Originaltitel:
Jack the Giant Slayer
Regie: Bryan Singer, Drehbuch: Darren Lemke, Christopher
McQuarrie, Dan Studney, Musik: John Ottman
Darsteller: Nicholas Hoult, Eleanor Tomlinson, Ewan
McGregor, Stanley Tucci, Ian McShane, Bill Nighy, Eddie Marsan, Ewen Bremner,
Ralph Brown, Warwick Davis, Simon Lowe, Ben Daniels, Christopher Fairbank
England, irgendwann im Mittelalter: Vor langer Zeit hat
der legendenumwobene König Erik der Große eine Invasion der Riesen beendet,
indem er aus dem steinernen Herzen eines der Ungetüme eine zaubermächtige Krone
schmieden ließ, mit der man über die Riesen befehlen kann. Als Erik, der die Riesen zurück in ihr Reich schickte, starb, wurde
die Krone mit ihm begraben, ebenso eine Handvoll von Zauberbohnen, mit denen
man gewaltige Bohnenranken bis hinauf ins Reich der Giganten wachsen lassen kann.
Der verschlagene Roderick (Stanley Tucci, "Die Tribute von Panem"),
oberster Berater des aktuellen Königs (Ian McShane, "Snow White and the Huntsman") und designierter Bräutigam der
abenteuerlustigen Prinzessin Isabelle (Eleanor Tomlinson, "Alice im
Wunderland"), stiehlt unbemerkt Krone und Bohnen. Auf Umwegen landen letztere
allerdings bei dem unbedarften Bauernsohn Jack (Nicholas Hoult, "Warm
Bodies"), der schon seit langem davon träumt, endlich aus seinem armseligen Pachthof
herauszukommen und die große weite Welt kennenzulernen. Dazu erhält er schneller als erwartet
Gelegenheit, denn als eine der Zauberbohnen mit Wasser in Berührung kommt,
entfaltet sie ihre Kräfte – und nimmt dummerweise die Prinzessin mit in die
Höhe, die sich auf der Flucht vor einem Unwetter gerade in Jacks Haus
geflüchtet hatte. Der König entsendet sofort einen Rettungstrupp, der von dem edlen
Ritter Elmont (Ewan McGregor, "Lachsfischen im Jemen") angeführt
wird, dem sich jedoch Roderick und Jack anschließen. Und am anderen Ende
der Ranken freuen sich die Riesen bereits über die Aussicht, endlich wieder leckeres
Menschenfleisch kosten zu können ...
Kritik:
"Jack and the Giants" ist eine Adaption des populären
englischen Volksmärchens "Jack and the Beanstalk" (in deutschen
Märchensammlungen: "Hans und die Bohnenranke"). Allerdings haben die
drei Drehbuch-Autoren nicht viel mehr als das Grundgerüst und ein paar Details
beibehalten und das Ganze ein wenig mit einem anderen, außerhalb Großbritanniens
weniger bekannten Märchen ("Jack the Giant Killer") durchmischt.
"X-Men"-Regisseur Bryan Singer hat aus diesen Ingredienzien ein
harmloses und leider auch ziemlich seelenloses Familien-Fantasyabenteuer
gemacht, das zwar phasenweise gefällt, sein (passenderweise) gigantisches
Budget von fast $200 Mio. aber nicht rechtfertigt.
Dabei beginnt der Film recht vielversprechend: Nach einem
schön animierten Prolog, der an jenen von Guillermo del Toros "Hellboy 2"
erinnert, lernt das Publikum zunächst die beiden Protagonisten der Geschichte
näher kennen, Jack und Prinzessin Isabelle. Dabei arbeitet Bryan Singer
geschickt die auffälligen charakterlichen Gemeinsamkeiten der beiden heraus und
erklärt somit ganz nebenbei, warum sich Jack und die hübsche Prinzessin trotz der
gewaltigen Standesunterschiede bereits bei ihrem ersten zufälligen Treffen
voneinander angezogen fühlen. Einen ersten Dämpfer gibt es jedoch kurz darauf,
als Roderick eingeführt wird. Trotz Stanley Tuccis wunderbar diabolischer
Verkörperung läßt sich ab seiner ersten Szene nicht übersehen, daß "Jack
and the Giants" einer dieser Filme ist, in denen von vornherein klar ist,
wer gut und wer böse ist. Graustufen? Gibt es nicht. Charakterentwicklung? Ein
Fremdwort. Es ist allzu offensichtlich, daß sich die Geschichte in
dramaturgischer Hinsicht vor allem an Kinder richtet – zugegeben, das ist
bei einer Märchen-Verfilmung nicht so ungewöhnlich, aber wie man es zumindest
ein bißchen besser macht, hat Sam Raimi in seinem fast parallel veröffentlichten
"Die fantastische Welt von Oz" vorgemacht. Mag man auch zurecht
kritisieren, daß dort die Entwicklung der Figuren recht überhastet und nicht
immer ganz nachvollziehbar vonstatten geht – wenigstens gibt es eine. In
"Jack and the Giants" verändert sich nicht einmal Jack wirklich. Zwar
ist er zu Beginn ein unerfahrener Bauernjunge, der später Heldentaten
vollbringt; aber daß er das nicht bereits früher getan hat, liegt einzig und
allein am Mangel an Gelegenheiten, nicht daran, daß er sich großartig verändert
hätte oder charakterlich gewachsen wäre. Elmont ist der edle Ritter, Roderick
ist der fiese Bösewicht, Jack und Isabelle sind das romantische Liebespaar in
spe. Die Fronten sind also von vornherein klar abgesteckt, selbst minimale
Änderungen nicht zu erwarten. Umso kurioser ist es, daß "Jack and
the Giants" trotz dieser kindgerechten Dramaturgie ob einiger etwas
heftigerer Szenen in Deutschland zurecht eine FSK12-Freigabe erhalten hat,
während den inhaltlich erwachseneren "Die fantastische Welt von
Oz" schon 6-jährige sehen dürfen.
Erträglicher gemacht wird die schablonenhafte
Figurenkonstellation durch die hervorragende Besetzung der
Hauptrollen. Wie bereits erwähnt gibt Stanley Tucci wieder einmal einen idealen
Fiesling, Ewan McGregor sorgt als verschmitzter Ritter ohne Fehl und Tadel für
gute Laune und die Chemie zwischen Nicholas Hoult und der relativen Newcomerin
Eleanor Tomlinson paßt ebenfalls. Dazu gesellen sich die Routiniers Ian McShane
als König Brahmwell und (in der Originalfassung) Bill Nighy ("Radio Rock Revolution") als Sprecher des Anführers der Riesen. Leider sind die
Nebenfiguren, die gerade bei einem Film mit inhaltlichen Schwächen viel retten
könnten, uninteressant bis nervig (Rodericks Helfershelfer Wicke) und haben
sowieso nur wenig zu tun, was nicht unbedingt zu einer authentischen und
lebendigen Filmwelt beiträgt. Selbst theoretisch etwas Abwechslung versprechende Ansätze wie ein Machtkonflikt unter den Riesen werden nicht konsequent weiterverfolgt.
Das größte Problem ist jedoch, daß die Story über weite Strecken gefühl- und seelenlos vor sich hinplätschert – wozu die
extreme Schwarz-Weiß-Zeichnung der Figuren und deren daraus resultierende
unterentwickelte emotionale Bindung zum Publikum natürlich ihren Teil beitragen. Zwar gibt
es gelegentliche Mini-Highlights, wenn beispielsweise der erste Riese, dem man
begegnet, zunächst interessiert einem panisch flüchtenden Ritter
hinterhersieht, um ihn dann mit drei schnellen Schritten problemlos einzuholen
und beiläufig K.O. zu schlagen. Aber es fehlt ein richtiger Erzählfluß und
eigentlich sogar ein überzeugender Spannungsbogen. Man amüsiert sich verhalten
über ein paar Gags, staunt gelegentlich über die visuellen Effekte und gruselt
sich sogar ein bißchen in der Riesenküche. Und zwischendurch ertappt man sich
immer wieder, wie man leicht gelangweilt auf die Uhr schaut. Selbst die Musik
von John Ottman ("Superman Returns") läuft bezeichnenderweise erst
während des Abspanns zur Hochform auf.
Ein großer Teil der beeindruckenden Produktionskosten ging
selbstverständlich für die visuellen Effekte drauf, vor allem für die
Erschaffung der Riesen. In Internetforen wurde ab der ersten
Trailerveröffentlichung viel über die angeblich schlechten Spezialeffekte
geschimpft, aber meiner Ansicht nach beruht das auf einem fehlenden Verständnis
der Absichten der Filmemacher. Ja, die Riesen wirken unnatürlich, unmenschlich.
Aber das ist eindeutig so gewollt. Regisseur Singer wollte die Giganten eben
nicht einfach nur als überdimensionierte Menschen zeigen, wie es (schon aus praktischen Gründen) oft gemacht wird; sondern als
eigenständige Lebewesen, die zwar humanoid sind, aber ansonsten wenig mit homo
sapiens zu tun haben. Dieses Ziel hat er erreicht, auch wenn es letztlich Geschmackssache ist, ob man das Kreaturendesign goutiert oder nicht.
Die Bewegungsanimationen der Riesen sind jedenfalls (soweit ich als Technik-Laie das
beurteilen kann) durchaus überzeugend; nicht auf Gollum- oder King
Kong-Niveau, aber mit Sicherheit auch nicht schlecht. Ähnlich verhält es sich
mit dem 3D-Einsatz: An die Qualität von "Die fantastische Welt von
Oz" reicht "Jack and the Giants" nicht heran, Grund zur Klage
gibt es – abgesehen von wenigen Momenten, in denen die Hintergründe etwas
verschwommen wirken – aber auch nicht. Erstaunlicherweise (und meiner Meinung
nach: erfreulicherweise) verzichtet Singer im Gegensatz zu Sam Raimi in dessen
"Oz"-Film sogar fast vollständig auf die in diesem Genre so beliebten
"in die Kamera hineinfliegenden" Gegenstände. Was man wiederum aber auch als ein weiteres
Zeichen für ein nicht ideales Zielgruppenmanagement deuten könnte, denn
eigentlich sollten solche Pop-Out-Effekte zu "Jack" besser passen als
zu "Oz". Was auch immer die Erklärung dafür letztlich sein mag: Singers Film spielte im Kino nur mit Hängen und Würgen seine Produktionskosten wieder ein und ist damit in kommerzieller Hinsicht ein ziemlicher Flop (sehr grob gerechnet muß ein Film das doppelte seines Budgets einspielen, damit das Produktionsstudio letztlich ins Plus kommt).
Fazit: "Jack and the Giants" bietet
anspruchslose Familienunterhaltung mit guter Besetzung und einigen Schauwerten,
leidet aber unter einer lahm erzählten Story und einer deutlich unterentwickelten
Figurenzeichnung.
Wertung: 6 Punkte.
Wertung: 6 Punkte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen