Regie und Drehbuch: Michael J. Bassett, Musik: Jeff Danna
und Akira Yamaoka
Darsteller: Adelaide Clemens, Sean Bean, Kit Harington,
Carrie-Anne Moss, Erin Pitt, Malcolm McDowell, Roberto Campanella, Radha Mitchell, Deborah Kara
Unger, Martin Donovan, Peter Outerbridge, Jefferson Brown, Milton Barnes,
Heather Marks
Nachdem Christopher Da Silva (Sean Bean, "Spieglein Spieglein") seine
Adoptivtochter Sharon aus Silent Hill zurückbekommen hat, reisen die beiden
über Jahre hinweg quer durchs Land, wechseln ständig ihre Identitäten und
bleiben nie länger als nötig an einem Ort. Auf diese Weise wollen sie ihren fanatischen Häschern entkommen, die Sharon – oder Heather, wie sie nach dem neuesten Umzug heißt –
als Opfer für ein blutiges Ritual benötigen. Am Tag vor ihrem 18. Geburtstag
wird Heather (Adelaide Clemens, "Der große Gatsby") von grausigen
Alpträumen geplagt, die sich schon bald als unmißverständliche Warnbotschaften erweisen.
Heathers Vater, der sich nun Harry nennt, wird entführt und sie wird aufgefordert, nach
Silent Hill zurückzukehren, wenn sie ihn lebend wiedersehen möchte. Gemeinsam
mit ihrem neuen Mitschüler Vincent (Kit Harington aus der TV-Serie "Game
of Thrones") macht sie sich auf den Weg, sich ein weiteres Mal den
unbeschreiblichen Schrecken und monströsen Kreaturen der Geisterstadt Silent
Hill zu stellen ...
Kritik:
Eines muß gleich zu Beginn klargestellt werden: Wer nicht die kultige Spielereihe von Konami oder zumindest den ersten Film kennt, der hat hier nicht die geringste Chance, auch nur ansatzweise
irgendetwas zu verstehen. Diese Tatsache dürfte auch teilweise die schlechten
Kritiken erklären; noch stärker fiel dabei aber sicherlich die miserable
Qualität von "Silent Hill: Revelation" ins Gewicht. Dabei war ich
anfangs verhalten optimistisch, als der britische Regisseur und
Drehbuch-Autor Michael J. Bassett als neuer starker Mann verpflichtet wurde.
Zwar wäre es mir natürlich lieber gewesen, hätte man das bewährte Team des
ersten Films gehalten, was auch angedacht war. Da sich die Realisierung der
Fortsetzung verzögerte, mußte Regisseur Christophe Gans jedoch wegen
Terminüberschneidungen absagen und Autor Roger Avary war durch eine
Gefängnisstrafe wegen fahrlässiger Tötung verhindert. Also gingen beide Jobs an Bassett. Dessen Regiedebüt fiel 2002 mit dem Horrorfilm
"Deathwatch" ziemlich mies aus, sieben Jahre später konnte er aber
mit der (für britische Verhältnisse) Big Budget-Adaption von Robert E. Howards
Dark Fantasy-Reihe "Solomon Kane" beweisen, daß er zumindest als
Regisseur durchaus talentiert ist (sein Drehbuch war hingegen die große Schwäche
des dennoch zu Unrecht kolossal gefloppten Werks). Unglücklicherweise kann er
das mit "Silent Hill: Revelation" ganz und gar nicht bestätigen.
Ein häufig genannter Erklärungsversuch für die mäßige
Qualität der meisten Videospiel-Verfilmungen ist, daß sich die logischerweise
völlig anders strukturierte Erzählweise und die Handlung der Vorlagen nicht ohne große Änderungen
auf das Medium Film übertragen ließen. Meiner Ansicht nach ist das falsch.
Miese Filme wie "Wing Commander", "Alone in the Dark" oder
"Max Payne" kranken schließlich nicht daran, daß sie sich zu eng an die
jeweiligen Spielevorlagen halten, sondern im Gegenteil daran, daß sie viel zu
viel ändern. Was könnte man nicht aus der Handlung von "Max Payne"
für einen tollen Film Noir machen. Aber nein, Regisseur John Moore und
Drehbuch-Autor Beau Thorne hielten es für eine grandiose Idee, sich nur
ansatzweise an die Vorlage zu halten und ansonsten vieles zu verschlimmbessern.
Natürlich ging das schief und das Resultat war ein generischer Action-Thriller
von der Stange. Und da Michael J. Bassett bei "Silent Hill:
Revelation" den gleichen Ansatz verfolgt, ging es selbstverständlich ebenfalls in
die Hose. Die Story des Spiels "Silent Hill 3" (die nach einem Sprung
in die Zukunft direkt an die Geschehnisse des ersten Teils anknüpft) ist zwar
nicht so brillant wie die des inhaltlich überwiegend unabhängigen zweiten Spiels;
aber sie ist bizarr, phantasievoll, abgründig, gruselig – eben genau so, wie
man es von "Silent Hill" erwartet. Bassett hält sich für seine
Verfilmung zwar an das Grundgerüst der Spiel-Handlung, ändert aber gerade bei
den Charakteren so viel, daß man sich als Kenner der Vorlage vor allem darüber
ärgert, was man im Film alles NICHT zu Gesicht bekommt. Das beginnt bereits
beim Prolog, der analog zum Spiel in einem vor sich hin modernden Vergnügungspark
stattfindet, in dem die Protagonistin Heather auf schaurige Kreaturen trifft, die
ihr ans Leder wollen. Was im Spiel jedoch ungemein atmosphärisch in Szene
gesetzt ist, wirkt im Film nur lieblos und gehetzt, wohlige Schauer verursacht das
Gezeigte noch nicht einmal im Ansatz.
Unglücklicherweise ist das nicht einfach nur ein mißglückter Auftakt,
sondern symptomatisch für die gesamten knapp 100 Minuten. Bassett gelingt es
nie, so etwas wie einen Erzählfluß oder einen Spannungsbogen zu etablieren,
stattdessen wirkt sein Film vor allem in der ersten Hälfte episodenhaft und
handwerklich ziemlich stümperhaft. Rückblenden, die eine Verbindung zwischen
den Geschehnissen des ersten Films und "Revelation" herstellen, sind
teilweise lachhaft ungelenk eingebaut, eine Figurenzeichnung ist – außer mit Einschränkungen bei Heather und Vincent – quasi
nonexistent und die Dialoge (schon im ersten Film nicht gerade literaturnobelpreisverdächtig)
sind banal bis unfreiwillig komisch und in der deutschen Fassung auch noch
wiederholt auffallend wenig lippensynchron eingesprochen. Daß Bassett nach
eigener Aussage ein großer Fan der Spielereihe ist, läßt sich zwar anhand
einiger netter Details nachvollziehen, doch umso ärgerlicher sind die vielen
inhaltlichen Abweichungen. Der Privatdetektiv Douglas Cartland (Martin Donovan,
"Insomnia") beispielsweise, im Spiel so etwas wie eine zweite
Hauptfigur, wird hier mit einem lächerlichen Kurzauftritt abgespeist; aus dem
Mittzwanziger Vincent wird ein Teenager gemacht, der als "love
interest" für Heather dient. Letzteres funktioniert dramaturgisch sogar
einigermaßen, wenngleich sich die Beziehung zwischen den beiden Jugendlichen in
einem arg unglaubwürdigen Tempo entwickelt. Geradezu katastrophal ist dagegen
die Präsentation der beiden Oberbösewichte des Films: Sowohl Heathers "böses Ich" Dark Alessa
(Erin Pitt) als auch die fanatische Sektenführerin Claudia
Wolf (Carrie-Anne Moss, "Matrix") haben nicht viel mehr als Gastauftritte und können
dementsprechend nicht einmal ansatzweise als echte, glaubwürdige Bedrohungen
aufgebaut werden. Speziell Heathers Konfrontation mit Dark Alessa – im Spiel
ein echtes Highlight – ist von Bassett dermaßen kurz und antiklimaktisch in
Szene gesetzt, daß man als Kenner der Materie nicht fassen kann, daß das
tatsächlich alles gewesen sein soll.
Dennoch ist die zweite Filmhälfte, die nach der langwierigen Einleitungsphase endlich in der Geisterstadt Silent
Hill selbst stattfindet, besser gelungen, ohne jedoch an die Qualitäten
des ersten Films anknüpfen zu können. Endlich bekommt man mehr von den schaurigen
Kreaturen zu Gesicht und freut sich über jeden Auftritt des kultigen, auch im offiziellen Filmposter verewigten
"Pyramid Head" (Roberto Campanella), der ohne Frage den größten Pluspunkt des Films darstellt.
Doch obwohl erneut Patrick Tatopoulos für das Kreaturendesign verantwortlich
zeichnet, fallen die neuen Kreaturen teilweise wenig überzeugend aus. Daran
merkt man wohl erst, wie groß der Einfluß des Regisseurs tatsächlich ist. Im
ersten Teil hat Christophe Gans offenbar genau darauf geachtet, daß Tatopoulos'
Kreationen seinen Vorstellungen entsprechen, hier wurde der Spezialist vom
neuen Regisseur entweder nicht ausreichend geleitet oder Bassett selbst
hatte andere, weniger überzeugende Vorstellungen. Zugegeben, das von $50 auf $20
Mio. deutlich geschrumpfte Budget könnte da natürlich auch mit reingespielt
haben. Jedenfalls reichen die Kreaturen insgesamt nicht an den
ersten Film heran und selbst bei den Auftritten der bereits etablierten Monster
macht Bassett phasenweise keine allzu gute Figur (die unvermeidliche Krankenschwestern-Sequenz
etwa ist so unlogisch inszeniert, daß es schon albern ist). Atmosphäre kommt
eigentlich nie auf, anstelle von sorgsam aufgebauten Grusel- oder Horrorszenen setzt
Bassett fast nur auf einfallslose akustische Schockeffekte. Zudem wird
die für das Funktionieren der Spiele so essentielle, schaurig-schöne Klangkulisse
von Akira Yamaoka weit weniger effektiv eingesetzt als im Vorgänger und selbst
die im ersten Film noch so wirkungsvolle Silent Hill-Sirene verliert hier jeglichen
Biß. Sogar den eigentlich recht interessanten Showdown vermasselt der Regisseur
noch ein wenig durch eine schrecklich unübersichtliche Inszenierung. Der 3D-Einsatz
ist übrigens über weite Strecken unauffällig, lediglich einige genretypische
Jahrmarktseffekte sorgen für mildes Amusement.
Der Austausch der Darstellerin von Sharon/Heather hat Vor-
und Nachteile. Einerseits hätte ich sehr gerne erneut Jodelle Ferland in der
Rolle gesehen, da sie im Vorgänger ihre Sache richtig gut gemacht hat. Allerdings
stand das aufgrund des Zeitsprungs in der Handlung wohl nie zur Debatte,
obwohl die mittlerweile 18-jährige Ferland infolge der deutlichen Verzögerung
bei der Realisierung von "Revelation" letztlich sogar das richtige
Alter gehabe hätte. Vermutlich hätte sie den Job dennoch nicht bekommen, da sie
schlicht und ergreifend optisch wenig Ähnlichkeit zur Heather aus dem Spiel
"Silent Hill 3" hat. Die australische Newcomerin Adelaide Clemens ist dieser dagegen wie aus dem
Gesicht geschnitten und macht ihre Sache auch schauspielerisch ordentlich,
weshalb man die Umbesetzung unterm Strich kaum kritisieren kann. Kit
Harington liefert als Vincent ebenfalls eine ganz gute Leistung ab, während Sean Bean wie im ersten Teil hoffnungslos unterfordert ist, der Handlung mit seiner Ausstrahlung aber dennoch einen Anschein von Seriosität verleiht. Einige weitere Darsteller
des ersten Films haben kurze Gastauftritte, die aber letztlich genauso witzlos
sind wie die Einbindung von Carrie-Anne Moss und Malcolm McDowell
("Uhrwerk Orange", "The Artist") in kleinen, bizarr
übertriebenen Rollen.
Eine weitere Fortsetzung aus dem "Silent Hill"-Universum (für die Bassett gleich mehrere mögliche Anknüpfungspunkte integriert hat) ist übrigens dank des niedrigen Budgets von "Revelation"
gar nicht so unwahrscheinlich, allerdings würde diese dann wohl eher als billige
Direct-to-DVD-Veröffentlichung enden. Es sei denn, man holt Gans und Avary zurück
und erhöht wieder den finanziellen Spielraum, aber das erscheint leider
ziemlich unrealistisch.
Fazit: "Silent Hill: Revelation" ist eine
mißratene Fortsetzung von Christophe Gans' Kultspiel-Adaption, die alle Stärken
der Vorlage vermissen läßt. Kaum Grusel-Atmosphäre, kein Erzählfluß, keine
Charakterzeichnung, schwache Storyführung – lediglich Fanliebling "Pyramid
Head" sorgt für vereinzelte Highlights.
Wertung: 3 Punkte.
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