Originaltitel: Oz the Great and Powerful
Regie: Sam Raimi, Drehbuch: Mitchell Kapner und David Lindsay-Abaire, Musik: Danny Elfman
Regie: Sam Raimi, Drehbuch: Mitchell Kapner und David Lindsay-Abaire, Musik: Danny Elfman
Darsteller: James Franco, Michelle Williams, Rachel Weisz,
Mila Kunis, Zach Braff, Joey King, Tony Cox, Bill Cobbs, Abigail Spencer,
Martin Klebba, Bruce Campbell, Ted Raimi
Oscar "Oz" Diggs (James Franco, "Spring Breakers") ist ein talentierter junger Zauberkünstler, der unbedingt seiner
langweiligen ländlichen Heimat in Kansas entkommen will und sich deshalb einem
Wanderzirkus angeschlossen hat. Dort kann er mit seinen Tricks immerhin
regelmäßig schöne Frauen verführen, von seinem erklärten Ziel, Großes zu
erreichen, ist er allerdings denkbar weit entfernt. Unverhofft erhält er die
Chance, sich zu beweisen, als er mit einem Ballon in einen Wirbelsturm gerät
und schließlich in einem zauberhaften Land voller Wunder eine Bruchlandung
hinlegt – nein, Oscar ist definitiv nicht mehr in Kansas ... Das Land heißt Oz,
wie die schöne Hexe Theodora (Mila Kunis, "Black Swan"), die Oscars
Absturz beobachtet hat, diesem erläutert. Die Bevölkerung von Oz wartet seit
langem auf einen prophezeiten Zauberer, der wie das Land heißen und die böse
Hexe besiegen soll, um anschließend den königlichen Thron zu besteigen.
Verheißungsvolle Aussichten für Oscar, also gibt er sich als den Retter aus der
Prophezeiung aus und lernt viele seltsame Gestalten wie den geflügelten Affen
Finley (in der Originalfassung, die ich gesehen habe, gesprochen von Zach Braff aus der Comedyserie
"Scrubs") oder das Porzellanmädchen (Joey King, "The Dark Knight Rises") kennen. Auch Theodoras ebenso schöne Schwestern Evanora (Rachel
Weisz, "Das Bourne Vermächtnis") und Glinda (Michelle Williams,
"My Week with Marilyn") trifft Oscar bald. Doch die böse Hexe und
ihre Schergen sind nicht so leicht zu besiegen – vor allem dann nicht, wenn man wie Oscar über keinerlei
Magie verfügt, sondern nur über ein Repertoire abgestandener Jahrmarktstricks
...
Kritik:
Victor Flemings "Der Zauberer von Oz" aus dem Jahr 1939 (in
Deutschland ursprünglich unter dem Titel "Das zauberhafte Land"
veröffentlicht), basierend auf dem gleichnamigen Roman von L.
Frank Baum, ist bis heute einer der berühmtesten und beliebtesten Kinderfilme
und ein Klassiker der Filmgeschichte. Vogelscheuche, Zinnmann und Löwe berühren
bis heute die Herzen nicht nur der kleinen Zuschauer, der bekannteste Filmsong "Over the
Rainbow" erobert in unregelmäßigen Abständen immer wieder als Coverversion
die Charts, und Judy Garland wurde mit ihrer Hauptrolle der liebenswert-naiven Dorothy
zum Star. Dank diverser Adaptionen wie dem Kinofilm "Muppets: Der Zauberer
von Oz", einer japanischen Zeichentrickserie oder dem Broadway-Musicalhit
"Wicked" sind Baums Kreationen zu einem festen Bestandteil
vor allem der westlichen Kultur geworden, doch eine Frage wurde auch in seinen
14 Oz-Büchern nie im Detail beantwortet: Wie kam der Zauberer nach Oz? Die Disney
Studios beschlossen, die Antwort darauf in Form dieses von Sam Raimi
("Spider-Man") inszenierten Prequels zu liefern. Darin werden viele
Motive der Bücher und auch von Flemings Film übernommen, letztlich wird aber
eine eigene Story erzählt, in deren Mittelpunkt Oscar Diggs und die drei Hexen
stehen – und unzählige farbenfrohe Spezialeffekte.
Da es lange her ist, daß ich "Der Zauberer von Oz"
gesehen habe, kann ich nicht im Detail auf Gemeinsamkeiten oder Unterschiede
eingehen, auch wenn mir einiges bekannt vorkam. Sehr gut erinnere ich mich
jedoch an den in Schwarz-Weiß-Bildern gehaltenen Auftakt von Flemings Film, der in knallbunte Technicolor-Farben übergeht, sobald Dorothy in Oz
landet. Sam Raimi behält dieses Vorgehen als wohl deutlichste Hommage an
Flemings Film bei, wobei die Vorstellung Oscars durch eine seiner
Zaubereivorstellungen in Kansas mit gut 20 Minuten vielleicht einen Tick zu lang gerät –
der Übergang zum farbenfrohen Land Oz, der hier zusätzlich durch den Wechsel in
ein deutlich breiteres Bildformat unterstrichen wird, funktioniert aber noch
immer einwandfrei, auch wenn er heutzutage natürlich lange nicht so spektakulär wirkt wie 1939. Oz mit seinen vielen phantasievollen Kreaturen, der
detailverliebten Architektur und Ausstattung sowie der Fülle an satten Farben ist ein
fabelhafter Anblick, was auch der meist hervorragenden Arbeit der
Spezialeffekte-Abteilung zu verdanken ist.
Wie bei so vielen Blockbustern dieser Zeit leiden jedoch die
Figuren und die Handlung unter dem starken Fokus auf die visuellen Effekte in all ihren Formen und Farben. Daß Raimi und seine beiden
Drehbuch-Autoren sich entscheiden, bereits nach einer knappen Filmhälfte die Identität
der bösen Hexe zu enthüllen, ist auch nicht gerade hilfreich. Denn ab diesem
Zeitpunkt lassen sich der weitere Handlungsverlauf und die Entwicklung der
einzelnen Personen problemlos ziemlich genau vorhersagen (selbst ohne Kenntnis
von "Der Zauberer von Oz"). Insofern ist es durchaus bezeichnend, daß
mit dem von der 13-jährigen Joey King gesprochenen
Porzellanmädchen ausgerechnet eine am Computer (und mithilfe erfahrener
Puppenspieler) zum Leben erweckte Figur noch die größte Tiefe entwickelt und
das Publikum mit Abstand am stärksten emotional berührt. James Franco verkörpert den ebenso
windigen wie charismatischen Zauberkünstler, der von seinen Gefährten erst
mühevoll dazu bewegt werden muß, seinen Egoismus zu überwinden und seine innere
Stärke für den finalen Kampf gegen die böse Hexe zu entdecken, zwar überzeugend (manche Zuschauer kritisieren sein gelegentliches Overacting, aber das ist selbstverständlich durch seine Rolle als Jahrmarkts-zauberer bedingt und ergo gewollt). Echte
Glanzpunkte kann er aber genauso wenig setzen wie die an sich glänzend
ausgewählten Hexen-Darstellerinnen Williams, Weisz und Kunis.
Das Gute an "Die fantastische Welt von Oz" ist
jedoch, daß der Film über die gesamten rund 130 Minuten hinweg ein so hohes
Tempo hält und dabei stets so wunderschön anzusehen ist, daß die inhaltlichen
Mängel einem zunächst kaum auffallen. Sam Raimi und sein Team haben eine
familiengerechte Achterbahnfahrt geschaffen, die in ihrem Versuch, Kinder ebenso
zu begeistern wie Erwachsene, die mit einem nostalgischen Gefühl an ihre erste Begegnung mit "Der
Zauberer von Oz" zurückdenken, zwar nicht immer erfolgreich ist – trotz
FSK 6-Freigabe scheinen mir etliche Szenen für kleine Kinder doch zu unheimlich
zu sein, andererseits gibt es für die erwachsenen Zuschauer vielleicht ein
bißchen zu viel kindgerechten Slapstick und 3D-Kirmeseffekte. Aber alles in
allem macht der Film großen Spaß, meiner Ansicht nach deutlich mehr als Tim Burtons
"Alice im Wunderland", der stilistisch offensichtlich ein Vorbild von
"Die fantastische Welt von Oz" war, mit seiner unausgereiften
3D-Technik und der langatmig erzählten Geschichte jedoch recht enttäuschend
ausfiel (was ihn allerdings nicht davon abhielt, einer der größten
kommerziellen Erfolge in der jüngeren Kinogeschichte zu werden).
Wie bei "Alice im Wunderland" zeichnet auch bei "Die fantastische Welt von Oz"
Danny Elfman für den Soundtrack verantwortlich. In dieser Funktion hat er schön schwungvolle
und reichhaltig instrumentierte Melodien komponiert, die die visuelle Pracht
des Films harmonisch begleiten (gleiches gilt für die satten Soundeffekte, die mit dem neuen Soundsystem Dolby Atmos besonders eindrucksvoll zur Geltung kommen). Auch in Sachen 3D gibt es qualitativ wenig zu
bemängeln, denn die Tiefenwirkung von Oz ist ausgezeichnet und unterstreicht
die große Faszination dieses zauberhaften Landes. Geschmackssache ist allerdings die
beinahe inflationäre Verwendung der bereits angesprochen Kirmeseffekte, also in die Kamera fliegende
Gegenstände und ähnliches, die in ihrer Anzahl selbst viele der für den Gebrauch
dieses Stilmittels berühmt-berüchtigten 3D-Horrorfilme in den Schatten stellen.
Meiner Ansicht nach haben die Filmemacher es damit etwas übertrieben,
aber da sich "Die fantastische Welt von Oz" nunmal auch an Kinder
richtet und diese sich durch solche Effekte in der Regel leicht begeistern
lassen, war das wohl unvermeidlich.
Sollte Raimis Film ein kommerzieller Erfolg werden, gibt es
übrigens bereits Pläne für eine Fortsetzung, die dann voraussichtlich eine Umsetzung von Baums Roman "Der Zauberer von Oz" würde (und sich damit direkt mit Victor Flemings Filmklassiker messen müßte).
Fazit: "Die fantastische Welt von Oz" ist
der geglückte Versuch, einen beliebten Kinderfilm-Klassiker in die Neuzeit zu transportieren.
Ein größerer Schwerpunkt auf Story und Charaktere wäre zwar wünschenswert
gewesen, aber dank eines hohen Humorgehalts, sympathischer Darsteller, einer
phantasievollen Ausstattung und beeindruckender Spezialeffekte liefert der Regisseur Sam Raimi auf jeden Fall richig gute Familienunterhaltung ohne
größeren Anspruch ab.
Wertung: 8 Punkte.
Wertung: 8 Punkte.
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