James Gandolfini war ein leidenschaftlicher, ausdrucksstarker, einfach ein toller Schauspieler mit einer unheimlichen Leinwandpräsenz. Doch in die Film- und TV-Geschichte wird er mit einer einzigen Rolle eingehen: der des Mafiabosses Tony Soprano in der erst Anfang Juni 2013 von der amerikanischen Drehbuchautoren-Gilde WGA zur am besten geschriebenen Serie aller Zeiten gekürten HBO-Serie "Die Sopranos". Dies erst recht, da er gestern im Alter von nur 51 Jahren völlig unerwartet im Urlaub in Rom einem Herzinfarkt erlag.
Seine Karriere als Schauspieler startete James Gandolfini verhältnismäßig spät, zunächst als Theaterdarsteller, der 1992 sein Broadway-Debüt in Tennessee Williams' Klassiker "Endstation Sehnsucht" gab. Bereits ein Jahr später machte er auch Hollywood durch seine prägnante Nebenrolle als Virgil in Tony Scotts Thriller "True Romance" auf sich aufmerksam und war anschließend gut beschäftigt als Nebendarsteller in Filmen wie "Schnappt Shorty", "Crimson Tide" oder dem gelungenen TV-Remake von "Die 12 Geschworenen". Doch die Rolle seines Lebens trat er 1999 im Pay-TV an.
HBO, zu der Zeit zwar bereits bekannt als Heimat origineller und gut gemachter Serien wie "Oz", "Geschichten aus der Gruft" oder "Die Larry Sanders Show", aber noch deutlich entfernt vom späteren Status als Inbegriff der TV-Qualität (mit "Game of Thrones", "Boardwalk Empire", "The Wire", "Rom", "In Treatment" oder "Deadwood"), besetzte den italienischstämmigen Gandolfini in der Hauptrolle seiner neuen Mafia-Serie "Die Sopranos". Und diese von David Chase erschaffene Serie wurde innerhalb kürzester Zeit Kult: Die Mischung aus traditioneller Mafiastory mit vielen Anspielungen auf Filmklassiker wie "Der Pate" oder "Good Fellas" mit der Geschichte einer dysfunktionalen Familie, deren Oberhaupt Tony Soprano oft mehr mit seiner resoluten Ehefrau, seinen störrischen Kindern oder seiner Psychiaterin zu kämpfen hatte als mit anderen Gangstern oder dem FBI, begeisterte Kritiker und Publikum über sechs Staffeln hinweg. Die denkwürdigen, hervorragend ausgearbeiteten Figuren, die oft brillanten Dialoge und die einfallsreichen Storylines bescherten der Serie unter anderem 21 Emmys und fünf Golden Globes, und James Gandolfini als unumstrittenes Zentrum der Handlung wurde zurecht zum Star. Nach dem vieldiskutierten Finale der "Sopranos" im Jahr 2007 widmete Gandolfini sich verstärkt dem Kino, wo er zwar wieder meist Nebenrollen spielen mußte, aber dennoch an einigen bemerkenswerten Filmen wie Kathryn Bigelows "Zero Dark Thirty", Andrew Dominiks "Killing Them Softly" oder auch dem kleinen Independentfilm "Violet & Daisy" mitwirkte. Zuletzt arbeitete er für HBO an der TV-Serie "Criminal Justice", in der er die Hauptrolle eines Anwalts spielen sollte.
Mit James Gandolfini verliert die Filmwelt viel zu früh einen sympathischen, bodenständigen und hochtalentierten Schauspieler. R.I.P.
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