Originaltitel:
A nyomozó
Regie und Drehbuch: Attila Galambos, Musik: László Melis
Darsteller:
Zsolt Anger, Judit Rezes, Csaba Czene, Zsolt Zágoni, Ilona Kassai, Peter
Blasko, András Márton Baló, Éva Kerekes, Ildikó Tóth, Sándor Terhes, József
Tóth
Tibor Malkáv (Zsolt Anger) ist nicht gerade ein
lebenslustiger Mensch. Er ist alles andere als ein Adonis, er behauptet von
sich selbst, er habe keinen Humor (was aber ein bißchen gelogen ist) und bei
seinem Beruf als Pathologe lernt er auch nicht gerade viele Menschen kennen.
Nunja, lebendige Menschen. Und als dennoch aus nicht nur ihm unerfindlichen Gründen die
hübsche Kellnerin Edit (Judit Rezes) Interesse an ihm zeigt, lehnt er selbst
eindeutigste zweideutige Angebote ab, ohne eine Miene zu verziehen. Das ist
übrigens wörtlich zu nehmen – im Grunde genommen gibt es im gesamten Film nicht den
geringsten Wandel in Tibors Mimik, abgesehen von einem gelegentlichen
unkontrollierten Zucken der linken Gesichtshälfte. Zu allem Überfluß ist auch
noch Tibors Mutter krebskrank und kann nur im Ausland operiert werden. Doch
dafür fehlt Tibor das Geld. Bis er von einem Fremden ein verlockendes Angebot erhält: 40.000
Dollar für einen Mord! Tibor nimmt an und alles geht glatt – bis er tags darauf
einen Brief von dem Ermordeten erhält ...
Kritik:
Zugegebenermaßen bin ich nicht gerade ein intimer Kenner des ungarischen Kinos.
Das, was ich gesehen habe – Nimród Antals Geniestreich "Kontroll"
sowie die bekanntesten Filme des Meisterregisseurs István Szabó ("Mephisto",
"Hanussen", "Oberst Redl", "Sunshine – Ein Hauch von
Sonnenschein") –, hat mich aber sehr beeindruckt. Attila Galambos' "The
Investigator", ein beim Fantasy Filmfest 2008 gezeigter schwarzhumoriger
Thriller mit Film Noir-Anleihen, ist zwar kein Meisterwerk, aber doch ein
weiterer beeindruckender Beweis für die Qualität ungarischen Filmschaffens.
Auf den ersten Blick entspricht die Handlung von "The
Investigator" recht konventionellen Thriller-Handlungsmustern, auch wenn
es zum Glück ein paar unerwartete Wendungen gibt. Die große Stärke des Films
ist aber eindeutig nicht seine Story, stattdessen sind es die schrägen Figuren
und die wunderbar sarkastischen Dialoge, die dem geneigten Zuschauer viel
Freude bereiten. Man kann nicht gerade behaupten, daß Zsolt Anger in der
Titelrolle des Stoikers Tibor eine überragende schauspielerische Leistung
zeigt, denn seine Figur bedingt es ja gerade, daß er selbst bei den
erschreckendsten oder verrücktesten Entwicklungen stets den gleichen unberührten
Gesichtsausdruck zur Schau stellt. Außer Frage steht jedoch, daß Anger das
nötige Charisma mitbringt, um diesen äußerst schwierigen Protagonisten trotz
seiner offensiv zur Schau gestellten Emotionslosigkeit zu einem überzeugenden Mittelpunkt von
"The Investigator" zu machen.
Während sich der eigentliche Krimiplot phasenweise recht gemächlich entfaltet, gibt
es zwischendurch zur Auflockerung ein paar kuriose Sterbeszenen, deren
Protagonisten am nächsten Tag bei Tibor in der Pathologie liegen und schon mal
in skurrilen Fantasiesequenzen mit ihm sprechen. Daß die gefeierte TV-Serie
"Six Feet Under" dafür als Inspirationsquelle diente, ist anhand der
Art der Inszenierung sehr naheliegend, zumal die gute Hauptdarstellerin Judit
Rezes optisch stark an "Six Feet Under"-Aktrice Rachel Griffiths
erinnert. Im Mittelteil offenbart "The Investigator" dennoch ein paar Längen, auch über die recht unspektakuläre Auflösung kann man inhaltlich
sicher streiten – wenngleich diese durchaus konsequent ist und mit einem schönen
Showdown aufwartet. Die Chance, daß geübte Krimi-Zuschauer den wahren Bösewicht
im Hintergrund relativ früh erkennen, ist leider ziemlich groß. Dies weniger durch
inhaltliche Hinweise, sondern rein aufgrund der relativ leicht durchschaubaren
Figuren-konstellation, die eigentlich kaum einen anderen Schluß zuläßt. Für ein
Werk dieses Genres ist das logischerweise ein beträchtliches Manko, aber da der
restliche Film so gut funktioniert, hält sich der Schaden in Grenzen.
Fazit: "The Investigator" ist ein
schwarzhumoriger ungarischer Thriller, der trotz seiner recht konventionellen
Handlungsstruktur und des gewollt sperrigen Protagonisten mit gekonnter Noir-Atmosphäre und einigen herrlich schrägen
Figuren unterhält, die auch in einem Film der Coen-Brüder auftauchen könnten.
Wertung: 8 Punkte.
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