Originaltitel: A Wrinkle in Time
Regie: Ava DuVernay, Drehbuch: Jennifer Lee und Jeff
Stockwell, Musik: Ramin Djawadi
Darsteller: Storm Reid, Levi Miller, Deric McCabe, Oprah
Winfrey, Reese Witherspoon, Mindy Kaling, Chris Pine, Gugu Mbatha-Raw, Zach
Galifianakis, Michael Peña, André Holland, David Oyelowo (Stimme), Rowan
Blanchard, Bellamy Young, Tim Kang
FSK: 6, Dauer: 110 Minuten.
Eine Woche, nachdem sich der visionäre Wissenschaftler Dr.
Alex Murry (Chris Pine, "Star Trek") bei einem Vortrag mit der
Behauptung lächerlich machte, der Mensch könne allein mit Gedankenkraft durch das
gesamte Universum reisen, verschwand er spurlos. Auch vier Jahre später hat die
Polizei keine Anhaltspunkte für seinen Verbleib gefunden, die meisten
Menschen gehen daher davon aus, daß Dr. Murry tot ist. Seine Frau und Projektpartnerin Kate (Gugu Mbatha-Raw, "Odd Thomas") glaubt
das nicht, ebenso wenig ihre seit dem Verschwinden des Vaters verschlossene und mißtrauische Teenager-Tochter Meg (Storm Reid, "Der
Unsichtbare") und ihr brillanter, jedoch etwas sonderbarer kleiner Bruder
Charles Wallace (Deric McCabe). Eines Tages tauchen drei merkwürdige Frauen mit
phantastischen Kräften bei den Murrys auf: Mrs. Welche (Oprah Winfrey,
"Die Farbe Lila"), Mrs. Soundso (Reese Witherspoon,
"Inherent Vice") und Mrs. Wer (Mindy Kaling, "Late Night"). Sie behaupten, daß Dr. Murry tatsächlich durch das Universum
gereist ist, aber den Weg zurück nicht mehr findet. Gemeinsam mit den drei
Damen machen sich Meg, Charles Wallace und Megs hilfsbereiter Schulfreund
Calvin (Levi Miller, "Better Watch Out") auf den Weg durch Raum und
Zeit, um Dr. Murry von Camazotz zu retten – Heimat der Dunkelheit, die das
ganze Universum bedroht …
Kritik:
Disney wird häufig vorgeworfen,
nicht mehr wirklich an Kreativität und frischen Idee interessiert zu sein,
sondern sich vorzugsweise auf Real-Neuverfilmungen eigener
Zeichentrickklassiker, Adaptionen von Disneyworld-Themenpark-Attraktionen
("Fluch der Karibik"), Fortsetzungen und zugekaufte Franchises
(Marvel Cinematic Universe, Star Wars) zu konzentrieren. Ein Vorwurf, der
zweifellos nicht aus der Luft gegriffen ist, denn die Anzahl der wirklich
neuen, originellen Disney-Filme hält sich seit Jahren in sehr engen Grenzen.
Teil der Wahrheit ist aber auch, daß die weltweiten Zuschauerzahlen und
Einspielergebnisse den Studiobossen kaum einen Grund dafür liefern, ihre
Strategie zu verändern – immerhin dominiert Disney die Filmbranche derzeit nach
Belieben, seit der Übernahme von Fox gehören sieben der zehn (nicht
inflationsbereinigt) erfolgreichsten Filme aller Zeiten zu Disney, in den
globalen Top 10 des Jahres 2019 waren es sogar acht (mit Warners "Joker"
und Sonys "Jumanji: The Next Level" als Ausnahmen).
Und versucht man sich doch einmal an etwas Neuem wie bei den Buchadaptionen
"John Carter" und "BFG – Big Friendly Giant", resultiert
das allzu oft in einem kommerziellen Flop. Ein gutes Beispiel dafür ist "Das
Zeiträtsel", denn obwohl die Verfilmung des beliebten Jugendromans
"Die Zeitfalte" von Madeleine L'Engle mit einer gefeierten
Regisseurin, einer beeindruckenden Besetzung und einem stattlichen Budget von
$100-130 Mio. aufwartet und von entsprechend hohen Erwartungen begleitet
wurde, ging das phantastische Abenteuer aufgrund
schlechter Kritiken und enttäuschter Buchfans an den Kinokassen unter und
konnte gerade eben seine Produktionskosten wieder einspielen. Jedoch ist
diese Abfuhr für "Das Zeiträtsel" keineswegs unverdient, denn
wenngleich "Selma"-Regisseurin Ava DuVernay – die hiermit zur ersten
nicht-weißen Regisseurin wurde, die einen Film mit dreistelligem
Millionen-Budget drehen durfte – die Geschichte recht gefällig inszeniert
hat, fehlt dem Film einfach das Besondere und viel zu oft langweilt er sogar.
Viele Mängel von "Das Zeiträtsel" lassen sich auf das Drehbuch zurückführen. Dessen Autoren Jeff Stockwell ("Brücke nach
Terabithia") – der nur den ersten Entwurf verfaßte – und Jennifer Lee
("Die Eiskönigin") haben sich nicht nur in vielen Punkten deutlich
von der populären Vorlage gelöst (was die extrem schlechte IMDb-Bewertung
erklärt, da Tausende empörte Buchfans den Film mit 1er-Bewertungen abstraften),
sondern offensichtliche Probleme beim Erschaffen einer stringenten, logischen
Handlung und glaubwürdiger Figuren. So wirken lediglich Meg und Calvin
einigermaßen lebensecht, während beispielsweise die drei mysteriösen Damen –
die sowieso nur im Mittelteil eine größere Rolle spielen – eher wie
Comedy-Stereotype wirken (Mrs. Wer spricht beispielsweise nur in Zitaten). Auch
bei Megs Vater fällt es nicht leicht, ihn und seine Motivation nachzuvollziehen
und die (später von David Oyelowo aus "Der Butler" gesprochene) Dunkelheit erwirbt als Bösewicht der
Story viel zu wenig Profil, um wirklich ernstgenommen zu werden. So kann sich keine richtige Bindung des Publikums zu den Charakteren entwickeln, zumal es
auch keinen überzeugenden Spannungsbogen gibt und das Timing oft zu wünschen
übrig läßt. Angesichts des erwiesenen Talents von Ava DuVernay ist es in der
Tat besonders überraschend, wie viele Szenen es gibt, die, obwohl sie sowieso
wenig Aufregendes zeigen, viel zu lang ausgespielt werden, bis sie nur noch
ermüden.
Hinzu kommt, daß die Handlung trotz ihrer nicht
uninteressanten Prämisse im Verlauf immer dünner und unausgegorener wird und
niemals dazu kommt, einen richtigen Flow zu entwickeln. Zweifellos gibt es einige nette Szenen und Kurzauftritte beliebter Schauspieler wie
"Hangover"-Star Zach Galifianakis oder Michael Peña
("Ant-Man") und die traditionellen Disney-Jugendfilm-Botschaften
("Liebe besiegt alles", "Familie und Freunde müssen
zusammenhalten", "Liebe dich selbst und akzeptiere deine
Fehler") werden routiniert, wenn auch ziemlich uninspiriert vermittelt. Und es
ist auch nicht so, daß "Das Zeiträtsel" einem auf die Nerven gehen
würde. Vielmehr ist der Film so mittelmäßig und plätschert so weitgehend
ereignislos zu überwiegend austauschbaren Popsongs vor sich hin, daß der Funke
gar nicht zum Publikum überspringen kann. Zumindest visuell gibt es ein
paar Highlights, speziell das "Tessern" durch Zeit und Raum ist
optisch schön dargestellt und auch die Gestaltung der fremden Welten, die Meg
und ihre Freunde besuchen, kann sich sehen lassen (dem bewährten Drehort
Neuseeland sei Dank). Gleichzeitig erreichen die Computereffekte nicht immer
höchstes Niveau, Reese Witherspoons Transformation in eine Art fliegenden
Mantarochen kann zum Beispiel nur bedingt überzeugen. Trotzdem zählt die
Optik zu den Stärken von "Das Zeiträtsel", was ebenso für die
betont divers besetzten namhaften Darsteller gilt – wobei den stärksten Eindruck die beiden
sympathischen Jungschauspieler Storm Reid und Levi Miller hinterlassen,
wogegen die Stars eher unterfordert sind. Letzten Endes ist "Das
Zeiträtsel" ein bemerkenswert belangloses Jugendabenteuer, das nicht
wirklich stört, aber eben nie auch nur ansatzweise begeistern kann.
Fazit: "Das Zeiträtsel" ist ein mediokres Familien-Fantasyabenteuer, das mit zwei engagierten Jungdarstellern und einer
netten Optik punktet, aber aufgrund einer sehr dünnen Handlung mit wenig
glaubwürdigen Figuren das versammelte Talent vor und hinter der Kamera vergeudet.
Wertung: 5,5 Punkte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
So ähnliche Ansichten habe ich über diesen Film schon öfter gelesen. Den muss ich wohl wirklich nicht sehen...
AntwortenLöschenDein schön zu lesender Text veranschaulicht das Seh-Erlebnis sehr detailliert und anschaulich!
Danke fürs Lob. Ohne Kino-Zwangspause und kostenlose sechs Monate Disney+ hätte ich mir den wahrscheinlich auch nie angeschaut ...
Löschen