Regie: Adam
Robitel, Drehbuch: Leigh Whannell, Musik: Joseph Bishara
Darsteller:
Lin Shaye, Leigh Whannell, Angus Sampson, Kirk Acevedo, Bruce Davison, Caitlin
Gerard, Spencer Locke, Javier Botet, Josh Stewart, Tessa Ferrer, Aleque Reid,
Ava Kolker, Hana Hayes, Pierce Pope, Thomas Robie, Marcus Henderson, Patrick
Wilson, Rose Byrne, Ty Simpkins, Barbara Hershey, Stefanie Scott, Joseph
Bishara
FSK: 16, Dauer: 104 Minuten.
Im Jahr 2010 erhält Medium Elise Rainier (Lin Shaye,
"Tales of Halloween") einen Anruf des Gefängniswärters Ted Garza
(Kirk Acevedo, "Planet der Affen: Revolution"), in dessen Haus es
spukt. Als sie erfährt, daß Garza in jenem Haus wohnt, in dem sie selbst in den
1950er Jahren aufgewachsen ist, lehnt sie Garzas Bitte um Hilfe spontan ab,
entscheidet sich jedoch schnell um. Grund für ihre emotionale Aufwallung
ist, daß Elise als Kind in diesem Haus unmittelbar neben einem Hochsicherheitsgefängnis
erstmals mit der Geisterwelt in Berührung kam. Denn ihr Vater Gerald (Josh Stewart,
"The Dark Knight Rises") war in dem Gefängnis als Henker tätig und
Elise konnte die Geister der von ihm exekutierten Häftlinge sehen – was dem
gewalttätigen Vater überhaupt nicht gefiel. Rund ein halbes Jahrhundert nach
ihrem letzten Besuch in dem Ort, in dem sie mit ihrem jüngeren Bruder Christian
aufwuchs, kehrt sie nun also mit ihren beiden Geisterjäger-Assistenten Tucker
(Angus Sampson, "Mad Max: Fury Road") und Specs (Leigh Whannell,
"Saw") zurück, um einen Abschluß zu suchen. Doch es erwarten sie weit
größere und vielfältigere Schrecken, als sie es sich je hätte vorstellen können
…
Kritik:
Langlebige Horror- oder Gruselfilmreihen gibt es seit den
1980er Jahren ("Halloween", "Freitag, der 13.",
"Nightmare on Elm Street", "Saw"), allerdings müssen selbst
Genrefans eingestehen, daß von den vielen Fortsetzungen, Spin-Offs und Prequels
nur sehr wenige die Qualität des erfolgreichen Erstlings erreichen. Das liegt
natürlich auch daran, daß meist die ursprünglichen Schöpfer nicht allzu lange
bei der Reihe blieben und diese dann von anderen Händen kräftig gemolken wurde,
ohne die originale künstlerische Intention allzu genau im Blick zu behalten (wenn
überhaupt). Viel besser macht es die die "Insidious"-Reihe, geschaffen
und konsequent vorangetrieben vom kongenialen australischen Duo James Wan (der
nebenher für das extrem erfolgreiche "Conjuring"-Franchise
verantwortlich zeichnet) und Leigh Whannell. Das konstante Bemühen ist auch Folge der
Erfahrungen mit der ebenfalls von ihnen kreierten "Saw"-Reihe, bei der die beiden die Leitung nach dem dritten Teil abgaben – und
ihnen sicher nicht der qualitative Abstieg der inzwischen achtteiligen
Reihe verborgen blieb. Bei "Insidious" kann davon keine Rede sein: Der
vierte Film "The Last Key" entwickelte sich trotz eher mäßiger Kritiken
zum erfolgreichsten knapp vor "Chapter 2", von Ermüdungserscheinungen
kann also keine Rede sein. Besagte mäßige Kritiken spielten für das Publikum offensichtlich keine allzu große Rolle (wie so oft im Horrorgenre) und ich kann sie auch nur
bedingt nachvollziehen. Ja, es ist richtig, daß "The Last
Key" – zeitlich zwischen dem Prequel "Chapter 3" und dem ersten "Insidious" angesiedelt, also ein Sequel des Prequels –
inhaltlich kaum Neues, Originelles oder Innovatives zu bieten hat, aber die vor
allem atmosphärischen Stärken der Reihe werden erneut gekonnt angewandt und als
Bonus gibt es die bislang persönlichste Geschichte.
Dabei ist der Beginn noch ziemlich holprig geraten, sodaß
man durchaus befürchten kann, daß der Regiewechsel vom aus Zeitgründen nur als
Produzent beteiligten James Wan (der während der "The Last
Key"-Dreharbeiten DCs Superhelden-Abenteuer "Aquaman" drehte)
zum noch unbekannten Amerikaner Adam Robitel ("The Taking") sich negativ
auswirkt. Besonders der Prolog, der in Elises wenig idyllischer Kindheit spielt
und ihre erste folgenreiche Begegnung mit dem Dämon "Key Face"
(Javier Botet, "Witching & Bitching") zeigt, ist wenig gelungen. Denn ärgerlicherweise
setzt diese lange Einführungssequenz auf zwei der nervigsten Stilmittel, die
das Genre zu bieten hat: uninspirierte Jump Scares und eine sinnlos dröhnende
Tonkulisse. Das läßt Schlimmes befürchten, erfreulicherweise beschränkt sich
aber beides größtenteils auf ebenjenen Prolog. Im weiteren Handlungsverlauf
gibt es zwar immer noch einige Jump Scares, die sind aber so wohldosiert und
clever gesetzt, wie man das von den Wan- und Whannell-Filmen kennt.
Und die Akustik überhöht zwar weiterhin alle möglichen Alltagsgeräusche,
um eine möglichst unbehagliche, spannungsvolle Stimmung zu generieren, tut
dies dankenswerter aber wesentlich dezenter als zu Beginn. Vielleicht wurde
Robitel nach dem Prolog ja von Wan und/oder Whannell darauf hingewiesen, daß
solch billige, generische Schockmomente nicht zu ihren Filmen passen,
vielleicht hat er es auch selber bemerkt oder wollte sich im Prolog einfach nur
etwas austoben – wie dem auch sei, der Auftakt bleibt zum Glück der klar schwächste Teil von "The Last Key"!
Ansonsten punktet der Film einmal mehr vor allem mit seiner
einnehmenden Hauptfigur, dem von Lin Shaye erneut vortrefflich verkörperten
Medium Elise Rainier. Es war eine hervorragende Entscheidung von Autor Whannell, das
Drehbuch dieses Mal komplett auf den beliebtesten Charakter der Reihe
zuzuschneiden und Elises in den vorangegangenen Teilen nur angedeutete
Vergangenheit in den Mittelpunkt zu stellen. Auf diese Weise fühlt sich die
Handlung sehr viel persönlicher und intimer an als wenn es einfach nur um eine
weitere neue Person oder Familie ginge, die von Geistern oder Dämonen
heimgesucht wird. Zwar gibt es als Ausgangspunkt den Gefängniswärter Ted Garza, der
Elise zu Hilfe ruft, letztlich bleibt er aber Mittel zum Zweck, auch wenn
Whannells Drehbuch ihm eine keineswegs unwichtige, sich sogar recht
einfallsreich entwickelnde Rolle zugesteht. Letzten Endes ist immer klar, daß
es hier um Elise geht, die sich sprichwörtlich und buchstäblich mit den Dämonen
ihrer Vergangenheit auseinandersetzen muß, allen voran dem allerersten Dämon
ihres Lebens, vor dem (und ihrem gewalttätigen Vater) sie als Jugendliche Hals
über Kopf geflohen war, ihren kleinen Bruder Christian zurücklassend. Der wohnt
immer noch in dem kleinen Ort in New Mexico (nun gespielt von Bruce Davison aus
"X-Men") und hat mit Melissa (Spencer Locke,
"Resident Evil: Extinction") und Imogen (Caitlin Gerard, "The
Assignment") zwei erwachsene Töchter, von denen Imogen die gleiche
"Gabe" wie Elise zu haben scheint. Das Wiedersehen zwischen Christian
und Elise verläuft nicht allzu harmonisch, doch Melissa und
Imogen sind sehr neugierig auf die Tante, von deren Existenz sie bis dahin gar
nichts wußten. Auf diese Weise führt "The Last Key" ganz nebenbei zwei
sympathische Figuren ein, die in weiteren Filmen die Rolle der in der
Reihen-Gegenwart bereits verstorbenen Elise übernehmen könnten –
mit oder ohne die beiden Geisterjäger Tucker und Specs (man könnte die Reihe
also sogar parallel in zwei unterschiedliche Fäden aufteilen).
Tucker und Specs sind ja seit jeher für den Humor in den
"Insidious"-Filmen verantwortlich, so auch in "The Last
Key". Für meine Begriffe übertreibt es das Skript diesmal allerdings
damit, die beiden liebenswerten Schussel sich in immer neue haarsträubende Situationen verwickeln zu lassen. Zwar sorgt das wie gewohnt für ein
paar Lacher, allzu oft sind die entsprechenden Szenen aber arg albern geraten,
manche sogar ziemlich peinlich und nervig. Glücklicherweise machen das die
gewohnt routiniert (und ebenso gewohnt stimmungsvoll untermalt von Joseph Bisharas verstörend-dissonanter Musik) in Szene gesetzten Gruselsequenzen wieder wett, die immer
wieder gekonnt mit den Erwartungen des genreaffinen Publikums spielen, sie bisweilen gar geschickt unterlaufen – so gesehen hat der platte Prolog
vielleicht sogar sein Gutes, denn nach dem traut man sich kaum noch, mit
subtilen Szenen zu rechnen. Die gibt es jedoch sehr wohl und es empfiehlt sich,
sich gut zu konzentrieren und die Augen offen zu halten, sonst wird einem so
manch raffiniert plaziertes Detail im Hintergrund oder am Bildrand entgehen.
Der Höhepunkt des Films ist aber auch in diesem Teil Elises unweigerlicher
Ausflug ins "Further", jene alptraumhafte Geisterwelt, die das
Alleinstellungsmerkmal der "Insidious"-Reihe darstellt und in die
Elise unter hohem persönlichen Risiko eintauchen muß, um die Dämonen direkt zu
konfrontieren. Seit "Insidious" sind diese einfallsreich-verstörend
gestalteten Sequenzen höchst sehenswert in Szene gesetzt – "The Last
Key" macht da keine Ausnahme und erfreut den "Silent
Hill"-Fan in mir damit, mit den endlosen, von verzerrten Kreaturen
bevölkerten Korridoren der legendären Videospielreihe sogar noch
ähnlicher zu sein als in den Vorgängern.
"The Last Key" bringt Elises Geschichte (zumindest ihre
Geschichte als lebendiger Mensch) zu einem sehr befriedigenden Abschluß und leitet
mit der letzten Szene direkt zum ersten "Insidious" über (inklusive Cameos der Familie Lambert). Angesichts des großen kommerziellen
Erfolges von "The Last Key" (der angesichts des Namens von einigen
als Reihenabschluß betrachtet wurde, was aber meines Wissens niemals so angekündigt
wurde) dürfte ein Fortbestand des Franchise gesichert sein, die Frage ist einzig,
wie es konkret weitergehen wird. Aus "Insidious: Chapter 2" ist noch
immer ein Cliffhanger unaufgelöst, aber wie angedeutet könnte man auch gänzlich
neue Abenteuer mit Tucker und Specs oder mit Melissa und Imogen oder mit einer
Kombination des Quartetts auf die Leinwand bringen. So oder so: Solange Wan
und Whannell beteiligt bleiben und aufpassen, daß die Reihe ihre Stärken
beibehält oder sogar fortentwickelt, freue ich mich darauf – selbst wenn
inhaltliche Innovationen Mangelware bleiben sollten …
Fazit: Die Prequel-Fortsetzung "Insidious: The
Last Key" hat inhaltlich absolut nichts Neues zu bieten, beglückt
Genrefreunde aber nach holprigem Start mit den gewohnten atmosphärischen
Stärken der Gruselreihe und bietet als Bonus die persönlichste Story bislang.
Wertung: Knapp 8 Punkte (aus Sicht eines bekennenden
Gruselfreundes).
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