Regie und Drehbuch: Rian Johnson, Musik: Nathan Johnson
Darsteller: Joseph Gordon-Levitt, Bruce Willis, Emily Blunt,
Jeff Daniels, Pierce Gagnon, Noah Segan, Paul Dano, Garret Dillahunt, Piper
Perabo, Summer Qing, Tracie Thoms, Nick Gomez, Marcus Hester

Im Jahr 2044 gibt es eine ganz spezielle Gruppe von
Auftragsmördern, genannt "Looper". Ihre recht einfache Aufgabe ist es,
zur festgelegten Zeit an einem festgelegten Ort ein von der Mafia in der Zukunft per streng verbotener Zeitreise um 30 Jahre zurückgesandtes, gefesseltes Opfer
wegzupusten. Wer diesen gutbezahlten Job als "Zukunftskiller"
annimmt, muß sich allerdings auch verpflichten, irgendwann sein älteres Ich zu
erschießen – daher der Name "Looper", denn auf diese grausame Weise
wird der Kreis geschlossen. Joe (Joseph Gordon-Levitt, "The Dark Knight Rises") ist solch ein Looper, doch als ihm
eines Tages sein Zukunfts-Ich (Bruce Willis, "The Expendables 2") geschickt wird, geht etwas schief
und Old Joe kann fliehen. Was absolut das Schlimmste ist, das einem Looper
je passieren kann. Während der junge Joe noch verzweifelt versucht, seinen Fehler selbst zu
korrigieren, werden beide bereits gnadenlos von den Männern des skrupellosen Anführers und Kontrolleurs der
Looper, dem ebenfalls aus der Zukunft geschickten Abe (Jeff Daniels, "Good Night, and Good Luck."), verfolgt ...
Kritik:
Müßte ich eine Liste der zehn besten Filme seit der
Jahrtausendwende erstellen, so befände sich Rian Johnsons größtenteils
eigenproduziertes Low Budget-Debüt "Brick" aus dem Jahr 2005 mit Sicherheit darauf. Ich liebe Johnsons ultra-atmosphärischen Highschool-Noir, der auch Joseph Gordon-Levitt vom Ex-Sitcomdarsteller ("Hinterm Mond
gleich links") zum kommenden Kinostar beförderte, einfach.
Dank zahlloser guter Kritiken und etlicher Festivalauszeichnungen für "Brick" konnte Johnson für
seinen zweiten Film "Brothers Bloom" bereits Schauspiel-Kaliber wie Adrien
Brody, Rachel Weisz, Mark Ruffalo und Maximilian Schell verpflichten. Und
obwohl die melancholische Gaunerkomödie kommerziell eher ein Mißerfolg war,
führte sie Johnson weiter hinauf auf der Karriereleiter in der US-Filmbranche. Ehe ich nun jedoch zur eigentlichen Analyse des Films komme, möchte ich
es keinesfalls versäumen, darauf hinzuweisen, daß – wie kürzlich bereits bei
Joss Whedons "The Cabin in the Woods" – der Filmgenuß umso größer ausfallen sollte, je weniger Vorwissen über die Handlung man mitbringt. Ich werde den folgenden Text zwar möglichst allgemein halten, dennoch gilt ausdrücklich: Weiterlesen auf eigene Gefahr!
Mit "Looper", der, gestärkt von überragenden Rezensionen,
ein über den Branchenerwartungen liegendes US-Startwochenende hingelegt hat,
dürfte Johnson den so verdienten Sprung in die A-Liga geschafft haben. Verdient
deshalb, weil seine Drehbücher vor Kreativität nur so sprühen und weil es ihm als
Regisseur regelmäßig gelingt, diese schriftstellerischen Qualitäten auch verlustfrei auf die Leinwand zu transportieren. Nun beweist er seine Fähigkeiten aufs Neue, indem er in "Looper" dem vermeintlich
ausgelutschten Zeitreise-Subgenre neue Ideen injiziert und die Spannung beim
Publikum mit einem über weite Strecken unvorhersehbaren, aber stets schlüssigen
Handlungsverlauf konsequent hoch hält. Wobei "schlüssig" und
"Zeitreise" zwei Worte sind, die normalerweise nicht allzu gut
zusammenpassen. Selbst Johnson gelingt es erwartungsgemäß nicht hundertprozentig,
die wohl unvermeidliche Problematik des Zeitreise-Paradoxons glaubwürdig auszuhebeln, aber mit einer
gesunden Mischung aus unverbrauchten, nachdenkenswerten Erklärungsansätzen und handfester "Logik wird überbewertet!"-Mentalität sorgt er zumindest
dafür, daß die Handlung einer oberflächlichen gedanklichen Überprüfung während
des Sehens einigermaßen standhält. Und das ist weit mehr, als die meisten anderen
Zeitreise-Filme von sich behaupten können.
Johnsons Darstellung der relativ nahen Zukunft erinnert ein
wenig an den spanischen Science-Fiction-Film "Eva": Die
sichtbaren Veränderungen halten sich in Grenzen, es ist auch schwer zu
beurteilen, ob es der Welt besser oder schlechter geht. Einerseits scheinen im
Großen und Ganzen weiterhin Recht und Ordnung zu herrschen und die Autos werden
umweltfreundlich von Solarzellen angetrieben. Andererseits wirken die
Großstadtstraßen sehr verdreckt und generell ziemlich verkommen (was aber in manchen
Stadtteilen großer Metropolen bekanntlich schon heute ähnlich aussieht), zudem scheint Obdachlosigkeit ein großes gesellschaftliches Problem zu sein. Johnson präsentiert
in seinem Werk also weder eine Utopie noch eine in SF-Filmen so häufig anzutreffende Dystopie,
sondern eher eine behutsame und betont realistisch wirkende Weiterentwicklung der
heutigen Welt. Folglich hält sich bei dem mit Produktionskosten von geschätzt $30
Mio. verhältnismäßig preiswerten "Looper" auch die Anzahl
der Spezialeffekte in Grenzen und beschränkt sich im Wesentlichen auf etliche gut choreographierte Verfolgungs-Sequenzen und bleihaltige Schießereien.
Das ist aber überhaupt kein Problem, da die größten Stärken von Johnsons Film eindeutig bei der vielschichtigen Handlung sowie der glaubwürdigen Figurenzeichnung liegen.
Zur Handlung will ich wegen zu großer Spoiler-Gefahr gar
nicht viel mehr schreiben als daß sie sich interessant und
originell entwickelt und dabei immer wieder auf philosophisch anmutende Fragen
eingeht: Vom generellen Nachgrübeln nach dem Sinn des Lebens über die
moralischen Probleme, die damit einhergehen, daß Joe sein zukünftiges Ich
erschießen soll bis hin zu dem Dilemma, wie viele Menschenleben man
riskieren oder auslöschen darf, um damit vielleicht die Zukunft zum Besseren zu
verändern. Da "Looper" kein Philosophieunterricht ist, sondern ein
Hollywood-Film, vertieft sich der Film naturgemäß nicht allzu stark in diese
hochinteressante Thematik; jedoch liefert er dem aufmerksamen Zuschauer
lobenswerterweise mehr als genug Denk- und Diskussionsstoff und erinnert damit
ein wenig an Christopher Nolans "Inception".
Rian Johnson greift gerne auf Schauspieler zurück, mit denen
er bereits gearbeitet hat, und angesichts der atemberaubenden Entwicklung, die
Joseph Gordon-Levitts Karriere seit "Brick" genommen hat, war es nur logisch,
ihn für die Hauptrolle in "Looper" erneut anzuheuern. Erwartungsgemäß macht er seine
Sache auch als Profikiller sehr gut, wenngleich hier keine so große schauspielerische Bandbreite
verlangt ist, wie er sie z.B. in "50/50" an den Tag legen konnte.
Außerdem sehen sich Gordon-Levitt und Bruce Willis (auch dank der hervorragenden Leistung
der Makeup-Abteilung) erstaunlich ähnlich. Action-Veteran Willis wiederum, dessen Name
im Abspann als erster genannt wird, spielt eigentlich "nur" eine essentielle
Nebenrolle und liefert gewohnt solide Arbeit ab. In weiteren Parts
überzeugen Emily Blunt ("Lachsfischen im Jemen", "Fast verheiratet") in der weiblichen
Hauptrolle einer Farmbesitzerin, bei der sich Joe versteckt, der junge Pierce
Gagnon als ihr traumatisierter Sohn sowie Garret Dillahunt ("Die
Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford"), Noah Segan ("Brick") und Paul Dano ("Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin") als weitere
Looper. Und Jeff Daniels liefert in seiner ungewohnten Bösewicht-Rolle ebenfalls gute
Arbeit ab und offenbart zudem in ihren wenigen gemeinsamen Szenen erneut
gute Leinwandchemie mit Gordon-Levitt (wie bereits im leider wenig bekannten
Thriller "Die Regeln der Gewalt"). Abschließend sei noch angemerkt, daß die Musik von Rian Johnsons Cousin Nathan zwar nicht an die Innovativität seines grandiosen "Brick"-Soundtracks heranreicht, das Geschehen aber passend untermalt.
Fazit: "Looper" ist ein futuristischer
Action-Thriller, der "Inception" und "Terminator"
kombiniert und mit einem Schuß "Das Omen" anreichert. Gute
Darsteller, ein intelligentes Drehbuch und eine actionreiche Inszenierung
sorgen dafür, daß die für eine Zeitreise-Story obligatorischen Logikprobleme in
den Hintergrund treten und unterm Strich ein sehr gelungener Genrebeitrag
herauskommt.
Wertung: 8,5 Punkte.
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