Originaltitel:
Maleficent: Mistress of Evil
Regie: Joachim Rønning, Drehbuch: Linda Woolverton, Noah
Harpster und Micah Fitzerman-Blue, Musik: Geoff Zanelli
Darsteller: Angelina Jolie, Elle Fanning, Michelle Pfeiffer,
Harris Dickinson, Chiwetel Ejiofor, Ed Skrein, Sam Riley, Robert Lindsay, Jenn
Murray, David Gyasi, Warwick Davis, Lesley Manville, Imelda Staunton, Juno
Temple, Miyavi, Judith Shekoni, Kae Alexander
FSK: 12, Dauer: 119 Minuten.
Fünf Jahre nach dem Tod des bösen Königs Stefan lebt dessen
Tochter Aurora (Elle Fanning, "Super 8") glücklich mit ihrer
Stiefmutter, der dunklen Fee Maleficent (Angelina Jolie, "Mr. & Mrs.
Smith"), und den Zauberwesen in den Mooren, zu deren Königin Maleficent
sie ernannt hat. Als der galante Prinz Phillip (Harris Dickinson,
"Beach Rats") Aurora einen Heiratsantrag macht, nimmt sie diesen dennoch freudestrahlend an, wenngleich sie nach der Hochzeit wohl die Moore wird verlassen
müssen. Um die Verlobung zu feiern, laden Prinz Phillips Eltern, der gutmütige König
John (Robert Lindsay, "Wilde Kreaturen") und die intrigante Königin
Ingrith (Michelle Pfeiffer, "mother!"), Aurora und Maleficent zu einem
Abendessen in ihrem Schloß im Königreich Ulstead ein. Dort provoziert Ingrith
Maleficent so lang, bis es zu einem Eklat kommt und König John zusammensackt,
offenbar getroffen vom gleichen, von der wütenden Maleficent gewirkten Fluch des ewigen
Schlafes wie einst Aurora – das glauben jedenfalls alle. Maleficent
flüchtet zutiefst verletzt, doch ahnt sie nicht, daß dies nur der Auftakt von
Ingriths bösem Plan ist, dessen nächste Eskalationsstufe Maleficent beinahe das
Leben kostet. In letzter Sekunde rettet sie Conall (Chiwetel Ejiofor, "Doctor
Strange") und durch ihn erfährt Maleficent, daß sie keineswegs die einzige
dunkle Fee ist. Krieg zwischen Menschen und dunklen Feen
scheint unausweichbar, sofern Aurora als Bindeglied zwischen den beiden Reichen ihn
nicht doch noch verhindern kann …
Kritik:
Fünf Jahre nach dem – trotz mediokrer Kritiken – großen
Erfolg der "Dornröschen"-Variante "Maleficent – Die dunkle
Fee" brachte Disney das Sequel "Maleficent: Mächte der
Finsternis" in die Kinos. Das diesmal vom Norweger Joachim Rønning
("Pirates of the Caribbean: Salazars Rache") in Szene gesetzte Abenteuer
konnte den kommerziellen Siegeszug des Vorgängers nicht ganz wiederholen und
schnitt bei den Kritikern insgesamt sogar etwas schlechter ab, war aber dennoch
weit von einem Mißerfolg entfernt. Der wäre auch denkbar unverdient gewesen,
denn "Mächte der Finsternis" präsentiert sich klar
ambitionierter, gereifter und unterhaltsamer als der erste Teil und
erweitert die wunderschöne Märchenwelt um einige interessante Aspekte, die theoretisch reichlich
Anknüpfungspunkte für weitere Fortsetzungen oder Spin-Offs anbieten würden. Daß
die Rezensionen erneut nur mittelmäßig ausfielen, hat jedoch seine Gründe, denn
bei allen Stärken des Films und bei aller konsequenten Weiterentwicklung weist
das Drehbuch doch einige unschöne und kaum zu übersehende Logikfehler auf. Die
lassen sich mit etwas gutem Willen sehr wohl verkraften, wirken sich aber
natürlich negativ auf die Gesamtbewertung aus – Mängel, über die
"normale" Zuschauer großzügig hinwegsehen können, sollten
Kritiker nunmal nicht einfach so beiseitewischen …
Doch beginnen wir mit dem Positiven: Offensichtlich war ich
nicht der einzige Zuschauer, der sich im ersten Film mehr Szenen gewünscht hat,
in denen Angelina Jolie in der Titelrolle so richtig schön böse oder zumindest
wütend werden dürfte. Denn in "Mächte der Finsternis" darf Jolie sich
in dieser Hinsicht erfreulicherweise deutlich stärker austoben –
zugegebenermaßen geht das zu Beginn mit einem gewissen
Glaubwürdigkeitsproblem einher, denn Maleficent wirkt ohne guten Grund
wesentlich mißmutiger und unbeherrschter als in "Maleficent – Die dunkle
Fee", wo sie immmerhin die meiste Zeit über von Rachsucht getrieben wird.
Das ist ein wenig irritierend, aber da eine fiese Maleficent beim Zuschauen viel
mehr Freude bereitet als eine brave Maleficent, nimmt man das sehr gerne in
Kauf. Im späteren Verlauf bekommt sie dann ja sowieso – Ingrith sei Dank –
genügend Gründe, um sich alles andere als handzahm zu geben. Überhaupt zählen
die leider wenigen Szenen, in denen die Schauspiel-Größen Angelina
Jolie und Michelle Pfeiffer direkt und antagonistisch aufeinandertreffen, zu
den großen Höhepunkten von "Mächte der Finsternis", gerade beim
spannungsgeladenen Abendessen im Königsschluß sprühen zwischen diesen beiden
Alpha-Damen die (ganz und gar nicht romantischen) Funken, während sich die
versammelte Männlichkeit eingeschüchtert wegduckt. Ein wenig
unpassend ist nur, daß diese Begegnung unter einem nicht wirklich
passenden komödiantischen Tonfall leidet, der das erste Filmdrittel durchzieht,
nur um dann fast komplett zu verschwinden. Dabei sind die Gags häufig kindisch geraten, allerdings gibt es auch ein paar richtig gute, die meist
Ingrith involvieren und dementsprechend fies sind (Michelle Pfeiffers
Gesichtsausdruck, als ihr Sohn sie auffordert, den vermeintlich verfluchten
König John mit einem "Kuß wahrer Liebe" zu wecken, ist einfach
köstlich).
Ab dem Eklat beim royalen Abendessen verdüstert sich die
Stimmung ganz erheblich – das ist wenig überraschend, jedoch erstaunt sehr
wohl, wie weit die Filmemacher dabei gehen. Konnte der deutsche Verleiher beim
Vorgänger noch durch das Schneiden einer knappen Minute für die Kinofassung
eine FSK 6-Freigabe erreichen, dürfte der Nachfolger näher bei FSK 16 als FSK 6
liegen! Natürlich gibt es keine wirklich expliziten Szenen und es fließt
keinerlei Blut – es ist schließlich immer noch ein Disney-Film –, mit
einer derart offenen und inhaltlich ungeschönten Darstellung von Rassismus und
Tod bis hin zum versuchten Genozid hatte ich aber nun wirklich nicht gerechnet; die Brüder
Grimm wären stolz gewesen! Diese Thematiken hängen eng mit der Einführung der
vor langer Zeit vor den Menschen von der Oberfläche in ein – ausnehmend schön gestaltetes –
Untergrundreich geflohenen dunklen Feen zusammen, die die zauberhafte Welt von
"Maleficent" sinnvoll erweitern. Zugegeben: Deren interner Konflikt
zwischen dem Krieg mit den Menschen anstrebenden Borra (Ed Skrein,
"Midway") und dem immer noch auf friedliche Koexistenz hoffenden Conall
ist klischeehaft und wird recht oberflächlich abgehandelt, dennoch sind die
dunklen Feen eindeutig eine Bereicherung und ermöglichen zudem eine
spektakuläre Schlacht. Weniger positiv ist derweil die Rolle von Aurora zu
werten, die allzu lange als naives Dummchen dargestellt wird, das auf wirklich
jede Lüge hereinfällt, die ihm erzählt wird – zum Glück darf sie sich dafür in
der zweiten Filmhälfte ein wenig rehabilitieren. Trotzdem steht sie
stellvertretend dafür, daß Ingriths böser Plan in Wahrheit weder übermäßig
raffiniert noch subtil ist und eigentlich nur deshalb funktionieren kann, weil
niemand außer Maleficent ihre intrigante Durchtriebenheit durchschaut – und das
ist schwer nachvollziehbar, da sie sich eigentlich kaum Mühe gibt, sie zu verschleiern
(amüsant dabei: Um einen Geheimgang zu öffnen, muß Ingrith einer Art
Schaufensterpuppe buchstäblich den Hals umdrehen …).
Damit wären wir bei den erwähnten Logik- und
Glaubwürdigkeitsfehlern angekommen. Denn so unterhaltsam und abwechslungsreich
sich die Story in ihren knapp zwei Stunden entwickelt, verläßt sie sich
dabei sehr darauf, daß das Publikum nicht mitdenkt. SPOILERWARNUNG!
Offensichtlichstes Beispiel dafür ist, daß Prinz Phillip seinen Vater – analog
zu Maleficent und Aurora im ersten Film – jederzeit selbst mit einem "Kuß
wahrer Liebe" wecken könnte, denn dieser muß ja, wie im Vorgänger
etabliert wurde, keineswegs romantischer Natur sein. Auch der Verlauf der
großen Schlacht zwischen dunklen Feen und Menschen ergibt nicht wirklich Sinn,
denn mangels Informationen über den Feind sollte es schlicht unmöglich sein, daß Ingrith und ihre Truppen so perfekt auf ihre Gegner vorbereitet sind. Dazu kommen ein paar kleinere Mängel wie das wenig konsistent
erscheinende Auftreten des von Ingrith gefangengehaltenen und zu Experimenten
mit anderen Zauberwesen gezwungenen Lickspittle (Warwick Davis aus
"Willow") oder die Tatsache, daß der Film von einem Moment zum
nächsten von der erbitterten Schlacht zu einem Happy End übergeht, in
dem unrealistischerweise (fast) alle glücklich sind und offenbar die vielen
Toten auf beiden Seiten sofort wieder vergeben und vergessen haben. ENDE DER SPOILERWARNUNG.
In technischer Hinsicht gibt es an "Maleficent: Mächte
der Finsternis" wenig zu kritisieren: Die Märchenwelt war bereits im
Vorgänger toll gestaltet und wirkt im zweiten Teil noch schöner und
traumhafter, zumal die Qualität der computergenerierten Effekte in den fünf
Jahren naturgemäß noch einmal deutlich angestiegen ist; für das phantasievolle
Hairstyling und Makeup gab es sogar eine OSCAR-Nominierung. Bei den
Schauspielern dominiert erneut Angelina Jolie, die dank der komplexeren
Story vielfältiger agieren darf als im Original. Michelle Pfeiffer spielt ihre
Rolle ebenfalls sehr überzeugend und mit sichtlichem Genuß, während Elle
Fanning erst spät ansatzweise zeigen darf, was in ihr steckt. Sam
Riley, der als die menschliche Gestalt von Maleficents Raben-Vertrautem Diaval im
ersten Teil zu den Highlights zählte, kommt ziemlich kurz, auch Chiwetel
Ejiofor und Ed Skrein haben als die Hauptvertreter der Untergrund-Feen
nicht allzu viel zu tun – schade, aber bei einem so großen Ensemble kaum zu
vermeiden. Eine Umbesetzung gibt es übrigens auch zu vermelden: Da Phillip-Darsteller
Brenton Thwaites aus Termingründen absagen mußte, übernahm der Newcomer Harris Dickinson
die Rolle und liefert im Zusammenspiel mit Fanning eine gute Leistung ab. Es ist wirklich schade, daß das Skript
von "Mächte der Finsternis" so viele unnötige Logikfehler fabriziert,
denn ansonsten handelt es sich um eine rundum gelungene Fortsetzung, die ihren
Vorgänger in beinahe jeder Hinsicht übertrumpft. Ich würde mich über weitere Filme
in der reizvollen Märchenwelt freuen, angesichts des deutlichen Rückgangs
der Einspielergebnisse ist damit aber zumindest im Kino eher nicht zu rechnen –
eine (Mini-)Serie oder ein Special beim ambitionierten Streamingdienst Disney+ scheint dagegen durchaus
vorstellbar.
Fazit: "Maleficent: Mächte der Finsternis"
ist eine visuell prachtvolle und inhaltlich gelungene, jedoch für junge
Zuschauer phasenweise arg düstere Fortsetzung des Disney-Märchens, in der vor
allem Angelina Jolie und Michelle Pfeiffer als Gegenspieler glänzen und über
allzu viele Logikfehler im Drehbuch hinwegtrösten.
Wertung: 7,5 Punkte.
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