge Witwe mit zwei kleinen Kindern spielt, verstärkt das Mitgefühl nur noch und daß die Aktrice zusätzlich noch etwas fürs Auge bietet, schadet natürlich nicht. Generell ist das Ensemble von "Lloronas Fluch" gut ausgesucht, wobei neben Cardellini vor allem die beiden Kinder-Darsteller und Raymond Cruz als grantiger Exorzist – den ich gerne in weiteren Filmen aus dem "Conjuring"-Universum sehen würde, zu dem es übrigens mit dem für wenige Szenen auftretenden Pater Perez (Tony Amendola) aus "Annabelle" eine direkte Verbindung gibt – hervorstechen. Die Hauptlast des Films trägt jedoch zweifellos Linda Cardellini, und das macht sie sowohl in den ruhigen Szenen als auch als zwischen Angst und von ihrem Mutterinstinkt getriebener Stärke schwankenden Gruselsequenzen ausgezeichnet.
 
Die zweite Stärke von "Lloronas Fluch" ist das Kreaturendesign, was in diesem Fall vor allem die Gestaltung der geisterhaften La Llorona betrifft. Diese Figur aus einer Volkssage, deren traurige Geschichte wir im arg kurzen Prolog gezeigt bekommen, ist schaurig-schön gestaltet, vermittelt ihre Tragik gekonnt und erzeugt mit ihren gut getimten Auftritten gepflegten Grusel. Umso bedauerlicher ist es, daß das Drehbuch von "Lloronas Fluch" das erzählerische Potential der Legende nicht ansatzweise ausschöpft. Anstatt näher auf deren Hintergründe einzugehen, sie in die Gegenwarts-Handlung einzuflechten und der Story somit einen stärkeren emotionalen Unterbau zu verleihen, dient sie nur als Alibi-Hintergrund für eine klassische Geistergeschichte von der Stange (was ebenso auf das 1970er Jahre-Setting zutrifft, das kaum auffällt). Diese hat immerhin, womit wir beim dritten Pluspunkt angelangt wären, solide Gruseleffekte zu bieten, die von Langfilm-Regiedebütant Michael Chaves durchaus routiniert in Szene gesetzt sind. Die obligatorischen Jumpscares gibt es natürlich, Chaves zügelt sich bei ihrem Einsatz allerdings genügend, daß sie ihre Wirkung kaum verlieren. Leider stehen den drei Stärken von "Lloronas Fluch" einige Schwächen entgegen, die vor allem auf das Drehbuch zurückgehen. La Lloronas übernatürlich Kräfte beispielsweise wirken gerade gegen Ende nicht in sich stimmig, wenn sie etwa keine geschlossenen Türen öffnen, aber scheinbar unbegrenzt Gegenstände manipulieren kann – auch solche hinter geschlossenen Türen. Für etwas Frust unter Horrorfans könnte die Tatsache sorgen, daß es vor dem Finale – durchaus vergleichbar mit dem Schwester-Spin-Off "The Nun" – gar nicht so viele Gruselmomente gibt. Stattdessen versucht der Film mit einigen Nebenhandlungssträngen für Abwechslung zu sorgen (oder einfach Zeit zu schinden, um auf 90 Minuten zu kommen), die ebenso vorhersehbar wie überflüssig sind und fast schon folgerichtig komplett im Sand verlaufen. Der Showdown selbst ist immerhin solide gestaltet und wartet mit ein paar gelungenen Effekten auf, wenn er auch nicht sonderlich spektakulär daherkommt und teils arg konstruiert wirkt (Samanthas Puppe). Insgesamt ist "Lloronas Fluch" handwerklich ordentliche Horror-Massenware, die vor allem durch die charismatische Hauptdarstellerin ganz leicht über Mittelmaß hinausragt.
 
Fazit: "Lloronas Fluch" ist ein routiniert inszenierter Gruselfilm aus dem "Conjuring"-Universum, der seinen eklatanten Mangel an Originalität mit einer grundsympathischen Heldin und einem gelungenen Kreaturendesign einigermaßen wettmacht.
 
Wertung: Knapp 6 Punkte.
 
 
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