Regie: Robert Stromberg, Drehbuch: Linda Woolverton, Musik:
James Newton Howard
Darsteller: Angelina Jolie, Elle Fanning, Sharlto Copley,
Lesley Manville, Imelda Staunton, Juno Temple, Brenton Thwaites, Sam Riley,
Kenneth Cranham, Hannah New, Ella Purnell, Isobelle Molloy, Eleanor Worthington
Cox, Vivienne Jolie-Pitt, Janet McTeer (Stimme)
FSK: 6
(Kino/DVD) / 12 (Blu-ray/TV), Dauer: 96 / 97 Minuten.
Seit vielen Generationen sind zwei Reiche miteinander verfeindet:
Die Moore werden von Feen, Baumwesen und anderen magischen Kreaturen bewohnt, während Menschen das benachbarte Königreich beherrschen. Trotz dieser langen
Rivalität freunden sich die junge Fee Maleficent und der Menschenjunge Stefan
an, über die Jahre werden sie enge Freunde und verlieben sich sogar ineinander.
Doch der ehrgeizige Stefan, eine Waise, hat es sich in den Kopf gesetzt,
irgendwann König zu werden. In dem Bestreben, das zu erreichen, hat er sich
als Erwachsener (Sharlto Copley, "District 9") immer weiter von Maleficent
(Angelina Jolie, "Der fremde Sohn") entfremdet – bis er sie eines
Tages sogar hintergeht und ihr die Flügel abschneidet, um vom sterbenden König
Henry zu seinem Nachfolger ernannt zu werden. Dieser entsetzliche Verrat
verwandelt die gutmütige, freundliche Beschützerin der Moore in eine dunkle,
von Rachsucht getriebene Herrscherin. Und als König Stefan und Königin Leila
(Hannah New, TV-Serie "Black Sails") eine Tochter bekommen, verflucht
Maleficent sie: An ihrem 16. Geburtstag soll sie sich an einer Spindel stechen
und daraufhin in einen ewigen Schlaf fallen – einzig ein "Kuß wahrer Liebe" kann sie dann wieder wecken. Stefan überläßt seine Tochter
daraufhin drei guten Feen, die sich fernab der Zivilisation um sie kümmern
sollen. Da die Feen jedoch keine Ahnung davon haben, wie man ein menschliches Kind
aufzieht, sorgt heimlich Maleficent mit ihrem Raben-Vertrauten Diaval (in menschlicher Gestalt: Sam Riley, "Das finstere Tal") dafür, daß
Aurora zu einer schönen jungen Frau (Elle Fanning, "The Neon Demon")
heranwächst – denn selbst die rachsüchtige dunkle Fee kann sich Auroras
liebenswürdigem Wesen nicht entziehen …
Kritik:
Obwohl Disney sich seit Jahren – mit überwiegend großem
Erfolg – darauf verlegt hat, primär Realfilm-(respektive CGI-)Remakes eigener Zeichentrickklassiker zu realisieren, unterscheidet sich die
Herangehensweise bei den einzelnen Werken ganz erheblich. Während
beispielsweise "Der König der Löwen", "Aladdin" oder
"The Jungle Book" sich eng an die ikonischen Vorlagen halten, handelt
es sich bei "Alice im Wunderland" oder "Dumbo" um betont freie Adaptionen. Letzteres gilt auch für "Maleficent – Die dunkle
Fee" vom US-amerikanischen Spezialeffekt-Experten und Szenenbildner Robert Stromberg, der
hiermit seine erste Regiearbeit vorlegt. Wie der Titel
bereits verrät, dreht "Maleficent" die altbekannte Geschichte von
"Dornröschen" (die Zeichentrickversion stammt von 1959) kurzerhand um und erzählt sie aus der Perspektive der
Antagonistin Maleficent, aus der das Märchen und seine klare
Gut-Böse-Figurenkonstellation plötzlich ganz anders aussehen. Die Idee ist
nicht schlecht und allemal origineller als die x-te Verfilmung des Märchens aus
der Feder von Charles Perrault (es gibt auch eine etwas anders geartete spätere
Variante der Brüder Grimm), zumal Angelina Jolie eine höchst inspirierte Wahl
für die Titelrolle ist. Bedauerlicherweise erschöpft sich der Ideenreichtum des
Drehbuches von Linda Woolverton ("Alice im Wunderland") weitgehend in dieser Perspektiven-Umkehr, weshalb "Maleficent" zwar
solide Familienunterhaltung bietet und ein großer kommerzieller Hit mitsamt
Fortsetzung "Maleficent: Mächte der Finsternis" wurde, aber nicht die
Qualität anderer Disney-Märchenverfilmungen erreicht. [Achtung: Die deutsche Kinofassung wurde für eine Freigabe ab 6 Jahren um eine Minute geschnitten und ist so auch auf DVD erschienen – auf Blu-ray gibt es hingegen die ungekürzte FSK 12-Fassung, die auch im TV gezeigt wird.]
Den Fokus auf Maleficent nimmt Strombergs Film sehr
ernst, weshalb fast das gesamte erste Drittel des eineinhalbstündigen
Werks die Vorgeschichte von Maleficent und Stefan schildert (als Erzählerin
fungiert in der Originalfassung die zweifache OSCAR-Nominee Janet McTeer aus
"Albert Nobbs"). Das funktioniert einerseits sehr gut, weil man auf
diese Weise Maleficents Wandlung zum Bösen und die Motivation für den Fluch
hervorragend nachvollziehen kann. Zur Erinnerung: Im Zeichentrickfilm ist
Maleficent einfach böse und verflucht die arme Aurora, weil sie vom König nicht
zu deren Taufe eingeladen wurde – da ist die neue Version natürlich viel besser und glaubwürdiger. Andererseits fehlt dem Drehbuch leider der
Mut, die dunkle Fee wirklich ambivalent darzustellen. Richtig böse ist sie keine
fünf Minuten lang (und selbst da kann man es ihr kaum verübeln), den Rest des
Films über ist sie eigentlich schon wieder gut, wenn auch mit ein paar kleinen
Haken und Ösen – die allerdings kaum darüber hinausgehen, daß sie den drei
guten Feen ein paar boshafte, aber völlig harmlose Streiche spielt. Ansonsten
konzentriert sich Regisseur Stromberg im Mittelteil ganz auf die sich
entwickelnde liebevolle Beziehung zwischen Maleficent und Aurora, was gerade im schön gestalteten Feenreich nett
anzusehen ist, aber auch ziemlich ereignislos. Negativ wirkt sich zudem aus,
daß König Stefan zwar zweifellos verachtenswert agiert, insgesamt aber einen ziemlich jämmerlichen Bösewicht abgibt. Nicht nur angesichts der kurzen
Laufzeit wäre es besser gewesen, zumindest zwei der nicht verwendeten Szenen im Film zu
belassen, welche Stefan etwas mehr Profil verliehen und zudem einen kleinen
Logikfehler beseitigt hätten (in der Kinofassung wirkt es merkwürdig, daß
Stefan trotz seiner Furcht vor Maleficents Rache den drei guten Feen einfach so
vertraut; in einer der zusätzlichen Szenen erfahren wir, daß sie ihn vorher
bereits um Asyl gebeten hatten). Das Finale ist hingegen ziemlich gelungen und
stellt die Zeichentrickvorlage in einigen Punkten gekonnt auf den Kopf,
beispielsweise bei der Miteinbeziehung eines Drachen.
Schauspielerisch lebt "Maleficent" wenig
überraschend von Angelina Jolies großer Präsenz. Sie ist für die dunkle
Fee mit den kunstvoll gebogenen Hörnern die Idealbesetzung und ganz offensichtlich macht
es ihr viel Spaß, diese Rolle zu spielen – wobei ich sie insgesamt gerne ein
wenig böser gesehen hätte, denn wenn Maleficent in ihrer Wut richtig aus
sich herausgeht, ist das durchaus beeindruckend und erinnert ein wenig an die
"dunkle Galadriel" aus "Der Herr der Ringe – Die Gefährten".
Elle Fanning erreicht als Aurora nicht Jolies Intensität, transportiert die
Liebenswürdigkeit der gutmütigen Prinzessin aber überzeugend auf die Leinwand
und trägt somit dazu bei, Maleficents (Rück-)Wandlung zum Guten glaubwürdig
wirken zu lassen. Die übrige hochkarätige Besetzung ist derweil weitgehend
verschwendet, gerade Imelda Staunton ("Another Year"), Lesley Manville
("Der seidene Faden") und Juno Temple ("Wonder Wheel")
haben als die guten Feen überraschend wenig zu tun – wobei sie mich mit
ihrer übertriebenen Schusseligkeit und Weltfremdheit sowieso tendentiell
genervt haben. Sharlto Copley gibt in der Antagonisten-Rolle sein Bestes,
bekommt aber zu wenig Gelegenheit, König Stefan als einen ernstzunehmenden Bösewicht zu
etablieren. Für gelegentliche Highlights sorgt hingegen Sam Riley als
die menschliche Gestalt von Maleficents Raben-Vertrautem Diaval, den er mit einem fatalistischen Humor und genau dem richtigen Maß an Aufsässigkeit verkörpert. Am
Rande erwähnt sei, daß die junge Maleficent von Ella Purnell verkörpert wird,
die zwei Jahre später mit Tim Burtons "Die Insel der besonderen
Kinder" ihren Durchbruch feierte, zudem ist als junge Aurora Jolies
Tochter Vivienne Jolie-Pitt zu sehen. Da Regisseur Stromberg
ein Spezialeffekt-Experte ist, sollten die Effekte zu den Höhepunkten von
"Maleficent" zählen – und das ist auch teilweise der Fall, gerade der
Showdown im Königsschloß kann sich definitiv sehen lassen. In manchen Momenten
erkennt man jedoch auch, wie schnell sich die Technik weiterentwickelt, denn was
2014 noch beeindruckend gewirkt haben mag, erscheint wenige Jahre später bereits
veraltet – speziell bei den Zauberkreaturen in den Mooren sind einige allzu
offensichtlich am Computer generiert, wiewohl andere wie die Baumwesen
richtig gut aussehen. Diese Mischung aus funktionierenden und weniger gut
funktionierenden Elementen ist durchaus symptomatisch für den gesamten
Film: "Maleficent" ist sympathische Unterhaltung für die ganze
Familie, die aus ihrer spannenden Prämisse jedoch zu wenig herausholt und
erzählerisch nur phasenweise zu überzeugen vermag.
Fazit: "Maleficent – Die dunkle Fee" ist
ein solides Fantasy-Abenteuer, das ganz auf seine famose Hauptdarstellerin
Angelina Jolie und eine ansprechend gestaltete Märchenwelt setzt, dabei aber erzählerisch
hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt.
Wertung: 6,5 Punkte.
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