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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 20. August 2019

ENDZEIT (2018)

Regie: Carolina Hellsgård, Drehbuch: Olivia Vieweg, Musik: Franziska Henke
Darsteller: Gro Swantje Kohlhof, Maja Lehrer, Trine Dyrholm, Barbara Philipp, Axel Werner
 Endzeit
(2018) on IMDb Rotten Tomatoes: 83% (6,1); weltweites Einspielergebnis: $0,1 Mio.
FSK: 16, Dauer: 90 Minuten.
Vor zwei Jahren hat eine tödliche Seuche, die die Verstorbenen als Zombies wiederauferstehen läßt, fast die gesamte Menschheit ausgelöscht. Mit Jena und Weimar existieren nur noch zwei Städte, die jedoch unterschiedliche Ansätze des Umgangs mit der Katastrophe gewählt haben. Während Weimar ganz auf Nummer Sicher geht und jeden, der mit einem Zombie in Berührung kam, sofort umbringt, forscht Jena unverdrossen an einem Heilmittel. Die junge, traumatisierte Vivi (Gro Swantje Kohlhof, "Wir sind die Flut") will Weimar unbedingt verlassen, um nach ihrer kleinen Schwester zu suchen, von der sie beim Ausbruch der Zombieepidemie getrennt wurde. Sie schleicht sich auf den zwischen Weimar und Jena führerlos verkehrenden Versorgungszug, wo sie zu ihrer Überraschung auf die etwas ältere, im Kampf gegen die Zombies sehr erfahrene Eva (Maja Lehrer, TV-Serie "Unter uns") trifft – diese wurde beim letzten Ansturm der Untoten verwundet und will deshalb aus der Stadt flüchten, bevor das bemerkt wird und sie exekutiert wird. Dummerweise bleibt der Zug unterwegs stecken und so müssen die beiden sich in ihrer Persönlichkeit ziemlich unähnlichen jungen Frauen sich zu Fuß durch die ohne menschlichen Einfluß prächtig gedeihende Natur auf den gefährlichen Weg nach Jena machen …

Kritik:
Ein Film, bei dem alle verantwortlichen Positionen von Männern besetzt werden, ist auch im 21. Jahrhundert noch relativ normal oder zumindest nicht außergewöhnlich. Ein Film, bei dem vor und hinter der Kamera fast nur Frauen verantwortlich zeichnen, ist dagegen eine Seltenheit. Und ein Horrorfilm, bei dem das geschieht, ist im Grunde genommen eine absolute Sensation. Genau das bekommen wir mit "Endzeit" präsentiert (als ob ein deutscher Zombiefilm nicht an sich schon ungewöhnlich genug wäre …), und das vor dem deutschen Kinostart auf diversen internationalen Festivals erfolgreich vorgestellte Arthouse-Horrordrama der in Berlin lebenden schwedischen Filmemacherin Caroline Hellsgård (welch großartiger Name für die Regisseurin eines Horrorfilms!) kann sich definitiv sehen lassen. Die Drehbuch-Autorin Olivia Vieweg hat ihre eigene Graphic Novel adaptiert und die Handlung bedient sich einerseits bei bekannten Genre-Versatzstücken bis hin zur Hommage an Zombie-Klassiker wie Lucio Fulcis "Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies", bringt andererseits jedoch auch eigenständige Elemente ein. Zwar hätter mancher Aspekt des Films gerne noch etwas besser ausgearbeitet sein können, doch starke schauspielerische Leistungen, ein paar interessante Einfälle und eine handwerklich überzeugende Inszenierung machen "Endzeit" zu einem sehr ordentlichen Genrebeitrag.
Viele eher klassisch orientierte Horrorfans haben ja bei Arthouse-Horrorfilmen wie "The Witch", "mother!" oder "Der Babadook" besonders mit dem meist gemächlichen bis sehr langsamen Erzähltempo ihre Probleme. Diesbezüglich kann ich bei "Endzeit" einigermaßen Entwarnung geben, denn obwohl wir hier natürlich keine rasante Schlachtplatte á la "Dawn of the Dead" (vor allem im Remake), "Resident Evil" oder "Wyrmwood" haben, geht es durchaus zügig und auch recht zünftig zu mit einigen sehr spannend in Szene gesetzten Actionsequenzen. Vielleicht ist "Arthouse-Horror" auch gar nicht die richtige Kategorie für "Endzeit" (ich will schließlich keine potentiellen Zuschauer vergraulen ...), der sich eher irgendwo zwischen den Genre-Extremen bewegt, dabei jedoch fraglos näher bei den Arthouse-Vertretern positioniert ist. Die Einleitung in diese nicht so schöne neue Welt fällt jedenfalls spärlich aus, vielmehr werden wir mit der bisher recht behütet in Weimar lebenden Vivi – die zu Beginn erstmals direkt an den Außenzäunen Reparaturarbeiten durchführen soll – direkt mit der Gefahr bekanntgemacht. Ein paar wenige Details über den Beginn der Apokalypse erhalten wir nach und nach durch kurze Flashbacks sowohl aus Vivis als auch aus Evas Perspektive, allerdings dienen diese in erster Linie der Charakterzeichnung dieser beiden Figuren und versorgen uns kaum mit neuen Hintergrund-Informationen über die Situation an sich – wobei es schon interessant wäre zu erfahren, warum auf der ganzen Welt nur ausgerechnet diese beiden ostdeutschen Städte "überlebt" haben …
Generell fällt die Handlung recht dünn aus, denn viel mehr als "Reise von A nach B unter sehr widrigen Bedingungen" wird hier nicht geboten. Die Etablierung einer bedrückenden Endzeit-Atmosphäre gelingt Hellsgård und Vieweg im Verbund mit der überlegten Kameraführung von Leah Striker und der eher melancholischen Musik von Franziska Henke trotzdem überzeugend, auch weil das Zombie-Make-up (es handelt sich hier übrigens um Untote der rennenden Sorte) und das zugehörige Sounddesign insgesamt sehr sehens- und hörenswert ausfallen. Weniger gut gelungen ist das permanente Gefühl der Bedrohung, das man in Vivis und Evas Situation nach dem Zugdefekt definitiv erwarten würde und aus vielen anderen Genreproduktionen (allen voran aus der TV-Serie "The Walking Dead") kennt. Denn obwohl die Anzahl der gefährlichen Situationen, in die sie geraten, gar nicht so gering ist, stellt sich in den dazwischenliegenden Sequenzen nur selten das Gefühl ein, daß das Duo von Todesangst geplagt wird – stattdessen streiten sie sich lieber wiederholt aus recht nichtigem Anlaß. Den Schauspielerinnen ist dieser atmosphärische Mangel wohlgemerkt nicht anzulasten, denn vor allem die gekonnt zwischen Verletzlichkeit und Entschlossenheit changierende Kohlhof als auch die taff auftretende Lehrer und die routinierte Dänin Trine Dyrholm ("In einer besseren Welt") in der einzigen Nebenrolle von Bedeutung agieren authentisch und intensiv und bringen auch die mitunter in etwas steifen Dialogen arg dick aufgetragene "Ökobotschaft" (die ich generell unterstütze) so glaubwürdig wie möglich rüber. Schade ist es, daß wir nicht mehr über diese beiden erfahren, denn trotz ihrer jeweiligen klaren und nachvollziehbaren Motivation für den gefährlichen Ausflug und der bereits erwähnten Rückblenden bleibt die Figurenzeichnung relativ oberflächlich. Wobei das für einen Zombiefilm natürlich nicht ungewöhnlich ist. Alles in allem ist "Endzeit" zwar kein Meisterwerk, aber definitiv ein deutscher Genrebeitrag auf internationalem Niveau, der sich etwas traut und Lust auf mehr macht.

Fazit: "Endzeit" ist ein deutscher Arthouse-Horrorfilm aus fast komplett weiblicher Hand, der schauspielerisch und atmosphärisch viel richtig macht, aber Story und Charaktere gerne noch etwas mehr hätte ausbauen dürfen.

Wertung: 7 Punkte.


"Endzeit" wird vom farbfilm verleih am 22. August 2019 in die deutschen Kinos gebracht. Eine Rezensionsmöglichkeit wurde mir vom Entertainment Kombinat zur Verfügung gestellt.




Screenshots: © farbfilm verleih

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