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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 12. Februar 2019

AQUAMAN (3D, 2018)

Regie: James Wan, Drehbuch: David Leslie Johnson-McGoldrick und Will Beall, Musik: Rupert Gregson-Williams
Darsteller: Jason Momoa, Amber Heard, Patrick Wilson, Nicole Kidman, Willem Dafoe, Dolph Lundgren, Temuera Morrison, Yahya Abdul-Mateen II, Michael Beach, Ludi Lin, Randall Park, Graham McTavish, Robert Longstreet, John Rhys-Davies (Stimme), Julie Andrews (Stimme), Djimon Hounsou (Stimme), Leigh Whannell
 Aquaman
(2018) on IMDb Rotten Tomatoes: 66% (6,0); weltweites Einspielergebnis: $1148,5 Mio.
FSK: 12, Dauer: 144 Minuten.

Arthur Curry (Jason Momoa, "Justice League"), Sohn der atlantischen Königin Atlanna (Nicole Kidman, "Der Goldene Kompaß") und des menschlichen Leuchtturmwärters Thomas (Temuera Morrison, "Green Lantern"), ist spätestens seit seinem Kampf als ein Teil der Justice League gegen den außerirdischen Oberbösewicht Steppenwolf als Superheld bekannt – obwohl er sich nicht wirklich als Held sieht und am liebsten seine Ruhe hat. Umso ärgerlicher, als eines Tages die atlantische Prinzessin Mera (Amber Heard, "Machete Kills") auftaucht und Arthur drängt, endlich sein Recht als Erstgeborener der Königin auf den Thron von Atlantis zu beanspruchen. Dafür hat sie einen guten Grund: Der aktuelle König Orm (Patrick Wilson, "Little Children"), Arthurs Halbbruder, will sich zum "Ocean Master" küren lassen. Als Oberbefehlshaber über die sieben Unterwasser-Reiche würde er sodann den Krieg gegen die Menschen an der Oberwelt beginnen, da deren fortgesetzte Meeresverschmutzung allmählich existenzbedrohend wird für alle Meeresbewohner. Mit Meras Vater König Nereus (Dolph Lundgren, "The Expendables 2") hat Orm den ersten Herrscher bereits überzeugt – einzig Aquaman kann einen für beide Seiten verlustreichen Krieg noch verhindern. Doch da er als bislang im Reich der Menschen lebendes Halbblut nicht ohne weiteres von den Atlantern akzeptiert würde, muß Arthur mit Meras Hilfe zuerst den sagenumwobenen Dreizack des ersten atlantischen Herrschers Atlan finden …

Kritik:
Nachdem das DC Extended Universe Ende 2017 mit dem Superhelden-Aufeinandertreffen in "Justice League" anstatt des anvisierten Höhepunktes einen bedenklichen kommerziellen wie auch qualitativen Tiefpunkt erreicht hatte (wobei ersteres bei einem weltweiten Einspielergebnis von immer noch gut $650 Mio. natürlich sehr relativ ist), nahmen sich die Verantwortlichen klugerweise ein gutes Jahr Zeit bis zum nächsten Film. Schließlich war klar, daß dessen Erfolg oder Mißerfolg wegweisend für das gesamte Franchise-Konzept sein würde. Dementsprechend ist es auch nicht weiter verwunderlich, daß sich "Aquaman" bis auf eine kurze Randbemerkung über die Geschehnisse in "Justice League" als eine Stand-Alone-Geschichte präsentiert, die sich nicht um Batman oder Superman schert, sondern sich ganz auf den weniger bekannten und populären Aquaman konzentriert. Das erweist sich als gute Entscheidung, denn ähnlich wie die "Thor"-Filme bei Konkurrent Marvel erweitert auch "Aquaman" das Filmuniversum um neue, deutlich fantasylastige Facetten, die im Verbund mit einer bemerkenswert humorvollen Präsentation gerade angesichts der bleiernen Schwere der ersten DCEU-Filme ("Man of Steel", "Batman v Superman") für wohltuende Abwechslung sorgen. Da James Wan ("Conjuring") mit einigen inszenatorischen Finessen zudem einmal mehr beweist, daß er zu den talentiertesten Genre-Regisseuren seiner Generation zählt, ist "Aquaman" trotz eines nur phasenweise völlig überzeugenden Drehbuches vielleicht sogar der beste DCEU-Film (mit "Wonder Woman" als einziger echter Alternative), auf jeden Fall aber der unterhaltsamste!

Anders als bei "Wonder Woman" macht man sich bei "Aquaman" auch nicht die Mühe, eine Alibi-Rahmenhandlung zu gestalten, sondern legt unvermittelt mit der (von Arthur rückblickend erzählten) Origin-Story des Protagonisten los. Das mag angesichts dessen, daß wir Aquaman ja bereits in anderen Filmen kennengelernt haben, etwas unelegant wirken, aber das läßt sich kaum vermeiden angesichts des von Anfang an fragwürdigen DCEU-Konzepts, mit Team-Up-Filmen zu beginnen und (abgesehen von Superman in "Man of Steel") erst dann zu Solofilmen der einzelnen Heroen überzugehen. Jedenfalls ist der Rückblick aufs Kennenlernen von Thomas Curry und Königin Atlanna gut gemacht, zumal es natürlich eine Freude ist, eine so begnadete Schauspielerin wie Nicole Kidman einmal in einem inhaltlich eher anspruchslosen Superhelden-Blockbuster zu erleben. Kritiker mögen einwenden, daß ihre Fähigkeiten in einem solchen Film verschwendet seien und dem könnte ich nicht allzu energisch widersprechen – trotzdem finde ich es einfach schön, Schauspieler diesen Kalibers ab und zu in einer reinen Fun-Rolle (die sie nach eigener Aussage ihren Kindern zuliebe akzeptierte) bewundern zu können. Nach diesem nicht wirklich originellen, jedoch definitiv netten Prolog geht es dann aber in medias res, als Arthur sich mit High-Tech-Piraten anlegt und sich mit einer schweren Entscheidung gleich mal einen Erzfeind fürs Leben schafft – David Kane alias Black Manta (Yahya Abdul-Mateen II, "Greatest Showman"). Der dient als sekundärer Bösewicht von "Aquaman", der unseren Helden die gesamten knapp zweieinhalb Stunden lang wiederholt beschäftigt, während sich der Haupt-Antagonist um Wichtigeres kümmert. Mit Patrick Wilson (der bereits in den "Conjuring"- und "Insidious"-Gruselreihen für Wan vor der Kamera stand) hat man eine perfekte Besetzung für König Orm gefunden, der die Ambivalenz dieses großartigen Antagonisten gekonnt in Mimik und Gestik herausarbeitet. Wobei das mit dem "großartigen Antagonisten" bedauerlicherweise nur auf die erste Filmhälfte zutrifft. Da wird Orm dem Publikum als ein Herrscher präsentiert, der zwar zu, nunja, extremen Maßnahmen greift, dessen Taten und Ziele jedoch grundsätzlich nachvollziehbar sind. Schließlich geht es ihm primär um die Verteidigung der Unterwasserwelt gegen den erwiesenermaßen sehr schädlichen Einfluß der Menschen, welche die Meere wider besseres Wissen noch immer nach Lust und Laune und ohne Rücksicht auf die langfristigen Folgen keineswegs nur für die Meeresbewohner verschmutzen (auch wenn sich inzwischen zumindest ein gewisses politisches Bewußtsein für die Problematik gebildet hat). Dieser Öko-Anstrich mag manchem Zuschauer ein wenig aufgesetzt wirken, er ergibt aber absolut Sinn und sorgt dafür, daß Orm alles andere als ein typischer Comic-Bösewicht ist. Seine Methoden sind zweifellos fragwürdig und über seinen Pessismismus hinsichtlich des Besserungspotentials der Menschen kann man ebenfalls streiten, aber er ist definitiv nicht "böse". Das zeigt auch sein Umgang mit Arthur, denn "Aquaman" unterläuft die Blockbuster-Konventionen und damit die Erwartungen des Publikums mit einer überraschend frühen und sehr emotionalen Konfrontation der Halbbrüder, die sich zum ersten Mal treffen und deren Leben durch das gleiche Ereignis ganz entscheidend geprägt wurde – ihre Mutter wurde von Orms Vater den monströsen Trench geopfert, als er von Arthur erfuhr –, wenn auch in komplett unterschiedliche Richtungen.

Nach diesem frühen, ziemlich episch umgesetzten Höhepunkt, der logischerweise noch ohne finale Entscheidung endet (sonst wäre der Film ja an dieser Stelle vorbei), ändert sich der Ton des Films deutlich. Die Schnitzeljagd, auf die sich Arthur mit der idealistischen Prinzessin Mera begibt, bringt Tempo in die Handlung und erinnert stilistisch vermutlich nicht ungewollt an die "Indiana Jones"-Filme. Da ist es hilfreich, daß Hauptdarsteller Jason Momoa wieder einmal ähnlich charismatisch agiert wie dereinst Harrison Ford als Indy, auch wenn das Drehbuch ihm manchmal einen etwas zu kindischen Humor verpaßt. Dennoch ist Momoas hochsympathische Präsenz einer der vielen Gründe, warum "Aquaman" so gut funktioniert, zumal die Chemie mit Mera-Darstellerin Amber Heard in ihrer neckischen Beziehung stimmt, in der Mera übrigens sogar die besten Oneliner abbekommt ("Sagen wir so: Du denkst am besten, wenn du gar nicht denkst."). Gelungen ist auch die Dualität des Kennenlernens einer fremden Welt, denn es ist nicht nur Atlantis mit seinen vielfältigen Bewohnern und seltsamen, archaischen Gebräuchen eine ganz neue, gewöhnungsbedürftige Erfahrung für Arthur, sondern das gilt vermutlich sogar noch mehr für Mera bei ihrem ersten richtigen Ausflug in die Oberwelt. Beide lernen jedoch schnell auch die Reize dieser neuen Erfahrungen kennen, was vor allem bei Meras Besuch auf Sizilien ebenso amüsant wie gefühlvoll umgesetzt ist (zu den Klängen von Roy Orbisons "She's a Mystery to Me"). Allzu einfallsreich ist die Schnitzeljagd an sich nicht, aber Spaß macht sie ohne Frage. Problematischer ist, daß, wie angedeutet, Orm unter dieser Handlungsentwicklung leidet. Denn während Arthur und Mera zu König Atlans Dreizack unterwegs sind, versucht Orm weiter, genügend Anführer der Unterwasserreiche auf seine Seite zu bringen, um sich endlich zum Ocean Master ernennen zu lassen. Theoretisch klingt das durchaus spannend und birgt reichlich erzählerisches Potential in sich – so viel gar, daß man ohne größere Probleme einen eigenen Film daraus hätte machen können –, das aber so gut wie gar nicht ausgereizt wird. Orms Weg zur Quasi-Alleinherrschaft wird in kurzen, geradlinigen Sequenzen geschildert, die dann leider doch noch dafür sorgen, daß er von dem ursprünglichen zwiespältigen Anti-Helden zu einem ziemlichen Klischee-Bösewicht verkommt. Rational betrachtet ist dieses Vorgehen zwar nachvollziehbar, da die Laufzeit des Films (trotz der fast zweieinhalb Stunden) nunmal begrenzt und Orm nicht die Hauptfigur ist. Trotzdem ist es ausgesprochen schade, daß der so vielversprechend etablierte Orm in der zweiten Hälfte so schnöde behandelt wird und damit auch Wilsons großes Talent nur noch vereinzelt durchscheint – ähnlich sieht es bei seinem Verbündeten König Nereus aus, der von Dolph Lundgren ausgesprochen würdevoll interpretiert wird und ebenfalls mehr Screentime verdient hätte. Eine Möglichkeit dafür wäre es vielleicht gewesen, auf Black Manta zu verzichten, aber andererseits hätten dann Arthur und Mera auf ihrer Schnitzeljagd nicht allzu viel zu tun gehabt. Schwere Entscheidung.

Das größte Alleinstellungsmerkmal von "Aquaman" ist die äußerst phantasievoll umgesetzte Unterwasserwelt. Zwar ist die Qualität der zahllosen Spezialeffekte nicht immer gleich hoch, insgesamt sind Atlantis und Co. aber sehr beeindruckend umgesetzt. Nach dem Trailer war ich in dieser Hinsicht noch etwas skeptisch, weil alles so bunt wirkte, aber innerhalb des Films kommt das (auch in 3D) richtig gut rüber. Hilfreich ist natürlich das exzellente Kreaturendesign gerade bei den nicht-humanoiden Meeresbewohnern wie den offensichtlich von H.P. Lovecraft inspirierten Trench (über deren Reich übrigens ein Spin-Off-Film geplant ist). Generell sind die farbenfrohen Unterwasserszenen visuell sehr überzeugend, wobei vor allem Meras Fähigkeiten beeindruckend visualisiert sind. Teilweise erinnert das Szenario naheliegenderweise an Jules Verne (nicht ohne Grund beginnt der Film mit einem Zitat von ihm), aber auch ein wenig an "Der Herr der Ringe" unter Wasser, angereichert mit einem Schuß Verrücktheit (bestes Beispiel: der "Schlagzeug-Oktopus", der mich an den Flammenwerfer-Gitarristen in "Mad Max: Fury Road" erinnert hat). Wie bei den meisten Superhelden-Filmen gibt es für meinen Geschmack etwas zu viele Actionszenen, doch die Kämpfe und Verfolgungsjagden sind wenigstens sehenswert choreographiert, wobei Regisseur James Wan und sein Kameramann Don Burgess ("Flight") sich unter anderem mit einigen ungewöhnlichen Kamerafahrten von der Genremasse abheben. Dazu kommt die hörenswerte, wuchtige musikalische Untermalung durch den Hans Zimmer-Schüler Rupert Gregson-Williams (der sich wohl vor allem die "Batman"-Scores seines Mentors zum Vorbild genommen hat), die dafür sorgt, daß die Actionsequenzen noch ein Stückchen mitreißender wirken als sie es ohnehin sind. Der größte Schwachpunkt des Films ist übrigens die dramatische Enthüllung, die er Protagonisten und Publikum im letzten Akt offenbart – denn die ist dermaßen vorhersehbar, daß sie außer den Filmfiguren niemanden erstaunen dürfte … Aber das ist verkraftbar, da der restliche Film so ungemein unterhaltsam ist und im Kern dank der vergleichsweise ausführlich etablierten persönlichen Verbindungen auch erfreulich viel Herz hat. Ich freue mich auf die Fortsetzung!

Fazit: "Aquaman" ist der vielleicht beste, auf jeden Fall der unterhaltsamste Film aus dem DC Extended Universe bis dahin, was an einer wenig einfallsreichen, aber leichtfüßig und humorvoll präsentierten Geschichte ebenso liegt wie an den charismatischen Darstellern und einer sehr phantasievollen visuellen Gestaltung.

Wertung: Knapp 8,5 Punkte.


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