Regie: Dave Wilson, Drehbuch: Jeff Wadlow und Eric Heisserer, Musik:
Steve Jablonsky
Darsteller: Vin
Diesel, Eiza González, Guy Pearce, Sam Heughan, Alex
Hernandez, Lamorne Morris, Toby Kebbell, Jóhannes Haukur Jóhannesson, Talulah
Riley, Siddharth Dhananjay
FSK: 16, Dauer: 110
Minuten.
Nach einer
erfolgreichen Mission in Afrika macht der US-Elitesoldat Ray Garrison (Vin
Diesel, "Riddick") mit seiner Frau Gina (Talulah Riley,
"Radio Rock Revolution") Urlaub in Italien – wo sie von
dem verrückten Terroristen Martin Axe (Toby Kebbell, "Destroyer")
entführt werden, der nach einer erfolglosen Befragung zuerst Gina
und dann Ray kaltblütig tötet. Fünf Jahre später wacht Ray
allerdings wieder auf – nur ist er nicht mehr ganz er selbst,
denn nach seinem Tod wurde sein Körper von der Army dem visionären
Wissenschaftler Dr. Emil Harting (Guy Pearce, "Iron Man 3")
überlassen, dem es mit seiner Naniten-Technologie tatsächlich
gelang, Ray als eine Art Cyborg mit weit
übermenschlichen Kräften ins Leben zurückzuholen. Zunächst fehlt
Ray jede Erinnerung an sein früheres Leben, während er seine
allesamt kriegsversehrten und ebenso von Dr. Harting "verbesserten"
Leidensgenossen KT (Eiza González, "Baby Driver"), Dalton (Sam Heughan, TV-Serie "Outlander") und Tibbs (Alex
Hernandez, TV-Serie "Hemlock Grove") kennenlernt. Doch
langsam und bruchstückhaft erinnert sich Ray wieder an die zu seinem Tod führenden
Geschehnisse und so macht er sich kurzerhand alleine auf den Weg, um mit
seinen neuen Superkräften blutige Rache an Martin Axe zu üben ...
Kritik:
Seit
das Marvel Cinematic Universe weltweit so ziemlich alle kommerziellen
Rekorde bricht, suchen viele Studios ihren eigenen potentiellen
Goldesel im Comicbereich. Natürlich sind die Marktführer
Marvel und DC außen vor, da sie ja bereits ihre eigenen Kinouniversen
aufgebaut haben (Marvel in den letzten 15 Jahren
erfolgreicher als DC), aber es gibt ja noch zahlreiche kleinere,
unabhängige Comicverlage. Einer der bekanntesten Comic-Indies ist
der US-Verlag Valiant Comics. Valiant war in den 1990er Jahren
zwischenzeitlich die Nummer 3 im seit jeher hart umkämpften US-Comicmarkt, ging allerdings 2004
pleite. 2012 gab es einen Neustart und seitdem hat sich Valiant mit
dem – ähnlich dem MCU – stark ineinander verflochtenen "Valiant
Universe" mit Reihen wie "Archer & Armstrong",
"Shadowman" oder "X-O Manowar" erfolgreich
zurückgemeldet. Ein weiterer Pfeiler des Valiant Universe ist der
Cyborg-Exsoldat Bloodshot, und genau der wurde dazu auserkoren,
das geplante Valiant Cinematic Universe zu eröffnen. Mit Vin Diesel
konnte man einen zugkräftigen Namen für die Titelrolle
gewinnen, zusätzlich engagiert sich Diesel sogar als Produzent.
Nachdem der von Regiedebütant David S. F. Wilson (der
Spezialeffekt-Experte war an "Avengers 2" beteiligt,
ansonsten jedoch in erster Linie im Computerspielebereich tätig, wo er an Blockbuster-Spielen wie "Mass Effect 2", "Star
Wars: The Old Republic" oder "BioShock Infinite"
arbeitete) inszenierte "Bloodshot" an der Kinokasse
floppte und nicht einmal sein überschaubares Budget von $45 Mio.
einspielen konnte, sind die Pläne für das VCU allerdings bereits
wieder in Gefahr. Zum Rettungsanker könnte werden, daß "Bloodshot"
zu Beginn der Corona-Pandemie in die Kinos kam und die normalerweise sehr enttäuschenden
Einspielergebnisse daher maßgeblich durch Kinoschließungen und
sonstige Corona-Maßnahmen beeinträchtigt wurden – im
Heimkinobereich lief das SF-Actionabenteuer offenbar besser, denn
zumindest eine direkte Fortsetzung ist weiterhin fest eingeplant.
Wobei man durchaus fragen darf, ob die wirklich nötig ist, denn wenngleich "Bloodshot" definitiv kein Rohrkrepierer ist, hat er doch
kaum Alleinstellungsmerkmale gegenüber dem sonstigen
Genre-Mittelware-Einheitsbrei vorzuweisen.
Vin
Diesel ist bekanntlich kein preisverdächtig guter Schauspieler
(obwohl er ab und zu zeigt, daß er mit dem richtigen Stoff und dem
richtigen Regisseur sehr wohl gut schauspielern kann, speziell in Sidney
Lumets Justizdrama "Find Me Guilty" aus dem Jahr 2006), hat
aber einen beeindruckenden Körperbau, eine prägnante Stimme und genügend Charisma, um zu einem erfolgreichen Actionstar in
Filmen wie "Pitch Black" oder der langlebigen "Fast &
Furious"-Reihe zu werden. Und auch die Figur Ray Garrison aka
Bloodshot ist wie für Diesel gemacht – wenn man einmal davon
absieht, daß er als mittlerweile Mittfünziger doch langsam etwas
alt wird für eine so actionbetonte Rolle, die er im Idealfall über
viele Jahre hinweg spielen sollte. Aber das ist Zukunftsmusik und für
diesen ersten "Bloodshot"-Film noch kein Problem. Als sich
langsam an seine tragische Vergangenheit erinnernder und angemessen
traumatisierter Cyborg kann Diesel seine ganze Coolneß ausspielen,
ohne dabei schauspielerisch sonderlich gefordert zu sein. Dabei merkt
man durchaus, daß ihm die Rolle am Herzen liegt, denn er
bemüht sich sichtlich, die Tragik seiner Figur dem Publikum
emotional zu vermitteln, was ihm jedoch – auch wegen eines in
dieser Hinsicht etwas unbeholfen wirkenden Drehbuchs – nur bedingt
gelingt. Aber "Bloodshot" ist nun einmal ein Actionfilm, da
stehen andere Elemente im Vordergrund. Und überraschenderweise kann
Wilsons Debüt nicht nur in den Actionsequenzen punkten, sondern
auch mit einer sich als überraschend clever und recht
originell erweisenden Story. Den Twist zur Filmmitte, der fast alles
auf den Kopf stellt, dürften so jedenfalls wenige Zuschauer
vorhersehen können (sofern sie nicht mit der Comicvorlage vertraut sind, versteht sich) und er funktioniert zunächst einmal richtig gut.
Bedauerlicherweise
holt "Bloodshot" aus dieser gelungenen Überraschung auf
Dauer aber zu wenig heraus und konzentriert sich im dritten Akt
stattdessen lieber auf massig Action, auffällig häufig in
stylisher Zeitlupen-Optik gefilmt. Schade ist auch, daß die
Nebenfiguren sehr blaß bleiben und sich spätestens nach dem Twist –
mit Ausnahme vielleicht von Tibbs, dessen Potential letztlich aber
doch verschenkt wird – komplett berechenbar verhalten. Das gilt
ganz besonders für Dalton, der gleich als ziemliches Ekelpaket eingeführt
wird und im Verlauf der gut eineinhalb Stunden nur noch schlimmer
wird. Lamorne Morris ("Game Night") gibt als redseliger
Hacker Wilfred Wigans einen klassischen humorvollen Sidekick ab, der
allerdings mit seinem Geplapper auch ziemlich auf die Nerven gehen
kann. Der eigentlich immer zuverlässige Guy Pearce
beeindruckt derweil in seiner ambivalenten, aber klischeehaften
Wissenschaftler-Rolle leider nur phasenweise und obwohl Toby Kebbell
als bösartiger Terrorist Martin Axe alles gibt, fehlt generell
ein richtig überzeugender Antagonist. Die Actionszenen sind
dafür sehenswert umgesetzt mit – angesichts der Vergangenheit des
Regisseurs wenig überraschend – guten, vielleicht etwas
exzessiv eingesetzten Spezialeffekten, einer ordentlichen
Kampfchoreographie (wenn auch nicht gut genug, um die Kämpfe nicht
auf Dauer etwas monoton wirken zu lassen) und einer passend
energetischen und rockigen Musik von Michael Bay-Spezi Steve Jablonsky
("Transformers"-Reihe). Spektakulär wird "Bloodshot"
dabei nie und zu Begeisterungsstürmen reißt er erst recht nicht
hin, aber er ist ein routinierter, nie langweilender
Mid-Budget-Actionfilm mit einer typischen Superhelden-Originstory.
Diese hakt letztlich die üblichen Plotpoints ab und wirkt damit wenig
einfallsreich, zudem erinnert Bloodshot recht stark an den von Josh
Brolin in "Deadpool 2" verkörperten Cable. Dennoch wird
durchaus ein sehr solides Fundament für die geplante Fortsetzung
gelegt – und ich erinnere daran, daß selbst das MCU mitunter so
seine Probleme bei Origin-Filmen wie "Thor" oder "Captain
America" hatte, um sich dann deutlich zu steigern. Die Chance auf ein besseres Sequel ist also
absolut gegeben.
Fazit:
"Bloodshot" ist ein mediokrer Comic-Actionfilm mit
ordentlicher Besetzung, der zunächst mit einer cleveren Story
überrascht, deren Potential aber nicht ausschöpft und sich
stattdessen in solide inszenierten Actionorgien ergeht.
Wertung:
6 Punkte.
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