Originaltitel: The Mummy
Regie: Alex Kurtzman, Drehbuch: David Koepp, Christopher
McQuarrie und Dylan Kussman, Musik: Brian Tyler
Darsteller: Tom Cruise, Sofia Boutella, Annabelle Wallis,
Russell Crowe, Jake Johnson, Simon Atherton,
Courtney B. Vance, Marwan Kenzari, Selva Rasalingam, Dylan Kussman
Die befreundeten Soldaten Nick Morton (Tom Cruise, "Edge of Tomorrow") und Chris Vail (Jake Johnson, "Jurassic World")
nutzen eine Aufklärungsmission in der von Islamisten besetzten Region des
Irak, um (unerlaubterweise) wertvolle Altertumsschätze zu bergen und dann teuer zu
verschachern – als Grundlage für ihre Suche dient ihnen eine Karte, die Nick der attraktiven
Archäologin Jenny Halsey (Annabelle Wallis, "King Arthur: Legend of the Sword") gestohlen hat. Da sie jedoch unter schweren Beschuß der Islamisten
geraten und von der Armee gerettet werden müssen, fliegt ihr waghalsiger Plan
auf. Daß sie nicht allzu viel Ärger bekommen, liegt daran, daß sie
tatsächlich einen sensationellen Fund gemacht haben: Mehr als 1000
Kilometer von Ägypten entfernt liegt hier die Mumie der Prinzessin Ahmanet (Sofia
Boutella, "Star Trek Beyond") in ihrem Sarkophag. Expertin Jenny
erkennt zwar bald, daß es sich weniger um ein Grabmal als vielmehr um ein Gefängnis handelt,
dennoch wird der Sarkophag samt Inhalt in einen Militärtransporter Richtung
London verfrachtet, wo Dr. Henry Jekyll (Russell Crowe, "The Nice Guys") die Mumie untersuchen soll, ein Vetreter der Geheimorganisation
"Prodigium". Die nicht wirklich tote und noch immer höchst ehrgeizige
Ahmanet hat allerdings unbemerkt bereits eine starke geistige Verbindung zu
Nick aufgebaut, der sie als erstes erblickte …
Kritik:
In den 1930er Jahren geriet das von dem gebürtigen Deutschen
Carl Laemmle aus der Taufe gehobene Filmstudio Universal in eine bedenkliche Schieflage.
Den Wechsel vom Stumm- zum Tonfilm meisterte man zwar aus qualitativer Sicht
sehr überzeugend (z.B. mit Lewis Milestones Anti-Kriegs-Meisterwerk "Im Westen
nichts Neues"), kommerziell blieb man aber häufig hinter den
Erwartungen zurück und mußte – auch als Folge der Weltwirtschaftskrise – die
komplette Dekade über Verluste verbuchen. Wer weiß, vielleicht hätte das Studio
diese Phase gar nicht überstanden, wären da nicht die "Monsterfilme"
gewesen. 1931 eröffnete "Dracula" den Reigen günstig produzierter,
aber dank talentierten Personals vor und hinter der Kamera hochwertiger
Horrorfilme, die überwiegend auf Grundlage populärer Romane viele Erfolge
feiern konnten und unter Cineasten bis heute geschätzt werden. Neben
Dracula, Frankenstein, dem Wolfsmensch und dem Unsichtbaren war auch die Mumie Teil dieses revolutionären Filmuniversums, das sich zwar nicht
durch eine innere Story-Kontinuität auszeichnete, wie wir sie heutzutage etwa
aus dem Marvel Cinematic Universe kennen, aber mit dem speziell in den 1940er
Jahren fast schon exzessiven Rückgriff auf Crossover á la "Frankenstein
Meets the Wolf Man" unzweifelhaft ein Vorreiter heutiger Marktmechanismen
war. "Die Mumie", 1932 als Regiedebüt des 1937 für "Die gute Erde" OSCAR-gekrönten stilbildenden deutschen Kameramanns Karl Freund ("Der Golem, wie er in die
Welt kam", "Metropolis", "Dracula") und ausnahmsweise
ohne literarische Vorlage in die Kinos gebracht, glänzte wie die übrigen frühen
Universal-Monsterfilme speziell durch eine ungemein stimmige Gruselatmosphäre
und eine paßgenaue Besetzung. Vor allem der kantige, unvergeßliche Boris Karloff bewies
kurz nach seinem Debüt in seiner bekanntesten Rolle als Frankensteins Kreatur
in "Frankenstein" erneut, wie spielerisch leicht und charismatisch er die Kreaturen der Finsternis
zum Leben erwecken und tief im Gedächtnis des Publikums verankern konnte, aber
auch die wunderbare Zita Johann (die ihrer vielversprechenden Filmkarriere
leider bereits nach vier Jahren ein Ende setzte, weil sie die Branche als zu
oberflächlich empfand und sich deshalb lieber komplett dem Theater widmete)
glänzte in der weiblichen Hauptrolle.
Dieser gar nicht so kurze Exkurs in die Frühzeit der
Filmgeschichte ist für das Verständnis des bereits zweiten Reboots von
"Die Mumie" selbstverständlich überflüssig. Jedoch ist die zweite Regiearbeit des lange im TV tätigen "Fringe"-Co-Schöpfers Alex Kurtzman (nach dem Drama "Zeit zu leben") bedauerlicherweise dermaßen belanglos geraten, daß ich gerade als Kontrast
die faszinierenden Ursprünge dieser im doppelten Wortsinne langlebigen
Kinofigur keinesfalls übergehen will – zumal man den heutigen Filmemachern nur empfehlen kann nachzuforschen, warum die damaligen Universal-Monsterfilme so gut
funktioniert haben, und sich ein bißchen etwas davon abzuschauen. Zugegeben,
ansatzweise ist das bei der 2017er-Version sogar der Fall, denn während Stephen
Sommers' erster Neustart aus dem Jahr 1999 mit Brendan Fraser und Rachel
Weisz abgesehen von dem selbstbewußt zur Schau getragenen B-Movie-Charme
stilistisch eher wenig mit dem Original zu tun hatte und vorrangig auf Humor,
Massenszenen und teure Spezialeffekte setzte, orientiert sich Kurtzmans Film
doch etwas stärker an Freunds Werk. Zumindest gilt das für die erste Hälfte, in der
sich Kenner der alten Monsterfilme über einige nette Verbeugungen vor den
Klassikern freuen können, speziell was die stimmungsvolle Verwendung
mittelalterlicher Gemäuer und Straßen in und nahe London betrifft. Leider zieht
Kurtzman das aber nicht konsequent durch, sondern setzt in der
zweiten Filmhälfte auf einen regelrechten Action-Overkill – und natürlich ist
der komplette Film von hauptsächlich in Nicks omnipräsenten Onelinern manifestiertem
Humor durchzogen, der manchmal wirklich witzig ist, sich insgesamt aber zu selten harmonisch in das Geschehen einfügt. Im Grunde genommen ist
"Die Mumie" mit diesem allzu offensichtlichen Versuch, möglichst
jedem Zuschauersegment etwas von dem zu bieten, das es theoretisch ins Kino
lockt, ein Paradebeispiel für die ewige Hollywood-Suche nach der eierlegenden
Wollmilchsau – ewig, aber (bislang) vergeblich. Und da sich das bei
"Die Mumie" auch in überwiegend mittelmäßigen Zuschauerzahlen
niederschlägt (nur in Asien läuft es richtig gut), darf der lange verzögerte Start von
Universals neuem "Dark Universe" als ziemlich holprig verbucht
werden; wenn die Zahlen auch gut genug sind, um den Fortbestand des
neuen Filmfranchises nicht sofort wieder in Frage zu stellen.
Dabei gibt es durchaus Argumente, die für "Die Mumie" sprechen. Interessant ist etwa die recht
ungewöhnliche Storystruktur, die uns bereits zur Filmmitte jenen Kampf liefert, den man eigentlich für den Showdown erwartet hätte und dann noch einmal eine ganz andere Richtung
einschlägt. Allerdings funktioniert das aufgrund der inhaltlichen
Ideenlosigkeit für den komplett auf Action setzenden finalen Akt nur bedingt. Auch
Nicks anfängliche Stellung als Anti-Held ist eine nette Variation vom gängigen
Vorgehen, wenngleich seine Wandlung vom selbstsüchtigen, verantwortungslosen
Egoisten zum noblen Helden natürlich auch nicht gerade vor Originalität sprüht
und in der Umsetzung arg klischeehaft geraten ist. Und schließlich gibt
Sofia Boutella eine richtig gute Mumie ab, der das Drehbuch jedoch kaum die
Möglichkeit gewährt, Profil zu entwickeln, weshalb ihre Figur
letztlich verschenkt bleibt. Gerade im Vergleich zu Sommers' Version
der Geschichte fällt das ins Auge, denn ein Erfolgsgeheimnis seines Films war,
daß der von Arnold Vosloo charismatisch verkörperte Hohepriester Imhotep
auch dank zahlreicher Rückblenden ins antike Ägypten und einer zwar nicht spektakulär
einfallsreichen, jedoch sehr glaubwürdigen Motivation ein großartiger
Kontrahent war. Ahmanet kann zwar gut kämpfen und hat eine düster-mysteriöse
Ausstrahlung – das war's dann aber auch schon wieder, zumal der Prolog der
einzige nennenswerte Ausflug in die Vergangenheit bleibt.
Jenes Gefühl der Epik, das Sommers' Film auch aufgrund des exotischen Wüstensettings und trotz des
B-Movie-Tonfalls auszeichnete, geht Kurtzmans "Die Mumie" komplett ab, auch nach dem
ziemlich schnellen Wechsel nach London gelingt es trotz einiger kurzer
Massenszenen kaum, dem Publikum die angeblich so gewaltige Gefahr zu
vermitteln, die von Ahmanet und ihrem sinistren Plan ausgeht. Es ist schon
ironisch, daß dem ebenfalls mängelbehafteten, aber deutlich originelleren und
unterhaltsameren "Dracula Untold" nachträglich doch die Stellung
als Anfangspunkt des "Dark Universe" verweigert wurde, nur damit es mit einem so generischen Actionfilm wie "Die Mumie" eröffnet
wird. Zugegebenermaßen ist das neue Universum inhaltlich nun aber sorgfältiger
vorbereitet, wie man an der Figur des Dr. Jekyll wie auch der Organisation Prodigium
erkennt, die beide in den weiteren "Dark Universe"-Werken noch eine große Rolle spielen sollen.
Russell Crowe ist dabei eine gute Besetzung für Dr. Jekyll, womit diese Figur dem eigentlichen Protagonisten Nick einiges voraus hat. Denn es ist – vor allem bei den häufig eher infantilen Sprüchen, die er von sich gibt – unverkennbar, daß die Rolle eigentlich wohl für einen deutlich jüngeren Schauspieler als Cruise konzipiert wurde. Es mutet schon kurios an, ausgerechnet einen (wenngleich immer noch topfitten) 54-Jährigen in einer actionbetonten Rolle zu besetzen, die er im Idealfall auch noch in zehn Jahren spielen soll. Zwar funktioniert das Zusammenspiel mit Sidekick Jake Johnson und Love Interest Annabelle Wallis trotz der 15 respektive 22 Jahre Altersdifferenz gut und schauspielerisch kann man Tom Cruise kaum etwas vorwerfen; trotzdem handelt es sich alles in allem eine fragwürdige Besetzungsentscheidung – zumal man auch die heftige Charakterwandlung einem jüngeren Nick eher abkaufen würde (Stichwort "Arroganz der Jugend"). Inhaltlich und konzeptionell gibt es also reichlich Grund zur Kritik an "Die Mumie", aber zumindest die Spezialeffekte entsprechen absolut dem heutigen hochwertigen Standard – ein spektakulärer Flugzeugabsturz ist sogar herausragend in Szene gesetzt. Die nachträgliche 3D-Konvertierung hat hingegen mit ähnlichen Problemen (Ghosting, körniges Bild in dunklen Szenen) zu kämpfen wie dies etwa bei "King Arthur: Legend of the Sword" der Fall war. Insgesamt ist "Die Mumie" also ein mäßiger Auftakt für das "Dark Universe", bei aller Kritik gilt aber auch, daß das vergleichsweise unkonventionelle Ende viel Potential für eine Fortsetzung bzw. für Auftritte von Nick in anderen "Dark Universe"-Filmen birgt (und nachträglich sogar ein bißchen die Cruise-Besetzung rechtfertigt).
Russell Crowe ist dabei eine gute Besetzung für Dr. Jekyll, womit diese Figur dem eigentlichen Protagonisten Nick einiges voraus hat. Denn es ist – vor allem bei den häufig eher infantilen Sprüchen, die er von sich gibt – unverkennbar, daß die Rolle eigentlich wohl für einen deutlich jüngeren Schauspieler als Cruise konzipiert wurde. Es mutet schon kurios an, ausgerechnet einen (wenngleich immer noch topfitten) 54-Jährigen in einer actionbetonten Rolle zu besetzen, die er im Idealfall auch noch in zehn Jahren spielen soll. Zwar funktioniert das Zusammenspiel mit Sidekick Jake Johnson und Love Interest Annabelle Wallis trotz der 15 respektive 22 Jahre Altersdifferenz gut und schauspielerisch kann man Tom Cruise kaum etwas vorwerfen; trotzdem handelt es sich alles in allem eine fragwürdige Besetzungsentscheidung – zumal man auch die heftige Charakterwandlung einem jüngeren Nick eher abkaufen würde (Stichwort "Arroganz der Jugend"). Inhaltlich und konzeptionell gibt es also reichlich Grund zur Kritik an "Die Mumie", aber zumindest die Spezialeffekte entsprechen absolut dem heutigen hochwertigen Standard – ein spektakulärer Flugzeugabsturz ist sogar herausragend in Szene gesetzt. Die nachträgliche 3D-Konvertierung hat hingegen mit ähnlichen Problemen (Ghosting, körniges Bild in dunklen Szenen) zu kämpfen wie dies etwa bei "King Arthur: Legend of the Sword" der Fall war. Insgesamt ist "Die Mumie" also ein mäßiger Auftakt für das "Dark Universe", bei aller Kritik gilt aber auch, daß das vergleichsweise unkonventionelle Ende viel Potential für eine Fortsetzung bzw. für Auftritte von Nick in anderen "Dark Universe"-Filmen birgt (und nachträglich sogar ein bißchen die Cruise-Besetzung rechtfertigt).
Fazit: "Die Mumie" ist ein letztlich
enttäuschendes Reboot eines Gruselklassikers, das zwar handwerklich gut gemacht
ist, jedoch über keinerlei Alleinstellungsmerkmale verfügt und in der zweiten Filmhälfte
viel zu stark auf Action setzt.
Wertung: 5,5 Punkte.
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