Originaltitel:
Humoresque
Regie: Jean
Negulesco, Drehbuch: Clifford Odets und Zachary Gold, Musik: Franz Waxman
Darsteller:
John Garfield, Joan Crawford, Oscar Levant, Joan Chandler, Paul Cavanagh, Ruth
Nelson, J. Carrol Naish, Tom D'Andrea, Peggy Knudsen, Craig Stevens, Fritz
Leiber, Richard Gaines
Paul Boray ist kein normaler Junge. Als sein Vater, der
einen kleinen Laden besitzt, ihm zum Geburtstag in einer Art Gemischtwarengeschäft die freie Auswahl
für sein Geschenk läßt, entscheidet Paul sich nicht etwa für ein Feuerwehrauto ("Das ist doch nur etwas für Kinder!")
oder eine Baseball-Ausrüstung, sondern für eine teure Geige. Wenn die anderen
Kinder auf der Straße spielen, übt Paul zuhause auf der Geige. Während sein
Bruder Phil einige Jahre später inmitten der Weltwirtschaftskrise vergeblich
versucht, eine Arbeit zu finden, verfeinert Paul (John Garfield, "Vater dirigiert") weiterhin seine Kunstfertigkeit am Instrument, auch wenn alle
außer seiner Mutter das für Zeitverschwendung halten. Durch seinen älteren
Freund Sid Jeffers (Oscar Levant), der sich seit langem als Pianist
durchschlägt, ergattert er ein paar kleinere Jobs und kann sich so die
Ausbildung am National Institute leisten. Doch eine erfolgreiche Karriere ist
noch immer weit entfernt, schließlich haben die krisengeplagten Menschen in den USA
besseres zu tun, als ihr Geld für einen unbekannten neuen Musiker auszugeben,
und sei er auch noch so talentiert. Erst als Sid seinen Freund mit zu einer
Party der nicht mehr ganz jungen, aber noch immer attraktiven Society-Lady
Helen Wright (Joan Crawford, "Menschen im Hotel") nimmt, die dafür
bekannt ist, sich als Kunstmäzenin zu betätigen, bekommt Paul die große Chance,
der ganzen Welt sein Talent zu beweisen. Aber das Interesse der verheirateten
Helen gilt nicht nur Pauls musikalischen Künsten ...
Kritik:
In der Filmgeschichte ist Oscar Levant nicht mehr als eine
kleine Fußnote – allerdings eine ziemlich spannende. Der ausgebildete Musiker,
erfolgreiche Komponist und Gershwin-Experte ist in gerade einmal zwölf Filmen als
Schauspieler aufgetreten, doch in diesen zwölf Filmen hat er bleibenden
Eindruck hinterlassen. Wobei "Schauspieler" vielleicht keine ganz
korrekte Bezeichnung ist, denn stets hat Oscar Levant Musiker mit einem
speziellen Sinn für Humor gespielt und somit letztlich eigentlich immer eine
Variation seiner selbst. Begonnen hat seine Hollywood-Karriere Ende der
1920er Jahre als Filmkomponist, doch ab 1940 trat er auch regelmäßig vor der
Kamera auf, u.a. neben Gene Kelly in "Ein Amerikaner in Paris", neben
Bing Crosby in "Rhythm on the River", neben Doris Day in
"Zaubernächte in Rio" sowie neben Fred Astaire in "Tänzer vom
Broadway" und "Vorhang auf!". Auch wenn Levant in all diesen
Filmen "nur" größere Nebenrollen spielte und seine Figuren sich alle
sehr ähnelten, mit seinem frechen, aber liebenswürdigen Charme (seine Gags
verfaßte er oft selbst) und seinem nicht eben schönen, aber markanten Gesicht
blieb er in Erinnerung – und sobald sich das Multitalent ans Klavier oder ein
anderes Instrument setzte, schien es, als gehöre der gesamte Film ihm.
In Jean Negulescos musikalischem Liebesdrama
"Humoreske" bekommt Levant besonders viel Raum, um seine Kunstfertigkeit zu
demonstrieren. Zwar spielt er natürlich auch hier nicht die Hauptrolle, aber da
er Paul stets am Klavier begleitet, ist er eigentlich fast immer zu sehen oder
zu hören – zumal er als Pauls bester Freund auch (vielleicht sogar etwas zu)
ausgiebig sämtliche Geschehnisse mit trockenen Sprüchen kommentieren darf. Es
spricht eindeutig für ihn, daß er neben den eigentlichen Hauptdarstellern, der
OSCAR-Gewinnerin Joan Crawford und dem inoffiziellen Erfinder des "Method
Acting" John Garfield mühelos seinen Mann steht.
Die Geschichte, die "Humoreske" erzählt, ist im
Grunde genommen simpel: Ein junger Mann, ein musikalisches Genie, muß sich
zwischen Liebe und Musik/Karriere entscheiden. Ganz im bewährten Stil der "Goldenen Ära"
Hollywoods wird diese Story glamourös und melodramatisch dargebracht, was nach
heutigen Sehgewohnheiten sicherlich mitunter etwas zu viel des Guten ist, seine
emotionale Wirkung aber keinesfalls verfehlt. Joan Crawford legt im ersten Film nach ihrem OSCAR-Gewinn für "Solange ein Herz schlägt" sichtlich all ihre
Leidenschaft in ihre wuchtige Performance und schrammt dabei manchmal nur haarscharf an der
Grenze zum Overacting vorbei (wie sie später selbstkritisch
eingestand), haut den Zuschauer aber dennoch regelrecht um. John Garfield
wiederum spielt das, was er am besten konnte: einen zornigen jungen Mann, der vor
unterdrückter Emotionalität kaum laufen kann und die Frauenherzen reihenweise
bricht. Und wie er das in "Humoreske" tut, ist schlicht
atemberaubend. Trotz des Altersunterschieds von immerhin sieben Jahren sprühen
zwischen Garfield und Crawford nur so die Funken, was dazu führt, daß die
Nebendarsteller (bis auf Levant) trotz guter Leistungen beinahe in der
Bedeutungslosigkeit versinken. Dies erst recht, als sich das Drehbuch abseits der beiden
zentralen Protagonisten gar nicht erst um vielschichtige Figuren kümmert. Was durchaus schade ist, denn Potential deuten einige der Charaktere an, allen voran Helens Ehemann Victor (Paul Cavanagh, "Sherlock Holmes: Das Haus des Schreckens"), der sie so sehr liebt, daß er ihr sogar von sich aus die Scheidung anbietet, damit sie ohne ihn glücklich werden kann.
Doch nicht allein als stürmischer Liebender beeindruckt
Garfield, vielleicht noch erstaunlicher ist es, wie glaubhaft er den
Geigenvirtuosen auf die Leinwand transportiert. Eingespielt wurden die ebenso
zahlreichen wie langen Musikstücke von dem (später) legendären Violinisten
Isaac Stern, doch Garfield übte monatelang, damit man ihm die Rolle auch
wirklich abnahm. Mit Erfolg. An dieser Stelle sei angemerkt, daß angesichts der großen
Bedeutung der Musik innerhalb dieser Geschichte mit Sicherheit eine gewisse Affinität für klassische Musik
von Vorteil ist, um "Humoreske" maximal genießen zu können – doch sind die
Einspielungen der Werke von Chopin, Gershwin oder Dvorák so mitreißend und
zugleich so kunstvoll inszeniert und in die Handlung eingebettet, daß dies
keineswegs zwingend nötig ist. Für die für den Film neu komponierte Musik
erhielt der rechtzeitig aus Nazi-Deutschland emigrierte Franz Waxman
(eigentlich: Wachsmann) eine OSCAR-Nominierung.
Fazit: "Humoreske" ist ein extrem
musiklastiges Liebesdrama in bester melodramatischer Hollywood-Manier: mit zwei
Stunden angesichts der kargen Story zwar ein wenig langatmig, aber grandios
leidenschaftlich gespielt und mit sensationellen musikalischen Einlagen garniert.
Wertung: Knapp 8 Punkte.
Wertung: Knapp 8 Punkte.
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