Originaltitel:
The Curse of La Llorona
Regie:
Michael Chaves, Drehbuch: Mikki Daughtry und Tobias Iaconis, Musik: Joseph
Bishara
Darsteller:
Linda Cardellini, Raymond Cruz, Roman Christou, Jaynee-Lynne Kinchen, Patricia
Velásquez, Sean Patrick Thomas, Irene Keng, Tony Amendola, Marisol Ramirez
FSK: 16, Dauer: 94 Minuten.
Los Angeles, 1973: Nachdem ihr Ehemann, ein Polizist, wenige
Monate zuvor gestorben ist, hat die Sozialarbeiterin Anna Tate-Garcia (Linda
Cardellini, "Green Book") nicht allein mit der Trauerarbeit zu tun,
sondern auch damit, ihren fordernden Job mit der Erziehung ihrer beiden kleinen
Kinder Chris (Roman Christou) und Samantha (Jaynee-Lynne Kinchen, "Self/less") in Einklang
zu bringen. Emotional noch stärker gefordert wird Anna, als die Kinder von
Patricia (Patricia Velásquez, "Die Mumie") – einer Frau, die sie
schon seit langem betreut – ermordet aufgefunden werden, nachdem Anna sie wegen Verdachts der Mißhandlung durch ihre Mutter vorübergehend einer kirchlichen
Einrichtung übergeben hatte. Patricia besteht darauf, sie habe ihre Kinder nur
vor La Llorona schützen wollen und Anna habe durch ihr Eingreifen deren Tod zu
verantworten. Schon bald müssen Anna und ihre Kinder feststellen, daß La
Llorona nicht nur eine Figur aus einer alten mexikanischen Volkssage ist,
sondern ein sehr realer, gefährlicher Geist, der es nun auf Chris und Sam
abgesehen hat und sie wie vor 300 Jahren ihre eigenen Kinder ertränken will! Unterstützung findet Anna bei dem Schamanen und Ex-Priester Rafael Olvera (Raymond
Cruz, TV-Serie "Major Crimes") …
Kritik:
Filmuniversen sind bekanntlich spätestens seit dem
gigantischen Erfolg des Marvel Cinematic Universe der letzte Schrei in Hollywood,
auch wenn viele Kopierversuche von überschaubarem (DC Extended Universe,
das erst richtig durchstartete, als man nach einem Strategiewechsel mit
"Wonder Woman" und "Aquaman" auf weitestgehend eigenständige
Filme setzte) bis gar keinem Erfolg (Dark Universe) gekrönt waren. Ein etwas
unter dem Radar laufendes, aber in kommerzieller Hinsicht höchst einträgliches
Beispiel ist hingegen das
"Conjuring"-Universum, in dem Mastermind James Wan ausgehend von den
bislang zwei "Conjuring"-Filmen (ein dritter ist für 2021 vorgesehen)
ein sich immer weiter entfaltendes Konstrukt mit zahlreichen Prequel-Spin-Offs
geschaffen hat. Zwar reichen die weltweiten Einspielergebnisse von
"Annabelle 1-3", "The Nun" und "Lloronas Fluch"
zumeist nicht an die der beiden "Conjuring"-Filme heran, was mit Sicherheit
auch in der zumeist mittelmäßigen Qualität begründet liegt – doch
angesichts chronisch niedriger Produktionskosten (bislang teuerster Vertreter Film ist "Conjuring 2" mit unspektakulären $40 Mio.) haben
sich diese Spin-Offs zu echten Cash Cows entwickelt. Und "Lloronas Fluch"
macht da keine Ausnahme, obwohl er mit einem globalen Einspielergebnis von
gut $120 Mio. mit Abstand der am wenigsten besuchte Film der Reihe ist – dafür kostete er eben auch nur $9 Mio. und spielte somit weit mehr als das
Zehnfache seines Budgets wieder ein. Bislang scheint die überschaubare
Qualität der Spin-Offs dem Erfolg des Universums nicht zu schaden, vielleicht
deshalb, weil sie zwar überwiegend höchst mittelmäßig ausfallen, aber noch kein
qualitativer Totalausfall dabei war. "Lloronas Fluch" ist
ebenfalls weitgehend frei von Originalität und Einfallsreichtum, bietet aber
routiniert inszenierte Gruselkost auf einem soliden Niveau. Offenbar reicht das
vielen Genrefans bereits aus.
Drei Aspekte von "Lloronas Fluch" sorgen dafür,
daß sich das Ansehen für Freunde des Genres einigermaßen lohnt: Linda
Cardellini, das Kreaturendesign und ein recht effektiver Einsatz von
Gruseleffekten. Gerade bei Horrorfilmen, die inhaltlich wenige oder keine Glanzpunkte
setzen, ist eine charismatische Hauptfigur sehr wichtig – bei
"Lloronas Fluch" hätte man dafür kaum eine bessere Wahl als Linda
Cardellini treffen können. Die "Emergency Room"-Alumna kommt seit jeher
ausgesprochen sympathisch rüber und sorgt dafür, daß man als Zuschauer gerne
mit ihr mitfiebert. Daß sie hier als Anna eine junge Witwe mit zwei
kleinen Kindern spielt, verstärkt das Mitgefühl nur noch und daß die
Aktrice zusätzlich noch etwas fürs Auge bietet, schadet natürlich nicht.
Generell ist das Ensemble von "Lloronas Fluch" gut ausgesucht, wobei
neben Cardellini vor allem die beiden Kinder-Darsteller und Raymond Cruz als
grantiger Exorzist – den ich gerne in weiteren Filmen aus dem "Conjuring"-Universum
sehen würde, zu dem es übrigens mit dem für wenige Szenen auftretenden Pater
Perez (Tony Amendola) aus
"Annabelle" eine direkte Verbindung gibt – hervorstechen. Die
Hauptlast des Films trägt jedoch zweifellos Linda Cardellini, und das macht sie
sowohl in den ruhigen Szenen als auch als zwischen Angst und von ihrem
Mutterinstinkt getriebener Stärke schwankenden Gruselsequenzen ausgezeichnet.
Die zweite Stärke von "Lloronas Fluch" ist das
Kreaturendesign, was in diesem Fall vor allem die Gestaltung der geisterhaften
La Llorona betrifft. Diese Figur aus einer Volkssage, deren traurige Geschichte wir im
arg kurzen Prolog gezeigt bekommen, ist schaurig-schön gestaltet, vermittelt ihre
Tragik gekonnt und erzeugt mit ihren gut getimten Auftritten gepflegten
Grusel. Umso bedauerlicher ist es, daß das Drehbuch von "Lloronas
Fluch" das erzählerische Potential der Legende nicht ansatzweise
ausschöpft. Anstatt näher auf deren Hintergründe einzugehen, sie in die
Gegenwarts-Handlung einzuflechten und der Story somit einen stärkeren
emotionalen Unterbau zu verleihen, dient sie nur als Alibi-Hintergrund
für eine klassische Geistergeschichte von der Stange (was ebenso auf das 1970er Jahre-Setting zutrifft, das kaum auffällt). Diese hat immerhin, womit
wir beim dritten Pluspunkt angelangt wären, solide Gruseleffekte zu bieten, die
von Langfilm-Regiedebütant Michael Chaves durchaus routiniert in Szene gesetzt
sind. Die obligatorischen Jumpscares gibt es natürlich, Chaves zügelt sich bei
ihrem Einsatz allerdings genügend, daß sie ihre Wirkung kaum verlieren. Leider
stehen den drei Stärken von "Lloronas Fluch" einige Schwächen
entgegen, die vor allem auf das Drehbuch zurückgehen. La Lloronas übernatürlich
Kräfte beispielsweise wirken gerade gegen Ende nicht in sich stimmig, wenn sie
etwa keine geschlossenen Türen öffnen, aber scheinbar unbegrenzt
Gegenstände manipulieren kann – auch solche hinter geschlossenen Türen. Für
etwas Frust unter Horrorfans könnte die Tatsache sorgen, daß es vor dem
Finale – durchaus vergleichbar mit dem Schwester-Spin-Off "The Nun" –
gar nicht so viele Gruselmomente gibt. Stattdessen versucht der Film mit
einigen Nebenhandlungssträngen für Abwechslung zu sorgen (oder einfach Zeit zu schinden, um auf
90 Minuten zu kommen), die ebenso vorhersehbar wie überflüssig sind und fast
schon folgerichtig komplett im Sand verlaufen. Der Showdown selbst ist immerhin
solide gestaltet und wartet mit ein paar gelungenen Effekten auf, wenn er auch
nicht sonderlich spektakulär daherkommt und teils arg konstruiert wirkt
(Samanthas Puppe). Insgesamt ist "Lloronas Fluch" handwerklich
ordentliche Horror-Massenware, die vor allem durch die charismatische
Hauptdarstellerin ganz leicht über Mittelmaß hinausragt.
Fazit: "Lloronas Fluch" ist ein routiniert
inszenierter Gruselfilm aus dem "Conjuring"-Universum, der seinen
eklatanten Mangel an Originalität mit einer grundsympathischen Heldin und einem
gelungenen Kreaturendesign einigermaßen wettmacht.
Wertung: Knapp 6 Punkte.
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