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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 12. Dezember 2012

7 PSYCHOS (2012)

Originaltitel: Seven Psychopaths
Regie und Drehbuch: Martin McDonagh, Musik: Carter Burwell
Darsteller: Colin Farrell, Sam Rockwell, Christopher Walken, Woody Harrelson, Abbie Cornish, Tom Waits, Long Nguyen, Željko Ivanek, Harry Dean Stanton, Olga Kurylenko, Michael Pitt, Michael Stuhlbarg, Linda Bright Clay, Gabourey Sidibe, Kevin Corrigan, Christine Marzano, Amanda Mason Warren, Richard Wharton
Seven Psychopaths
(2012) on IMDb Rotten Tomatoes: 83% (7,1); weltweites Einspielergebnis: $33,0 Mio.
FSK: 16, Dauer: 110 Minuten.

Marty (Colin Farrell, "Alexander") ist (Drehbuch-)Autor und Ire – zwei ausgezeichnete Gründe, ein Trinker zu werden, wie sein kleinkrimineller Freund Billy (Sam Rockwell, "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford") eines Tages anmerkt. Ein weiterer Grund für übermäßigen Alkoholkonsum ergibt sich daraus, daß Martys nächstes Drehbuch überfällig ist, er jedoch unter einer akuten Schreibblockade leidet. Er hat keine Lust, einfach die gleiche Hollywood-Massenware abzuliefern wie sonst immer, stattdessen will er etwas wirklich Einzigartiges und Intelligentes schaffen. Immerhin hat er schon mal einen coolen Titel – "7 Psychos" – und unter Billys tatkräftiger Mithilfe (so schaltet dieser in der Zeitung eine Anzeige, in der er Psychopathen dazu aufruft, sich bei Marty zu melden und ihm ihre Geschichten zu erzählen) bekommt er schon bald mehr als ausreichend Inspiration für sein Skript ...

Kritik:
Nach seinem grandiosen Kino-Regiedebüt "Brügge sehen ... und sterben?" versucht sich der irische Regisseur Martin McDonagh nun an einer tarantinoesken Gangsterkomödie. Bereits der wunderbare Prolog mit zwei philosophierenden Mafia-Killern (gespielt von Michael Pitt und Michael Stuhlbarg) könnte direkt aus "Reservoir Dogs" oder "Pulp Fiction" stammen. Aber zum Glück beläßt es McDonagh keineswegs bei einem bloßen Tarantino-Imitat, sondern bringt im weiteren Handlungsverlauf seine ganz eigene Note ein.

Dazu gehört auch, daß Protagonist Marty als eine Art Alter Ego McDonaghs fungiert und somit für jede Menge Selbstironie in der wendungsreichen Story sorgt. Beispielsweise kritisiert Billys Freund Hans (Christopher Walken, "Hairspray", "Catch me if you can"), nachdem er einen Drehbuchentwurf Martys gelesen hat, daß dieser absolut kein Gespür für Frauenfiguren habe – was durchaus ein bißchen der "7 Psychos"-Realität entspricht, denn selbst die auf dem Filmplakat prominent plazierten Abbie Cornish ("Sucker Punch") und Olga Kurylenko ("Ein Quantum Trost", "Centurion") spielen nur kleine, nicht sonderlich substanzhaltige Nebenrollen. Dem Film schadet das zum Glück jedoch kaum, denn der lebt vor allem von den originellen, spritzigen Dialogen, den für das Genre so typischen schrägen Figuren und einer starken Darstellerriege. Speziell bei den Dialogen zeigt McDonagh ein untrügliches Gespür dafür, gerne verwendete Phrasen buchstäblich zu interpretieren und somit den Gesprächen eine ganz neue, amüsante Wendung zu geben.

Der rote Storyfaden, der den Film trägt, ist dabei eigentlich ziemlich dünn und dient vorrangig als Basis für die Präsentation der Figuren sowie für die oft philosophisch angehauchten Dialoge und Exkurse über das Drehbuch-Schreiben. Diese zusätzliche Meta-Ebene durch das Skript, das Marty teilweise inspiriert durch die ihm widerfahrenden Erlebnisse verfaßt, das aber umgekehrt phasenweise auch den weiteren Handlungsverlauf beeinflußt, erinnert übrigens ein wenig an die Coen-Brüder ("Barton Fink"). Viel mehr möchte ich über die (ganz wie bei den Coens und Tarantino) zwischen Komik, Dramatik und teils sehr blutiger Action changierende Handlung gar nicht verraten, da man sie möglichst uninformiert genießen sollte. Ein Highlight ist aber definitiv die Schritt für Schritt vonstatten gehende Einführung der sieben Psychopathen, die allerdings letztlich auch mit einer gewissen Enttäuschung einhergeht. Denn "7 Psychos" wird seinem Titel leider insofern nicht so ganz gerecht, als sich die Geschichte auf nur etwa die Hälfte dieser Psychopathen konzentriert; der Rest – darunter der von Kultmusiker Tom Waits gekonnt verkörperte Zachariah, ein vietnamesischer Mönch (Long Nguyen) und ein Quäker-Killer (Harry Dean Stanton, "Alien", "The Avengers") – kommt nach der äußerst lässigen Einführung nicht mehr so richtig zum Tragen. Das zentrale Duell zwischen Billy und dem hundeliebenden Gangsterboß Charlie fällt dafür jedoch umso explosiver aus, was auch der hervorragenden Darstellung durch Sam Rockwell respektive Woody Harrelson ("Die Tribute von Panem") zu verdanken ist. Einen Psychopathen zu spielen, ist wohl eine der dankbarsten Aufgaben für einen talentierten Schauspieler, denn in einer solchen Rolle kann man sich so richtig austoben und nach Herzenslust overacten, ohne daß es dem Film in irgendeiner Art und Weise schadet. Harrelson hat oft genug bewiesen, wie sehr ihm solche Rollen Freude bereiten, Rockwell steht ihm in nichts nach und da für die übrigen Psychopathen – wie klein ihre Auftritte auch ausfallen mögen – ähnliches gilt, wird diese Spielfreude potenziert und überträgt sich nahtlos auf das Publikum. Der eigentliche Hauptdarsteller Colin Farrell in einer der wenigen halbwegs vernünftigen Rollen wirkt dagegen beinahe blaß, obwohl er ebenfalls gut spielt.

Die Musik von Carter Burwell ist deutlich zurückhaltender ausgefallen als in "Brügge sehen ... und sterben?". Stattdessen dominieren zahlreiche Oldies u.a. von Hank Williams und Linda Ronstadt, die zwar gut ausgewählt sind, aber nicht ganz so grandios zum Film passen wie die Musikauswahl in McDonaghs Debüt. Und diese Aussage gilt generell für "7 Psychos": Es handelt sich um eine gute, sehr unterhaltsame Gangsterkomödie mit vielen verrückten Ideen, die aber qualitativ ein Stück weit hinter "Brügge sehen ... und sterben?" zurückbleibt.

Fazit: "7 Psychos" wandelt auf Quentin Tarantinos Spuren und präsentiert eine recht originelle durchgeknallte Geschichte mit noch viel durchgeknallteren Figuren. Die oft ironischen, aber immer witzigen Dialoge und die guten Schauspieler lassen über das eher karge Storygerüst und das verschwendete Potential etlicher interessanter Nebenfiguren hinwegsehen. Freunde des britischen oder irischen Humors sollten an "7 Psychos" ihre Freude haben.

Wertung: 8 Punkte.


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