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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 21. März 2017

KONG: SKULL ISLAND (3D, 2017)

Regie: Jordan Vogt-Roberts, Drehbuch: Dan Gilroy, Max Borenstein, Derek Connolly, Musik: Henry Jackman
Darsteller: Tom Hiddleston, Brie Larson, Samuel L. Jackson, John Goodman, John C. Reilly, Corey Hawkins, Jing Tian, Jason Mitchell, Shea Whigham, John Ortiz, Thomas Mann, Richard Jenkins, Miyavi, Toby Kebbell, Terry Notary
 Kong: Skull Island
(2017) on IMDb Rotten Tomatoes: 75% (6,5); weltweites Einspielergebnis: $566,7 Mio.
FSK: 12, Dauer: 119 Minuten.

Im Jahr 1973 ist der Vietnam-Krieg aus amerikanischer Sicht im Grunde genommen verloren, die US-Truppen werden aus dem Land abgezogen. Auch die Hubschrauber-Einheit von Lt. Col. Packard (Samuel L. Jackson, "The Hateful 8") freut sich auf die langersehnte Heimkehr – doch sie freut sich zu früh, denn die Soldaten erhalten in letzter Minute noch einen Spezialauftrag: Sie sollen eine wissenschaftliche Expedition zu einer bislang unentdeckten Insel im Südpazifik eskortieren und sie dort schützen. Teil der Expedition sind Bill Randa (John Goodman, "Argo"), Leiter der umstrittenen geheimen Regierungsorganisation Monarch, der britische Veteran und Fährtenleser James Conrad (Tom Hiddleston, "Thor") und die (Anti-)Kriegsphotographin Mason Weaver (Brie Larson, "Raum"). Kaum ist "Skull Island" erreicht, werfen die Soldaten aus der Luft Bomben ab, um die These der mitgereisten Wissenschaftler zu untersuchen, daß es unter der Oberfläche große Hohlräume gibt. Der auf der Insel heimischen Fauna und Flora gefällt das Vorgehen naturgemäß nicht so gut, vor allem einer ist stinksauer: Kong, ein hochhausgroßer Riesengorilla, der die Helikopter scheinbar spielerisch vom Himmel holt. Die weit verstreuten Überlebenden versuchen, sich durch die feindliche Umgebung zum vereinbarten Treffpunkt am anderen Ende der Insel durchzuschlagen, an dem sie in zwei Tagen wieder abgeholt werden sollen – doch Packard sinnt auf Rache an Kong …

Kritik:
Einen neuen King Kong-Film zu machen, ist eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe – immerhin gibt es mit dem tricktechnisch immer noch beeindruckenden "King Kong und die weiße Frau" aus dem Jahr 1933 und Peter Jacksons epischer Neuinterpretation "King Kong" (2005) bereits zwei meisterliche Werke über den gigantischen Gorilla mit Blondinen-Faible auf seiner von der Welt vergessenen kleinen Insel irgendwo im Pazifik. Vielleicht versuchen Regisseur Jordan Vogt-Roberts und das zu zwei Drittel monstererfahrene Autoren-Trio Derek Connolly ("Jurassic World"), Max Borenstein ("Godzilla") und Dan Gilroy ("Nightcrawler") deshalb gar nicht erst, den Vorbildern inhaltlich und stilistisch nachzueifern. Stattdessen haben sie sehr selbstbewußt einen (mordsmäßig teuren) Exploitation-B-Film geschaffen, der mehr mit den alten japanischen Godzilla-Filmen (in denen Kong auch gelegentlich vorbeischaute, wenn er gerade Zeit hatte) gemein hat als mit der üblichen Hollywood-Sommerblockbuster-Kost. So wirkt der – als erste US-Großproduktion seit dem Krieg – zu einem großen Teil in Vietnam gedrehte "Kong: Skull Island" fast so, als hätte Quentin Tarantino entschieden, einen Vietnamkriegs-Film zu drehen, um dann irgendwann auf die Idee zu kommen, daß das Ganze mit riesigen Urzeit-Monstern doch viel lustiger wäre! Das Resultat, das wir mit "Kong" zu Gesicht bekommen, ist definitiv gewöhnungsbedürftig und absolut nicht ernst zu nehmen (und unterscheidet sich tonal deutlich vom Vorgänger "Godzilla"), aber durchaus unterhaltsam und visuell sehr eindrucksvoll.

Interessanterweise beginnt "Kong" so, wie Monsterfilme sonst gerne enden: Mit einer riesigen Schlacht zwischen den Soldaten in ihren Helikoptern und Kong. Dabei ist dieser Kong noch deutlich größer als die Versionen, die wir bisher (aus US-Filmen) kannten. Er ist nicht einfach nur ein Gorilla, der wie in Jacksons "King Kong" ein paar Mal so groß ist wie ein normaler Artgenosse; nein, der König von Skull Island ist so groß wie ein Hochhaus – am Empire State Building könnte er dementsprechend schwer hochklettern … Angesichts dieser gigantischen Größe kann es Kong eben auch mit einem Dutzend bewaffneten Kriegshelikoptern gleichzeitig aufnehmen. Nach dieser ungleichen Schlacht unterteilt sich der Film mit den Überlebenden der Konfrontation in zwei längere Zeit parallel verlaufende Handlungsstränge, die sich so deutlich voneinander unterscheiden, daß Hollywood-Newcomer Vogt-Roberts (der für das Kino zuvor nur den Indie-Coming of Age-Film "Kings of Summer" realisierte) im Grunde genommen zwei Filme drehte. Der eine ist relativ konventionell gehalten und zeigt, wie vor allem die Zivilisten rund um Conrad, Weaver, den jungen Wissenschaftler Houston Brooks (Corey Hawkins, "Straight Outta Compton") und den seit drei Jahrzehnten auf der Insel verschollenen Weltkriegs-Veteran Hank Marlow (John C. Reilly, "Das Märchen der Märchen") bei Eingeborenen Schutz suchen und dort versuchen, sich ein Transportmittel zusammenzubauen, mit dem sie in Sicherheit gelangen. Die Parallel-Handlung ist dagegen ziemlich durchgeknallt und hebt sich gleich in mehrfacher Hinsicht ab, denn sobald es zu dem zunehmend irre wirkenden Lt. Col. Packard und seinen Männern geht, wird die Musik von Henry Jackman ("Captain Phillips") leicht psychedelisch und auch die Farbgebung paßt sich entsprechend an. Das ist durchaus passend, denn dieser Teil der Story nimmt den Zuschauer auf einen ziemlichen Trip mit, in dem der erkennbar von seinen Vietnam-Erlebnissen traumatisierte Packard (für ihn haben die USA den Krieg nicht verloren, sondern beendet) stark an den von Marlon Brando verkörperten, verrückt gewordenen Col. Kurtz in "Apocalypse Now" erinnert und seine Männer entsprechend in das Herz der Finsternis führen will, um Kong zu töten. Jordan Vogt-Roberts kennt sich offensichtlich aus mit der überwiegend durch Hollywood-Filme gespeisten Ikonographie des Vietnam-Krieges, denn er zitiert wiederholt berühmte Szenen und Bilder – die zu Beginn das Eiland zur Freude der johlenden Soldaten bombardierenden Helikopter lassen einen etwa nur darauf warten, daß irgendjemand "Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen" schwärmt (wie einst Robert Duvall in "Apocalypse Now"), auch durch Sumpfgelände watende GIs oder ein in Heiland-Pose á la Willem Dafoe in "Platoon" dem Feind entgegentretender Soldat sind gute Beispiele dafür.

Wie es sich für einen B-Film gehört, haben die Dialoge nicht wirklich literaturpreisverdächtiges zu bieten – ganz im Gegenteil beschränken sie sich über weite Strecken auf markige Sprüche und trockene Oneliner. Gute Voraussetzungen für interessante Charaktere und spannende Figurenkonstellationen sind das natürlich nicht und tatsächlich hat "Kong" in dieser Hinsicht – wiederum typisch für ein B-Movie – nicht viel mehr zu bieten als Stereotype. Selbst die beiden Sympathieträger Conrad (der sicher nicht grundlos den gleichen Nachnamen hat wie "Herz der Finsternis"-Autor Joseph Conrad) und Weaver bleiben einem fremd, Tom Hiddleston und die OSCAR-Gewinnerin Brie Larson sind in den Rollen eigentlich verschenkt. Tiefere Einsichten hat generell keine der Figuren zu bieten, auch die Wissenschaftler bleiben enttäuschend blaß, was besonders bei John Goodmans Bill Randa eine echte Verschwendung ist. Am ehesten ist es noch Marlow, der seinen neuen Freunden und damit ebenso dem Publikum zumindest ein paar Hintergrundinformationen über die Insel und ihre Eigenheiten vermitteln darf und neben seinem nachvollziehbar exzentrischen Verhalten sogar fast so etwas wie Profil entwickeln darf. Bei den Soldaten sieht das deutlich schlechter aus: Mit Mills (Jason Mitchell, "Keanu") und Cole (Shea Whigham, "American Hustle") gibt es immerhin zwei Kumpels, die immer für einen Spruch gut sind, aber letztlich dominiert Packard diesen Handlungsstrang klar. Da es bekanntlich immer eine amüsante Erfahrung ist, Samuel L. Jackson im vollen Badass-Modus zu erleben, ist das jedoch gar nicht mal so schlecht, wenngleich er es mit seiner Kurtz-Hommage manchmal doch ein wenig übertreibt und die Grenze zum Overacting überschreitet.

Ob der ungewöhnlich großen Menge an Expeditionsteilnehmern, viele davon kampferfahrene Soldaten, kann man sich schon denken, daß hier jede Menge Kanonenfutter für Kong und die anderen Kreaturen herumläuft. Und genau so kommt es dann auch, wobei ein Großteil bereits die erste Begegnung nicht überlebt. Leider verhalten sich die Soldaten ausnahmslos ziemlich dämlich und durchstreifen dermaßen sorglos die exotische Umgebung, als würde es sich um die heimischen Rocky Mountains handeln. Das kann man zwar als eine weitere Vietnamfilm-Referenz interpretieren (selbstherrliches Verhalten und die schlechte Vorbereitung des Militärs wurden häufig als Hauptgründe für das Scheitern benannt, ein gutes filmisches Beispiel dafür ist Walter Hills allegorischer "Die letzten Amerikaner"), wirkt aber so übertrieben, daß es schon wieder ärgerlich ist. Anders formuliert: Wer sich wie Kanonenfutter verhält, der darf sich auch nicht beschweren, wenn er als Kanonenfutter endet! Besagtes Verenden ist häufig erstaunlich brutal in Szene gesetzt; es gibt definitiv einige harte Todesszenen (wenn auch nie aus nächster Nähe gezeigt), die mich etwas über die deutsche FSK 12-Freigabe staunen lassen. Gerade wie beiläufig etliche Soldaten und Wissenschaftler speziell im ersten Filmdrittel "entsorgt" werden, ist schon bemerkenswert und wird von manchen Kritikern nicht vollkommen zu Unrecht als menschenverachtend gebrandmarkt. Immerhin muß man "Kong" dafür loben, daß hier anders als bei zahlreichen ähnlich strukturierten Filmen nicht von Beginn an klar ist, wer überleben wird. Gleichzeitig wird dieses Lob aber dadurch relativiert, daß die schwache Figurenzeichnung dafür sorgt, daß es einem relativ egal ist, wer überlebt und wer nicht. Das ist kein Vergleich zu Peter Jacksons "King Kong", in dem selbst Nebenfiguren vergleichsweise sorgfältig gezeichnet sind, sodaß man als Zuschauer mit jedem (potentiellen) Opfer mitleidet.

Bei allem, was man an "Kong" kritisieren kann und muß und bei aller Gewöhnungsbedürftigkeit des offensiven B-Movie-Ansatzes steht aber eines außer Frage: In technischer Hinsicht handelt es sich um einen richtig guten Film. Kong, der per Motion Capture von den "Planet der Affen"-erfahrenen Toby Kebbell und Terry Notary verkörpert wird, wirkt überzeugend und lebensecht – allerdings darf auch er kaum echte Persönlichkeit entwickeln, was vor allem daran liegen dürfte, daß sein Faible für weiße Frauen hier nur angedeutet wird. Gerade bei Jacksons "King Kong" hat man gesehen, wie wichtig die Szenen zwischen Kong und der von Naomi Watts gespielten Ann waren, um Kong von einem übergroßen Tier zu einer echten, authentischen Person werden zu lassen. Eine entsprechende emotionale Bindung fehlt in "Kong: Skull Island" fast völlig, weshalb auch Kongs Kämpfe gegen andere, ebenfalls eindrucksvoll (laut Vogts-Roberts nach dem Vorbild von Hayao Miyazakis Zeichentrickkreaturen aus Filmen wie "Chihiros Reise ins Zauberland" oder "Prinzessin Mononoke") gestaltete Urzeitviecher – darunter eine besonders gefährliche Art von Echsenwesen – nicht die Wirkung erzielen, die möglich wäre. So wuchtig die Kämpfe auf dem abgesehen von seinen menschenfressenden Bewohnern idyllischen Eiland choreographiert und inszeniert sind, mit Kongs epischem Kampf auf Leben und Tod gegen eine ganze T. Rex-Familie in Jacksons "King Kong" können sie einfach nicht mithalten. Trotzdem macht die letzte halbe Stunde, in der es Action satt gibt, zugegebenermaßen mächtig Laune, zumal die 3D-Konvertierung recht gut gelungen ist und die rockige 1970er Jahre-Songauswahl (Creedence Clearwater Revival, Jefferson Airplane, The Stooges, Black Sabbath, David Bowie) schön einheizt. Normalerweise bin ich ja eher ein Kritiker der verbreiteten Angewohnheit von Hollywood-Blockbustern, im Showdown auf Nonstop-Action zu setzen, hier ist das angesichts der Flachheit der Charaktere und der Story jedoch wohl die beste Option. "Kong: Skull Island" ist übrigens der zweite Teil des neuen "MonsterVerse" von Legendary, das im Jahr 2014 mit Gareth Edwards' "Godzilla" seinen Anfang nahm. Als nächstes steht 2019 dessen Fortsetzung "Godzilla: King of the Monsters" an, ehe 2020 Kong und Godzilla aufeinandertreffen sollen. Fraglich ist, ob wir die Überlebenden von "Skull Island" noch einmal wiedersehen werden – eine zusätzliche Szene nach dem Abspann deutet darauf hin, da "Godzilla" jedoch in der Gegenwart spielt und "Kong" mehr als 40 Jahre früher, stellt sich die Frage, wie genau das funktionieren sollte. Nunja, wir werden es schon noch erfahren und auch, wenn ich von "Kong" etwas mehr Qualität erhofft hatte, freue ich mich auf die weiteren Teile des MonsterVerse.

Fazit: "Kong: Skull Island" ist ein sündhaft teures B-Movie, das das brutale Aufeinandertreffen von Vietnamkriegs-Soldaten, Kong und diversen Urzeitkreaturen ohne jeden Tiefgang, dafür mit viel überdrehter Action und starker Optik schildert.

Wertung: 7 Punkte.


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