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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 25. Juli 2012

THE DARK KNIGHT (2008)

Regie: Christopher Nolan, Drehbuch: Jonathan und Christopher Nolan, Musik: James Newton Howard und Hans Zimmer
Darsteller: Christian Bale, Heath Ledger, Aaron Eckhart, Gary Oldman, Sir Michael Caine, Maggie Gyllenhaal, Morgan Freeman, Nestor Carbonell, Ron Dean, Monique Gabriela Curnen, Keith Szarabajka, Eric Roberts, William Fichtner, Joshua Harto, Anthony Michael Hall, Colin McFarlane, Chin Han, Michael Jai White, Melinda McGraw, Nathan Gamble, Cillian Murphy
The Dark Knight
(2008) on IMDb Rotten Tomatoes: 94% (8,6); weltweites Einspielergebnis: $1008,5 Mio.
FSK: 16, Dauer: 152 Minuten.
Noch immer bekämpft Batman (Christian Bale) standhaft das Böse, doch insgesamt halten sich seine Fortschritte in Grenzen. Deshalb kann er auch noch so viel Gutes für Gotham City tun: Die Kritiker, die in ihm die Ursache allen Übels sehen, da er immer mehr Superschurken anlocke, mehren sich. Und sie liegen ja noch nicht einmal komplett falsch. Richtig kompliziert wird die Situation, als der mysteriöse Joker (Heath Ledger, "Ritter aus Leidenschaft", "Der Patriot") ins Geschehen eingreift und sowohl die Mafia als auch die Polizei kräftig aufmischt. Doch sein ultimatives Ziel ist es, Batman zu bezwingen ...

Kritik:
Mit seinem sehr gelungenen Batman-Neuanfang "Batman Begins" hatte Regisseur Christopher Nolan das Vertrauen von Fans und Verantwortlichen gewonnen und konnte sich deshalb für die Fortsetzung kreativ voll ausleben. Das merkt man, denn während sein direkter Vorgänger "nur" ein guter bis sehr guter Film ist, entpuppt sich "The Dark Knight" als absolutes Meisterwerk – zudem als eines, das sich auch kommerziell zu einem gigantischen Erfolg entwickelte. Nach einem grandiosen Prolog, in dem sich der Joker mit einem Banküberfall eindrucksvoll in Gotham City einführt (und William Fichtner einen zwar kurzen, aber eindrucksvollen Auftritt als Mafia-Bankmanager beschert) schaltet "The Dark Knight" erst einmal mindestens einen Gang zurück und beginnt, eine nur vermeintlich konventionelle "Gut-gegen-Böse"-Story zu erzählen. Denn im Laufe der rund 150 vollgepackten Minuten entwickelt sich diese zu einer (von einem Sommer-Blockbuster nie erwarteten) regelrecht philosophischen, von existentiellen Fragen des Lebens getriebenen Konfliktsituation, aus der es für niemanden einen befriedigenden Ausweg zu geben scheint. Der Joker bringt Gotham City mit seinen perversen, sadistischen und unvorhersehbaren Taten in einen Status der Anarchie, der niemals vorstellbar erschien – und den Zuschauer wie in einem Sog mitreißt. Die erste Filmhälfte ist sehr gut; die zweite ist eine grandiose emotionale Achterbahnfahrt sondersgleichen. Kurzum: "The Dark Knight" weiß von der ersten bis zur letzten Minute zu begeistern!

Als ob der Joker als neuer Oberbösewicht nicht schon schillernd genug wäre, führt Christopher Nolan auch noch eine weitere neue Figur ein, die in ihrer Wirkung der des Jokers gleichkommt: den idealistischen neuen Staatsanwalt Harvey Dent (Aaron Eckhart, "Olympus Has Fallen"). Während der Joker in "The Dark Knight" der Böse ist, repräsentiert Harvey Dent das Gute, er gibt den leidgeprüften Bürgern der Stadt mit seiner kompromißlosen Haltung gegenüber allen Verbrechern Hoffnung. Dafür ist er sogar besser geeignet als der "Dunkle Ritter" Batman, der zwar von vielen als Held wahrgenommen wird, aber nicht zuletzt aufgrund seiner Maskierung nicht greifbar ist und daher nur bedingt als wahrer Hoffnungsträger taugt. Eines haben Joker und Harvey Dent gemeinsam: Sie funktionieren nur deshalb so perfekt, weil einerseits ihre Handlungsstränge von Christopher Nolan und seinem Bruder Jonathan exzellent geschrieben sind und weil andererseits beide von herausragenden Darstellerleistungen getragen werden.

Etliche Charaktere aus "Batman Begins" haben den Sprung in die Fortsetzung geschafft und die Schauspieler wie Sir Michael Caine, Gary Oldman oder Morgan Freeman machen ihre Sache wie gewohnt ganz ausgezeichnet doch von den Neuzugängen Heath Ledger und Aaron Eckhart werden sie fast an die Wand gespielt. Ledgers geradezu wahnwitzige Darstellung des Jokers läßt selbst die Leistung eines Jack Nicholson in der gleichen Rolle in Tim Burtons "Batman" aus dem Jahr 1989 verblassen. Eine Schande, daß er die einhelligen Elogen auf seine Leistung (samt posthumen OSCAR-Gewinns) nicht mehr miterleben konnte, da er einige Monate vor dem Kinostart von "The Dark Knight" im Alter von nur 28 Jahren verstarb. Ledger ist nicht der erste und mit Sicherheit auch nicht der letzte Künstler, der durch einen viel zu frühen Tod zur Legende wird. Aber ausgehend von dem Versprechen, das in seiner Darstellung des Jokers für seine schauspielerische Zukunft mitschwingt, hätte er das gewiß auch anders geschafft.

Beinahe genauso brillant in seiner theoretisch weit unspektakuläreren Rolle des Harvey Dent ist Aaron Eckhart, der neue "Weiße Ritter" von Gotham City. Eckharts Verkörperung dieser im Handlungsverlauf zunehmend komplexen und ambivalenten Figur ist schlicht atemberaubend und stiehlt selbst Christian Bale in dessen relativ wenigen unmaskierten Szenen als Bruce Wayne ein wenig die Schau. Für mich ist Harvey Dent letztlich sogar das emotionale Zentrum von "The Dark Knight", eine viel wichtigere Figur für die Entwicklung Batmans als der Joker, der mit seinen Aktionen vor allem für die Spannungs- und Schauwerte des Films sorgt. Ein weiteres neues Gesicht im Ensemble ist Maggie Gyllenhaal, die die Rolle der Staatsanwältin Rachel Dawes von Katie Holmes übernommen hat. Diese Umbesetzung ist in meinen Augen ein zweischneidiges Schwert. Während ich Holmes als Sandkastenliebe von Bruce Wayne sehr überzeugend fand, als unerschrockene Justizvertreterin dagegen weniger, ist es bei Gyllenhaal genau umgekehrt: Die hochprofessionelle Staatsanwältin nimmt man ihr problemlos ab, für eine Frau, die Bruce Waynes Gefühlswelt ins Wanken bringt, wirkt sie aber doch recht spröde.

Welche Sorgfalt die Gebrüder Nolan dem Drehbuch haben angedeihen lassen, merkt man auch an den detailliert ausgestalteten und passend besetzten Nebencharakteren wie dem bereits erwähnten Mafia-Bankmanager. Diese generelle Sorgfalt zahlt sich auch dahingehend aus, daß die Handlung stets unvorhersehbar bleibt und die zentralen Figuren immer wieder bis an den Rand der körperlichen und mentalen Erschöpfung bringt. Insbesondere das diabolische Meisterwerk des Jokers eine Art Gefangenendilemma – erzeugt eine derart nervenzerfetzende Spannung, wie man sie selten in einem Kinosaal bestaunen darf. Dessen Auflösung empfand ich übrigens im ersten Moment als klitzekleine Enttäuschung, aber bei genauerer Überlegung war es die einzige hinsichtlich der Figur des Batman authentische Möglichkeit. Jede Alternative hätte in letzter Konsequenz das Ende von Batman bedeuten müssen.

Natürlich stimmt auch in technischer Hinsicht fast alles. Kameramann Wally Pfister, der für seine folgende Zusammenarbeit mit Nolan bei "Inception" den OSCAR gewann und für "The Dark Knight" bereits nominiert wurde, setzt die düsteren Szenerien äußerst gekonnt und atmosphärisch ins Bild, die Komponisten Hans Zimmer und James Newton Howard steigern sich bei ihrer zweiten Kollaboration noch. Den Vogel schießt dabei Zimmer mit seinem erstaunlich simplen, aber unvergeßlichen Joker-Leitmotiv ab. Dieses besteht eigentlich nur aus einem Ton, zunächst noch recht harmlos klingend, aber bereits irgendwie irritierend. Langsam steigern sich Intensität und Tonlage, der Klang wird immer durchdringender und unheilvoller, man kann fast körperlich spüren, daß etwas Schreckliches, Irrsinniges unmittelbar bevorsteht. Hans Zimmer hat viele hervorragende Soundtracks geschaffen ("Gladiator", "Der König der Löwen", "Fluch der Karibik"), aber dieses Ein-Ton-Motiv, das den Charakter des Jokers punktgenau ausdrückt, ist vielleicht das Highlight seiner großen Karriere. Die Spezialeffekte sind wie erwartet hochklassig und spektakulär, auch Maske, Kostüme und der ganze Rest sind absolut einwandfrei. "The Dark Knight" ist in jeder nur denkbaren Hinsicht ein Meisterwerk.

Abschließend soll nicht unerwähnt bleiben, daß der Titel des Films durchaus bezeichnend ist, was das erstmalige Fehlen des Wortes "Batman" bei einem Batman-Film betrifft. Auch wenn "The Dark Knight" natürlich eine Umschreibung des Fledermausmannes ist: "The Dark Knight" fokussiert sich nicht auf den maskierten Superhelden. Vielmehr handelt es sich um ein grandioses Action-Thriller-Epos, in dem Batman eine von zahlreichen denkwürdigen Hauptrollen spielt. "The Dark Knight" ist ein Ensemblefilm, kein Batman-Film.

Fazit: "The Dark Knight" ist nicht weniger als der perfekte Superhelden-Film; ein Sommer-Blockbuster, der nicht nur mit grandioser Action und herausragenden Schauspielern begeistert, sondern auch und vor allem mit ebenso ausgefeilten wie schillernden Charakteren, gewitzten, einfühlsamen Dialogen sowie einem intelligenten und anspruchsvollen Handlungsverlauf.

Wertung: 10 Punkte.

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