Letzes Update vom 4. Dezember 2012: Rachel Weisz muß nach ihrem Überraschungssieg bei den New Yorker Filmkritikern zumindest als Mitfavoritin aufgeführt werden. Außerdem ist Jessica Chastain zu einer Topfavoritin aufgestiegen, nachdem ihr Film "Zero Dark Thirty" zu herausragenden Kritiken vorgestellt wurde. Meine Prognose der Darstellerin-Nominierungen wurde entsprechend angepaßt.
Nachdem mittlerweile ein Großteil der OSCAR-Favoriten der Öffentlichkeit oder zumindest der Presse vorgestellt wurde (wichtigste Ausnahmen: "Les Misérables", "Der Hobbit", "Zero Dark Thirty", "Django Unchained"), lohnt sich ein früher Blick auf die beiden Hauptdarsteller-Kategorien. Dieses Jahr gibt es eine qualitativ sehr hochwertige Auswahl von darstellerischen Leistungen, dennoch sind die Voraussetzungen in den beiden Kategorien sehr verschieden: Während es bei den Männern bereits drei Namen gibt, deren Nennung am Morgen der Verkündung der OSCAR-Nominierungen am 10. Januar 2013 als nahezu gesichert gelten kann, scheint bei den Frauen noch keine echte Topfavoritin hervorzustechen.
Nachdem mittlerweile ein Großteil der OSCAR-Favoriten der Öffentlichkeit oder zumindest der Presse vorgestellt wurde (wichtigste Ausnahmen: "Les Misérables", "Der Hobbit", "Zero Dark Thirty", "Django Unchained"), lohnt sich ein früher Blick auf die beiden Hauptdarsteller-Kategorien. Dieses Jahr gibt es eine qualitativ sehr hochwertige Auswahl von darstellerischen Leistungen, dennoch sind die Voraussetzungen in den beiden Kategorien sehr verschieden: Während es bei den Männern bereits drei Namen gibt, deren Nennung am Morgen der Verkündung der OSCAR-Nominierungen am 10. Januar 2013 als nahezu gesichert gelten kann, scheint bei den Frauen noch keine echte Topfavoritin hervorzustechen.
Beginnen wir mit den Männern, wo die Verhältnisse klarer
erscheinen. Wer bei einem Wettbüro auf eine Nominierung von Daniel Day-Lewis,
Joaquin Phoenix oder Denzel Washington setzt, der wird im Erfolgsfall keinen
allzu großen Gewinn einstreichen können. Daß Day-Lewis für seine Darstellung
des US-Präsidenten Abraham Lincoln in Steven Spielbergs "Lincoln" ein
OSCAR-Favorit ist, war eigentlich klar, sobald seine Verpflichtung
bekanntgegeben wurde – und obwohl der Film selbst zwar überwiegend sehr positiv
aufgenommen wurde, aber doch nicht begeistert genug, um als Topfavorit für die Königskategorie
"Bester Film" zu gelten, hat Daniel Day-Lewis die in ihn gesetzten
Erwartungen keinesfalls enttäuscht. Es müßte schon mit dem Teufel zugehen,
damit er nicht nominiert würde ...
Ähnliches gilt eigentlich für Joaquin Phoenix, wie Day-Lewis (für "Mein linker Fuß" und "There Will Be Blood") bereits Gewinner des Hauptdarsteller-OSCARS (für "Walk the Line"). Seine Darstellung des unter posttraumatischen Beschwerden leidenden Ex-Soldaten Freddie Quell, der in Paul Thomas Andersons "The Master" zur rechten Hand eines charismatischen Sektenführers (für dessen Verkörperung Philip Seymour Hoffman ebenfalls OSCAR-Chancen hat, wenn auch deutlich geringere) wird, wurde auf Festivals weltweit gefeiert. Allerdings kam Phoenix kürzlich mit einem Interview in die Schlagzeilen, in dem er offen darüber sprach, wie wenig ihn persönliche Auszeichnungen interessierten und wie sehr er den ganzen OSCAR-Zirkus verachte. Es ist schwer zu beurteilen, ob das seine Aussichten verringert. Es dürfte aber eher unwahrscheinlich sein, schließlich hat die Academy schon oft genug öffentlichkeitsscheue Stars wie Woody Allen, Sean Penn oder Terrence Malick nominiert.
Ähnliches gilt eigentlich für Joaquin Phoenix, wie Day-Lewis (für "Mein linker Fuß" und "There Will Be Blood") bereits Gewinner des Hauptdarsteller-OSCARS (für "Walk the Line"). Seine Darstellung des unter posttraumatischen Beschwerden leidenden Ex-Soldaten Freddie Quell, der in Paul Thomas Andersons "The Master" zur rechten Hand eines charismatischen Sektenführers (für dessen Verkörperung Philip Seymour Hoffman ebenfalls OSCAR-Chancen hat, wenn auch deutlich geringere) wird, wurde auf Festivals weltweit gefeiert. Allerdings kam Phoenix kürzlich mit einem Interview in die Schlagzeilen, in dem er offen darüber sprach, wie wenig ihn persönliche Auszeichnungen interessierten und wie sehr er den ganzen OSCAR-Zirkus verachte. Es ist schwer zu beurteilen, ob das seine Aussichten verringert. Es dürfte aber eher unwahrscheinlich sein, schließlich hat die Academy schon oft genug öffentlichkeitsscheue Stars wie Woody Allen, Sean Penn oder Terrence Malick nominiert.
Bleibt noch Denzel Washington (für "Training Day"
ebenfalls bereits OSCAR-prämiert), dem als problembeladener Pilot in Robert
Zemeckis' in den nordamerikanischen Kinos an diesem Wochenende unerwartet stark
gestarteten Drama "Flight" eine der besten Leistungen seiner an
starken Leistungen wahrlich nicht armen Karriere zugebilligt wird. Eine
Nominierung sollte daher sicher sein, große Siegchancen sehe ich allerdings
nicht.
Damit bleiben noch zwei vakante Stellen in der Kategorie
übrig, um die sich ein rundes Dutzend Anwärter balgt. Die besten Chancen sehen viele momentan für Bradley Cooper, der seit "Hangover" auf einer
unglaublichen Beliebtheitswelle schwimmt und nun auch noch in der männlichen
Hauptrolle in DEM Crowdpleaser der OSCAR-Saison, David O. Russells
"Silver Linings Playbook", glänzt. Ebenfalls gut im Rennen ist Sir
Anthony Hopkins für die Titelrolle in "Hitchcock", während mit dem
81-jährigen Franzosen Jean-Louis Trintignant für seine bewegende Vorstellung in
Michael Hanekes Ü80-Drama "Liebe" ein weiterer Veteran sehr solide
Aussichten hat. Dazu gesellt sich John Hawkes, der für seine Verkörperung eines
gelähmten Schriftstellers, der in Ben Lewins "The Sessions" seine
Jungfräulichkeit verlieren will, durchaus seine zweite OSCAR-Nominierung nach
"Winter's Bone" einheimsen könnte. Noch nicht klar einschätzen lassen
sich die Chancen von Hugh Jackman, da noch niemand weiß, wie gut "Les
Misérables" tatsächlich geworden ist. Sollte die Musical-Adaption auch nur
halbwegs die turmhohen Erwartungen erfüllen, dann sollte jedoch kaum ein Weg an
seiner Nominierung vorbeiführen.
Wenngleich die Wahrscheinlichkeit groß ist, daß sich die
fünf Nominierten aus den bisher genannten Namen rekrutieren werden, könnte sich
sehr wohl auch noch ein Außenseiter dazwischenschmuggeln. Kandidaten dafür sind Tommy Lee
Jones (der als knurriger Ehemann von Meryl Streep in "Wie beim ersten Mal"
für viele Lacher sorgt), Richard Gere (als Hedgefonds-Manager in
"Arbitrage"), Suraj Sharma (quasi Alleinunterhalter in Ang Lees
gefeierter Literaturverfilmung "Life of Pi"), Brad Pitt (als cooler
Killer in "Killing Them Softly"), Aaron Taylor-Johnson (als Graf
Wronski in Joe Wrights Tolstoi-Adaption "Anna Karenina") und Ewan
McGregor (dessen Tsunami-Drama "The Impossible" in Spanien innerhalb von zwei Wochen bereits
über 4 Millionen Menschen gesehen haben). In Frage kommen außerdem Jamie Foxx (in Tarantinos Western-Hommage "Django Unchained") und
Matt Damon (in Gus van Sants Drama "Promised Land"), deren Filme allerdings
wie "Les Misérables" noch niemand einschätzen kann.
Meine Prognose der fünf Nominierten aus heutiger Sicht:
Daniel
Day-Lewis, "Lincoln"
Joaquin
Phoenix, "The Master"
Denzel
Washington, "Flight"
Hugh Jackman,
"Les Misérables"
Sir Anthony
Hopkins, "Hitchcock"
Erste
Nachrücker: Bradley Cooper ("Silver Linings Playbook"), John Hawkes
("The Sessions"), Jean-Louis Trintignant ("Liebe").
Damit zu den Hauptdarstellerinnen: Wie gesagt sehe ich hier
noch keine absolute Topfavoritin, aber dafür eine Gruppe von sieben Frauen, die
allesamt gute Chancen auf eine Nominierung haben. Am besten sieht es derzeit
wohl für Jennifer Lawrence aus, die mit "Die Tribute von Panem" in
diesem Jahr einen Riesenerfolg feiern konnte, allerdings als Hauptdarstellerin
von David O. Russells "Silver Linings Playbook" ins OSCAR-Rennen geht.
Die Tragikomödie gilt derzeit neben Ben Afflecks Thriller "Argo" als
großer Favorit in der "Best Picture"-Kategorie und Lawrences
Leistung wird sogar noch mehr gelobt als die ihres Leinwandpartners Bradley
Cooper. Schwer vorstellbar, daß die Academy sie übergehen wird.
Ebenfalls gute Aussichten hat Keira Knightley, die in
"Anna Karenina" wieder einmal eine Glanzleistung in einer
historischen Rolle abliefert. Die gemischten Kritiken für den Film dämpfen zwar
auch ihre Chancen ein klein wenig, dennoch sehe ich sie als ziemlich sicher
gesetzt an. Das gleiche gilt für die 85-jährige Emmanuelle Riva
("Hiroshima, mon amour"), die in Michael Hanekes "Liebe"
das Publikum als nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmte Ehefrau zu Tränen
gerührt hat. Und auch Naomi Watts ist für ihre
Rolle einer Mutter, die in Juan Antonio Bayonas "The Impossible" mit ihrer Familie während des Urlaubs in Thailand Ende
Dezember 2004 von dem verheerenden Tsunami getroffen wird, gut im Rennen. Mit vollem Körpereinsatz hat zudem die frühere OSCAR-Gewinnerin (für
"Besser geht's nicht") Helen Hunt ihre Aussichten gesteigert, denn mit
ihrer mutigen, äußerst zeigefreudigen Verkörperung einer Sex-Therapeutin in
"The Sessions" sollte die 49-jährige der Academy genau das geliefert
haben, was diese traditionell gerne belohnt. Da das produzierende Studio sie jedoch als Nebendarstellerin "vermarktet", wird sie wohl auch "nur" in dieser (weniger hart umkämpften) Kategorie nominiert werden.
Zwei Schauspielerinnen sehen viele Experten sehr weit vorne,
bei denen ich allerdings Zweifel habe. Da wäre zunächst mit Marion Cotillard
eine weitere Französin, die für ihre Verkörperung einer an den Rollstuhl
gefesselten Tiertrainerin in Jacques Audiards "Der Geschmack von Rost und
Knochen" jede Menge Lob erfahren hat. Allerdings hat sich dieses Lob bislang
kaum in Auszeichnungen ausgedrückt, denn beim Filmfestival in Cannes ging sie
leer aus und gestern wurde sie völlig überraschend nicht einmal für den
Europäischen Filmpreis nominiert. Allerdings können diese Enttäuschungen schnell vergessen sein, wenn ab Dezember die Awards Season in den USA so
richtig in Schwung kommt.
Der zweite Kritikerliebling ist die sechsjährige Quvenzhané
Wallis. Zugegeben, sie spielt ihre Rolle der Hushpuppy in Benh Zeitlins
Festivaldarling "Beasts of the Southern Wild" sehr anrührend und daß
Kinder eine gute Chance auf eine OSCAR-Nominierung haben, hat sich immer wieder
erwiesen (u.a. Anna Paquin, Haley Joel Osment, Keisha Castle-Hughes). Dennoch
habe ich meine Zweifel, ob die Academy-Mitglieder von diesem eher tristen
Sozialdrama genügend angetan sein werden, um auch Wallis zu nominieren. Es
sollte zumindest knapp werden.
Bleibt noch ein halbes Dutzend ausgesprochen prestigereicher Kandidatinnen, die aber eher Außenseiterchancen auf eine Nominierung haben – wobei ich
fast sicher bin, daß sich eine von ihnen letztlich im Nominiertenfeld
wiederfinden wird: Meryl Streep ist natürlich immer eine aussichtsreiche Kandidatin, nach
ihrem letztjährigen Sieg für "Die eiserne Lady" dürfte ihre Rolle in
der romantischen Komödie "Wie beim ersten Mal" jedoch zu gewöhnlich
sein, als daß sie schon wieder Berücksichtigung finden würde. Dame Helen Mirren sollte für
ihre Darstellung der Hitchcock-Gattin Alma Reville in "Hitchcock"
bessere Chancen habe, zumal sich die Befürchtung zerschlagen hat, daß sie im Vergleich zu
Titeldarsteller Sir Anthony Hopkins in der medialen Berichterstattung etwas
untergehen könnte. Derzeit sieht es eher nach dem Gegenteil aus. Dame Judi Dench hingegen hat gleich zwei Eisen im Feuer, könnte
sich damit aber im ungünstigsten Fall sogar selber schaden, sollten sich die
Stimmen zu gleichmäßig verteilen. Wenn sie als Hauptdarstellerin nominiert
wird, dann vermutlich für die global erfolgreiche Rentner-Komödie "Best
Exotic Marigold Hotel", die allerdings kein ausgesprochener
Kritikerliebling war. Wesentlich besser kam bei diesen der neue Bond-Film "Skyfall" an,
in dem Dench als Geheimdienst-Chefin "M" eine deutlich größere Rolle
spielt als in den Vorgängern. Allerdings stellt sich hier dennoch die Frage, ob sie als
Haupt- oder (wahrscheinlicher und wohl auch chancenreicher) als
Nebendarstellerin gehandelt wird. Als dritte von der Queen geadelte Britin
reiht sich Dame Maggie Smith in die Liste ein, die für ihre Rolle einer
ehemaligen Operndiva in Dustin Hoffmans Regiedebüt "Quartet" sehr
gute Besprechungen erhielt.
Neben diesen erfahrenen Schauspielerinnen kommen auch noch drei deutlich jüngere Damen in Frage: Anne Hathaway hat in "The Dark Knight Rises" als Catwoman in jeder Hinsicht eine sehr gute Figur gemacht,
ob das für eine OSCAR-Nominierung reicht, scheint jedoch fraglich. Wesentlich besser sieht es für Jessica Chastain aus, die in Kathryn Bigelows "Zero
Dark Thirty" als CIA-Agentin auf der Jagd nach Obama bin Laden nach übereinstimmender Kritikermeinung eine der besten Frauenrollen in Hollywood der letzten Jahre spielen darf und damit eine Nominierung sicher haben sollte. Zudem hat sich Rachel Weisz für ihre Darstellung in dem Drama "The Deep Blue Sea" mit dem unerwarteten Sieg bei den New Yorker Filmkritikern auf das Radar der Academy-Mitglieder katapultiert.
Meine derzeitige (anders als bei den Männern recht mutige) Prognose für die Nominierungen:
Jennifer
Lawrence ("Silver Linings Playbook")
Keira
Knightley ("Anna Karenina")
Emmanuelle
Riva ("Liebe")
Marion Cotillard ("Der Geschmack von Rost und
Knochen")
Jessica Chastain ("Zero Dark Thirty")
Erste Nachrücker: Helen Mirren ("Hitchcock"), Quvenzhané Wallis ("Beasts
of the Southern Wild"), Naomi Watts ("The Impossible"), Rachel Weisz ("The Deep Blue Sea"), Dame Maggie
Smith ("Quartet").
Weiterführende Quellen:
Meine Übersicht über den Stand der Dinge in der Kategorie "Bester Film":
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen