Regie und Drehbuch: Damien Chazelle, Musik: Justin Hurwitz
Darsteller: Emma
Stone, Ryan Gosling, J.K. Simmons, John Legend, Rosemarie DeWitt, Callie
Hernandez, Jessica Rothe, Sonoya Mizuno, Tom Everett Scott, Finn Wittrock,
Damon Gupton, Josh Pence, Marius De Vries
FSK: 0, Dauer: 128 Minuten.
Die ersten zwei Begegnungen zwischen der jungen Schauspielerin Mia
(Emma Stone, "Einfach zu haben") und dem eigenwilligen
Jazzpianisten Sebastian (Ryan Gosling, "The Nice Guys") in Los Angeles verlaufen
eher unerfreulich. Dabei sind sie sich eigentlich gar nicht so unähnlich: Beide
suchen als Künstler ihr Glück in der "Stadt der Engel", doch für
beide sieht es aktuell nicht gut aus. Mias Castings verlaufen unglücklich, ihr
Geld verdient sie als Bedienung in einem Café – Sebastian wiederum, dessen
Traum es ist, einen klassischen Jazzclub zu eröffnen, wurde von einem
Geschäftspartner übers Ohr gehauen und muß nun seine Brötchen als Pianist in
einem gehobenen Restaurant verdienen – dessen Besitzer Bill (J.K. Simmons,
"Terminator: Genisys") von Jazz absolut überhaupt rein gar nichts
hält! Doch als sich Mia und Sebastian ein drittes Mal über den Weg laufen,
stellen sie fest, daß sehr wohl eine gewisse gegenseitige Faszination
besteht. Die Frage, die sich ihnen nach und nach stellt, lautet: Was ist den beiden
wichtiger? Die Liebe oder die Aussicht auf eine große Künstler-Karriere?
Kritik:
14 OSCAR-Nominierungen. Das ist der Rekord, den bis ins Jahr 2017
"Alles über Eva" (1950) und "Titanic" alleine hielten – nun
ist "La La Land" der dritte im Bund der Filme mit den meisten
Nominierungen für die Academy Awards überhaupt (am Ende reichte es in sechs Kategorien zum Sieg, darunter Regie). Für Regisseur und Autor Damien
Chazelle ist es zudem der zweite Film in Folge, der von Kritikern und Publikum
gefeiert wird, nachdem drei Jahre zuvor bereits sein Schlagzeuger-Drama
"Whiplash" mit drei OSCARs geehrt wurde. Daß Chazelle, selbst ein Schlagzeuger, ein Faible für
Musik hat, ist also offensichtlich, doch wo es in "Whiplash" sehr
jazzlastig zuging, stellt sich "La La Land" breiter auf –
zwar ist Sebastian ein Jazzpianist, insgesamt herrschen in dem (wie bei
"Whiplash") von Justin Hurwitz verantworteten Soundtrack jedoch eher
klassische Gute Laune-Musical-Melodien vor. Das ist natürlich passend, da es
sich bei "La La Land" um eine liebevolle Verbeugung
vor den MGM-Musicals aus Hollywoods Goldener Ära handelt, auch vor
französischen Werken wie "Die Regenschirme von Cherbourg". Wer sich
– wie ich – mit dem Genre auskennt, der wird zahlreiche Anspielungen auf Klassiker
wie "Du sollst mein Glücksstern", "Ein süßer Fratz" oder
"Ein Amerikaner in Paris" erkennen, die aber so subtil eingeflochten
sind, daß sie gleichzeitig niemanden stören können, der mit Musicals sonst
wenig anfangen kann. Das können ganz spezielle Choreographien sein oder
nur kurze, aber unverkennbare Bewegungen oder sogar einzelne Kleidungsstücke,
die bei Kennern der Materie wunderschöne nostalgische Erinnerungen wecken; so unaufdringlich wie hier wurde Hollywoods Vergangenheit selten zuvor Tribut
gezollt.
Trotzdem spielt die Musik letztlich eine kleinere Rolle als
man vermuten würde. Natürlich ist sie ein ausgesprochen wichtiger, sogar
unverzichtbarer Bestandteil des Gesamtkunstwerks "La La Land", aber
überraschend häufig bleibt es bei reiner Instrumentalmusik, während es lediglich eine
Handvoll klassischer Musical-Nummern mit Tanz und Gesang gibt, angefangen mit
dem wunderbar mitreißenden und aufwendig choreographierten Prolog, der die vermutlich
schönste Verkehrstau-Sequenz aller Zeiten präsentiert. Da Hurwitz'
abwechslungsreiche Songs allesamt sehr gelungen sind, hätte ich mir durchaus
noch ein paar mehr gewünscht; eine gute Freundin, mit der ich den Film gesehen
habe (und die kein ausgesprochener Musical-Fan ist), fand die Menge dagegen
genau richtig. So gesehen haben Chazelle und Hurwitz wohl eine gute Balance
gefunden, um alle Publikumssegmente zufriedenzustellen. Noch wichtiger als die
Musik sind aber die zentralen Charaktere, was relativ ungewöhnlich ist,
da die hier primär Pate stehenden Musicals aus den 1950er Jahren meist nicht
unbedingt durch eine tiefschürfende Handlung oder Figurenzeichnung auffielen.
Was die in vier den Jahreszeiten entsprechenden Kapitel unterteilte und somit ein
Jahr (plus einen Epilog) umfassende Handlung betrifft, unterscheidet sich
"La La Land" gar nicht so sehr, schließlich handelt es sich um eine
typische, wenn auch gekonnt und vergleichsweise originell vorangetriebene
Liebesgeschichte. Wie facettenreich Sebastian und Mia gestaltet sind, ist jedoch eine echte positive Überraschung – in dieser Hinsicht muß sich "La La
Land" nicht einmal vor den im OSCAR-Rennen 2017 konkurrierenden
Charakterdramen wie "Manchester by the Sea", "Moonlight" oder "Fences"
großartig verstecken.
Dabei profitiert "La La Land" selbstverständlich ungemein davon, daß Emma Stone und Ryan Gosling eine umwerfende
Leinwandchemie haben. Das haben sie bereits fünf Jahre zuvor in der
romantischen Komödie "Crazy, Stupid, Love." eindrucksvoll bewiesen
(und zwei Jahre später nicht ganz so ausgeprägt in "Gangster Squad"),
seitdem scheinen sie aber sogar noch besser zu harmonieren – vielleicht liegt
es aber auch einfach daran, daß sich diesmal der komplette zweistündige Film nur um
sie dreht. Jedenfalls ist es eine wahre Freude, Mia und Sebastian bei ihren
zunächst nicht allzu erfolgverheißenden Aufeinandertreffen beizuwohnen, die aber
schon erkennen lassen, daß eine unübersehbare Anziehungskraft zwischen den
beiden Suchenden besteht. Wie sie sich dann langsam annähern, befördert durch
die wunderbare Musik in den idyllischen, sternenklaren kalifornischen Nächten,
macht einfach gute Laune. Natürlich gibt es Rückschläge, die vor allem mit ihrem holprigen beruflichen Vorankommen zusammenhängen, das auf ihre
Beziehung durchschlägt. Denn während Mia nach zahlreichen erfolglosen Castings
zunehmend frustriert ist, eröffnet sich Sebastian bald eine ganz neue
Gelegenheit, die großen Erfolg verspricht, für die er aber seinen eigentlichen
Traum eines eigenen Jazzclubs aufgeben müßte. Wie gesagt, das ist nicht völlig
frei von Klischees und dieser mittlere Teil der Story hätte vielleicht ein
wenig gestrafft werden können – für Genreverhältnisse ist das aber wirklich
innovativ geschildert mit dem konsequenten Blick auf das bei Künstlern
vermutlich besonders stark ausgeprägte Spannungsfeld zwischen Privatleben und
Arbeit (laut Chazelle gibt es in der Tat sogar autobiographische Anleihen). Und
vor allem läuft es auf ein sensationelles Finale zu, das dann hervorragend
geschrieben ist, dabei selbstbewußt mit den Genrekonventionen bricht und mit unerwarteter emotionaler Wucht über die Zuschauer hereinbricht. Mag der
restliche Film auch nicht frei von Mängeln und kleineren Längen sein, dieser
Schlußakt ist in meinen Augen sowohl in der Dramaturgie als auch in der
Präsentation schlichtweg perfekt!
In technischer Hinsicht bemerkenswert ist außerdem, mit wie
wenigen Schnitten "La La Land" auskommt. Die Musical-Einlagen sind sogar – wie in den Vorbildern aus den 1950er
Jahren – komplett in einer einzigen langen Einstellung gedreht, was nicht nur eine
penible Vorbereitung, sondern auch eine absolut makellose Ausführung erfordert.
Speziell die Massenchoreographie des Stau-Prologs ist daher
beeindruckend; ich will gar nicht wissen, wie oft die gedreht werden mußte, bis
sie so perfekt ausgeführt wurde. Interessanterweise ist das für Emma Stone nach
"Birdman" (bei dem es noch extremer war) bereits der zweite Film, der
so vorgeht, was Bände über ihr schauspielerisches Talent und ihre
Professionalität spricht; der OSCAR für sie und die Nominierung für Gosling sind
absolut gerechtfertigt. Naturgemäß kommen die Nebenrollen dafür arg kurz, schließlich stehen Mia und Sebastian ja uneingeschränkt im
Fokus der Geschichte. Von manchen Figuren hätte man durchaus gerne mehr
gesehen, aber insgesamt hat Chazelle sie trotzdem gut eingebunden. Eine der
Nebenrollen wird übrigens von R&B-Star John Legend gespielt, der mit dem
gelungenen "Start a Fire" einen eigenen Song einbringt und
singt. Bei den OSCARs ging der aber leer aus, stattdessen wurden aus "La
La Land" das nostalgische "City of Stars" (Gosling und Stone)
und die von Emma Stone gesungene schwermütige Ballade "Audition (The Fools
Who Dream)" nominiert, wobei der Goldjunge verdient an "City of Stars" ging.
Fazit: "La La Land" ist ein nostalgisches und
wunderschön gefilmtes romantisches Musical mit toller Musik und viel Herz sowie mit zwei
ausgefeilten zentralen Charakteren, die von Emma Stone und Ryan Gosling
kongenial verkörpert werden.
Wertung: 9 Punkte.
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