Originaltitel:
All the President's Men
Regie: Alan J. Pakula, Drehbuch: William Goldman, Musik:
David Shire
Darsteller: Robert Redford, Dustin Hoffman, Jack Warden, Hal
Holbrook, Martin Balsam, Jane Alexander, Jason Robards, Lindsay Crouse, Ned
Beatty, F. Murray Abraham, Meredith Baxter, Stephen Collins, Penny Fuller,
Dominic Chianese, David Arkin
USA, 1972: Wenige Monate vor den Präsidentschaftswahlen beobachtet
ein Wachmann (Frank Wills als er selbst) einen mysteriösen Einbruch im
Washingtoner Watergate-Gebäudekomplex, in dem sich auch die Wahlkampfzentrale
der Demokratischen Partei befindet. Fünf Männer werden festgenommen und vor
Gericht gebracht. Bob Woodward (Robert Redford, "Der Clou", "Jenseits von Afrika"), ein junger Reporter der
angesehenen Tageszeitung "Washington Post", berichtet routinemäßig
aus dem Gericht und wird neugierig, als einer der Angeklagten sich selbst als
ehemaligen CIA-Agenten bezeichnet. Erste Recherchen ergeben Indizien für eine
richtig große Story und so wird Woodward gemeinsam mit seinem Kollegen Carl
Bernstein (Dustin Hoffman, "Barney's Version") von dem Chefredakteur Ben Bradlee (OSCAR für Jason Robards) beauftragt, die Geschichte genauer unter die Lupe zu
nehmen. Nach und nach setzen Woodward und Bernstein die Puzzleteile zusammen und
mithilfe einer anonymen Quelle (Hal Holbrook, "Lincoln") kommen sie trotz Morddrohungen gegen ihre Person einer
Verschwörung auf die Spur, in die selbst der republikanische US-Präsident Richard Nixon verstrickt zu
sein scheint ...
Kritik:
In der Eröffnungsszene von Alan J. Pakulas
legendärem Polit-Thriller ist ganz unspektakulär eine Schreibmaschine bei der Arbeit zu sehen –
nur daß sie dabei nicht die üblichen Tipp-Geräusche macht, sondern
das Setzen jedes einzelnen Buchstabens von einer Mischung aus Pistolenschuß und
Peitschenknall begleitet wird. Mit dieser innovativen Tonschöpfung wird von Beginn an
nachhaltig unterstrichen, daß Worte mächtige Waffen sein können. So mächtige
gar, daß sie im Extremfall selbst einen amtierenden US-Präsidenten in
Schimpf und Schade aus dem Amt jagen können.
"Die Unbestechlichen" ist Teil und Höhepunkt einer Welle von
qualitativ sehr hochwertigen Verschwörungsfilmen, die Hollywood in den 1970er Jahren als Konsequenz aus
dem verlorenen Vertrauen großer Teile der Gesellschaft in die Politik nach Vietnam-Krieg und Watergate-Affäre in die Kinos brachte
(weitere bekannte Vertreter sind Sydney Pollacks "Die drei Tage des
Condor", Francis Ford Coppolas "Der Dialog" sowie Pakulas
"Zeuge einer Verschwörung" und "Klute", die gemeinsam mit
"Die Unbestechlichen" seine "Paranoia-Trilogie" bilden). Er gilt nicht ohne Grund bis heute als wohl bester
Journalismus-Film aller Zeiten, gelingt es ihm doch, eine auf den ersten Blick
sehr trockene und verworrene Geschichte mit Unmengen an Namen und Fakten so
spannend und unterhaltsam darzustellen, wie dies kaum einem "normalen"
Thriller gelingt. Und im Vergleich zu anderen bedeutenden Journalismus-Filmen verfolgt "Die Unbestechlichen" einen ausdrücklich positiven Ansatz, während andere Genreklassiker wie Mervyn LeRoys "Spätausgabe" von 1931 oder Sidney Lumets "Network" (der übrigens direkter Konkurrent von "Die Unbestechlichen" im OSCAR-Wettbewerb 1977 war – letztlich gewannen beide Filme vier der begehrten Trophäen) häufiger negative Aspekte in den Vordergrund stellten.
Ausschlaggebend für den ausgezeichneten Ruf von Pakulas Film ist in besonderem Ausmaß das schlicht
geniale und mit dem OSCAR prämierte Drehbuch von Autoren-Legende William
Goldman (dessen lakonischer Satz "Nobody knows anything" noch immer
als die treffendste Beschreibung der Filmbranche gilt ...). Dieses wird in seiner
ungeheuren Detailverliebtheit den von Woodward und Bernstein in Buchform veröffentlichten realen Ereignissen vollauf gerecht,
ohne dabei die für die Zuschauerbindung so wichtige Gestaltung der handelnden
Figuren auch nur minimal zu vernachlässigen. Robert Redford und Dustin Hoffman
verkörpern die ehrgeizigen Investigativ-Reporter zudem ungemein
charismatisch, sie bringen journalistisches Engagement, Idealismus
und persönliche wie berufliche Entwicklung der beiden im Verlauf der
monatelangen Recherchen voll zur Geltung. Und sie sorgen dafür, daß Woodward und Bernstein bis zum heutigen Tag Ikonen der US-Presse sind,
deren Bücher sich wie geschnitten Brot verkaufen. Generell ist "Die
Unbestechlichen" bis in die kleinsten der unzähligen Nebenrollen hinein mit
Könnern ihres Fachs wie Jason Robards, Jane Alexander, Hal Holbrook, Martin Balsam, Lindsay Crouse oder Ned Beatty
("Der Ketzer") hervorragend besetzt. Doch obwohl Robards für seine Rolle einen OSCAR gewann und Alexander immerhin eine Nominierung erhielt, wurden ausgerechnet Hoffman und Redford erstaunlicherweise übergangen, was im Nachhinein kaum mehr
nachvollziehbar erscheint – vor allem, wenn man sieht, welche fünf Männer stattdessen in der Kategorie "Bester Hauptdarsteller" nominiert wurden und dabei auch auf Sylvester Stallone für seine Rolle als
"Rocky" stößt; sicherlich dessen beste Karriereleistung (neben der in
James Mangolds Thriller "Cop Land"), aber besser als Redford und Hoffman in "Die
Unbestechlichen"? Ernsthaft?
Wie dem auch sei, nicht nur schauspielerisch, sondern auch in
technischer Hinsicht brilliert "Die Unbestechlichen" unter anderem mit
innovativen Einfällen (wie den anfangs erwähnten "Schreibmaschinen-Schüssen"), einer souveränen
Kameraführung sowie einer stimmungsvollen und subtilen akustischen Gestaltung. Im Zusammenspiel aller
Elemente ergibt sich somit ein hervorragend inszeniertes flammendes Plädoyer für
den Journalismus als beobachtende und Mißstände aufdeckende "vierte
Gewalt" des Staates, von dem nicht nur in den USA viele Journalisten noch
etwas lernen können – und sollten.
Fazit: "Die Unbestechlichen" zeigt, wie
spannend, unterhaltsam und intelligent Hollywood-Kino sein kann.
Die komplexe, fast ausschließlich durch pointierte und oft messerscharfe Dialoge vorangetriebene
Handlung mag angesichts des lobenswerten Bemühens, größtmögliche Nähe zu den
tatsächlichen Geschehnisse zu wahren, nicht ganz so aufregend und temporeich
sein wie bei den allerbesten Genrevertretern. Die dramaturgische Könnerschaft und die
sprachliche Kreativität von Drehbuch-Autor Goldman wiegen diese minimale
Schwäche in Kombination mit der erstklassigen Besetzung und der
hochwertigen Inszenierung am Rande der handwerklichen Perfektion aber locker auf.
Wertung: 9 Punkte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen