Originaltitel: Seven Psychopaths
Regie und Drehbuch: Martin McDonagh, Musik: Carter Burwell
Darsteller: Colin Farrell, Sam Rockwell, Christopher Walken,
Woody Harrelson, Abbie Cornish, Tom Waits, Long Nguyen, Željko Ivanek, Harry Dean Stanton, Olga Kurylenko, Michael Pitt, Michael
Stuhlbarg, Linda
Bright Clay, Gabourey Sidibe, Kevin Corrigan, Christine Marzano, Amanda Mason
Warren, Richard Wharton
Marty (Colin Farrell, "Alexander") ist (Drehbuch-)Autor und Ire – zwei
ausgezeichnete Gründe, ein Trinker zu werden, wie sein kleinkrimineller
Freund Billy (Sam Rockwell, "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford") eines Tages anmerkt. Ein weiterer
Grund für übermäßigen Alkoholkonsum ergibt sich daraus, daß Martys nächstes
Drehbuch überfällig ist, er jedoch unter einer akuten Schreibblockade leidet.
Er hat keine Lust, einfach die gleiche Hollywood-Massenware abzuliefern wie
sonst immer, stattdessen will er etwas wirklich Einzigartiges und Intelligentes
schaffen. Immerhin hat er schon mal einen coolen Titel – "7 Psychos" –
und unter Billys tatkräftiger Mithilfe (so schaltet dieser in der
Zeitung eine Anzeige, in der er Psychopathen dazu aufruft, sich bei Marty zu melden und ihm ihre
Geschichten zu erzählen) bekommt er schon bald mehr als ausreichend Inspiration für
sein Skript ...
Kritik:
Nach seinem grandiosen Kino-Regiedebüt "Brügge sehen ... und sterben?" versucht sich der irische Regisseur Martin McDonagh nun an einer
tarantinoesken Gangsterkomödie. Bereits der wunderbare Prolog mit zwei
philosophierenden Mafia-Killern (gespielt von Michael Pitt und Michael
Stuhlbarg) könnte direkt aus "Reservoir Dogs" oder
"Pulp Fiction" stammen. Aber zum Glück beläßt es McDonagh keineswegs
bei einem bloßen Tarantino-Imitat, sondern bringt im weiteren Handlungsverlauf
seine ganz eigene Note ein.
Dazu gehört auch, daß Protagonist Marty als eine Art Alter
Ego McDonaghs fungiert und somit für jede Menge Selbstironie in der
wendungsreichen Story sorgt. Beispielsweise kritisiert Billys Freund Hans
(Christopher Walken, "Hairspray", "Catch me if you can"),
nachdem er einen Drehbuchentwurf Martys gelesen hat, daß dieser absolut kein
Gespür für Frauenfiguren habe – was durchaus ein bißchen der "7 Psychos"-Realität
entspricht, denn selbst die auf dem Filmplakat prominent plazierten Abbie
Cornish ("Sucker Punch") und Olga Kurylenko ("Ein Quantum Trost",
"Centurion") spielen nur kleine, nicht sonderlich substanzhaltige
Nebenrollen. Dem Film schadet das zum Glück jedoch kaum, denn der lebt vor
allem von den originellen, spritzigen Dialogen, den für das Genre so typischen schrägen Figuren und einer
starken Darstellerriege. Speziell bei den Dialogen zeigt McDonagh ein
untrügliches Gespür dafür, gerne verwendete Phrasen buchstäblich zu
interpretieren und somit den Gesprächen eine ganz neue, amüsante Wendung zu
geben.
Der rote Storyfaden, der den Film trägt, ist dabei
eigentlich ziemlich dünn und dient vorrangig als Basis für die Präsentation der
Figuren sowie für die oft philosophisch angehauchten Dialoge und Exkurse über
das Drehbuch-Schreiben. Diese zusätzliche Meta-Ebene durch das Skript, das
Marty teilweise inspiriert durch die ihm widerfahrenden Erlebnisse verfaßt, das aber umgekehrt phasenweise auch den
weiteren Handlungsverlauf beeinflußt, erinnert übrigens ein wenig an die
Coen-Brüder ("Barton Fink"). Viel mehr möchte ich über die (ganz wie
bei den Coens und Tarantino) zwischen Komik, Dramatik und teils sehr blutiger
Action changierende Handlung gar nicht verraten, da man sie möglichst
uninformiert genießen sollte. Ein Highlight ist aber definitiv die Schritt für
Schritt vonstatten gehende Einführung der sieben Psychopathen, die allerdings
letztlich auch mit einer gewissen Enttäuschung einhergeht. Denn "7
Psychos" wird seinem Titel leider insofern nicht so ganz gerecht, als sich die Geschichte auf nur etwa die Hälfte dieser Psychopathen konzentriert; der Rest – darunter der von
Kultmusiker Tom Waits gekonnt verkörperte Zachariah, ein vietnamesischer Mönch
(Long Nguyen) und ein Quäker-Killer (Harry Dean Stanton, "Alien", "The Avengers") – kommt nach der äußerst lässigen Einführung nicht mehr so richtig
zum Tragen. Das zentrale Duell zwischen Billy und dem hundeliebenden
Gangsterboß Charlie fällt dafür jedoch umso explosiver aus, was auch der
hervorragenden Darstellung durch Sam Rockwell respektive Woody Harrelson
("Die Tribute von Panem") zu verdanken ist. Einen Psychopathen zu spielen, ist
wohl eine der dankbarsten Aufgaben für einen talentierten Schauspieler, denn in
einer solchen Rolle kann man sich so richtig austoben und nach Herzenslust
overacten, ohne daß es dem Film in irgendeiner Art und Weise schadet. Harrelson
hat oft genug bewiesen, wie sehr ihm solche Rollen Freude bereiten, Rockwell
steht ihm in nichts nach und da für die übrigen Psychopathen – wie klein ihre
Auftritte auch ausfallen mögen – ähnliches gilt, wird diese Spielfreude
potenziert und überträgt sich nahtlos auf das Publikum. Der eigentliche Hauptdarsteller Colin Farrell in einer der wenigen halbwegs vernünftigen Rollen wirkt dagegen beinahe blaß, obwohl er ebenfalls gut spielt.
Die Musik von Carter Burwell ist deutlich zurückhaltender
ausgefallen als in "Brügge sehen ... und sterben?". Stattdessen
dominieren zahlreiche Oldies u.a. von Hank Williams und Linda Ronstadt, die
zwar gut ausgewählt sind, aber nicht ganz so grandios zum Film passen wie die Musikauswahl in
McDonaghs Debüt. Und diese Aussage gilt generell für "7
Psychos": Es handelt sich um eine gute, sehr unterhaltsame Gangsterkomödie mit vielen verrückten Ideen, die
aber qualitativ ein Stück weit hinter "Brügge sehen ... und sterben?"
zurückbleibt.
Fazit: "7 Psychos" wandelt auf Quentin
Tarantinos Spuren und präsentiert eine recht originelle durchgeknallte
Geschichte mit noch viel durchgeknallteren Figuren. Die oft ironischen, aber
immer witzigen Dialoge und die guten Schauspieler lassen über das eher karge
Storygerüst und das verschwendete Potential etlicher interessanter
Nebenfiguren hinwegsehen. Freunde des britischen oder irischen Humors sollten
an "7 Psychos" ihre Freude haben.
Wertung: 8 Punkte.
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