Regie: Alfred E. Green, Drehbuch: Gene Markey und Kathryn
Scola
Darsteller: Barbara Stanwyck, George Brent, Alphonse Ethier,
Donald Cook, Margaret Lindsay, Henry Kolker, Douglass Dumbrille, Theresa
Harris, Robert Barrat, John Wayne
Die ebenso junge wie schöne Lily Powers (die vierfache OSCAR-Nominee Barbara
Stanwyck, "Frau ohne Gewissen", "Hier ist John Doe") wird von ihrem Vater als
Bedienung in seiner Kneipe und auch für gewisse weitere Dienstleistungen
für ausgesuchte Kunden mißbraucht, seit sie 14 Jahre alt wurde. Auf Anraten eines wohlmeinenden Stammgasts
der Kneipe, der die Philosophie von Friedrich Nietzsche bewundert, setzt sich
Lily nach New York ab, um mit allen Mitteln reich und erfolgreich zu werden. Da
sie "dank" ihres Vaters ihre Reize sehr effektiv
einzusetzen weiß, macht sie schnell Karriere in einer angesehenen Bank und
schläft sich bis ganz nach oben. Erst der neue Unternehmenspräsident Courtland
Trenholm (George Brent) scheint sie zu durchschauen ...
Kritik:
Als ab 1929 die "Great Depression" die ganze Welt in eine tiefe Wirtschaftskrise stürzte, versuchte Hollywood alles, um möglichst viele der finanziell gebeutelten US-Bürger weiterhin zu regelmäßigen Kinobesuchen zu locken. Durch die erst kurz vor der Krise getätigte Erfindung und Etablierung des Tonfilms profitierte das Kino noch vom Reiz des Neuen und Spektakulären, der die Studios tatsächlich den Beginn der 1930er Jahre vergleichsweise gut überstehen ließ. Doch auf Dauer reichte das nicht aus und deshalb versuchte man, das potentielle Publikum auch inhaltlich in Versuchung zu führen. Im Klartext bedeutete das: Die Filme wurden immer reißerischer, Gewalt, Sex und moralische Verkommenheit standen häufig im Zentrum der Werke. Wenig überraschend war diese Entwicklung den staatlichen, religiösen und sonstigen Autoritäten der puritanisch geprägten Vereinigten Staaten ein Dorn im Auge, weshalb der Kinobranche 1934 mit der Einführung der extrem strengen Zensurrichtlinien des "Production Code" ein riesiges Stopschild vor die Nase gesetzt wurde.
Als ab 1929 die "Great Depression" die ganze Welt in eine tiefe Wirtschaftskrise stürzte, versuchte Hollywood alles, um möglichst viele der finanziell gebeutelten US-Bürger weiterhin zu regelmäßigen Kinobesuchen zu locken. Durch die erst kurz vor der Krise getätigte Erfindung und Etablierung des Tonfilms profitierte das Kino noch vom Reiz des Neuen und Spektakulären, der die Studios tatsächlich den Beginn der 1930er Jahre vergleichsweise gut überstehen ließ. Doch auf Dauer reichte das nicht aus und deshalb versuchte man, das potentielle Publikum auch inhaltlich in Versuchung zu führen. Im Klartext bedeutete das: Die Filme wurden immer reißerischer, Gewalt, Sex und moralische Verkommenheit standen häufig im Zentrum der Werke. Wenig überraschend war diese Entwicklung den staatlichen, religiösen und sonstigen Autoritäten der puritanisch geprägten Vereinigten Staaten ein Dorn im Auge, weshalb der Kinobranche 1934 mit der Einführung der extrem strengen Zensurrichtlinien des "Production Code" ein riesiges Stopschild vor die Nase gesetzt wurde.
"Baby Face" ist einer der berühmtesten der
sogenannten "Pre-Code-Filme" aus jener kurzen Zeitspanne zwischen
Beginn der Weltwirtschaftskrise und der bindenden Einführung der Zensur (wenig
wirksame Vorläufer wie industrielle Selbstverpflichtungen gab es schon lange vorher).
Besonders interessant ist er auch deshalb, weil sowohl die ungeschnittene Version des
Films erhalten ist als auch eine halbwegs dezent entschärfte Version, die 1933 und damit noch vor
der verpflichtenden Einführung des Production Codes in den US-Kinos startete. Danach
hätte man "Baby Face" mit ziemlicher Sicherheit selbst mit aufwendigen Schnitten und Neudrehs
nicht mehr an der Zensur vorbeibekommen können ...
Aber zunächst zum Film selbst (ungeschnittene Fassung): Trotz der betont "unmoralischen"
Handlung mit einer durch und durch skrupellosen Protagonistin erzählt
"Baby Face" im Grunde eine ziemlich simple und vor allem recht
monotone Geschichte. Zwar ist es wahrscheinlich gerade für heutige Zuschauer sehr
faszinierend und spannend, Lily dabei zuzusehen, wie sie auf der
Karriereleiter ungehemmt von einem Bett zum nächsten hüpft (eines der ersten gehört
übrigens dem damals noch wenig bekannten John Wayne), auch die
wiederholten Nietzsche-Assoziationen sind sehr amüsant. Dramaturgisch ist der
Handlungsverlauf jedoch wenig anspruchsvoll und läuft somit bald Gefahr, das Publikum
zu langweilen. Dem versucht der Film zwar durch die Einführung des Lilys Reizen
widerstehenden Courtland entgegenzusteuern und das funktioniert auch ganz gut.
Dummerweise wartet das Drehbuch im letzten Drittel aber immer stärker mit
unglaubwürdigen Wendungen auf, die den Geduldsfaden des Zuschauers
auf Dauer arg strapazieren. Dennoch, insgesamt ist "Baby Face" auch
heute noch ein ziemlich guter Film, der sich erfrischend unverkrampft und
vorurteilsfrei dem schwammigen Thema der Moral annimmt und mit einer großartigen
Hauptdarstellerin glänzt. Erwähnenswert ist zudem Lilys beste Freundin, die
dunkelhäutige Chico (Theresa Harris) – denn anders als sonst zur damaligen Zeit in
Hollywood üblich, wird sie von Lily tatsächlich ganz normal als gleichgestellte
Person behandelt und gehört offensichtlich zu den wenigen Menschen, für die die ansonsten so abgebrühte junge Frau echte
Gefühle empfindet.
Wenig überraschend ist, daß die zensierte Version mindestens
eine Klasse schlechter ist. Der väterliche Mentor, der sie davon überzeugt, die
Männer zu benutzen, anstatt von ihnen benutzt zu werden, wird zum moralischen Mahner; jegliche Erwähnung
von Nietzsche ist komplett gestrichen; selbstverständlich gilt dies auch für
die offensichtlichen sexuellen Andeutungen (nackte Haut gibt es auch in der
Originalfassung nicht zu sehen, dafür einige recht pikante Szenen und
ziemlich frivole Textzeilen, die durch Stanwycks nonchalanten Vortrag auch heute noch so manchen Filmstudio-Verantwortlichen zum schamhaften Erröten bringen würden). Und für ein (verlogenes) Happy End samt
moralischer Läuterung der Hauptfigur wurden sogar extra Szenen nachgedreht, die
den sowieso schon weit hergeholten Schluß des Films endgültig zur Farce
verkommen lassen.
Fazit: "Baby Face" ist aufgrund einer zu monotonen
Dramaturgie und eines nur teilweise geglückten finalen Akts kein großartiger
Film. Dennoch ist er in der Art und Weise, wie er seine von Barbara Stanwyck
mitreißend verkörperte weibliche Hauptfigur darstellt und zu einer zwar
moralisch fragwürdigen, aber definitiv starken, beeindruckenden und auch emotional berührenden
Protagonistin macht, bahnbrechend. Man fragt sich unwillkürlich, wie sich die
US-amerikanische Filmindustrie wohl entwickelt hätte ohne die Einführung des Production
Codes.
Wertung: 7 Punkte (geschnittene Version: 5 Punkte).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen