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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 30. Januar 2018

INSIDIOUS: THE LAST KEY (2018)

Regie: Adam Robitel, Drehbuch: Leigh Whannell, Musik: Joseph Bishara
Darsteller: Lin Shaye, Leigh Whannell, Angus Sampson, Kirk Acevedo, Bruce Davison, Caitlin Gerard, Spencer Locke, Javier Botet, Josh Stewart, Tessa Ferrer, Aleque Reid, Ava Kolker, Hana Hayes, Pierce Pope, Thomas Robie, Marcus Henderson, Patrick Wilson, Rose Byrne, Ty Simpkins, Barbara Hershey, Stefanie Scott, Joseph Bishara
Insidious: The Last Key
(2018) on IMDb Rotten Tomatoes: 33% (5,1); weltweites Einspielergebnis: $172,8 Mio.
FSK: 16, Dauer: 104 Minuten.

Im Jahr 2010 erhält Medium Elise Rainier (Lin Shaye, "Tales of Halloween") einen Anruf des Gefängniswärters Ted Garza (Kirk Acevedo, "Planet der Affen: Revolution"), in dessen Haus es spukt. Als sie erfährt, daß Garza in jenem Haus wohnt, in dem sie selbst in den 1950er Jahren aufgewachsen ist, lehnt sie Garzas Bitte um Hilfe spontan ab, entscheidet sich jedoch schnell um. Grund für ihre emotionale Aufwallung ist, daß Elise als Kind in diesem Haus unmittelbar neben einem Hochsicherheitsgefängnis erstmals mit der Geisterwelt in Berührung kam. Denn ihr Vater Gerald (Josh Stewart, "The Dark Knight Rises") war in dem Gefängnis als Henker tätig und Elise konnte die Geister der von ihm exekutierten Häftlinge sehen – was dem gewalttätigen Vater überhaupt nicht gefiel. Rund ein halbes Jahrhundert nach ihrem letzten Besuch in dem Ort, in dem sie mit ihrem jüngeren Bruder Christian aufwuchs, kehrt sie nun also mit ihren beiden Geisterjäger-Assistenten Tucker (Angus Sampson, "Mad Max: Fury Road") und Specs (Leigh Whannell, "Saw") zurück, um einen Abschluß zu suchen. Doch es erwarten sie weit größere und vielfältigere Schrecken, als sie es sich je hätte vorstellen können …

Kritik:
Langlebige Horror- oder Gruselfilmreihen gibt es seit den 1980er Jahren ("Halloween", "Freitag, der 13.", "Nightmare on Elm Street", "Saw"), allerdings müssen selbst Genrefans eingestehen, daß von den vielen Fortsetzungen, Spin-Offs und Prequels nur sehr wenige die Qualität des erfolgreichen Erstlings erreichen. Das liegt natürlich auch daran, daß meist die ursprünglichen Schöpfer nicht allzu lange bei der Reihe blieben und diese dann von anderen Händen kräftig gemolken wurde, ohne die originale künstlerische Intention allzu genau im Blick zu behalten (wenn überhaupt). Viel besser macht es die die "Insidious"-Reihe, geschaffen und konsequent vorangetrieben vom kongenialen australischen Duo James Wan (der nebenher für das extrem erfolgreiche "Conjuring"-Franchise verantwortlich zeichnet) und Leigh Whannell. Das konstante Bemühen ist auch Folge der Erfahrungen mit der ebenfalls von ihnen kreierten "Saw"-Reihe, bei der die beiden die Leitung nach dem dritten Teil abgaben – und ihnen sicher nicht der qualitative Abstieg der inzwischen achtteiligen Reihe verborgen blieb. Bei "Insidious" kann davon keine Rede sein: Der vierte Film "The Last Key" entwickelte sich trotz eher mäßiger Kritiken zum erfolgreichsten knapp vor "Chapter 2", von Ermüdungserscheinungen kann also keine Rede sein. Besagte mäßige Kritiken spielten für das Publikum offensichtlich keine allzu große Rolle (wie so oft im Horrorgenre) und ich kann sie auch nur bedingt nachvollziehen. Ja, es ist richtig, daß "The Last Key" – zeitlich zwischen dem Prequel "Chapter 3" und dem ersten "Insidious" angesiedelt, also ein Sequel des Prequels – inhaltlich kaum Neues, Originelles oder Innovatives zu bieten hat, aber die vor allem atmosphärischen Stärken der Reihe werden erneut gekonnt angewandt und als Bonus gibt es die bislang persönlichste Geschichte.

Dabei ist der Beginn noch ziemlich holprig geraten, sodaß man durchaus befürchten kann, daß der Regiewechsel vom aus Zeitgründen nur als Produzent beteiligten James Wan (der während der "The Last Key"-Dreharbeiten DCs Superhelden-Abenteuer "Aquaman" drehte) zum noch unbekannten Amerikaner Adam Robitel ("The Taking") sich negativ auswirkt. Besonders der Prolog, der in Elises wenig idyllischer Kindheit spielt und ihre erste folgenreiche Begegnung mit dem Dämon "Key Face" (Javier Botet, "Witching & Bitching") zeigt, ist wenig gelungen. Denn ärgerlicherweise setzt diese lange Einführungssequenz auf zwei der nervigsten Stilmittel, die das Genre zu bieten hat: uninspirierte Jump Scares und eine sinnlos dröhnende Tonkulisse. Das läßt Schlimmes befürchten, erfreulicherweise beschränkt sich aber beides größtenteils auf ebenjenen Prolog. Im weiteren Handlungsverlauf gibt es zwar immer noch einige Jump Scares, die sind aber so wohldosiert und clever gesetzt, wie man das von den Wan- und Whannell-Filmen kennt. Und die Akustik überhöht zwar weiterhin alle möglichen Alltagsgeräusche, um eine möglichst unbehagliche, spannungsvolle Stimmung zu generieren, tut dies dankenswerter aber wesentlich dezenter als zu Beginn. Vielleicht wurde Robitel nach dem Prolog ja von Wan und/oder Whannell darauf hingewiesen, daß solch billige, generische Schockmomente nicht zu ihren Filmen passen, vielleicht hat er es auch selber bemerkt oder wollte sich im Prolog einfach nur etwas austoben – wie dem auch sei, der Auftakt bleibt zum Glück der klar schwächste Teil von "The Last Key"!

Ansonsten punktet der Film einmal mehr vor allem mit seiner einnehmenden Hauptfigur, dem von Lin Shaye erneut vortrefflich verkörperten Medium Elise Rainier. Es war eine hervorragende Entscheidung von Autor Whannell, das Drehbuch dieses Mal komplett auf den beliebtesten Charakter der Reihe zuzuschneiden und Elises in den vorangegangenen Teilen nur angedeutete Vergangenheit in den Mittelpunkt zu stellen. Auf diese Weise fühlt sich die Handlung sehr viel persönlicher und intimer an als wenn es einfach nur um eine weitere neue Person oder Familie ginge, die von Geistern oder Dämonen heimgesucht wird. Zwar gibt es als Ausgangspunkt den Gefängniswärter Ted Garza, der Elise zu Hilfe ruft, letztlich bleibt er aber Mittel zum Zweck, auch wenn Whannells Drehbuch ihm eine keineswegs unwichtige, sich sogar recht einfallsreich entwickelnde Rolle zugesteht. Letzten Endes ist immer klar, daß es hier um Elise geht, die sich sprichwörtlich und buchstäblich mit den Dämonen ihrer Vergangenheit auseinandersetzen muß, allen voran dem allerersten Dämon ihres Lebens, vor dem (und ihrem gewalttätigen Vater) sie als Jugendliche Hals über Kopf geflohen war, ihren kleinen Bruder Christian zurücklassend. Der wohnt immer noch in dem kleinen Ort in New Mexico (nun gespielt von Bruce Davison aus "X-Men") und hat mit Melissa (Spencer Locke, "Resident Evil: Extinction") und Imogen (Caitlin Gerard, "The Assignment") zwei erwachsene Töchter, von denen Imogen die gleiche "Gabe" wie Elise zu haben scheint. Das Wiedersehen zwischen Christian und Elise verläuft nicht allzu harmonisch, doch Melissa und Imogen sind sehr neugierig auf die Tante, von deren Existenz sie bis dahin gar nichts wußten. Auf diese Weise führt "The Last Key" ganz nebenbei zwei sympathische Figuren ein, die in weiteren Filmen die Rolle der in der Reihen-Gegenwart bereits verstorbenen Elise übernehmen könnten – mit oder ohne die beiden Geisterjäger Tucker und Specs (man könnte die Reihe also sogar parallel in zwei unterschiedliche Fäden aufteilen).

Tucker und Specs sind ja seit jeher für den Humor in den "Insidious"-Filmen verantwortlich, so auch in "The Last Key". Für meine Begriffe übertreibt es das Skript diesmal allerdings damit, die beiden liebenswerten Schussel sich in immer neue haarsträubende Situationen verwickeln zu lassen. Zwar sorgt das wie gewohnt für ein paar Lacher, allzu oft sind die entsprechenden Szenen aber arg albern geraten, manche sogar ziemlich peinlich und nervig. Glücklicherweise machen das die gewohnt routiniert (und ebenso gewohnt stimmungsvoll untermalt von Joseph Bisharas verstörend-dissonanter Musik) in Szene gesetzten Gruselsequenzen wieder wett, die immer wieder gekonnt mit den Erwartungen des genreaffinen Publikums spielen, sie bisweilen gar geschickt unterlaufen – so gesehen hat der platte Prolog vielleicht sogar sein Gutes, denn nach dem traut man sich kaum noch, mit subtilen Szenen zu rechnen. Die gibt es jedoch sehr wohl und es empfiehlt sich, sich gut zu konzentrieren und die Augen offen zu halten, sonst wird einem so manch raffiniert plaziertes Detail im Hintergrund oder am Bildrand entgehen. Der Höhepunkt des Films ist aber auch in diesem Teil Elises unweigerlicher Ausflug ins "Further", jene alptraumhafte Geisterwelt, die das Alleinstellungsmerkmal der "Insidious"-Reihe darstellt und in die Elise unter hohem persönlichen Risiko eintauchen muß, um die Dämonen direkt zu konfrontieren. Seit "Insidious" sind diese einfallsreich-verstörend gestalteten Sequenzen höchst sehenswert in Szene gesetzt "The Last Key" macht da keine Ausnahme und erfreut den "Silent Hill"-Fan in mir damit, mit den endlosen, von verzerrten Kreaturen bevölkerten Korridoren der legendären Videospielreihe sogar noch ähnlicher zu sein als in den Vorgängern. "The Last Key" bringt Elises Geschichte (zumindest ihre Geschichte als lebendiger Mensch) zu einem sehr befriedigenden Abschluß und leitet mit der letzten Szene direkt zum ersten "Insidious" über (inklusive Cameos der Familie Lambert). Angesichts des großen kommerziellen Erfolges von "The Last Key" (der angesichts des Namens von einigen als Reihenabschluß betrachtet wurde, was aber meines Wissens niemals so angekündigt wurde) dürfte ein Fortbestand des Franchise gesichert sein, die Frage ist einzig, wie es konkret weitergehen wird. Aus "Insidious: Chapter 2" ist noch immer ein Cliffhanger unaufgelöst, aber wie angedeutet könnte man auch gänzlich neue Abenteuer mit Tucker und Specs oder mit Melissa und Imogen oder mit einer Kombination des Quartetts auf die Leinwand bringen. So oder so: Solange Wan und Whannell beteiligt bleiben und aufpassen, daß die Reihe ihre Stärken beibehält oder sogar fortentwickelt, freue ich mich darauf – selbst wenn inhaltliche Innovationen Mangelware bleiben sollten …

Fazit: Die Prequel-Fortsetzung "Insidious: The Last Key" hat inhaltlich absolut nichts Neues zu bieten, beglückt Genrefreunde aber nach holprigem Start mit den gewohnten atmosphärischen Stärken der Gruselreihe und bietet als Bonus die persönlichste Story bislang.

Wertung: Knapp 8 Punkte (aus Sicht eines bekennenden Gruselfreundes).


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