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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 1. Dezember 2021

JUNGLE CRUISE (2021)

Regie: Jaume Collet-Serra, Drehbuch: Michael Green, Glenn Ficarra und John Requa, Musik: James Newton Howard
Darsteller: Dwayne Johnson, Emily Blunt, Jack Whitehall, Jesse Plemons, Édgar Ramírez, Veronica Falcón, Paul Giamatti, Quim Gutiérrez, Dani Rovira, Philipp Maximilian, Dan Dargan Carter, Andy Nyman
Jungle Cruise (2021) on IMDb Rotten Tomatoes: 62% (6,0); weltweites Einspielergebnis: $220,9 Mio.
FSK: 12, Dauer: 128 Minuten.
Im Jahre 1916, während der Erste Weltkrieg in vollem Gange ist, bricht die abenteuerlustige britische Botanikerin Dr. Lily Houghton (Emily Blunt, "Mary Poppins’ Rückkehr") gemeinsam mit ihrem jüngeren Bruder MacGregor (Jack Whitehall, "Der Nußknacker und die vier Reiche") nach Südamerika auf. Dort will Lily die sagenumwobenen "Tränen des Mondes" finden, die der Überlieferung nach jede Krankheit heilen und damit auch die moderne Medizin revolutionieren könnten. Für die Reise auf dem Amazonas heuern sie vor Ort den großmäuligen Skipper Frank Wolff (Dwayne Johnson, "San Andreas") an, welcher sie zum Zielort ihrer Suche bringen soll. Allerdings ist nicht allein Lily auf der Jagd nach den "Tränen des Mondes", sondern auch der skrupellose deutsche Kronprinz Joachim (Jesse Plemons, "Bridge of Spies"), der die Tränen kriegsentscheidend einsetzen will und den Amazonas mit seinem eigenen, schwer bewaffneten U-Boot befährt. Doch es lauern noch weitere Gefahren auf die Abenteurer, denn neben der eher menschenfeindlichen Natur des Urwalds gibt es noch den laut Frank kannibalistischen Stamm der Puka Michuna und angeblich sollen irgendwo im Dschungel noch die untoten spanischen Konquistadoren um Don Aguirre (Édgar Ramírez, "Zero Dark Thirty") ihr verfluchtes und untotes Dasein fristen, die bereits vor 400 Jahren die "Tränen des Mondes" suchten ...

Kritik:
Eine recht eigenwillige Idee, die Disney seit vielen Jahren durchzieht, ist es, sündteure Filme zu drehen, die auf Fahrgeschäften in den beliebten Disneyland-Vergnügungsparks basieren. Nun adaptiert Hollywood bekanntlich seit jeher alles aus so ziemlich allen Bereichen (Bücher, Comics, Podcasts, Zeitungsartikel, ...), was nicht bei drei auf dem nächsten Baum ist – aber Vergnügungspark-Attraktionen? Das klingt zunächst dämlich, allerdings nehmen die jeweiligen Drehbuch-Autoren das natürlich nur als grobe Basis, aus der dann eine (mehr oder weniger) eigenständige Geschichte entwickelt wird. Das erfolgreichste Beispiel bisher ist die langlebige "Fluch der Karibik"-Reihe, auch "Die Geistervilla" war trotz mieser Kritiken recht einträglich, wogegen "Mission to Mars", der Animationsfilm "Dinosaurier" oder "Tomorrowland" kläglich an der Kinokasse scheiterten (und auch bei den Rezensenten nicht allzu gut ankamen). Weitere Produktionen wie "Tower of Terror" oder ein Reboot von "Die Geistervilla" sind in Vorbereitung, doch zunächst wollte man sich scheinbar primär an der Erfolgsformel von "Fluch der Karibik" orientieren und schuf deshalb mit dem übernatürlichen Amazonas-Abenteuer "Jungle Cruise" einen Film, der sich sehr eng am großen Bruder orientiert. Bedauerlicherweise etwas zu eng, denn viel Originalität hat "Jungle Cruise" nicht zu bieten. Generell plätschert die Story zwischen den Actionsequenzen eher vor sich hin – doch zumindest hat man mit Dwayne Johnson und Emily Blunt ein glänzend harmonierendes Hauptdarsteller-Duo gefunden, das dafür sorgt, daß die Regiearbeit des für seine häufige Zusammenarbeit mit Liam Neeson bekanntgewordenen Spaniers Jaume Collet-Serra (z.B. "Unknown Identity") unterm Strich ganz gut funktioniert.

Daß der Ex-Wrestler und aktuell wohl global bestbezahlte Schauspieler Dwayne Johnson eine äußerst charismatische Persönlichkeit ist, weiß man nicht erst seit gestern – und Collet-Serra nutzt das richtigerweise weidlich aus. Schauspielerisch sind wenig überraschend weder Emily Blunt noch Johnson oder die Nebendarsteller sonderlich gefordert, was zur Abwechslung mal eine Abwechslung zu "Fluch der Karibik" (der Hauptdarsteller Johnny Depp sogar eine verdiente OSCAR-Nominierung einbrachte) darstellt, jedoch keine positive. Das Drehbuch des erfahrenen Duos Glenn Ficarra und John Requa ("Focus"), das sich mit dem nicht weniger renommierten Michael Green ("Blade Runner 2049") zusammentat, bleibt storytechnisch ziemlich einfallslos mit einer allzu konventionellen, arg linear verlaufenden Handlung ohne größere Überraschungen, nutzt aber die Talente der beiden Hauptdarsteller gut aus und sorgt für viele spritzige Dialoge zwischen Lily und Frank in bester Screwball-Comedy-Manier. Die dabei nur dezent angedeutete romantische Komponente funktioniert zwar nicht so ganz, da die beiden eher wie platonische Kumpels wirken, aber das fällt kaum ins Gewicht, weil die ständigen Kabbeleien der beiden und Franks (das deutsche Synchronbuch stark fordernde) alberne Wortspiele glänzend unterhalten. Interessanterweise harmonierten Blunt und Johnson bei ihrer Promotiontour zum Kinostart aber sogar noch besser miteinander als im Film, weshalb ich hoffe, daß sie noch öfter zusammen drehen werden (und das nicht nur in der bereits angekündigten "Jungle Cruise"-Fortsetzung). Bei allem Lob für das Duo Blunt/Johnson soll Jack Whitehall nicht vergessen werden, der als Lilys duldsamer Bruder MacGregor in einer klassischen "comic relief"-Rolle sehr sympathisch rüberkommt, mit gutem Comedy-Timing glänzt und ebenfalls eine gute Chemie mit Blunt und Johnson beweist. Die übrigen Rollen fallen dagegen deutlich ab, was dafür sorgt, daß einige hochkarätige Schauspieler sträflich vernachlässigt werden. Das gilt vor allem für Paul Giamatti ("Barney's Version") als Franks Geschäftsrivale Nilo und für Édgar Ramírez als Don Aguirre, aber auch Jesse Plemons als Haupt-Bösewicht Prinz Joachim kann sein Potential lediglich andeuten – wobei Plemons' genüßlich überzeichnete Darstellung des sadistischen deutschen Adeligen (im Originalton sogar mit recht guter deutscher Aussprache) durchaus Lob verdient.

Dennoch ist das Fehlen eines wirklich ernstzunehmenden Bösewichts (wie es in "Fluch der Karibik" Geoffrey Rushs Captain Barbossa war) ein weiteres Problem von "Jungle Cruise", denn die Aufteilung der Antagonisten-Rolle auf Prinz Joachim und Don Aguirre sorgt dafür, daß beide erstens relativ profillos bleiben und zweitens nicht die ganz große Gefahr für unsere wackere Helden ausstrahlen. Dadurch bleibt die Story trotz einiger netter Ideen, der amüsanten Dialoge und der nicht zu kurz kommenden handfesten Action mäßig spannend und kann das Publikum schwerlich fesseln. Wie für eine Disney-Großproduktion üblich, gibt es gerade im actionreichen Finale zahllose aufwendige Spezialeffekte zu bestaunen, die zumeist überzeugend umgesetzt sind und einige schöne Bildkompositionen ermöglichen – lediglich Franks Jaguardame Proxima ist recht deutlich als (trotzdem gut gemachte) CGI-Kreatur zu erkennen. Die von einem großen Orchester eingespielte Musik von James Newton Howard ("Die Tribute von Panem") macht über weite Strecken einen altmodisch-abenteuerlichen Eindruck, was zu "Jungle Cruise" natürlich gut paßt. Eine Ausnahme bilden die historischen Rückblenden zu den Konquistadoren, die mit einer zweiteiligen, eigens von Howard und Metallica neu eingespielten Instrumentalversion von Metallicas Megaballade "Nothing Else Matters" unterlegt sind – wobei das beim Prolog in der Tat balladesk ausfällt, während eine Schlüsselsequenz von einer rocklastigen Interpretation des Songs begleitet wird – eine ungewöhnliche Wahl, die überraschend gut funktioniert. Insgesamt sorgt "Jungle Cruise" dank der Hauptdarsteller und der gewohnt hochwertigen handwerklichen Machart für solide, familientaugliche Abenteuerunterhaltung, die jedoch etwas zu monoton und inhaltlich einfallslos ausfällt, um ihr Potential auch nur einigermaßen ausschöpfen zu können – an das große Vorbild "Fluch der Karibik" reicht Jaume Collet-Serras Film sowieso nicht heran.

Fazit: "Jungle Cruise" ist ein aufwendiges Disney-Abenteuerspektakel, das inhaltlich eher mau ausfällt, aber von seinem glänzend harmonierenden Hauptdarsteller-Duo Dwayne Johnson und Emily Blunt (gerade so) vor der Beliebigkeit gerettet wird.

Wertung: 6,5 Punkte.
 
 
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