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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 30. Mai 2017

PIRATES OF THE CARIBBEAN: SALAZARS RACHE (3D, 2017)

Originaltitel: Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales
Regie: Joachim Rønning und Espen Sandberg, Drehbuch: Jeff Nathanson, Musik: Geoff Zanelli
Darsteller: Johnny Depp, Brenton Thwaites, Kaya Scodelario, Javier Bardem, Geoffrey Rush, Kevin McNally, David Wenham, Golshifteh Farahani, Stephen Graham, Martin Klebba, Angus Barnett, Giles New, Adam Brown, Bruce Spence, Anthony De La Torre, Alexander Scheer, Paul McCartney, Orlando Bloom, Keira Knightley
 Pirates of the Caribbean: Salazars Rache
(2017) on IMDb Rotten Tomatoes: 30% (4,7); weltweites Einspielergebnis: $794,9 Mio.
FSK: 12, Dauer: 129 Minuten.

Etwa 20 Jahre, nachdem Will Turner (Orlando Bloom, "Die drei Musketiere") sich geopfert hat und sich dem Fluch unterwarf, auf ewig als untoter Pirat das Geisterschiff "Flying Dutchman" zu kommandieren, ist sein Sohn Henry Turner (Brenton Thwaites, "Oculus") – inzwischen ein stattlicher junger Mann und Soldat der britischen Marine – auf der Suche nach einem Weg, den Fluch zu brechen. Tatsächlich stößt er auf eine uralte Legende über Poseidons Dreizack, der angeblich jeden Meeresfluch brechen kann. Ebenfalls auf der Suche ist die forsche Astronomin Carina (Kaya Scodelario, "Maze Runner"), die ob ihres enormen Wissens unglücklicherweise regelmäßig von dummen Männern der Hexerei bezichtigt wird und nun kurz vor der öffentlichen Exekution steht. Da sie mehr über den Dreizack weiß als Henry, muß dieser sie retten – und läuft dabei zufällig dem seit Jahren vom Pech verfolgten Captain Jack Sparrow (Johnny Depp, "Black Mass") über den Weg, der gerade einen spektakulären Bankraub ebenso spektakulär in den Sand gesetzt hat. Zusammen fliehen sie und machen sich auf die Jagd nach dem Dreizack – verfolgt vom Geisterpiraten Salazar (Javier Bardem, "Skyfall"), der noch eine Rechnung mit Jack offen hat und auf der Suche nach ihm Captain Barbossa (Geoffrey Rush, "The Warrior's Way") und seiner mittlerweile die Meere beherrschenden Piratenflotte in die Quere kommt …

Kritik:
Ich gebe es offen zu: Ich bin erklärter Fan der "Fluch der Karibik"-Reihe. Gut, offiziell heißt sie inzwischen auch in Deutschland (wie das ursprünglich titelgebende Disneyland-Fahrgeschäft) "Pirates of the Caribbean", aber für mich wird es immer die "Fluch der Karibik"-Reihe bleiben – schon weil die beiden ersten (und zumindest bislang besten) Filme in Deutschland so betitelt waren. Als Fan war ich natürlich gespannt, wie das große Comeback sechs Jahre nach dem eher mißglückten Neuanfang mit "Fremde Gezeiten" ausfallen würde. Ein Comeback, dessen klares Ziel es offensichtlich war, den Anhängern der Reihe wieder mehr von dem zu bieten, was sie so lieben (und was ihnen "Fremde Gezeiten" nur bedingt bot). Das merkt man schon daran, daß die Antagonisten wieder schauerliche Geisterpiraten sind, vor allem aber an der mehr als willkommenen Rückbesinnung auf viele beliebte Figuren der Original-Trilogie. Während "Fremde Gezeiten" ja außer Captain Jack, seinem haßgeliebten Erzrivalen Captain Barbossa und Jacks treuem Gefährten und Steuermann Gibbs (Kevin McNally) komplett auf neues Personal setzte, holt "Salazars Rache" etliche weitere "Black Pearl"-Crewmitglieder zurück sowie – wenngleich nur kurz bis extrem kurz – die ursprünglichen Protagonisten Will und Elizabeth Turner (Keira Knightley, "Anna Karenina"). Selbst der (sinnfreie, aber amüsante) Auftritt von Ex-Beatle Paul McCartney als Jacks Onkel baut auf der Gastrolle von Rolling Stones-Legende Keith Richards als Jacks Vater im Trilogiefinale "Am Ende der Welt" auf. Jede Menge Fanservice also, der bei den Anhängern der Reihe überwiegend gut ankommen dürfte, gleichzeitig aber nur ansatzweise die sehr dünne Story wie auch die generell kaum existente Weiterentwicklung von Filmwelt und Charakteren verdecken kann – was übrigens die mäßigen Rezensionen der professionellen Kritiker erklärt, für die solche objektiven Schwächen eben mehr im Vordergrund stehen als für echte Fans. Ich jedenfalls habe das Kino zufrieden verlassen, wenn auch keineswegs rundum glücklich.

In meinen Augen ist "Salazars Rache" – diesmal im übrigen kompetent, aber nicht übermäßig inspiriert inszeniert vom norwegischen "Kon-Tiki"-Duo Joachim Rønning und Espen Sandberg – klar schwächer als die ersten beiden Filme (wobei ich den etwas überambitionierten zweiten Teil erst nach wiederholter Sichtung richtig ins Herz geschlossen habe), aber ebenso deutlich besser als der vierte und in etwa auf dem gleichen qualitativen Niveau wie Teil 3 – wobei das kurioserweise derjenige "Pirates of the Caribbean"-Film ist, der stilistisch und inhaltlich wohl die wenigsten Ähnlichkeiten zu "Salazars Rache" aufweist. Wer die liebenswert-exzentrischen "Fluch der Karibik"-Charaktere über die Jahre so sehr ins Herz geschlossen hat, daß er sich (wie ich) auch freuen würde, ihnen einfach nur bei ihrem Alltagstreiben zuschauen zu dürfen, für den habe ich gute Nachrichten: Genau das passiert in der ersten Filmhälfte letztlich! Nachdem der Prolog mit Will Turner und der erste kurze Auftritt des von Javier Bardem mit sichtlichem Overacting-Genuß verkörperten Salazar die turbulente Jagd auf Poseidons Dreizack in Gang gesetzt haben, gerät diese nämlich erstmal sehr weit in den Hintergrund. Stattdessen lernen wir die neuen jungen Helden Henry und Carina kennen und wir erfahren, wie es Captain Jack, seiner Crew und Captain Barbossa in der Zwischenzeit ergangen ist. Das bedeutet im Klartext, daß wir dem selbstverständlich sturzbetrunkenen, als Folge seiner Pechsträhne noch etwas unleidlicheren Jack bei den spitzfindigen Streitereien mit seiner eher widerwilligen Mannschaft zusehen, bei den obligatorischen Schäkereien mit der Frauenwelt und ganz konkret bei einem dreisten Banküberfall. Der resultiert in einer haarsträubenden Verfolgungsjagd, die sehenswert choreographiert ist und wohlige Erinnerungen an die berühmte Mühlrad-Sequenz im Finale des zweiten Teils weckt, jedoch – wie der gesamte Film – nicht ganz dessen Raffinesse erreicht. Sehr unterhaltsam ist es dennoch und auch Henry und Carina werden geschickt eingebunden und harmonieren gut mit Jack (sowie später Barbossa). Gleichwohl ist unübersehbar, daß die beiden Neuankömmlinge fast genauso eingesetzt werden wie Will und Elizabeth in "Fluch der Karibik" – nämlich als schlagfertige, noble Gegenpole zum ja nicht wirklich heroischen Jack –, weshalb sie nur bedingt eigenes Profil entwickeln können. Henrys Eigenständigkeit wird noch zusätzlich dadurch untergraben, daß er primär der Sohn von Will und Elizabeth ist, wohingegen Carina durch ihre wissenschaftlichen Kenntnisse immerhin einen interessanteren Hintergrund erhält – der wenig überraschend bei der Suche nach dem Dreizack eine wichtige Rolle spielt …

Erst in der zweiten Filmhälfte nimmt ebendiese Suche Fahrt auf, wenn die Hauptfiguren endlich zusammengefunden haben und die Bedrohung durch Salazar immer näher kommt. Der ist zwar nicht so großartig wie es Barbossa (der hier lange im Hintergrund bleibt, aber Geoffrey Rush trotzdem ein paar Möglichkeiten zum Glänzen gibt) im ersten Film war, kann aber mit Davy Jones aus dem zweiten oder Blackbeard aus dem vierten Teil durchaus mithalten – auch wenn es vielleicht klüger gewesen wäre, seine durchaus spannende und die Rezeption seiner Taten relativierende Hintergrundgeschichte nicht erst ganz am Schluß zu enthüllen. Dafür sind er und seine teilweise sehr stark entstellte Geisterpiraten-Crew sensationell animiert, wie überhaupt Kreaturendesign (untote Haie!) und Spezialeffekte großes Lob verdient haben. In dieser Hinsicht haben die "Pirates of the Caribbean"-Filme ja schon immer geglänzt, aber "Salazars Rache" stellt tatsächlich noch einmal eine Steigerung dar; auch die nachträgliche 3D-Konvertierung ist gut gelungen. Leider trifft das, wie bereits angedeutet, auf die Handlung weniger zu. Der neu ins Boot geholte Drehbuch-Autor Jeff Nathanson ("Catch Me If You Can", "Aushilfsgangster") fängt zwar die Atmosphäre der Reihe wie auch die Essenz der Figuren gut ein, kann aber im Kern nicht mit einer interessanten Story aufwarten. So sehr man mit Henrys Versuch, seinen Vater von dessen Fluch zu befreien, sympathisiert, ja sogar mitfiebert: Es ist einfach nicht sonderlich spannend in Szene gesetzt. Manche Handlungsstränge verlaufen sogar ins Nichts; wozu man beispielsweise die britische Marine wieder ins Spiel bringen mußte, bleibt rätselhaft. Natürlich, die Briten gehören zur Reihe einfach dazu, aber wenn man sie so stiefmütterlich behandelt wie hier, sollte man sie besser ganz weglassen – David Wenham ist als der Piratenjäger Scarfield jedenfalls verschenkt und weckt höchstens wehmütige Erinnerungen an den viel besseren und unvergessenen Commodore Norrington (Jack Davenport) aus der Original-Trilogie.

Nathanson hat in "Salazars Rache" noch nicht einmal eine typische Schnitzeljagd integriert, stattdessen erreicht die bunt zusammengewürfelte Truppe – sobald sie sich zusammengerauft hat – erstaunlich schnell das Ziel, was in erster Linie Folge zahlreicher glücklicher, speziell in dieser Häufung wenig glaubwürdiger Zufälle ist. Das ist natürlich nicht ganz neu bei Hollywood-Blockbustern, aber gerade im Vergleich zu den Vorgängern, die eher zu komplex konstruiert waren, wirkt es doch arg simpel und einfallslos. Das rasante Erzähltempo, die witzigen Dialoge und die schmissige musikalische Untermalung sorgen dafür, daß einem die Storyschwächen gar nicht so sehr auffallen, ganz kaschiert werden sie jedoch nicht. Die Musik stammt diesmal vom relativ unbekannten Geoff Zanelli ("Disturbia"), der aber vom ersten Film an den deutschen Hauptkomponisten Hans Zimmer und Klaus Badelt assistiert hatte und sich nun weitestgehend darauf beschränkt, die eingängigen Melodien der vorherigen Teile zu variieren – das allerdings sehr gekonnt. Während die Suche also enttäuschend ausfällt, weiß der spektakulär inszenierte Showdown hingegen zu gefallen. Vor allem zeichnet er sich dadurch aus, daß er einige der teils seit dem ersten Film laufenden Handlungsstränge zu einem befriedigenden Ende bringt, wodurch "Salazars Rache" sogar als ein runder Abschluß der Reihe gut funktionieren würde – auf jeden Fall deutlich besser als "Am Ende der Welt" oder "Fremde Gezeiten". Angesichts der Einspielergebnisse (die zwar im Vergleich zu "Fremde Gezeiten" zurückgegangen sind, dank der außeramerikanischen Märkte aber immer noch gut sind) besteht jedoch sehr wohl noch die Möglichkeit einer weiteren Fortsetzung. Daß die Produzenten eine solche bereits im Hinterkopf haben, läßt auch die zusätzliche Szene nach dem Abspann vermuten, die die Rückkehr einer totgeglaubten Figur andeutet …

Fazit: "Pirates of the Caribbean: Salazars Rache" ist ein sehr unterhaltsamer Piratenfilm, der sich wieder mehr auf die großen humoristischen Stärken der Reihe konzentriert als der direkte Vorgänger, dabei allerdings etwas zu sehr auf Nummer Sicher geht und es deshalb versäumt, eine interessante Handlung einzuflechten.

Wertung: Aus der Perspektive eines Fans: 7,5 Punkte. Objektiv betrachtet wohl eher 6,5.


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